Berlin - eine Biografie

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Berlin - eine Biografie
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa


Marienkirche

Matthias Bath

BERLIN – eine Biografie

Von den Askaniern bis Helmut Kohl

und zur Hauptstadt Deutschlands

Mit Fotos von Franziska Vu


DEN BERLINERN

200 Seiten mit 24 Abbildungen

Titelbild: Sebastian Ristow, Pariser Platz © Franziska Vu, Willy Brandt:

© Engelbert Reineke, Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/​wiki/​File%3ABundesarchiv_B_145_Bild-F034158 - 0006 %2C_Bonn%2C_Bundeskanzler_Brandt_empf%C3%A4ngt_Schauspieler.jpg, Königin Luise in Charlottenburg © Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/​wiki/​File:Koenigin_Luise_in_Charlottenburg.jpg, Friedrich Wilhelm von Brandenburg und Louise Henriette von Nassau © Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/​wiki/File:Gerrit_van_Honthorst_-_Portret_van_Friedrich_Wilhelm_I%2C_keurvorst_van_Brandenburg_%281620 - 1688 %29_en_zijn_echtgenote_Louise_Henriette_van_Nassau_%281627 - 1667 %29_Rijksmuseum.jpg, Otto von Bismarck © Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/​wiki/​File:Bismarck_-_Wilhelmshaven_-_Georg_Meyer-Steglitz,_1905.jpg?uselang=de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2016 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz am Rhein

ISBN: 978-3-945751-72-5

Autor: Mathias Bath

Fotografien: Franziska Vu

Lektorat: Natalia Thoben, Simone Reifenberg

Satz: TypoGraphik Anette Klinge, Gelnhausen

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Autors, der Herausgeber und des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

Weitere Titel unseres Verlagsprogramms finden Sie unter: www.na-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Berlin im Mittelalter

Albrecht der Bär (um 1100–1170) – Kolonisator der Mark Brandenburg (ab 1134)

Jaczo von Köpenick (vor 1130–1176) – Vom Gründungsmythos der Mark Brandenburg (1157)

Propst Nikolaus von Bernau († 1325) – Lynchmord vor der Marienkirche

Friedrich I. (1371–1440) – Der erste Hohenzoller in der Mark sorgte für Recht und Ordnung

Friedrich II. Eisenzahn (1413–1471) – Berlin wird Residenzstadt

Bauten aus der Zeit des Mittelalters

Hauptstadt Brandenburgs (1448–1701)

Joachim I. Nestor (1484–1535) – Renaissancefürst und treuer Katholik

Hans Kohlhase (um 1500–1540) – Rebell gegen Adels- und Fürstenwillkür

Joachim II. Hektor (1505–1571) – Ereignisreiche Zeiten in der nunmehrigen Hauptresidenzstadt

Friedrich Wilhelm Der Große Kurfürst (1620–1688) – Unter ihm entstieg Berlin als Phönix aus der Asche

Johann Gottlieb Kunckel (um 1630–1702/03) – Ein »Goldmacher« produziert Rubinglas (ab 1678)

Bauten des 16. und 17. Jahrhunderts

Hauptstadt Preußens (1701–1871)

Friedrich I. (1657–1713) – Berlins erste Blüte als Haupt- und Residenzstadt

Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) – Sparsamkeit und Pietismus – aber die Entwicklung Berlins geht weiter

Friedrich der Große (1712–1786) – Der bedeutendste Preußenkönig hinterließ in Berlin vergleichsweise wenig Spuren

Carl Gotthard Langhans (1732–1808) – Schöpfer des Brandenburger Tores und Begründer des preußischen Klassizismus

Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) – Ungeeigneter König in bewegten Zeiten – aber auch Stadtmäzen Berlins

Königin Luise von Preußen (1776–1810) – Beherzte Frau und Königin der Herzen

Wilhelm von Humboldt (1767–1835) – Wissenschaftler, Diplomat und Bildungsreformer

Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) – Künstlerisches Multitalent und Baumeister Friedrich Wilhelms III

Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) – Auch der Architekt auf dem preußischen Thron hinterließ kaum Spuren in Berlin

August Borsig (1804–1854) – Vom Zimmergesellen zum Lokomotivenkönig

Carl Ludwig Friedrich von Hinckeldey (1805–1856) – Reaktionär und Modernisierer

Jobst Schultheiss (1802–1865) – Der Namensgeber der bekanntesten Berliner Brauerei

