Angst überwinden und Panikattacken loswerden

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Angst überwinden und Panikattacken loswerden
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Angst überwinden und Panikattacken loswerden

Der praxisnahe Ratgeber, um angstfrei zu leben – Inkl. erprobtem 5 Schritte Plan bei Panikattacken

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Deutsche Erstausgabe Januar 2020Copyright 2020 © Noah Naumann

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung bedarf der ausschließlichen Zustimmung des Autors. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Verwertung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat/Korrektorat: Ortwin Wendt

Covergestaltung: Rudi Design

Buchsatz: Melvyn Paulino

ISBN: 9781675624036

Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Was ist Angst?

Angst – Definition und Herkunft

Die psychologische Wissenschaft der Angst

Physische Auswirkungen von Angst

Teil 2: Typische Auslöser von Angststörungen

Ursachen von Angsterkrankungen

Teil 3: Wie werden Sie angstfrei?

Angstfrei durch Psychotherapie

Verhaltenstherapie

Konfrontationsverfahren

Kognitive Verhaltenstherapie

Entspannungstechniken

Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson

Anleitung der progressiven Muskelrelaxation (Langform)

Autogenes Training

Autogenes Training – Anleitung und Übung

Anleitung der Ruheübung

Yoga – Entspannung und Sport

Yoga-Zubehör für Anfänger

Yoga-Übungen für Anfänger

Yoga-Stile für Anfänger

Meditation und Achtsamkeit

Hypnosetherapie

Ernährung

Medikamente

Teil 4: 5-Schritte-Plan bei Panikattacken

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Angst. Ein Begriff, der uns im Alltag mehrmals begegnet. Sei es bei kleinen Kindern, die sich fürchten, erste Schritte zu tun oder bei Erwachsenen, die unsicher neuen Dingen gegenübertreten. Ein Begriff, der uns nicht fremd ist. Doch wie oft verbirgt sich hinter diesem Begriff eine tiefliegende Angst, eine, die Betroffene lähmt und am Leben hindert?

Jeder von uns hat Ängste. Einige sind versteckter, andere vordergründiger, einige unscheinbar und andere wiederum weltbewegend. Ängste sind so vielfältig wie wir Menschen selbst. Sie können durch unterschiedliche Dinge beeinflusst und durch verschiedene Dinge wiederum bekämpft werden. Der Schlüssel hierbei ist sicherlich die eigene Beobachtung und das Verständnis für die eigene Angst. Erst dann kann ein Betroffener handeln, sich helfen oder helfen lassen. Selbstverständlich sind diese ersten Schritte nicht einfach, das Erkennen der Angst stellt sich oft als besonders schwierig heraus. Hier setzt dieses Buch an. Es ist ein Leitfaden, der Ihnen helfen kann, besser zu erkennen, was genau eine Angst ausmacht, welche Auslöser und Symptome es gibt, welche Nebenwirkungen entstehen können und am aller wichtigsten noch, wie Sie Ihre Angst kennenlernen, verstehen und hinter sich lassen.

Mindestens die Hälfte der Menschen, die eine Psychotherapie aufsuchen, tun dies nicht wegen ihrer Angst. Grundlose körperliche Beschwerden sind der Grund für ihr Erscheinen. Oft sind die Menschen gesund und erleiden dennoch körperliche Beschwerden wie Magenschmerzen, Herzstechen, Zittern, Schwitzen und Schwindelanfälle. Diese können sie zu nichts zuordnen, weshalb sie zu recht annehmen, dass ihre Herkunft psychischen Ursprungs sind. Während der Therapiesitzungen dann können die tiefsitzenden Ängste immer mehr benannt werden. Viele der Ängste zeigen sich in mehreren Formen, einige davon beziehen sich auf eng umgrenzte Bereiche, andere nehmen das ganze Leben ein: Angst vor dem Autofahren, Prüfungsangst, Autoritätsangst, Angst vor dem Alleinsein, vor dem Altern, vor dem Sterben, Platzangst, Höhenangst usw. Sie sehen, dass es eine Vielzahl von Ängsten gibt. Genauso gut gibt es Ängste, von denen wir nicht wissen, dass es sie gibt oder solche, die eben jeder kennt.

