Tradierte Aberrationen

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Tradierte Aberrationen
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Michael Wollmann

Tradierte Aberrationen

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2014

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Motto

Weitere Informationen

I.

Aphorismen

II.

Skizzen

III.

Einige Notate

IV.

Ausgewählte Blogeinträge

V.

Denken im Austausch: Ausgewählte Briefe und ein Chat

Endnoten

„Alles wesentliche Denken verlangt, daß seine Gedanken und Sätze jedesmal neu wie Erz aus der Grundstimmung herausgeschlagen werden.“

Martin Heidegger

Verantwortlich für alle Fotografien:

Marvin Mergard

Kontakte:

Stefan Dehn: dehn.st@web.de (deraugenblick.org)

Karsten Zamzow: kzamzow@hotmail.de

Philip Ohnruh: philip.ohnruh@web.de (phil-o.de)

I. Aphorismen


Der Leser denke jeden Satz aus sich heraus.

Zu den Gründen liegt in mir Weitreichendes zugrunde.

Man muss Wissen, das fassungslos ist, in Worte fassen, um es in seinem Wert erhalten zu können.

Das Entgegenkommen durchbricht ein Abwenden des gegenseitigen Einvernehmens.

Der Aphorismus ist ein Satz, der nachsetzen muss, wenn die Versetzung gefährdet ist.

Man verliert den Faden, um auf das Knäuel aufmerksam zu werden.

Der Zerfall widerfährt mir ohne Unterlass. Unterlassene Hilfeleistung nenne ich das.

Wenn man sonst keine Probleme hat, kann man heutzutage Millionen Menschen erreichen.

Man verwirklicht sich, um am Ende besser zusammensacken zu können.

Was mir zu denken gibt, hat gleich mehrere Chancen.

Auf den Geist wird zwar gemeinhin viel gehalten, aber wer mit ihm in Kontakt kommt, hat oft einen schweren Geisteszustand, der anderen sehr auf den Geist gehen kann.

Die Einsamkeit nährt das Vorurteil des Nachteils.

Man macht die Nacht durch, um eine Wiederauferstehung erleiden zu können.

Wenn das Maß voll ist, hat die Tugend Feierabend.

Was man in petto hat, kann einen auch wie Cäsar zu Fall bringen.

Chancengleichheit gibt es nur für jene, die im Nichts aufgehen können.

Ein Seufzer leitet oft die schwere Geburt eines Aphorismus ein.

Die Betrachtung zieht in Zweifel, dass es in ihrem Umkreis noch etwas anderes zu sehen gibt.

Man will zu denken geben: Dazu müsste sich allerdings erst einmal jemand finden lassen, der die Gabe auch bereitwillig annehmen will!

Ein Geniestreich regt zum Nervenkitzel an.

Was mir wichtig scheint, wird von mir eingeseint.

Wer zerstört darniederliegt, befindet sich in einer guten Ausgangsposition.

Ein umfassendes Nichts umsorgt mich ohne meine Einwilligung.

Die unbeugsame Zeit wird nur in der Gegenwärtigkeit gestillt.

Man findet sich ein, damit sich etwas urplötzlich herausstellen kann.

Die Altklugheit macht leider vorzeitig fertig.

Gelegentlich entspricht sich die Sprache, dann muss man sie auf sich einwirken lassen.

Geballte Kritik: Eine runde Sache.

Der Mantel des Schweigens wird bisweilen wortlos zum Warmhalten unterbreitet.

Die Zeit ist kostbar, aber man will auch kein Kostverächter sein.

Was man mir erleichtern will, beschwert mich bereits im Vorhinein durch die zuvorkommende Vorenthaltung.

Was mich nicht im Geringsten interessiert, passiert einfach.

Luxus ist das, was sich kein vernünftiger Mensch auf seine Kosten leisten will.

Die bloße Definition ist eine Aberration.

Die Gegenstände hängen uns an, als ob sie für unser Gleichgewicht sorgen würden.

Wer den Versuch unternimmt, sich einen Reim auf sich selbst zu machen, kann anderen nur platt erscheinen.

Man veranschaulicht sich manche Dinge einfach besser, indem man sie außen vor lässt.

Die Gegenwart ist ein einziger tiefer Einschnitt, der zu Lebzeiten niemals einigermaßen zuheilen kann.

Bis zum Tod läuft die Zeit uns entgegen.

Wenn du geschwiegen hättest, hätten die Leute möglicherweise das Bedürfnis verspürt, deine Bücher zu lesen.

Wer den Anschein erweckt, macht zumindest die Plagiatsprüfer aufmerksam.

Wer alles nur noch in HD sehen möchte, sollte sich einmal fragen, ob er auch im Denken mit der Zeit das Grobkörnige hinter sich lassen konnte?

Ich lasse nie eine Frage außen vor, wenn ich davon ausgehen kann, von etwas Grundsätzlichem im Ansatz ergriffen worden zu sein.

Man muss heutzutage schon Philosophie studiert haben, um von einer Massenwirkung nicht auf die falsche Ursache zu schließen.

Man glaubt wohlgenährt zu sein, konsumiert dabei aber tatsächlich nur, was einem nicht wohlbekommt.

Wer mit einem Etikett versehen wird, sollte sich darauf verstehen, es umzulügen.

Die eigenen Gedanken in Worte zu fassen: Man hat sich dazu hinreißen lassen.