Adolf Glaßbrenner (1810–1876) – Der Vater der Berliner Typen

Ernst Litfaß (1816–1874) – Der Erfinder der gleichnamigen Werbesäule (1855)

Wilhelm I. (1797–1888) – Letzter preußischer König und Vollender Preußens Unter ihm wurde Berlin zur modernen Großstadt und Metropole

Bauten aus preußischer Zeit

Hauptstadt des Deutschen Reiches (1871–1945)

Otto von Bismarck (1815–1898) – Reichsgründer und Schöpfer des Kurfürstendamms

Rudolf Virchow (1821–1902) – Mediziner, Politiker und Mitbegründer des politischen Liberalismus

James Hobrecht (1825–1902) – Stadtplaner und Vater der Berliner Mietskaserne

Otto Lilienthal (1848–1896) – Unternehmer, Theaterchef und Flugpionier

Wilhelm Voigt (1849–1922) – Der »Hauptmann von Köpenick« (1906)

Paul Lincke (1866–1946) – Der Komponist der »Berliner Luft«

Gustav Böß (1873–1946) – Oberbürgermeister während der Weimarer Republik und zwischen verfeindeten Parteien

Walter Gropius (1883–1969) – Begründer des Bauhauses und Architekt des Wiederaufbaus

 

Adolf Hitler (1889–1945) – Vom Projekt »Germania« zur Zerstörung der Hauptstadt

Marlene Dietrich (1901–1992) – Die Hollywood-Diva blieb stets ein Kind ihrer Heimatstadt Berlin

Albert Speer (1905–1981) – NS-Stilist und Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt Berlin

Bauten der Reichshauptstadt

Das geteilte Berlin (1945–1990)

Louise Schroeder (1887–1957) – Amtiererende Oberbürgermeisterin im Fokus des Kalten Krieges

Ernst Reuter (1889–1953) – Oberbürgermeister im Wartestand und Wortführer des Westens

Walter Ulbricht (1893–1973) – Der Mann Moskaus

Hans Scharoun (1893–1972) – Architekt und unvollendeter Stadtplaner

General Lucius D. Clay (1897–1978) – US-Militärgouverneur und Initiator der Berliner Luftbrücke

Hermann Henselmann (1905–1995) – Architekt, Stadtplaner und »Chefarchitekt von Berlin« (Ost)

Erich Honecker (1912–1994) – Organisator des Mauerbaus, Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender

Willy Brandt (1913–1992) – Regierender Bürgermeister von Berlin, Außenminister und Bundeskanzler

Peter Fechter (1944–1962) – Agonie am Stacheldraht

Helmut Kohl (geboren 1930) – Kanzler der Einheit und des Hauptstadtbeschlusses

Bauten nach 1945

Buchempfehlungen

Vorwort

Es ist für mich nicht nur eine Freude, sondern auch eine große Ehre, nach dem Band über Kopenhagen auch um die Erstellung eines Bandes über meine Heimatstadt Berlin im Rahmen der Biografie-Reihe gebeten worden zu sein.

Die Materiallage zu Berlin ist gut, um nicht zu sagen ausufernd. Die Schwierigkeit besteht bei dem vorhandenen Überangebot an Informationen allenfalls darin, die angesichts des vorgegebenen Umfanges des Bandes erforderliche Auswahl zu treffen. Sicher könnte man mindestens 200 berühmte Berliner Persönlichkeiten porträtieren, aber eben nicht auf 200 Seiten.

Meine Auswahl konzentriert sich deswegen auf Berliner, die Spuren im Stadtbild hinterlassen haben, und bei Persönlichkeiten mit einer komplexeren Biografie, auf ihre biografischen Bezüge zu Berlin und die berlinspezifischen Aspekte ihres Wirkens. Ich selber habe bei dieser Arbeit sehr viel für mich Interessantes und Wissenswertes über Berlin erfahren.