Wichtig für Sie ist es, dass Sie weder mit Ihrer Angst allein sind noch das Thema Ängste nur Sie betrifft. Jeder wurde schon einmal mit dem Thema der Angst konfrontiert, hat Angst selbst einmal erlebt und wird sich erneut ängstlich fühlen. Forschungen haben ergeben, dass in Deutschland zwei von fünf Menschen unter einer leichten Angst leiden. Jeder 10. dagegen kann sein Leben aufgrund der Angst nicht richtig ausleben, da er alles tut, um dieser Angst auszuweichen. Sie sehen, dass Sie mit Ihrer Angst nicht allein sind oder dass Sie sich deswegen verstecken müssten. Der Weg zur Besserung beginnt bei der Akzeptanz. Akzeptieren Sie für diesen einen Moment, dass sie Angst haben und dass diese Angst ein kleiner Teil von Ihnen ist. Es gibt stets einen Weg der Besserung, unabhängig wie alt Sie sind und wie lange Sie bereits betroffen sind.

Wenn Sie jetzt denken, dass die meiste Arbeit mit der Akzeptanz der Angst zu Ende ist, dann irren Sie sich leider. Denn die größte Schwierigkeit der Angstbewältigung ist eben die Angst selbst, die sich den Betroffenen in den Weg stellt. Da passiert es auch ganz schnell, dass sie gegen die Angst handeln und Dinge, vor denen sie Angst haben eben vermeiden. Das ist selbstverständlich kontraproduktiv. Sie werden lernen, wie Sie Stück für Stück der Angst gegenüberstehen und wie sich dabei gleichzeitig Ihr Verhalten verändern wird. Der Weg zu einem angstfreien Alltag ist lang und Ihre Angst wird Sie noch einige Momente begleiten. Genau in diesem Moment, wenn Sie das hier lesen, haben Sie jedoch Angst. Auch, wenn Sie diese Tatsache eventuell noch nicht wahrhaben wollen. Für Sie ergeben sich daraus zwei entscheidende Möglichkeiten, die Ihnen zur Wahl stehen.

Die erste Möglichkeit hängt mit der Weiterführung der Angst zusammen. Sie können also weiterhin Situationen vermeiden, Angst vor der Zukunft haben, die Angst nicht akzeptieren, sich von ihr lähmen lassen und sich deswegen verurteilen. Diese erste Möglichkeit hängt ganz stark damit zusammen, dass die Angst verbleibt, so wie Sie sie im Moment wahrnehmen. Im schlimmsten Fall wird jedoch die Angst größer und weitet sich noch mehr aus. Dieser Fall kann sehr gefährlich und belastend für Sie werden, da Ihr Leben stets aus dem Vermeiden bestehen kann.

Die zweite Möglichkeit besteht dagegen aus der bewussten Wahrnehmung der Angst. Sie ergründen dabei die möglichen Ursachen, versuchen, in die Situationen der Angst bewusst einzutauchen und ihr entgegenzutreten. In diesem zweiten Fall versuchen Sie mit der Zeit, an Ihrer Angst zu arbeiten und diese so weit zu überwinden, dass Ihr Leben nicht mehr darunter leidet.

Viele verschiedene Gründe veranlassen Menschen im Leben dazu, auf eine gewisse Weise mit Ängsten zu reagieren. Beim Lesen dieses Buches können Sie sich überlegen, welche der zwei Möglichkeiten für Sie infrage kommt. Jedoch muss gesagt werden, dass Sie beim weiteren Lesen und mehr Informationen über die Angst und Ihre Ursachen regelrecht gezwungen werden, auch über Ihre Problemstellen nachzudenken. Das Entscheiden kommt demnach fast schon automatisch.