Er war mit seinem Leben so zufrieden, dass er es genauso abschließen und wiederfinden wollte.

Gemachte Erfahrungen erniedrigen mit der Zeit selbst den bodenlosesten Idealisten.

Manche stellen sich so dumm an, dass die Festanstellung unausweichlich wird.

Durchhaltevermögen ist nicht immer auch gut angelegt.

Das Naheliegendste beim Brachliegenden ist der Aufbruch.

Gebremster Schaum umgibt wissenschaftliche Arbeiten.

Dem Man fällt es zu, bis in alle Ewigkeit verflucht zu sein.

Man hat in dieser Welt nichts zu suchen, wenn einem nicht der Sinn danach steht, etwas darin zu finden.

Im Entwurf entspricht sich das Ich noch auszugsweise.

Die Objektivität wächst der Sorge entgegen.

Wer zitiert, trägt etwas an den Zitierten heran, was dieser längst abzutragen suchte.

Auch die Uneigennützigkeit hat man sich selbst zuzuschreiben.

Von Denjenigen, die immer gleich hin und weg sind, wird nichts Bleibendes zu erwarten sein.

Der Redebedarf fällt dürftig aus, wenn er nicht auf Unbedarftheit zurückzuführen ist.

Geliebt, verehrt – und dann doch verfasst.

Man darf sich im Vorhinein nicht allein auf das beschränken lassen, was man glaubt, umkreist zu haben. Denn für Ausbrüche ist es nie zu spät.

Philosophen müssen wohl immer gleich aufs Ganze gehen – Um noch größeren Schaden anrichten zu können.

Man wird doch gut unterhalten nach deren Dafürhalten.

Wer einen Willen aus Gewohnheit ausübt, hat ihn vorher willenlos eingeübt, benimmt sich damit also seines Willens.

In den stillsten Stunden ergeben wir uns unseren Eingebungen, die sich nicht länger nur mit uns abgeben wollen, weshalb wir sie in der Notation zur Strecke bringen müssen.

Ein präziser Gedanke findet nie seine adäquate Performanz, wenn man ihm nicht seinen Raum gibt.

Man erwartet sich ein Leben lang, bis man dran ist und sich nicht mehr hervorwagen kann.

Wer seine Wurzeln zu kennen glaubt, wird selten das Bedürfnis verspüren, sie bloßlegen zu lassen.

Das Nichts erbricht sich einmal mehr – in dieser Notiz.

Dummheiten passieren, vor allem im Übergehen des Lebens.

Man kommt sich zuvor und verdirbt es mit sich, nur weil man etwas in die Wege leitet, was einen voranbringen soll.

 

Die Brüderlichkeit kam mit Kain und Abel in die Welt.

Im sterbenden Ich wird der Bewahrheitung entgegengewelkt.

Die übergehende Fülle bewirkt, dass die Umhüllung zerplatzen und die Eigentümlichkeit des Wesens hervortreten muss.

Wer das innewohnende Bedürfnis umgarnt, kann sich vielleicht aus sich selbst hervorlocken.

Man überdenkt die Vorboten der Krankheit, in der Hoffnung, sie damit überdecken zu können.

Was in mir wirksam ist, muss ausgewirkt werden, damit neue Einwirkungen in mir greifen können. Der unverstellbare Blick muss dafür allerdings eingeräumt werden.

Man wird vom Geist nicht mehr ergriffen, sondern sucht ihn in den Begrifflichkeiten.

In einer geistesträgen Zeit wird sich kaum noch jemand zu einer eigenen Haltung durchringen können, was schwere Haltungsschäden zur Folge haben wird.

Wenn Kultur angeboten werden muss, kann etwas mit dem Aufgebot schon nicht stimmen.

Um lebensfähig zu bleiben, muss man manchmal einen Teil aus sich herauswinden und den Gutachtern zu Forschungszwecken überlassen. Die wollen schließlich auch von etwas leben.

Es gelingt mir einfach nicht, etwas Sinnloses festzuhalten.

Man fragt sich, warum man um Nichts in der Welt diesen Satz notiert hat!

Man würde sich wie ein Idiot vorkommen, wenn man nicht bereits wüsste, dass man ein Idiot ist.

Bemitleidenswert sind jene, die immer gleich zum Ausdruck bringen müssen, was und wer sie sind, nur um eine schützende Fassade zu haben, hinter der sie sich verstecken können.

Zu Grunde gehen bedeutet in erster Linie: Zu den Gründen seiner selbst gehen.

Manche fühlen sich von Gott so sehr gepeinigt, dass sie ihn wie Luft behandeln und ebendarum ad nauseam inhalieren müssen.

Man kann die Worte nur dann in ihrem Wortsinn erfüllen, wenn man sie frisch aus sich hervorquellen lässt.

Das meiste, was aus mir hervorgeht, sucht immer gleich das Weite.

In den Worten steht noch nicht einmal ansatzweise das, was sich ausdrücken ließe.

Wem viel daran liegt, immer auf der Höhe der Zeit zu sein, wird sich dauerhaft aufs Tiefste erniedrigen müssen.

Wenn das Leiden nicht so wohltuend auf mich wirken würde, hätte ich es längst verabscheut.

Ich denke mir nichts mehr über das Nichts, weil ich es zu leben gelernt habe.

Das Bewusstsein der Vergeblichkeit gibt zu viel.

Was geht nur alles in einem vor, wenn man auf sich mal nicht Acht gibt und sich einfach so gehen lässt!

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