Michael Pearson - Das Geheimnis von Cedar Creek III

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Michael Pearson - Das Geheimnis von Cedar Creek III
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Michael Feldmann

Michael Pearson - Das Geheimnis von Cedar Creek III

Verlorene Seelen

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Hilflos ausgeliefert

Das Geheimnis vom Cedar Creek Inn

Ungeahnte Kräfte

Wo ist Maddy?

Zurück im Berkeley House

Ende gut, alles gut!

Impressum neobooks

Hilflos ausgeliefert

Teil III - Verlorene Seelen

Als Michael aufwachte, war ihm speiübel! Er lag unbequem in einer hölzernen Kiste, die auf dem Boden leicht mit Sägemehl ausgelegt war. Das Pochen seiner Schläfen kam ihm wie das Ticken einer monströsen Wanduhr vor, die bedrohlich mit ihrem Lärm den Raum füllte. Vorsichtig versuchte er, langsam seine Arme zu bewegen! Viel Platz hatte er in der Kiste nicht! Sie war lang, aber schmal! Am Fußende war ein Geräusch zu hören. War es ein Tier? Michael war noch zu benebelt, um direkt zu reagieren. Er musste erst einmal seine Gedanken zusammen bringen und versuchen, gegen seine Übelkeit anzukämpfen. Was war passiert? Wo war er? Wie war er in diese unangenehme Situation geraten? War er alleine? War er in Gefahr? Die betörenden Kopfschmerzen machten es nicht einfacher, einen klaren Gedanken zu fassen! So langsam kehrten die Erinnerungen zurück. Er war in den Keller des Cedar Creek Inn gestiegen, hatte diese schwarzen Urnen mit grausigem Inhalt entdeckt! Danach herrschte ein absoluter Filmriss! Wie lange mochte er wohl schon in der Kiste gelegen haben? Als er seine rechte Hand heben wollte, um seinen Kopf abzutasten, spürte er nur einen Ruck. Eine Bewegung war nicht möglich. Seine Hände waren gefesselt. Es waren aber nicht nur die Hände. Sein ganzer Körper war bewegungsunfähig! Bis jetzt hatte er die Augen geschlossen. Blinzelnd öffnete er sie. Vielleicht war es zumindest möglich, den Kopf leicht zu bewegen, um zu sehen, in welcher Lage er sich befand. Durch die geschlossenen Augen hatte er schon ein leichtes Flackern wahrgenommen. Nun wusste er, woher es kam. Seitlich der Kiste an den Wänden waren zwei Fackeln angebracht! Ihre Flammen tanzten nervös hin und her. Es war beruhigend, dass er wenigstens Licht hatte. Michael hob leicht den Kopf an. Das ging, auch wenn das Hämmern in seinem Kopf nun ein Big Ben Ausmaß annahm. Er schaute an seinem Körper runter. Die Lichtquelle reichte nicht in ihrer Intensität bis zum Ende seiner hölzernen Lagerstätte. Dort war das Licht gebrochen. Noch immer waren diese tierischen Geräusche irgendwo in seinem Fußbereich zu vernehmen. Dann spürte er auch etwas auf seinen Schuhen. Ein kleiner Körper tapste definitiv dort untern über seine Füße, schwer genug, um es zu spüren. Panik machte sich breit, aber es gab etwas, was noch viel beunruhigender war. Seine Augen schauten an seinem Körper entlang. Er war verschnürt wie ein Paket! Ein grobes Seil breitete sich über seinen ganzen Körper aus! Hände, Arme, Beine! Es überzog ihn komplett! An der Kiste waren seitlich von innen Haken angebracht! Dort waren wohl die Ausgangspunkte der Schnürkonstruktion. Die Situation war mit einer eingesponnenen Fliege in einem Spinnennetz vergleichbar; aber wo war die Spinne? Normalerweise wartete sie doch immer in der Nähe ihres Opfers auf der Lauer! Die Angst, die sich breit machte, verdrängte so langsam den Schmerz. Michael fühlte sich, als wenn ihn jemand in ein Becken mit Eiswasser geschupst hätte. Seine Gedanken waren glasklar! Nun erkannte er auch, was diese hölzerne Kiste war, in der sich befand. Er lag in einem Sarg! Sollte er