Ängste sind tückische Spiele unseres Gehirns. Sie schützen Sie nicht nur in besonders gefährlichen Situationen, sondern beeinflussen Sie, oft auch negativ, bei harmlosen Gelegenheiten. Hören Sie also ohne weitere Überprüfung auf Ihre Angst, kann diese Ihnen weismachen, dass die Welt, in der Sie momentan leben, zum Leben zu gefährlich ist. Daraus ergibt sich eine Vermeidungshandlung. Der Schutzmechanismus der Angst erfüllt seit jeher seinen Nutzen und schützt uns. Übermäßige und ungesunde Angst dagegen kann diesen Schutzmechanismus ausweiten und Sie zwingen, zu übereilten Taktiken und Entscheidungen zu greifen. Denn in Wirklichkeit sind Sie vielleicht nicht mehr in Gefahr oder waren es zuvor auch nie gewesen. Die Entscheidung, sich von Familie, Freunde und Ihrer Arbeit abzugrenzen erscheint dann gar nicht mehr so fern. Doch die Abgrenzung und Wahrnehmung einer falschen Realität sind nicht die einzigen Gefahren, die ungesunde Angst mit sich bringt. Das entscheidende Stichwort ist hier: Panikattacke. Über 12 Millionen Menschen leiden an einer Angststörung, die oft auch mit der Nebenwirkung der Panikattacke zusammenhängt. Mühsam wird der Weg raus aus Ihren Ängsten und Panikattacken sein. Hier werden Sie erfahren, wie die Panikattacken mit Ihrer Angst zusammenhängen, was die Symptome sind und was Sie dagegen tun können. Ihre Gefühle und Ihr bisheriges Verhalten wird sich Ihnen stets in den Weg stellen wollen. Sie werden sich neue Reaktionen und Verhaltensweisen gegenüber Ihrer Angst überlegen, werden Kennzeichen einer sich nähernden Panikattacke wahrnehmen und werden lernen, Ihre Emotionen zu lenken, statt von diesen lähmend beherrscht zu werden. Seien Sie mutig und entdecken Sie mithilfe des Buches Ihr wahres, bisher verstecktes, von der Angst verschlungenes Potenzial. Hören Sie nicht auf das starke Gefühl der Angst, das Sie von Ihnen selbst fernhalten möchte, oder auf Menschen, die denken, es besser zu wissen. Angstfrei zu leben ist keine Tätigkeit, die bloße Willenskraft benötigt, es ist ein mühsamer Arbeitsweg raus aus der Angstspirale. Auch wird Ihre Angst nicht in dem Moment verschwinden, in dem Sie die Ursache Ihrer Angst gefunden haben. Die Arbeit an sich selbst bewirkt das nachhaltige Verstummen der Angst. Ihr Fall ist weder einzig in der Geschichte der Ängste noch ist er aussichtslos oder nicht zu überwinden. Nehmen Sie sich genug Zeit, denn der Prozess und die Arbeit an Ihren Ängsten ist die wahre Meisterleistung, nicht das Ziel selbst. Aber auch das ist ein wichtiger Meilenstein in Ihrer persönlichen Entwicklung.

 

Vielleicht kennen Sie das aus Ihrem Alltag oder haben es in Gesprächen mit anderen einmal wahrgenommen. Sie haben in Situationen Angst, in denen viele andere Menschen keine Angst verspüren. Ihre Angst macht sich dann vor allem durch kreisende Gedanken und körperliche Beschwerden deutlich. Oder Sie bemerken, dass Sie eine übermäßige Angst entwickeln, für Dinge, die in der Zukunft anstehen oder vermutlich auch niemals eintreffen werden. Es trifft jedoch nicht zu, zu behaupten, dass mit Ihnen deswegen etwas nicht stimmt. Beim Lesen des Vorwortes bis hierhin, wissen Sie schließlich, dass Sie damit nicht allein sind. Eine erste Ursache für Ihre Ängste sind Ihre fehlerhaften und wenig hilfreichen Einstellungen. Ihre Ängste haben sich zu wenig sinnvollen Angewohnheiten verändert. Doch wie Sie sicherlich wissen, lassen sich alle Angewohnheiten verlernen und umstrukturieren. Sie können selbst dafür sorgen, dass sich Ihr Verhalten und Ihre Angewohnheiten so verändern, dass sie Ihnen von nun an immer nutzen. Machen Sie sich das Wissen dieses Leitfadens zu eigen.

Ängste beginnen bei kleinen Dingen und können sich bis zu riesigen Problemen hocharbeiten. Sie können jedoch lernen, wie Sie sich in bestimmten Situationen wie Bus fahren, zum Friseur gehen, Prüfungen ablegen, einkaufen gehen, verhalten und was Sie tun können, um diese nicht mehr zu vermeiden. Außerdem werden Sie sich immer besser kennenlernen. Sie werden sich neue kleinere Ziele setzen und diese mit Freude absolvieren. Ein neues Mindset, eine neue Denkeinstellung, wird Ihnen dabei helfen, Situationen nicht von vornherein zu analysieren, um dann letztlich die Situation aus Angst vor den möglichen Gefahren zu vermeiden. Endlich werden Sie Risiken eingehen und Erfahrungen sammeln, die Sie so nicht für möglich gehalten haben. Sie werden aus sich herauswachsen und sich gleichzeitig bewusstmachen, dass es in Ordnung ist, das Unkontrollierbare und die Unsicherheiten des Lebens zu akzeptieren, um im Umkehrschluss mehr aus der Kraft des Lebens zu schöpfen.

