Interkulturelles Management

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Interkulturelles Management
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[2][3]Eckart Koch

Interkulturelles Management

Für Führungspraxis, Projektarbeit und Kommunikation

UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/Lucius · München


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[4]Prof. Dr. rer. pol. Eckart Koch hat seit 1986 die Professur für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule München inne.

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ISBN 978-3-8463-3727-1

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[5]Inhaltsübersicht

Teil I Globalisierung der Wirtschaft

Teil II Interkulturelles Management – Abgrenzung und Systematisierung

Teil III Interkulturelle Managementkompetenz

Teil IV „Kommunikationsstil Süd“ – Kommunikation in multikulturellen Situationen

Teil V Managementstil Süd – Grundsätze für kulturübergreifendes Management?

Teil VI Interkulturelle Projekte

[6][7]Inhalt

Inhaltsübersicht

Vorwort

Teil I. Globalisierung der Wirtschaft

1 Was ist Globalisierung?

2 Akteure der Globalisierung

Teil II. Interkulturelles Management – Abgrenzung und Systematisierung

3 Allgemeines Management

3.1 Managementdefinitionen

3.2 Managementdimensionen

3.3 Kontextbezogenes Management

4 Internationales und interkulturelles Management

4.1 Internationales Management

4.2 Kultur und Management

4.3 Interkulturelle Managementsituationen

4.4 Managementfelder – Managementprozesse – Führung

5 Zusätzliche verhaltensrelevante Variablencluster

5.1 Kulturmatrix

5.2 Persönlichkeitsmerkmale

Teil III. Entwicklung interkultureller Managementkompetenz

6 Einführende Überlegungen

6.1 Managementkompetenz zwischen Standardisierung und Spezialisierung

6.2 Institutionelle interkulturelle Managementkompetenz

[8]7 Der Erwerb individueller interkultureller Managementkompetenz

7.1 Modell: Interkulturelle Managementkompetenz

7.2 Das Vier-Stufen-Prozessmodell

7.2.1 Basiskompetenzen (Haben)

7.2.2 (Inter-)Kulturelles Wissen (Kennen)

7.2.3 Interkulturelle Handlungskompetenzen (Können)

7.2.4 Interkulturelle Managementkompetenz (Sein)

8 Messung interkultureller Managementkompetenz

8.1 Assessment-Center

8.2 Balanced Scorecard

Teil IV. „Kommunikationsstil Süd“ – Kommunikation in multikulturellen Situationen

9 Begründung für einen „Kommunikationsstil Süd“

10 Gibt es eine „Süd-Gruppe“?

11 Kulturdimensionen und Kommunikationsstil Süd

11.1 Hohe Kontextbedeutung

11.2 Große Machtdistanz

11.3 Starke Unsicherheitsvermeidung

11.4 Polychronie

11.5 Zusammenfassender Überblick

12 Erweiterung der interkulturellen Kommunikationskompetenz

12.1 Kommunikationsstil und Kommunikationsprozess

12.2 Schritte zur Umsetzung des Kommunikationsstils Süd

12.3 Empirische Ergebnisse

[9]Teil V. Managementstil Süd – Grundsätze für kulturübergreifendes Management?

13 Kommunikationsstil und Managementstil

14 Kulturdimensionen und Managementstil Süd

 

14.1 Hohe Kontextbedeutung

14.2 Große Machtdistanz

14.3 Starke Unsicherheitsvermeidung

14.4 Polychronie

15 Managementgrundsätze des Managementstil Süd

15.1 Kulturdimensionen und Managementgrundsätze

15.2 Managementdimensionen und Managementgrundsätze

15.3 Schritte zur Umsetzung des Managementstil Süd

Teil VI. Interkulturelle Projekte

16 Versuch einer Typologie

16.1 Abgrenzung interkultureller Projekte

16.2 Interkulturelle Projekttypen

17 Planung interkultureller Projekte

17.1 Situationsanalyse

17.2 Ziel- und Strategieplanung

17.3 Die Wirkungskette als Instrument

17.4 Durchführungsplanung

18 Ergebniskontrolle interkultureller Projekte

Literaturverzeichnis

Index

[10][11]Vorwort

Die Globalisierung zwingt Unternehmen, aber auch viele andere Akteure der Globalisierung, sich mit den Besonderheiten anderer Kulturen immer stärker aktiv auseinanderzusetzen. Die Berücksichtigung kultureller und interkulturellen Aspekte wird damit zu einem an Bedeutung immer weiter zunehmenden Erfolgsfaktor, sowohl von erfolgsorientierten grenzüberschreitenden Tätigkeiten als auch für den Umgang mit unterschiedlichen Kulturen im eigenen Land.