Das Jahr 1990 bietet sich mit der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands und Berlins als Zäsur an, im Interesse einer angemessenen historischen Distanz die Darstellung der Stadtbiografie hier abzubrechen. Natürlich ist Berlin, wie eigentlich immer in den letzten 350 Jahren seiner Geschichte, auch seit 1990 einem fortwährenden Umbruch unterworfen. Doch sind die aktuellen Entwicklungen, wie etwa die massiven ethnischen Veränderungen der Bevölkerung durch Zuwanderung aus außereuropäischen Ländern, die sicher eine weitere historische Zäsur nicht nur für Berlin, sondern für ganz Deutschland darstellt, derzeit einer abschließenden Bewertung noch nicht zugänglich. Auch die bauliche Umgestaltung der Stadt lässt momentan noch keine endgültigen Schlüsse zu. Des Weiteren hat sich in den letzten 25 Jahren keine Persönlichkeit gezeigt, von der man sagen könnte, sie sei für Berlin von überragender Bedeutung und habe das Stadtbild geprägt. So mögen über die gegenwärtig aktuellen Entwicklungen der Stadt und deren Personalien andere nach mir urteilen.

Ich freue mich ganz besonders, für die Bebilderung des Bandes mit Franziska Vu nicht nur eine Fotografenmeisterin, sondern auch eine Meisterfotografin und darüber hinaus international anerkannte Fotokünstlerin gefunden zu haben, die sich uneigennützig in den Dienst der Sache gestellt hat. Meinem Freund Hans-Jürgen Müller danke ich für die Zurverfügungstellung von Informationen, Literatur und des Gastbeitrages über Jobst Schultheiss. Des Weiteren danke ich meiner Tochter Friederike für Recherchen und Hintergrundtexte vor allem zu Louise Schroeder und Willy Brandt sowie meiner Frau Maria für ihre stetige Unterstützung und Geduld.

Berlin, im November 2015 Matthias Bath

BERLIN IM MITTELALTER


Albrecht der Bär (um 1100 – 1170)

Jaczo von Köpenick (vor 1130 – 1176)

Propst Nikolaus von Bernau († 1325)

Friedrich I. (1371 – 1440)

Friedrich II. Eisenzahn (1413 – 1471)

Bauten aus der Zeit des Mittelalters


Juliusturm (um 1200) und Palas (um 1475) in der Zitadelle Spandau

Die Doppelstadt Berlin/​Cölln dürfte um 1200 als Kaufmannssiedlung an der Stelle, wo der damals entstehende Fernhandelsweg Magdeburg-Posen die Spree auf einer Furt durchquerte, entstanden sein. Das Spreetal war hier besonders schmal, und die Furt bildete den einzigen möglichen Übergang über die Spree zwischen Spandau und Köpenick.

Die ersten Bewohner Berlins dürften Siedler aus den askanischen Stammlanden am Nordosthang des Harzes um Quedlinburg und Aschersleben gewesen sein. Andere, vor allem wohl Kaufleute, kamen vom Niederrhein, worauf auch der Name Cölln hindeutet. Der Name Berlin hingegen kommt aus dem Slawischen und bedeutet Morast oder Sumpf. Das belegt aber wohl nur, dass auch den bislang die Mark beherrschenden Slawen der Ort der Furt bekannt war. Auf den fehlenden slawischen Anteil an der Entstehung der Doppelstadt weist hin, dass der slawische Ursprung des Namens Berlin bereits im Laufe des 13. Jh. bei der deutschsprachigen Bevölkerung in Vergessenheit geriet. Hier vermutete man eher eine Verbindung zum Bären, vielleicht auch zu Albrecht dem Bären.

Die ersten urkundlichen Erwähnungen Cöllns (1237) und Berlins (1244) fallen in die Regierungszeit der Markgrafenbrüder Johann I. und Otto III. (1231 – 67), die im Laufe ihrer Herrschaft etwa 30 Städte im Havel- und Spreeland gründeten, allerdings nicht Berlin und Cölln. Jedoch dürften sie beiden Orten das Stadtrecht verliehen haben. 1251 wird Berlin erstmals als »Stadt« erwähnt, Cölln hingegen erst 1261. Die Markgrafenbrüder gewährten den Kaufmannsstädten bereits 1251 die Zollfreiheit. Das älteste Berliner Stadtsiegel datiert von 1253 zeigt ein dreitürmiges Stadttor und davor den Adler, das Wappentier der markgräflichen Landesherren. Vermutlich ist in dieser Zeit auch die erste steinerne Stadtmauer Berlins entstanden. 1271 errichteten die Franziskaner in Berlin ein erstes Kloster. Für die Bedeutung, die die Doppelstadt bereits zu dieser Zeit in der Mark Brandenburg erlangt hatte, spricht auch, dass Markgraf Otto IV. 1280 den ersten märkischen Landtag als Versammlung des gesamten brandenburgischen Adels nach Berlin einberief.