Niemand lebt komplett frei von seinen Ängsten. Schließlich ist unser Schutzmechanismus der Angst von überaus großem Wert, er ist wichtig für unser fortwährendes Überleben. Der Schutzmechanismus arbeitet mithilfe seiner Intuition und der bisherigen Erfahrung. Ihr Ziel sollte demnach nicht das Verlernen von Ängsten sein. Es gilt, sie zu bändigen und sie auf ein richtiges und gesundes Niveau zu bringen. Angst soll Sie schützen, aber nicht kontrollieren und nicht in Ihrem Leben ständig präsent sein.

Die folgenden Kapitel sind keine leichte Lektüre, aber auch keine wissenschaftliche Abhandlung. Sie sollen Ihnen helfen, das was in Ihnen vorgeht, besser zu verstehen und zu ergründen. Die einzelnen Kapitel können jedoch nur als Stütze und als Anfangspunkt dienen. Sie übernehmen nicht die hauptsächliche Arbeit an Ihnen und können sie Sie von dem befreien, was Sie innerlich belastet. Neben dem Lesen dieses Buches können und sollten Sie viel mehr für Ihre physische und psychische Gesundheit tun. Besuchen Sie Ihren Hausarzt und lassen Sie sich bescheinigen, dass Ihre körperlichen Beschwerden tatsächlich nicht mit Ihrer körperlichen Gesundheit zusammenhängen, sondern psychischer Natur sind. Sollten Sie während des Lesens oder der Selbstreflexion bemerken, dass Sie allein nicht weiterkommen, scheuen Sie sich nicht, um Hilfe zu bitten. Studierte und ausgebildete Psychotherapeuten sind zum Helfen da, sie greifen Ihnen unter die Arme und sind auf diesem schweren Weg stets an Ihrer Seite. Hilfe bei etwas so Wichtigem ist nie falsch oder mit Scham behaftet. Ihre Gesundheit sollte Ihr wichtigstes Gut sein, die physische und die psychische. Sollten Sie im Augenblick große berufliche oder persönliche Sorgen, schwere Konflikte und Belastungen haben, dann ist es umso wichtiger, sich jemandem zu öffnen. Reden Sie mit Ihrer Familie, Freunden, einer anderen Vertrauensperson und Sie werden bemerken, dass Sie nicht allein sind und sich ebenfalls nicht verstecken müssen.

So wie dieses Buch über das Thema der Angst im Alltag zu sensibilisieren versucht, so können auch Sie in Ihrem Umfeld als beispielhafte Erstperson zeigen, wie Sie sich um Ihre psychische Gesundheit kümmern und so Ihre Ängste Stück für Stück überwinden. Sie werden lernen, was für Möglichkeiten es gibt, um sich Zeit zu schenken, die Sie damit füllen, sich gut zu tun. Zeigen Sie Ihren Mitmenschen, wie gut Ihnen die Arbeit an sich selbst tut und vertrauen Sie mir, Sie werden nur positive Erfahrungen machen. Denn die Menschen brauchen stets jemanden, der den ersten Schritt wagt. Natürlich gibt es immer mehr, die vor allem in den sozialen Medien zeigen, wie sie Meditation und Yoga in ihren Alltag einführen und praktizieren. Dabei wimmelt es nur von Selflove-Ritualen und Gesprächen über psychische Gesundheit. Dennoch sind die meisten von ihnen nicht so nahbar wie eine gute Freundin, Mutter oder Arbeitskollegin. Psychische Krankheiten sind nichts, wovor Sie sich schämen müssen. Nichts, was es zu verstecken gilt. Viele Betroffene denken das und versuchen, entweder ihren Alltag problemlos zu bewältigen oder ziehen sich so stark zurück, dass sie ihren Alltag komplett vermeiden. Beides ist nicht die richtige Lösung. Lesen Sie das Buch, versinken Sie darin und schenken Sie es vielleicht anderen oder geben sie einfach Ihr Wissen an andere weiter. Machen Sie Ängste zum Thema, reden Sie darüber und zeigen Sie sich aufgeklärt. Sie werden sehen, dass Ihnen viele danken werden, auch wenn es sich dabei nur um stummes Zustimmen handelt.