Auch wenn sich erste Anfänge der Beschäftigung mit interkulturellem Management bis Mitte der 1960er Jahre zurückverfolgen lassen1, so begann dieses Thema doch erst mit dem Beginn der (neuen) Globalisierung für die Wissenschaft interessant zu werden. Seit Ende der 1980er Jahre wird diese Thematik zunehmend auch im deutschsprachigen Raum diskutiert, allerdings eher unternehmensintern und mit deutlichem Bezug auf Trainingsaspekte.2 Damit sollte auch davon ausgegangen werden können, dass eine gewisse Übereinstimmung über Begriffe und Definitionen besteht. Beschäftigt man sich jedoch intensiver mit dieser Thematik und greift dabei nicht nur auf die Fachliteratur, sondern auch auf Ergebnisse von Unternehmensbefragungen und Diskussionen mit Fachkollegen zurück, wird jedoch deutlich, dass sowohl in der Theorie als auch in der Praxis zufriedenstellende Definitionen und Abgrenzungen fehlen und Abgrenzungen zu verwandten Thematiken unscharf bleiben. Ganz offensichtlich ist also die systematische Betrachtung des Forschungssujets durchaus ausbaubar, zumal auch vorliegende [12]Untersuchungen sehr häufig problematisch sind und in ihren Aussagen unscharf oder unsystematisch bleiben.3

Die „Praxis“ betont zwar die Notwendigkeit des interkulturellen Managements, setzt sich hiermit aber häufig eher sporadisch, oberflächlich oder wenig systematisch auseinander.4 Auch bei größeren Unternehmen und Organisationen wird bei Befragungen nach interkulturellen Kompetenzen oder nach Praktiken des interkulturellen Managements häufig nur ausweichend oder sehr allgemein geantwortet. Zwar wird stets die Wichtigkeit der Thematik betont, für eine systematische Auseinandersetzung fehlen jedoch offensichtlich entweder Kenntnisse oder das Instrumentarium, häufig auch das Problembewusstsein bzw. eine Einschätzung der hiermit verbundenen Erfolgspotenziale. In kleineren und mittleren Unternehmen werden Auslandskontakte häufig von überlasteten Eigentümern oder Geschäftsführern wahrgenommen, bei denen eine weitergehende interkulturelle Kompetenz nicht vorausgesetzt werden kann. In Interviews und Befragungen werden sehr häufig kurzfristig zu lösende Probleme (mit Ad-hoc-Lösungsansätzen) genannt oder es wird auf interkulturelle (Kurz-)Trainings verwiesen, deren Ziele auch unscharf bleiben können und sich zudem vielfach auf „do’s und don’ts“ beschränken.

Aber auch in der Fachliteratur werden interkulturelle Management-Themen sehr häufig problembezogen behandelt, meist unter den Aspekten: kommunizieren, verhandeln und Konflikte lösen. Auch wenn diese Teilaspekte eine wichtige Rolle spielen, so wird durch sie keineswegs der Anspruch an eine holistische Herangehensweise eingelöst, möglicherweise machen sie noch nicht einmal unbedingt [13]das Spezifische des interkulturellen Managements aus.5 Wirkungsvolles interkulturelles Management muss einen erheblich größeren Bereich abdecken. Hier geht es um alle Aspekte des managementbezogenen Umgangs mit Personen, mit Mitarbeitern und Vorgesetzten, Kunden und Lieferanten, Partnern und Entscheidungsträgern, sowohl in fremden Kulturen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen und Zielsetzungen als auch mit Vertretern anderer Kulturen innerhalb der eigenen Kultur. In allen Fällen muss der interkulturell agierende Manager bestrebt sein, die Beteiligten mit kulturell adäquaten Verhaltensweisen und Methoden dazu zu veranlassen, die intendierten Ziele und Ergebnisse zu erreichen bzw. akzeptable Kompromisse auszuhandeln.

Es scheint daher notwendig, für diesen wichtigen und immer wichtiger werdenden Managementbereich eindeutige Begriffe und definierte Ausgangsbedingungen für die Entwicklung von Analyseinstrumenten zu schaffen, die Thematik für systematische und stärker fokussierte Forschungsansätze zu öffnen und insgesamt für mehr Klarheit und Transparenz zu sorgen.