schreien? Er hatte keinen Knebel im Mund, aber was würde er damit bewirken? Die Spinne reizen, ihre Beute blitzschnell zu töten. Das Risiko wollte er nicht eingehen! Er drehte den Kopf leicht nach links und rechts, um auf dem Sargboden nach seinem Medaillon zu schauen. Das hatte er doch noch bis zum Schlag auf dem Kopf in seiner Hand gehalten. Hoffentlich hatte man es ihm nicht abgenommen! Für Außenstehende war es doch nur ein Schmuckstück, ein Herzmedaillon! Keiner konnte wissen, dass es momentan die stärkste Verbindungsquelle zwischen ihm und Maddy war. Oder hatte die Person, die ihn niedergeschlagen hatte, gesehen, dass der Lichtstrahl vom Herzen ausgegangen war? Kein normales Medaillon könnte so etwas hervorrufen. Es ging nicht! Im Bodenbereich des Sargs war kaum Licht zu sehen! Und wenn das Medaillon irgendwo unter dem Sägemehl lag? Es war unmöglich, den Kopf so weit zur Seite zu drehen, dass er es hätte genauer inspizieren können. Im Spinnennetz war alles nur sehr stark begrenzt möglich! Michael gab auf! Er wollte sich zwar nicht hilflos seinem Schicksal ergeben, wusste aber, dass es zwecklos war, sinnlos Energie zu vergeuden! Er wollte den Kopf gerade wieder senken, als er etwas Schlangenähnliches im unteren Teil des Sarges auf seinem verschnürten Beinen hin- und herpendeln sah! Es war der Schwanz einer Ratte. Nein, bitte das nicht! Was sollte er machen? Maddy, bitte hilf mir! Es gab keinen anderen Ausweg! Wenn Maddy ihm nicht helfen würde, könnte es wahrscheinlich keiner! Dann war er verloren! Es kam keine Antwort, kein Zeichen! Er lauschte in die Stille! Es war nichts zu hören, bis auf ein knabberndes Geräusch! Der Junge merkte, wie sich so langsam ein Taubheitsgefühl in seinem Körper breit machte! Wenn er nicht bald von diesen Fesseln befreit würde…! Weiter wollte er gar nicht denken! Die Ratte knabberte weiter! Vom Ausmaß des Schwanzes her konnte es kein kleines Tier sein! Es war auch gut möglich, dass er das tatsächliche Gewicht des Nagers nicht mehr spürte, weil seine Beine und Füße ebenfalls abgestorben waren. Das Geräusch in seinem Fußbereich hörte mit einem mal auf! Er versuchte, die Füße leicht anzuheben, was ihm große Mühe bereitete, weil seine Gliedmaßen komplett abgestorben waren! Wenn er sich genug auf einen Fuß konzentrieren würde, könnte er es sicherlich schaffen! Michael stellte sich vor, wie schlimm es wohl sein mochte, wenn man querschnittsgelähmt sein würde. Im Flackerlicht der tanzenden Flammen sah er dann das, was in seiner Vorstellung vor ein paar Minuten noch undenkbar gewesen war! Sein rechter Fuß zeichnete sich in der Höhe deutlich vom linken Fuß ab! Das Seil hing zwar noch immer leblos im Bereich seiner Knöchel, aber es war sauber durchgenagt! Die Ratte! Wo war sie? Eigentlich hatte sie ihm das Leben gerettet! Ohne sie hätte er in dieser Situation keine Chance gehabt! Sie war weg! Spurlos verschwunden! So langsam kam wieder Leben in seine Gliedmaßen. Dadurch, dass er angefangen hatte, seinen rechten Fuß und danach das Bein zu bewegen, kam Zirkulation in seine Blutbahn! Nun bewegte er den linken Fuß! Er war glücklicherweise mit einem riesigen Seil gefesselt worden. Die Ratte hatte es nur an einer Stelle zerbissen, aber das hatte vollkommen gereicht! Mit jeder Bewegung seines Körpers langsam von unten nach oben lockerte sich sein Gefängnis! Schon nach kurzer Zeit konnte Michael sich im Sarg aufrecht setzen und die Fixierungspunkte am Rande der Kiste lösen! Das grobmaschige Seil hatte die Haut seiner Handgelenke aufgescheuert! Doch es schmerzte nicht! Einige Stellen am hellen Fesselwerkzeug hatten sich jedoch rot gefärbt! Angewidert rollte er es leicht