1307 schlossen sich Berlin und Cölln erstmals zu einer Stadtunion mit gemeinsamem Rathaus auf der Langen Brücke über der Spree zusammen. Die Doppelstadt schloss nun auch Bündnisse mit anderen märkischen Städten zum Schutze ihrer Handelswege, aber auch zur Abwehr landesherrlicher Begehrlichkeiten. Auf der anderen Seite entdeckte auch Markgraf Woldemar sein Interesse an Berlin und ließ dort 1310 ein »Hohes Haus« als landesherrlichen Sitz errichten. 1317 gewährte Woldemar dann der Doppelstadt auch ihre eigene Gerichtsbarkeit. Als 1320 die Askanier ausstarben, beendete dies zwar für ein Jahrhundert die weitere gedeihliche Entwicklung der Mark Brandenburg als landesherrliches Territorium, nicht aber die Berlin/​Cöllns und anderer märkischer Städte als Handelszentren und weitgehend selbständig agierende Kommunen.

Auch wenn Berlin/​Cölln nach dem Lynchmord an Propst Nikolaus von Bernau 1325 für über 20 Jahre dem päpstlichen Kirchenbann unterlag, erlebte es in dieser Zeit eine erste wirtschaftliche Blüte. Begünstigt durch die Zollfreiheit entwickelten sich Handelsbeziehungen bis nach Hamburg. Neben märkischem Holz und Bier exportierte man dorthin vor allem Roggen aus den Anbaugebieten des Barnim und Teltow. Schließlich wurde Berlin um 1350 zusammen mit anderen märkischen Städten auch Mitglied der Hanse.

Die Herrschaft der Wittelsbacher in der Mark war von einem weitgehenden Verfall der landesherrlichen Macht gekennzeichnet. Dies begünstigte den weiteren Ausbau der städtischen Machtposition Berlins, das mit der Zeit nahezu alle eigentlich landesherrlichen Einnahmequellen an sich brachte. 1376 und 1380 wurde die Doppelstadt Berlin/​Cölln von zwei verheerenden Stadtbränden heimgesucht. Der letztere betraf vor allem die Berliner Stadthälfte und vernichtete nahezu deren gesamten Fachwerk- und Holzhausbestand. Gleichwohl bedeutete auch diese Katastrophe nicht den Ruin der Stadt. Der einsichtige Landesherr erließ der Stadt für drei Jahre die Steuern und ermöglichte so ihren Wiederaufbau. Als Konsequenz aus dem Brand wurden nun alle Eckhäuser in Steinbauweise errichtet. Die Straßen wurden verbreitert und ihre wichtigsten gepflastert. Um 1400 hatte Berlin/​Cölln etwa 8.000 bis 8.500 Einwohner.

Die Schwäche der landfremden Landesherren versuchten Familien des brandenburgischen Landadels für sich zu nutzen. Hier sind vor allem die Quitzows zu nennen, die ab 1399 die Vormachtstellung in der Mittelmark anstrebten. Es kam zu wechselseitigen Kämpfen und Bündnissen zwischen Berlin/​Cölln und den Quitzows. Diese Auseinandersetzungen mündeten schließlich im September 1410 in eine vollständige Berliner Niederlage ein. Dietrich von Quitzow trieb den Berlinern und Cöllnern das vor den Mauern ihrer Stadt weidende Vieh fort und bereitete den ihn verfolgenden Berliner Stadtreitern bei der Tegeler Mühle einen Hinterhalt. Schließlich besetzte er die den Städten gehörenden Dörfer und blockierte die Zugangswege nach Berlin und Cölln, ohne dass sich die Städte hiergegen wehren konnten.

1411 betraute König Sigismund den Nürnberger Burggrafen Friedrich VI. von Hohenzollern zunächst mit der Verwaltung der Mark. Nachdem dieser die Verhältnisse in der Mark wieder geordnet und einen allgemeinen Landfrieden verkündet hatte, belehnte ihn Sigismund 1415 auf dem Konzil zu Konstanz als Friedrich I. mit der brandenburgischen Kurwürde, womit die 500-jährige Herrschaft der Hohenzollern in der Mark Brandenburg begann.