Im Mittelpunkt werden daher keine Fälle, spezifischen Probleme oder pragmatischen Lösungen stehen. Nach einer Einführung in grundlegende Fragen der Globalisierung in Teil I sollen in Teil II zunächst Definitions- und Abgrenzungsvorschläge sowie Überegungen zur Systematisierung und Strukturierung diskutiert werden, um eine bessere Zu- und Einordnung von interkulturellen Managementansätzen zu ermöglichen.

In Teil III wird es darum gehen, zu überlegen, welche Managementkompetenzen hierfür notwendig sind und in welcher Form diese erworben werden können oder sollten. Das hier vorgestellte Vier-Stufen-Prozessmodell stellt hierfür einen geeigneten pragmatischen Rahmen dar, der sowohl als individuelles als auch als institutionelles Entwicklungsmodell genutzt werden kann.

[14]In Teil IV und V werden zwei Ansätze vorgestellt, die als cultural general approaches weit über die Beschreibung und Analyse von kulturellen Bedingungen und Notwendigkeiten hinausgehen. Die theoretische Begründung und praxisorientierte Ableitung von Elementen eines „Kommunikationsstil Süd“ sowie eines „Managementstil Süd“ unternehmen den Versuch, konkrete kulturelle Handlungserwartungen und entsprechende managementtypische Antworten zu formulieren. Für eine zwar begrenzte, jedoch große Gruppe von Kulturen und insbesondere für die häufig ausgeblendeten multikulturellen Situationen werden übergreifende Grundsätze formuliert. Diese durchbrechen die übliche nationalkulturelle Orientierung, berücksichtigen dadurch auch die Verwischung solcher häufig abgenommener Grenzen, gehen gleichzeitig weit über stereotypisierende kulturspezifische do’s und don’ts hinaus. Dabei wird ausdrücklich hervorgehoben, dass es hierbei keineswegs um das starre Befolgen von Regeln geht. Vielmehr müssen die kulturellen Bedingungen und die eigenen Voraussetzungen sorgfältig beobachtet und berücksichtigt werden und die Umsetzung selektiv und flexibel erfolgen.

Teil VI beleuchtet schließlich einige Besonderheiten von interkulturellen Projekten und hierbei zu berücksichtigenden interkulturellen Aspekten.

Der Autor freut sich über eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung mit seinem Text; Anmerkungen, Hinweise und Vorschläge sind jederzeit willkommen (koch@hm.edu).


München, im Sommer 2012Eckart Koch

Hinweis:

Unter http://www.uvk-lucius.de/service finden Sie Zusatzmaterial. Als Student geben Sie bitte den Code 37271 ein. Als Dozent gilt der Zugangscode 37272.

[15]Teil I: Globalisierung der Wirtschaft

Ein großes Unternehmen der Sportartikelbranche, das seinen Sitz in Seattle, USA, hat, lässt seine Sportschuhe überwiegend in eigenen Unternehmen in China, Indonesien, Brasilien und der Ukraine produzieren. Die Maschinen, auf denen die Schuhe hergestellt werden, stammen vorwiegend aus Deutschland und Japan. Das Rechnungswesen wird in Indien abgewickelt und per Standleitung in die amerikanischen Computer übernommen. Die letzte weltweite Werbekampagne wurde von drei Firmen aus Südafrika, Argentinien und Hongkong entwickelt und schließlich in Portugal produziert.

Es ist offensichtlich, dass solche global ausgerichteten Unternehmensstrategien, die durch eine große Anzahl neuerer Entwicklungen begünstigt wurden und in den meisten Fällen zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen notwendig sind, begleitet sind von einem sprunghaften Ansteigen internationaler Wirtschaftsbeziehungen und einer immer stärkeren Verflechtung der Volkswirtschaften in allen Bereichen. Globalisierung im wirtschaftlichen Bereich zeigt sich damit nicht nur in einem raschen Wachstum des internationalen Waren- und Dienstleistungshandels, sondern vor allem auch in der Zunahme internationaler Produktions-, Arbeits- und Finanzbeziehungen und damit in dem grenzüberschreitenden Einsatz der mobilen Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit, d.h. in der Zunahme [16]internationaler Investitionen und grenzüberschreitender Arbeitsbeziehungen und Arbeitsmigration.

Lernziele

 Die Globalisierung der Wirtschaft erklären und definieren können.