zusammen! Als es die Form einer bedrohlich eingerollten Schlange hatte, warf er es über den Rand des Sarges! Dumpf fiel es auf den Boden! Erst jetzt registrierte Michael, dass er noch immer in dem Kellerbereich war, den er betreten hatte, als er niedergeschlagen wurde. Der Sarg stand nur in einer Nische, etwas weiter von der Kellertreppe entfernt! Mit dem Strahl des Medaillons hatte er zwar vieles erkennen können, aber das Licht hatte nicht das Ausmaß einer Taschenlampe! Er schaute über den Sargrand nach unten! Der rechteckige Kasten stand auf einem stabilen schwarzen Podest, vergleichbar mit einem Altar! Dieser wirkte aber nicht einladend, sondern eher bedrohlich! Eine negative Aura umgab ihn! Konnte er es wagen, über den Sargrand zu klettern? Mit Sicherheit! Der Altar war aus Stein und wirkte sehr massiv! Das Medaillon! Bevor er sich weiter auf den Weg machte, musste er schauen, ob es noch irgendwo zwischen dem Sägemehl lag! Blind ließ er seine Hände über den Boden kreisen! Dann fühlte er es! Ihm wurde warm ums Herz! Egal, was passiert war, Maddy's Geschenk an ihn hatte man ihm nicht entrissen! Im dahin tanzenden Licht betrachtete er seine Handgelenke! Durch die Schnüre hatten sie einiges abbekommen! Nun schmerzte es auch leicht, aber er wollte nicht daran denken! Es gab wichtigeres. Sein Blick fiel erneut auf das Medaillon! Dann griff er es! Etwas war anders als vorher! In der Vergangenheit hatte es immer eine Wärme ausgestrahlt. Wenn er es mit Worten beschreiben sollte, so war es zuvor, als wenn Maddy der Geist in der Flasche gewesen wäre, nur dass die Flasche ein Herzmedaillon war! Sie war immer dort, an einer Kette, an seiner Brust! Doch das wichtigste war, dass er ihre Wärme und ihre Aura in einer starken Präsenz spürte! Dieses Gefühl hatte er nun nicht mehr, als er sich die Kette um den Hals hing. Was hatte das zu bedeuten! Sein Herz begann wie wild zu rasen! Schlagartig wurde ihm klar, was es zu bedeuten hatte! Maddy starb, vielleicht ein zweites Mal; und es war seine Schuld! Das konnte er nicht zulassen! Salzgeschmack machte sich auf seiner Zunge breit! Es waren ihm Tränen die Wangen runter gelaufen! Doch erst durch den Geschmack am Mund, der von ihnen benetzt wurde, merkte er, dass er weinte! Michael erstarrte, nicht durch den Geschmack der Tränen überrascht, aber durch eine Stimme, die sich in seinem Kopf breit machte! Gib nicht auf, Buddy! Du bist so nahe dran! Sei stark und kämpfe! Doch hüte dich vor falschen Freunden! Sie werden dir nach dem Leben trachten! Absulun's Macht breitet sich mit jeder Sekunde aus, in der deine wahren Freunde Energie verlieren! Er saugt sie förmlich aus! Nur der Kampf gegen die Zeit kann diesen Vorgang stoppen! Der Sand der Sanduhr läuft nach unten, ohne dass man dagegen angehen kann! Es war eindeutig Al, dessen Stimme er glasklar in seinem Kopf hörte! Es drang aber nichts von außen an seine Ohren. Keine Angst, Buddy! Du bist nicht verrückt! Ich bin es, dein Freund Al! Es gibt Dinge über mich, die du nicht weißt! Du wirst sie so nach und nach erfahren und dann auch begreifen! Wo bist du, Al? Michael stellte diese Frage, aber sie drang auch nicht über seine Lippen! Das war eindeutig Telekinese, die sich zwischen den beiden abspielte! Er hatte diese Gabe also auch! Du siehst, Buddy, dass auch du ungeahnte Fähigkeiten hast, die durch Zufall entfaltet werden, wenn du sie benötigst! Wir können nur so miteinander kommunizieren! Du bist nicht sicher in diesem Verlies! Das Cedar Creek Inn hat einen geheimen unterirdischen Zugang zum Berkeley House! Ich kann dir nicht genau sagen, wo er sich befindet! Kingsley weiß, wie er sich zu schützen hat! Seine Kraft