Teil 1: Was ist Angst?

Der erste Teil des Buches beschäftigt sich eingehend mit den Fragen: Was ist Angst? Welche Arten gibt es? Wie kann Angst erkannt werden? Was sind die physischen Auswirkungen von Angst?Hier wird die Basis der Sensibilisierung des Themas Angst gelegt, sodass darauf in den nächsten Teilen und Kapitel eingegangen werden kann. Dies ist wichtig, um ein gewisses Verständnis für die Funktion von Angst zu schaffen. Es soll kein negatives Bild der Angst erzeugt, sondern ein positiv-neutrales und vor allem gesundes Niveau geschaffen werden.

Angst – Definition und Herkunft

Das heutige Wort Angst scheint sich vom griechischen Verb angchein und dem lateinischen angere abgeleitet zu haben. Beide Verben bedeuten übersetzt: „würgen, das Herz beklemmen, die Kehle zuschnüren“. Sie beschreiben die Symptome einer plötzlich auftretenden Angst. Der Begriff der Angst hat sich jedoch auch seit dem 8. Jahrhundert von dem indogermanischen Wort anghu (neudt. beengend) über das althochdeutsche Wort angust entwickelt. Diese Worte sind ebenfalls mit dem lateinischen angustus (dt. Enge, Bedrängnis) verwandt. Das Wort Angst findet sich ebenfalls als ein Wortexport in der englischen Sprache wieder, dort wird es als german angst verwendet. Es bedeutet so viel wie typisch deutsche Zögerlichkeit, kann aber auch mit Existenzangst übersetzt werden. Der Ursprung dieses Wortexportes findet sich in der deutschen Geschichte wieder. Ein Beispiel hierfür ist die zurückhaltende Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands nach der Wiedervereinigung. Zögerlichkeit und Existenzängste werden hier unterschiedlich stark gewertet. 1849 wird vermutlich der englische Begriff angst-ridden von George Eliot (eigentlich Mary Anne Evans), einer Schriftstellerin und Journalistin, eingeführt.

Alle begrifflichen Herkünfte zeigen, dass das Gefühl der Angst stets mit einer Tätigkeit oder Ausführung beschrieben wird. Die Wortherkunft zeigt nicht nur die Altertümlichkeit der Angst, sondern auch, dass es sich um ein normales, natürliches und vor allem lebenswichtiges Gefühl handelt. Denn ein Mensch, der ohne Angst-empfinden lebt, würde sich in ständige Lebensgefahr bringen. Das angeborene Gefühl der Angst hält uns davon ab, in Situationen zu geraten, die eine Bedrohung unseres Wohlbefindens bedeuten könnten. Treten solche bedrohlichen Situationen ein, stellt unsere Angst die nötige Energie bereit, um unsere Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft zu erhöhen. Wir entscheiden je nach Situation, wie wir sie bewältigen oder ob es besser ist zu flüchten.

Angst kann jedoch auch schwierig werden, wenn sie und lähmt und uns hindert, bestimmte Situationen in Angriff zu nehmen. Es kann passieren, dass Angst empfunden wird, obwohl momentan keine objektiv bedrohliche Situation vorliegt. Diese übermäßige Angst kann die Handlungsfähigkeit eines Menschen verringern. Diese ist jedoch überaus wichtig als Teil der Energie zur Angstbewältigung. Angst ist eine Emotion, die nicht nur lähmen kann, sondern auch mobilisieren. Sie haben vielleicht schon einmal davon gehört, dass Menschen, die sich in einer gefährlichen und bedrohlichen Situation befinden, manchmal Leistungen erbringen, zu denen sie sonst nicht fähig wären. Ein Mann rettet beispielsweise kleine Kinder aus einem brennenden Haus, obwohl er Angst vor Feuer hat. Diese Art von Beispielen begegnen Ihnen zum Beispiel vermehrt in den Nachrichten oder in Zeitungsartikeln.

Angst äußert sich jedoch nicht nur in Emotionen, sondern auch in physischen Zuständen. Neben dem Gefühl des Entsetzens und der Ausweglosigkeit, kann gleichzeitig eine Beschleunigung des Pulses bei Ihnen einsetzen. Um diese auf zweierlei Weise funktionierende Emotion der Angst noch besser zu verstehen, ist es nötig. noch tiefer in die Thematik einzusteigen und zu ergründen, welche Arten der Angst es gibt.