 Wichtige Merkmale und Akteure kennen und beschreiben können.

 Den Zusammenhang zwischen Globalisierung und interkulturellem Management erklären können.

[17]1 Was ist Globalisierung?

Aus volkswirtschaftlicher Sicht kann Globalisierung damit gesehen werden als eine Verstärkung und Intensivierung der ständigen Versuche, den Einsatz der Produktionsfaktoren zu optimieren, der immer weniger durch nationale Grenzen gebremst wird, und daher in beständig zunehmendem Maße auf die globale Ebene verlagert wird. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird Globalisierung zum Sammelbegriff für die globale Ausweitung sämtlicher einzelwirtschaftlicher Aktivitäten der nunmehr zu global player avancierten Unternehmen. Es geht hierbei um global selling, das durch global marketing und global sourcing, also durch globale Beschaffungsstrategien, gefördert und unterstützt wird und sich durch die Nutzung der weltweit günstigsten Produktionsmöglichkeiten durch Produktionsverlagerung, durch outsourcing, also die Auslagerung von Prozessen aus dem Unternehmen, und offshoring, die Verlagerung von Unternehmensteilen ins Ausland, sowie durch grenzüberschreitende mergers and acquisitions (M&A) beschleunigt.

 

In diesem Prozess schließen sich Unternehmen zu globalen oder transnationalen Unternehmensnetzen zusammen, die wiederum mit anderen Unternehmensnetzen kooperieren und wieder selbst Teil weiterer Netze werden. Diese Entwicklung kann allerdings nur deswegen so rasch voranschreiten, weil auch die Investitionstätigkeit der Unternehmen kaum noch Grenzen kennt und die grenzüberschreitenden Investitionen, die Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI) und damit auch die internationalen Kapitalströme und insgesamt die globalen Finanztransaktionen mit z.T. dramatischen Zuwachsraten ansteigen. Die Mobilität der Produktionsfaktoren – Arbeitskraft und Sachkapital – die Faktormobilität, insbesondere aber diejenige des Kapitals steigt damit laufend, während die Transaktionskosten laufend sinken.

Wirtschaftliche Globalisierung lässt sich damit zu einem großen Teil durch folgende Entwicklungen beschreiben:

 [18]Das rasche Wachstum des internationalen Handels führte zur Entstehung eines Weltmarkts für Waren und Dienstleistungen. Die Internationalisierung der Märkte für Güter und Dienstleistungen ließ beispielsweise das Welthandelsvolumen für Güter und Dienstleistungen in den letzten 50 Jahren etwa doppelt so schnell ansteigen wie die Weltproduktion von Gütern und Dienstleistungen.

 Die zunehmende Nutzung kostengünstigerer Produktionsmöglichkeiten im Ausland führte zu einer Internationalisierung der Produktion, die sich in einem raschen Anstieg von grenzüberschreitenden Investitionen (Direktinvestitionen) und Zusammenschlüssen von Unternehmen und damit den weltumspannenden Produktionsaktivitäten der transnationalen Unternehmen zeigt.

 Ungleiche Arbeitsbedingungen, Entwicklungssituationen und -bedingungen in den verschiedenen Weltregionen und Ländern führten zu sehr ungleichen Arbeitsbedingungen: Hohe Arbeitslosigkeit auf der einen und Arbeitskräftemangel auf der anderen Seite beschleunigen die internationale Migration und führen zur Entstehung internationaler Arbeitsmärkte. Allerdings beschränkt sich die Mobilität von Arbeitskräften im Wesentlichen auf niedrig qualifizierte Arbeitskräfte aus Niedriglohnländern bzw. aus Ländern mit niedrigen Sozialstandards sowie auf hochqualifizierte Arbeitnehmer und Spezialisten.

 Die Internationalisierung der Finanzmärkte zeigt sich schließlich in dem sprunghaften Wachstum internationaler Finanztransaktionen, deren Volumen sich trotz mehrerer internationaler Finanzkrisen auf über 4 Bio US-Dollar täglich (!) und damit auf weit über eine Billarde US-Dollar pro Jahr (p.a.) – eine Zahl mit 15 Nullen – beläuft. Die Steigerungsraten liegen bei bis zu 14% p.a. und weisen damit auch das größte Wachstum aller Wirtschaftsindikatoren auf.

Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Intensivierung des weltweiten Standortwettbewerbs, wobei zunehmend die Länder Vorteile aus dieser Entwicklung ziehen, die in der Lage sind, fortgeschrittene Technologie und Innovationsfähigkeit mit vergleichsweise niedrigen Löhnen und hoher Produkt- und Servicequalität zu verbinden. Länder, die es aus unterschiedlichsten Gründen hingegen [19]versäumt haben, sich der Wirtschaftsdynamik aktiv zu stellen, etwa durch Abschottung, Bürokratisierung oder fehlende Voraussetzungen, sind eher auf der Verliererseite zu finden.


Abbildung 1/1: Erscheinungsformen der Globalisierung6

Andererseits stellt der internationale Wettbewerbsdruck nicht nur überkommene Privilegien der etablierten Industrienationen infrage, sondern auch politisch-soziale Errungenschaften der bisherigen wirtschaftlichen Entwicklung, wie beispielsweise Sozial- und Umweltstandards. Diese Entwicklung hat sowohl politische wie auch wirtschaftliche Konsequenzen: Die internationale Interdependenz der an der Weltwirtschaft beteiligten Staaten führt zu einer Zunahme internationaler politisch-ökonomischer Abhängigkeiten, die u.a. bei sämtlichen internationalen Wirtschafts- und Finanzkrisen, wie den Verschuldungskrisen der Schwellenländer in den 1980er und 1990er Jahren, den Weltfinanzkrisen 2001/2002 und 2008/2009 und der Europäischen Schuldenkrise seit 2010/2012 evident wurden.

Globalisierung vernetzt nicht nur die einzelwirtschaftlichen Akteure sondern auch die Volkswirtschaften immer stärker miteinander, so [20]dass die Weltwirtschaft sich zunehmend integriert und die einzelnen Staaten räumliche Verdichtungen innerhalb eines globalen Wirtschaftsnetzes darstellen. Die Staaten sind einerseits (temporärer) Standort der Unternehmen und Unternehmensbereiche und repräsentieren andererseits Teile der Märkte, auf denen die global erzeugten Produkte und Leistungen gehandelt werden. Diese Neu-positionierung beschleunigt die Notwendigkeit wirtschaftlich-sozialer Strukturveränderungen und beeinflusst das Verhalten der politischen Akteure in erheblichem Umfang: Nationale Entscheidungen, etwa das Abstimmungsverhalten in internationalen Organisationen oder die Struktur und Entwicklung nationaler Haushalte und der damit verbundenen Staatsverschuldung, erhalten einerseits auf diese Weise globale Bedeutung. Andererseits wurden die global player gegenüber Entscheidungen der Nationalstaaten unempfindlicher; ihnen nicht genehmen Entscheidungen, etwa eine Finanztransaktionssteuer einzuführen oder Umweltauflagen zu erhöhen, können sie durch Verlagerung ihrer Aktivitäten leicht ausweichen, so dass sich die Effektivität nationaler politischer Entscheidungen verringert. Kurz: Globalisierung eröffnet Unternehmen und Volkswirtschaften neue Chancen und konfrontiert sie gleichzeitig mit neuen Risiken.

Hierbei sind Gesellschaften einem erheblichen sozio-kulturellen Wandlungsprozess unterworfen. Die einst engen Bindungen an Tradition, Religion und lokale Gemeinschaft verloren unter dem Einfluss der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung, der Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien und der „modernen“ global kommunizierten Verhaltensweisen, Werte und Konsumvorstellungen ihre Bindungskraft und normsetzende Wirkung für ihre Mitglieder. Die Menschen wurden dadurch zugleich freier und bindungsloser und damit offener für Einflüsse, die von globalen Akteuren genutzt werden (können).

So führen die dualen Wirtschaftsstrukturen in Entwicklungsländern, also das Nebeneinander von traditionalen, meist ländlichen Wirtschaftsformen und hochentwickelten ausdifferenzierten sozio-ökonomischen Strukturen – meist in den Metropolen – zu einer zunehmenden Lockerung sozialer Bindungen zwischen Familie und Abstammungsregion. Religiöse Vorschriften, traditionelle Bräuche und Normen verlieren dabei für einen wachsenden Teil der Bevölkerung gegenüber den [21]„neuen“ Werten des modernen Sektors und der damit verknüpften Lebensformen an Bedeutung. Diese meist westlich geprägten Werte, wie Individualismus und Rationalismus, gehen einher mit den Prozessen der Industrialisierung und späteren Globalisierung, wie Rationalisierung und Ökonomisierung aller Lebensbereiche, Technisierung und beruflicher Differenzierung und Spezialisierung.