ist schon immens angestiegen! Der Zugang ist mit schwarzer Magie versehen! Für Leute mit gewissen Fähigkeiten, wie ich sie habe, ist die Magie schon zu stark! Ich habe keine Chance, dagegen anzugehen, oder überhaupt den Zugang zu orten! ich weiß, dass du es kannst, Michael! Alles, was wir bisher passiert ist, war in irgendeiner Form vorher bestimmt! Es gibt Jahrhunderte alte Schriftstücke, in denen du schon, zwar nicht namentlich, erwähnt wirst! Nun ist der Punkt erreicht, wo du alleine beweisen musst, dass du es schaffen kannst, was von dir verlangt wird! Die Schriften der Seher, von denen ich gerade gesprochen habe, lassen vieles offen! Es wäre ansonsten vielleicht auch zu einfach! Denke nur an die Zeit, die dir im Nacken sitzt! Verliere sie nicht aus den Augen! O.k., Al, ich denke, dass ich es schaffen werde! Ich bin es vielen Leuten schuldig, die mir am Herzen liegen! Außerdem könnte ich es für mich selbst nicht verantworten, wenn ich aufgeben würde. Eine Frage habe ich jedoch, die dich betrifft! Wer oder was bist du? Doch nicht der nette Busfahrer Al von Greyhound! Das ist doch sicherlich nur irgendeine Alibigeschichte, oder? Leute wie mich nennt man Wandler! Du kennst mich als Al den Busfahrer, aber auch als Ratte, die dich von deinen Fesseln befreit hat! Das warst du? Wir Wandler können tierische Gestalten annehmen! In der Situation hatte ich mir keinen anderen Rat gewusst! Keiner würde bei einer Ratte in einem feuchten, dunklen Verlies misstrauisch! Du hast auch so eine Gabe, kannst sogar menschliche Formen annehmen! Doch noch bist du nicht soweit! Ich werde jetzt aus deinem Kopf verschwinden, bin aber immer in deiner Nähe! Finde nun den Zugang zum Berkley House! Dann war die Stimme verschwunden! Michael horchte in die Stille! Es war nichts zu hören. Selbst in den oberen Etagen des Gebäudes war es mucksmäuschenstill! Michael nahm sich seine Fackel von der Wand und leuchtete die Umgebung um sich ab! Als er den Altar nun genauer im vollen Schein inspizierte, fröstelte ihm. Es war definitiv getrocknetes Blut, sehr viel getrocknetes Blut auf der schwarzen Fläche dieses finsteren Klotzes verteilt! Waren etwa auch hier Kinder geopfert worden? Nicht nur im Berkley House? Momentan war das jedoch nicht so wichtig! Er musste den Geheimgang finden! Wie konnte er schaffen, was Al verwehrt blieb! Al hatte wirklich unglaubliche Fähigkeiten! Warum sollte er mehr können? Er konnte sich momentan ja noch nicht einmal in ein Tier oder einen anderen Menschen verwandeln! Überhaupt glaubte er, dass er diese Fähigkeit nie besitzen würde! Ein in der Stille laut klingendes Geräusch schreckte ihn aus seinen Gedanken auf! Das Herzmedaillon hatte sich aus unerklärlichen Gründen von seinem Hals gelöst und war auf den Steinboden gefallen; direkt neben dem Altar! Michael ließ die Fackel sinken, da der Boden sonst zu dunkel war! Er hatte zwar das Aufprallen gehört, aber er wollte durch das Licht auf Nummer sicher gehen! Wer weiß, was sonst noch alles am Boden herum kroch! Das Medaillon lag direkt seitlich an der schwarzen Opferstätte! Doch beim genaueren Betrachten im Lichtschein bemerkte der Junge, dass das Herz zwar auf dem Boden lag, die Kette sich aber um einen kleinen Hebel gelegt hatte, der ca. 30 cm vom Boden ragte! Er zog die Kette vom Hebel! Seltsam, der Verschluss hatte sich nicht gelöst! Wie war die Kette von seinem Hals verschwunden? War es ein Zeichen? Michael hielt die Fackel näher an den Hebel! Vielleicht sollte er ihn betätigen? Wollte Maddy ihm helfen? Bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, hatten seine beiden Hände das metallene Teil auch schon umschlossen! Doch egal, wie