Die psychologische Wissenschaft der Angst

1894 beschrieb Sigmund Freud die Angstneurosen und führte somit den Begriff der Angst erstmals in die psychologische Wissenschaft ein. Freud erklärt die Angst so, dass sie aus einer Folge von unterdrückten sexuellen Spannungen besteht, die dann zu der Angst umgeformt werden. Das war sein erster Entwurf bei der Beschreibung von Angst. Es folgten weitere und breitere Konzeptionen der Angst. Angst sei ein Signal für Gefahr, beschließt er dann und unterscheidet zwischen der objektiv begründeten Angst, die er Furcht nennt, und der eigentlichen neurotischen Angst. Diese Unterscheidung findet jedoch weder im Allgemeinen noch im wissenschaftlichen Sprachgebrauch weitere Beachtung. Dennoch werden im Folgenden die verschiedenen Formen der Angst nach Freud näher erläutert.

Die objektiv begründete Angst, also die realen Ängste, haben als Ursachen konkrete und überaus reale Gründe. Die Ängste sind an die Wirklichkeit angepasst, sie sind vernünftig und für den Menschen notwendig und gesund. Ein Beispiel für eine reale Angst ist die vor Krieg oder Umweltkatastrophen. Natürliche Reaktionen dieser objektiv begründeten Angst sind die Flucht, das Ausweichen vor der Situation, Wut, Trauer und Aggression. Wie stark sich die Realangst ausbreitet und verhält, hängt logischerweise von den Faktoren der Betroffenen ab. Doch kann es bei zu großer Angst und unangepassten Reaktionen zu einem selbstschädigenden Verhalten kommen. Dennoch bleibt die Realangst überlebenswichtig, da sie auch durch ihre Anpassungsfähig das Erlernen neuer Reaktionen zur Bewältigung von Gefahren motiviert.

 

Die zweite Form der Angst, die neurotisch krankhafte Angst, lässt sich in drei Unterkategorien gliedern. Die erste ist die frei flottierende Angst. Freud beschreibt diese Angst als eine, die unspezifisch ist, sodass sie ständig vorhanden sein kann. Das Angstgefühl ist vollkommen umfassend und ist nicht an eine bestimmte Situation oder eine Ursache gebunden. Der Begriff der Panangst hängt unmittelbar mit dem der flottierenden Angst zusammen und wird so in der Psychologie verwendet. Diese Angst kann chronisch sein und tritt vermehrt bei Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung1 auf.

Die zweite Unterkategorie ist die der Phobien. Das Wort stammt aus dem altgriechischen phobos für die Furcht. Phobien sind intensive Ängste, die sich auf bestimmte Situationen und Objekte beziehen. Trotzdem können Phobien von den Betroffenen nur irrational wahrgenommen werden, da sie ihre Phobien nicht erklären können. Es gibt eine Vielzahl von Phobien, einige von ihnen sind einfach. Das bedeutet einerseits, dass die Phobien das Leben der Menschen nicht wesentlich beeinflussen. Sie treten stets dann auf, wenn sie sich in der Nähe des betroffenen Objektes oder in einer bestimmten Situation befinden. Dabei handelt es sich um die Angst vor verschiedenen Tieren wie Spinnen, Schlangen und Hunde. Oder es ist die Angst vor der Dunkelheit, der Höhe, vor Infektionen und vor Blitzen. Andererseits gibt es aber ebenso Phobien, deren Grad viel schwerer ist. Dazu zählt beispielsweise die Agoraphobie. Betroffene haben dann Angst vor öffentlichen Plätzen. Das kann sich auf stark überfüllte Plätze beziehen wie große Konzerthallen und Demonstrationen. Andere können zum Beispiel nicht Bus und Bahn fahren oder einkaufen gehen. Ihre Lebensführung ist demnach stark beeinträchtigt, da sie die einfachen Dinge ihres Lebens nicht mehr selbstständig erledigen können.Die dritte Kategorie ist die der Panikstörungen. Menschen mit Panikstörungen leiden unter plötzlichen Angst- und Panikanfällen, ohne dass objektiv gesehen eine reale Gefahr besteht. Die Panikstörungen sind verbunden mit Panikattacken, die für die Betroffenen eine extreme körperliche Angstreaktion bedeuten und von ihnen als extreme Bedrohung der Gesundheit wahrgenommen und erlebt wird. Phobien und Panikstörungen können dabei in unmittelbarer Verbindung stehen, wie die Agoraphobie mit Panikattacken auftreten kann.