In den Industrieländern dagegen setzt sich der Trend zur multikulturellen Gesellschaft fort. Die Fähigkeit, die Globalisierungsanforderungen und -einflüsse produktiv zu verarbeiten, scheint von der Integrationsfähigkeit und insbesondere der Integrationsbereitschaft dieser Gesellschaften abzuhängen. Auch wenn die Gesellschaften mit dieser Aufgabe häufig noch überfordert erscheinen und es hier immer wieder zu Rückschlägen kommt, so hat es doch den Anschein, als ob die Einsicht in die Vorteile einer Integrationsstrategie und damit in die Notwendigkeit, eine solche zu entwickeln und konstruktiv umzusetzen, zunimmt.

Insgesamt befinden sich viele Gesellschaften in Transformationsprozessen von statischen zu dynamischen Gesellschaften bzw. von Gesellschaften mit einem geringeren zu Gesellschaften mit einem höheren Grad an Dynamik. Damit verstärken sich auch Angleichungsprozesse trotz weiter bestehender kultureller Unterschiede: Nationale Gesellschaften werden Teil einer Weltgesellschaft. Analog dazu werden fremde Länder nicht als feindliche Welten, sondern als zusätzliche Märkte bzw. als Teil des Weltmarkts gesehen.7 Daraus ergeben sich neue Absatz-, Produktions- und Beschäftigungsmöglichkeiten: Die Mobilität der Menschen in immer mehr Ländern nimmt zu. Gleichzeitig erhöhen sich auch die Einsatzmöglichkeiten der Menschen, da auch weltweit die Bedeutung von Bildung und Ausbildung erkannt wird: Das Arbeitskräftepotenzial, insbesondere die Anzahl der qualifizierten Arbeitskräfte, nimmt laufend zu.

Globalisierung beeinflusst also Kultur. Sie verändert Kulturen, erzwingt Anpassungen und neue kulturelle Standards. Allerdings durchdringen kulturelle Standardisierungen keineswegs alle kulturellen [22]Schichten, sondern beschränken sich häufig nur auf die „kulturelle Oberfläche“ von Gesellschaften oder auf bestimmte, einen „westlichen“ Lebensstil praktizierende soziale Gruppen. Trotz dieser „Oberflächenharmonisierung“ bleiben kulturelle Unterschiede also weiterhin weitgehend intakt – Kulturen scheinen häufig ähnlicher, als sie es tatsächlich sind bzw. sind damit unterschiedlicher als sie scheinen. Gleichzeitig werden alte kulturelle Grenzen durch Migration und neue grenzüberschreitende Impulse immer unschärfer, so dass neue komplexe multikulturelle Räume entstehen.

Kultur und kulturelle Unterschiede müssen also nach wie vor von den Akteuren berücksichtigt werden und bleiben für den Erfolg der global player bedeutsam. Die eigenen kulturell geprägten Standards und Verhaltensweisen können nur in sehr eingeschränktem Umfang auf die Interaktionspartner jenseits der eigenen Grenzen übertragen, bei diesen erwartet oder gar vorausgesetzt werden. Damit bleibt der Stellenwert von interkultureller Kompetenz, mit dessen Hilfe kulturell geprägte Verhaltensweisen, Reaktionen und Eigenheiten der Interaktionspartner besser erkannt und eingeordnet werden können, gleichbleibend hoch bzw. steigt mit dem Wachstum der ökonomischen Transaktionen.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen lässt sich Globalisierung wie folgt beschreiben:

Globalisierung ist ein dynamischer Prozess, der die wirtschaftliche Vernetzung der Welt durch den zunehmenden grenzüberschreitenden Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Sach- und Finanzkapital sowie von Arbeitskräften vorantreibt, die wirtschaftliche Bedeutung nationaler Grenzen ständig verringert und den internationalen Wettbewerb intensiviert; so dass durch das Zusammenwachsen aller wichtigen Teilmärkte die Möglichkeiten internationaler Arbeitsteilung immer intensiver genutzt werden, sich der weltweite Einsatz der Ressourcen laufend verbessert, ständig sowohl neue Chancen als auch Risiken entstehen und die nationalen und internationalen politischen Akteure gezwungen sind, sich verändernde Rollen, die eine Zunahme interkultureller Interaktionen und Herausforderungen mit sich bringen, bei der Gestaltung der Globalisierung zu übernehmen.