sehr er sich auch anstrengte, der Hebel ließ sich nicht bewegen! Was konnte er tun? Klar, er war sicherlich durch die Witterungsverhältnisse und die Jahre des nicht Nutzens eingerostet, aber er wollte nicht so einfach aufgeben! Das Medaillon war nicht ohne Grund dort gelandet! Dann fiel ihm der Dolch ein, den er noch immer seit der letzten Busfahrt bei sich hatte! Doch dieser befand sich in seiner Reisetasche, an die er gar nicht mehr gedacht hatte! Bevor er in das Kellergewölbe gestiegen war, hatte er sie noch gehabt! Hatte er sie mit runter genommen! Er wollte auf Nummer sicher gehen! Durch den Blackout war einiges auf der Strecke geblieben! Das merkte er nun wieder sehr deutlich! Er leuchtete den Boden ab! Nichts war zu sehen, doch was war das! In der Ecke, hinter dem Sarg schaute ein kleiner orangener Zipfel hervor! Michael zog daran! Es war seine Reisetasche! Vorsichtig öffnete er den Reißverschluss, behutsam, dass er auch keine unnötigen Geräusche verursachte! Der Dolch lag vergraben unter all den anderen Sachen! Das dürfte klappen! Michael grinste zufrieden! Schnell schob er die Tasche wieder unter den Sarg! Die Spitze des Dolches war sehr schmal! Er betrachtete die Waffe von allen Seiten. Würde sie es aushalten? Sie könnte genauso gut durchbrechen, wenn er richtigen Druck ausüben würde. Er musste es einfach versuchen! Der Hebel unter dem Altar hatte eine Funktion! Irgendwo musste er die Fackel festmachen, so dass sie ihm genug Licht spenden würde. Ansonsten wäre eine dritte Hand erforderlich gewesen. Wenn er Zauberkräfte hätte, könnte er sicherlich irgendetwas bewirken, aber er wusste ja nicht einmal, welche Fähigkeiten außer der Telekinese er besaß! Auf dem Altar stand ein bauchiges, schwarzes Gefäß, welches sehr stabil wirkte! Ohne sich darüber Gedanken zu machen, welchem Zweck es wohl früher gedient hatte, nahm Michael das Teil und platzierte es so auf dem Boden, dass der Bereich unterhalb der Tischfläche gut zu erkennen war, wenn er den Stiel der Fackel in ihm verschwinden lassen würde. Sein Augenmaß hatte ihn nicht getäuscht! Der Stiel passte in die kreisrunde Öffnung und gab der Fackel somit den nötigen Halt. Er hatte das nötige Licht! Vorsichtig bohrte er den Dolch Millimeter für Millimeter in das kleine Loch der Vorrichtung! Er musste den Stil des Dolches nur über den Hebel so weit wie möglich in den freien Spalt rein drücken. Dann war es vielleicht ein einfaches Spiel! Ein kurzer Ruck nach unten! Das sollte klappen! Langsam verschwand die Klinge des Dolches in der Versenkung! Als sie nur noch ein kleines Stück zu sehen war, stoppte Michael. Das reicht! Michael nahm beide Hände und umfasste den kunstvollen Griff der Waffe! Er zählte in seinem Kopf bis drei und drückte anschließend mit aller Kraft nach unten! Es gab ein kurzes Knacken! Hoffentlich war das nicht der Stiel des Dolches, ging es durch seinen Kopf! Doch sein Griff lockerte sich nicht! Die Klinge des Dolches war immer noch fest in der Mulde verankert! Täuschte er sich oder hatte der rote Stein im Griff kurz geleuchtet, als er das Knacken gehört hatte. Jetzt war nichts mehr zu sehen! Es war so still um ihn in diesem Gewölbe! Mal wieder hörte er nur seinen Herzschlag, dachte er, doch dieses Mal war es lauter als sonst! Nein, das Geräusch kam woanders her! Der Hebel unter dem Dolch hatte sich nach unten bewegt und war eingerastet. Mit einer Wucht, die Michael selbst nicht steuerte, wurde die Waffe nach außen gedrückt. Dabei schien ihm der rote Stein glühend wie das Auge eines gefährlichen Drachens entgegen! Der Druck, der sich auch auf Michael's Körper ausgewirkt hatte, ließ ihn nach hinten kippen. Es kam so