Natürlich sind dies nicht die einzigen Ängste, unter denen Menschen leiden können. Einige der Ängste können zuerst positiv sein und dann in negative und ungesunde umschlagen. Ein Beispiel dafür ist die Gewissensangst. Bei dieser Angst sind primär die Schuldgefühle betroffen. Diese gehören zum Leben eines jeden dazu und kann positiv sein. Denn jemand, der sich für sein Verhalten schuldig fühlt, kann sein Handeln reflektieren und wenn nötig, auch verbessern. Negativerweise gibt es zu den bloßen Schuldgefühlen die neurotische, krankhafte Gewissensangst. Sie ist an Menschen zu erkennen, die genussunfähig oder entscheidungsschwach werden, weil ihre Angst sie komplett lähmt. Menschen, die unter dieser Angst leiden, befürchten, dass sie mit allem, was sie tun oder vorhaben, eine Sünde begehen. Das Stichwort der Sünde zeigt an, dass es sich bei der neurotischen Gewissensangst um das Ergebnis einer Angst erzeugenden, religiösen Erziehung handelt.

Eine zweite sehr oft vorkommende Angst, ist die existenzielle, die Lebensangst. Diese Angst kann von vielen nicht erklärt werden. Es ist die Angst vor dem Versagen im Leben, die die Frage nach dem Sinn des Lebens mit sich zieht. Diese Art von Angst kann jedoch jeden betreffen, unabhängig der Alters- und Berufsgruppe. Es kann sich um die Angst handeln, die Menschen vor den Niederlagen in ihrem Leben haben, die sie aufhalten, Risiken einzugehen, sodass die Gründe der Angst nicht eintreffen. Es kann aber auch die Angst sein, etwas in seinem Leben zu verpassen, nicht genug zu erleben, die Menschen motiviert. mehr Risiken einzugehen und gegen die Angst anzutreten.

Die dritte Form der Angst ist die individuelle und kollektive. Individuelle Ängste beziehen sich stets auf ein Individuum, Situationen und Begebenheiten die eintreten können, aber nur einen selbst betreffen. Dazu gehören die Gefährdung der Gesundheit durch Krankheiten, das Alleinsein, Schuld und Versagen. Hier passiert eine Überschneidung mit den existenziellen Ängsten und den individuellen. Kollektive Ängste, wie der Name schon vermuten lässt, betrifft eine Gruppe von Menschen oder ein ganzes Volk. Dazu gehören Ängste wie der Klimawandel und Kriege, aber auch fiktive Ängste wie Aliens und Hexen.2

Die Angstforschung ist in der heutigen Zeit sehr weit gefächert. Bisher haben wir unseren Blick auf die Freud‘sche Angstanalyse und einige weitere Formen der Angst gerichtet. Um noch weitere Angstanalysen kennenzulernen, wandern wir in der Wissenschaft der Angst 100 Jahre nach Freud und gelangen zu Fritz Riemann und seinen Grundformen der Angst. Fritz Riemann, ein Psychoanalytiker der Neuzeit, entwickelt um 1961 seine Grundformen der Angst. Seine Beobachtungen helfen den Menschen und Wissenschaftlern, noch tiefer in die Materie der Angst einzusteigen und noch besser unsere eigenen Gefühle und Zustände zu verstehen. Nach dem folgenden Kapitel haben Sie eine Menge Informationen zur Angst, wie sie wissenschaftlich betrachtet wird und können dann mit Ihrem Wissen die folgenden Kapitel auf Ihrer Basis aufbauen.

Die Grundformen der Angst ist eine tiefenpsychologische Studie von Fritz Riemann. In dieser Studie beschreibt Riemann vier verschiedene Typen der Persönlichkeit, ihre jeweiligen Ängste und Verhaltensweisen und deren Ursachen.

Jeder Mensch, so Riemann, bedient sich seinen persönlichen und individuellen Ängsten. Diese sind genauso persönlich wie die Auffassung von Liebe und Tod, die jeder mit der Zeit seines Lebens entwickelt. Unsere Ängste sind abhängig davon, in was für einer Umgebung und Umwelt wir aufwachsen und leben. Die Entwicklungen der Ängste sind nicht mit einem Punkt im Leben besiegelt, sondern der Prozess der Entwicklung reift weiter bis zu unserem Tod. So vielfältig wie unser Leben ist und wie die Menschen selbst sind, so sind es auch die Ängste. Demnach gibt es nichts auf der Welt, vor dem wir keine Ängste entwickeln könnten. Bei genauem Hinsehen bemerkte Riemann allerdings, dass sich die Ängste immer um bestimmte Varianten herum entwickeln, diese nennt er die Grundformen der Angst. Alle Ängste, die jemals erlebt wurden, lassen sich in diese Grundformen eingliedern. Die Grundformen lassen sich mithilfe von vier Grundängsten und vier dazugehörigen Grundimpulsen beschreiben. Diese vier Grundformen spielen in unserem Leben ein große Rolle, sie ergänzen und gleichzeitig widersprechen sie sich. Bei den vier Grundformen handelt es sich um menschliche Persönlichkeitsstrukturen und nicht um psychische Krankheitsbilder.

Die erste Persönlichkeitsstruktur ist der Abgrenzungstyp, die schizoide Persönlichkeit. Hier besteht kein Bezug zum Krankheitsbild der Schizophrenie. Die Hauptangst dieser Persönlichkeitsstruktur besteht in der Angst vor der Hingabe. Sie wahrt die Distanz und Autonomie und verknüpft ihren Impuls mit der Selbstbewahrung und der Ich-Abgrenzung. Menschen mit einer schizoiden Persönlichkeit haben Angst, sich selbst zu verlieren, weshalb sie in ständiger Distanz zu ihrer Außenwelt und ihren Mitmenschen leben. Starkes Merkmal dieses Persönlichkeitstypus ist das fehlende Selbstvertrauen, sodass sie ebenfalls ihren Mitmenschen nicht vertrauen können. Dieser Typ lebt sehr ichbezogen und strebt nach Unabhängigkeit und Individuation. Schwere Konsequenzen sieht Riemann in den zwischenmenschlichen Beziehungen dieses Persönlichkeitstypus, da sich seine Partnerschaften und Kontakte stets als rational und befremdlich gestalten. Außerdem kann bei schizoiden Persönlichkeiten Aggression zu einem großen Thema werden, da sie diese als eine Brücke zum Kontakt mit Mitmenschen ersuchen. Mögliche Ursachen für die Art des Persönlichkeitstypus kann die mangelnde Geborgenheit und die liebevolle Begleitung in ganz jungen Jahren sein. Dennoch besitzt dieser Typus selbstverständlich auch positive Seiten. Keiner der Persönlichkeitstypen sind rein positiv oder negativ ausgerichtet. Die souveräne Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, der starke Mut zu sich selbst und die scharfe und kritische Beobachtungsgabe sind positive Dinge, die diesen Typen charakteristisch darstellen.

Der Gegenspieler des schizoiden Persönlichkeitstypen ist der Verschmelzungstyp, die depressive Persönlichkeit. Die vorherrschende Angst ist hier die der Selbstwerdung. Ausschlaggebend sind hier die Nähe und Beziehung zu anderen, um dem Verlust von Geborgenheit entgegenzuwirken. Von den depressiven Persönlichkeiten wird die größtmögliche Nähe und Abhängigkeit von anderen gesucht, um sich vor der Angst der Trennung, der Ferne und der Distanz zu schützen. Der Impuls, der hier die Taten der Betroffenen beherrscht ist, sich selbst aufzugeben und vollkommen in dem Gegenüber aufzugehen. Der depressive Persönlichkeitstyp flieht demnach in die Anpassung und Unterwerfung. Die daraus entstehende Abhängigkeit gibt den Menschen Sicherheit, die jedoch die Verlustangst steigert. Der Betroffene wird in seinen Beziehungen zuwendungsbereit, fürsorglich, anspruchslos und anhänglich. Letztlich beherrscht ihn ein Zustand der Erschöpfung und Überforderung. Die Konsequenzen des depressiven Persönlichkeitstypen sind die Verharmlosung von aggressiven Zuständen aus Angst vor dem Verlust und die Unterdrückung eigener Impulse. Gründe für diese Persönlichkeitsstruktur sei eine von Natur aus große Einfühlungsgabe und die zu starke Verwöhnung im Kindesalter oder die Versagung einer wenig mütterlichen Frau. Die beiden Extreme sind hier ausschlaggebend. Eine negative Charaktereigenschaft sei hier das mangelnde Selbstwertgefühl. Positiv dagegen Treue und Dankbarkeit, Wärme und Gefühlstiefe.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?