unerwartet, dass er sich nicht mehr halten konnte. Er taumelte zurück und stieß mit dem Hinterkopf an einem etwas aus der Wand hervorragenden Stein. Sterne breiteten sich in seinem Kopf aus! Automatisch packte er sich an den Hinterkopf, um die getroffene Stelle abzutasten! Es schmerzte, aber es war nicht klebrig; also blutete es wohl nicht! Benommen und ein wenig schwindelig stand er auf und stützte sich ohne groß nachzudenken an der Wand ab! Dabei presste seine Hand gegen den Stein, der zuvor seinen Kopf verletzt hatte! Durch sein Gewicht gab dieser nach und rutschte leicht nach hinten, bis er in der gleichmäßigen Ebene der Wand verschwand! So langsam verschwanden die Sterne! Michael's Blick wanderte nach vorne! Die Flammen der Fackel tanzten, als wenn sie sich über sein kleines Missgeschick lustig machen würden. Zwischen ihm und dem Altar lag der Dolch. Der rubinrote Stein leuchtete noch immer, aber es war mehr ein Pulsieren. Wie ein Herzschlag änderte sich die Intensität - grell und kurz darauf sehr schwach. Er beobachtete es, konnte seine Augen nicht lösen. Dann war es vorbei! Das einzige, was noch immer zu hören war, war das gleichmäßige Klacken - wie ein Zahnrad! Es war also nicht sein Herzschlag gewesen! Michael schaute zum Altar! Eine kleine Luke öffnete sich am oberen Ende der Tischfläche! Der Prozess hatte wohl angefangen, als er nach hinten gefallen war, denn die Luke ragte schon ein wenig nach oben. Unter ihr schob sich ein gläsernes Gefäß hervor! Mit jeder Bewegung des Zahnrads konnte Michael einen Fortschritt sehen. Das Glasgefäß war sehr grazil! Es wirkte dünn und zerbrechlich! im Innern befand sich irgendetwas! Er konnte es noch nicht genau deuten! Michael steckte den Dolch in seine Hosentasche, ließ den Altar dabei aber nicht aus den Augen! Das Gefäß war zu Beginn sehr dickbäuchig gewesen! Jetzt wurde es wieder dünner, sehr dünn! Nun wurde ihm klar, womit er es hier zu tun hatte. Es war die Sanduhr, die für den Untergang von Cedar Creek bestimmt war! Sie zeigte die Zeit, die noch blieb, um das Schicksal zu besiegeln, egal in welcher Form! mit einem etwas anderen Geräusch wurde das monotone Klacken der Zahnrads beendet. Die Sanduhr war nun komplett auf dem Altar zu sehen, die Luke stand senkrecht ab, wie eine schwarze Wand, die in der richtigen Position noch mehr verdeutlichte, wie bedrohlich die Situation war! Es blieb nicht mehr viel Zeit! Die Hälfte des Inhalts war schon im unteren bauchigen Behälter angelangt! Der Zugang zum Berkley House musste gefunden werden! Er konnte den Lauf der Sanduhr nicht stoppen, konnte es noch nicht einmal verzögern! Ich werde es schaffen! Maddy, hast du gehört? Ich werde es für uns schaffen! Das Herzmedaillon hatte er in seine Tasche gesteckt, nachdem er es vom Hebel genommen hatte! Er musste es sich wieder um den Hals hängen! Er wollte Maddy auf der Brust spüren. Sie sollte dicht an seinem Herzen weilen. Der Verschluss war sehr fein. Michael ging nahe an die Flamme, so dass er genug Licht hatte, aber nicht verbrannt werden konnte. Blitzschnell hatte er das Herz umgehängt. War es Einbildung? Er fühlte sich plötzlich stärker, kampfbereiter, spürte Kräfte in sich; Kräfte, die ihn zu etwas besonderem machten, auch wenn er sie jetzt noch nicht aktivieren konnte! Für einen kleinen Moment war dort wieder diese Wärme, die vom Herzmedaillon ausging. Diese Wärme kannte er! Maddy gab ihm ein Zeichen. Sie war bei ihm, zeigte, dass sie den Kampf gemeinsam durchstehen wollte! Das wollte er auch! Egal wie stark sie an seiner Seite kämpfen würde. Wichtig war, dass sie an seiner Seite war, dass er sie noch nicht verloren hatte. Ohne einen Gedanken darüber zu verlieren, fuhr seine rechte Hand automatisch unter sein T-Shirt und streichelte das herzförmige Kleinod zärtlich und gefühlvoll. Ihm wurde nun bewusst, wie sehr er sich danach sehnte, ihren Körper zu sehen, sie zu liebkosen und jede Stelle ihrer Haut zu berühren. Bisher hatte er noch nie so für ein Mädchen das empfunden. Warum musste er gerade sein Herz an einen Geist verlieren? Michael's Gedanken überschlugen sich, und ihm wurde heiß, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss. Al hatte ihm gesagt, dass er Kräfte in sich hätte, die er jetzt noch nicht registrieren oder aktivieren konnte. Vielleicht musste erst immer der passende Moment gegeben sein, damit er von ihnen Gebrauch machen könnte. Wenn es so wäre, gab es auch eine Chance für Maddy und ihren Bruder? Er wünschte es sich so sehr. Sein Blick fiel wieder auf die Sanduhr. Unerbittlich wurde die quarzförmige Substanz durch den kleinen Spalt in den unteren Behälter gesogen. Ihm fröstelte. Obwohl die Zeit nun so ein wichtiger Faktor war, hatte er das Gefühl dafür komplett verloren. Das durfte nicht passieren. Er musste seine Konzentration der Kräfte auf das Wesentliche lenken. Zeit war wesentlich. Noch immer wusste er nicht, wer ihn im Keller niedergeschlagen hatte. War es Rachel gewesen? Oben im Haus rührte sich nichts. Es gab nur eine Erklärung dafür! Wenn jemand oben war, schlief er. Er konnte sich auch nicht vorstellen, dass es Rachel war, die ihm etwas Böses wollte. Hüte dich vor falschen Freunden! Diese Warnung hatte Al ausgesprochen. War Rachel ein falscher Freund? Er hatte Herzenswärme in ihrem Gesicht gesehen. Das war nicht gestellt gewesen. Sie musste ein anderes düsteres Geheimnis mit sich tragen. Buddy, die Zeit drängt! Lass dich nicht durch deine Gedanken beirren. Du hast den Zugang gefunden! Al's Stimme schreckte ihn hoch. Wieder hatte er ihn durch Telekinese kontaktiert! Der Wandler hatte recht! Ihm wurde bewusst, dass er ganz weit weg von dem war, was alle in ihm sahen. Als Auserwählter musste er noch reifen. Er hatte es sich nicht selber ausgesucht, aber ihm war bewusst, dass er sich dieser Prophezeiung nicht entziehen konnte. Die Fackeln leuchteten noch immer in voller Kraft! Hoffentlich würde das auch so bleiben. Ohne Licht war Michael hier unten aufgeschmissen. Sollte er beide Fackeln mitnehmen? Besser war es, eine Lichtquelle im Keller zu lassen. Eine Hand musste frei sein, damit er sich bei Gefahr wehren konnte. Mit der linken Hand nahm er die Fackel, die er auf dem Boden platziert hatte, aus dem Gefäß! Als er sich der Wand zudrehte, gegen die er mit dem Hinterkopf gestoßen war, sah er eine kleine dunkle Öffnung. Wenn man da durch wollte, musste man kriechen. Neugierig hielt er die Fackel näher an den Durchgang und bemerkte den Windzug, der von der anderen Seite kam. Die Flamme wurde unruhig, tanzte unkontrolliert hin und her! Höchste Vorsicht war geboten. Er konnte nicht riskieren, dass das Feuer erlosch. Vorsichtig schirmte er die Flamme mit einer Hand ab! Vielleicht würde der Windzug sich im Verlauf des Tunnels, oder was auch immer es war, legen. Um sich nochmals zu vergewissern, dass er nicht alleine war, hielt er die Fackel nahe an seinen Oberkörper, wo sich das Herzmedaillon unter dem Shirt abzeichnete. Das gab ihm Mut und Selbstvertrauen! Er schaute sich noch kurz um! Die Tasche stand unter dem Sarg! Die wollte er auf jeden Fall mitnehmen! Man konnte ja nie wissen! Außerdem wollte er keine unnötigen Spuren hinterlassen. Mit einem Blick auf die Sanduhr packte er sich dann ein Herz! Er konnte sich keine Verzögerung mehr leisten.

 
 
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