1434 nahm letztmalig ein Berliner Vertreter an einem Hansetag teil. Angesichts seiner Binnenlage hatte Berlin/​Cölln innerhalb der Hanse ohnehin nie eine größere Bedeutung besessen.

Nach dem Ableben Friedrichs I. 1440 konzentrierte sich sein Nachfolger Friedrich II. auf die Stärkung seiner Landesherrschaft und die Schwächung der Städte, unter denen Berlin/​Cölln die größte und bedeutendste war. 1442 nutzte er Streitigkeiten zwischen den städtischen Patriziern und den Handwerkerinnungen, um die Doppelstädte wieder voneinander zu trennen. Er nahm das bisherige gemeinsame Rathaus in Besitz, um hier ein landesherrliches Gericht unterzubringen und entzog den Städten die Gerichtsbarkeit wie auch andere Privilegien. Auch ließ er 1443 in Cölln mit dem Bau eines Schlosses beginnen. Der Versuch der Bürgerschaft, die kurfürstliche Macht 1448 durch einen offenen Aufstand, den »Berliner Unwillen«, wieder abzuschütteln, scheiterte. Berlin verlor nun seine städtische Selbständigkeit und wurde zur Residenzstadt der brandenburgischen Kurfürsten.

 

Albrecht der Bär (um 1100 – 1170) –
Kolonisator der Mark Brandenburg (ab 1134)

Albrecht entstammte dem Geschlecht der Askanier, das nach dem lateinischen Namen der Grafschaft Aschersleben (Ascharia) benannt wurde. Belegt sind die Askanier seit dem 11. Jh. als Grafen von Ballenstedt. Ihre Stammlande lagen zwischen dem Ostharz und der Saale. Der Aufstieg der Askanier begann unter Albrechts Vater, Graf Otto dem Reichen (1075 – 1123), der durch Heirat mit Eilika (1081 – 1142), einer erbberechtigten Tochter des Billunger Sachsenherzogs Magnus († 1106), Teile des reichen Billunger Eigenbesitzes erlangte. Ihr einziger Sohn Albrecht wurde um 1100 auf der Bernburg/​Bärenburg an der Saale geboren und erhielt später nach seinem Geburtsort den Beinamen »der Bär«.

Als Graf von Ballenstedt herrschte Albrecht nach dem Tode seines Vaters 1123 über die askanischen Stammgebiete um Aschersleben. 1125 heiratete Albrecht Sophie von Winzenburg (1105 – 60), mit der er drei Töchter und sieben Söhne, darunter als ältesten Sohn Albrechts Nachfolger Otto I. (1128 – 84), hatte. Schon zu dieser Zeit pflegte Albrecht freundschaftliche Beziehungen zu dem letzten Hevellerfürsten Pribislaw, der unter dem Taufnamen Heinrich zum Christentum übergetreten war und seit 1127 das nördlich der Mark Lausitz gelegene hevellische Herrschaftsgebiet zwischen Elbe und Havelland regierte. Schon vor 1130 trat Pribislaw das Ländchen Zauche, südöstlich der heutigen Stadt Brandenburg als Patengeschenk für Albrechts ersten Sohn Otto an die Askanier ab.

1132/​33 nahm Albrecht am Italienfeldzug Kaiser Lothars III. teil, der ihn für seine Verdienste 1134 mit der »Nordmark« belehnte. Faktisch handelte es sich dabei im Wesentlichen um die linkselbische Altmark mit dem Hauptort Stendal, die den Askaniern ohnehin zum größten Teil als eigener Hausbesitz gehörte. Rechtlich beinhaltete der Begriff der »Nordmark« darüber hinaus aber auch den Anspruch auf die rechtselbischen, beim Slawenaufstand von 983 dem Reich verlorengegangenen Gebiete zumindest des Havel- und Spreelandes.

Nachdem Albrecht seine Ansprüche auf das Herzogtum Sachsen gegen Heinrich den Löwen (1129 – 1195) nicht durchsetzen konnte, richtete er seit 1142 sein Augenmerk auf die »Nordmark«, die nun in den Mittelpunkt seines politischen Handelns rückte. Schon seit 1142 wird Albrecht gelegentlich in deutschen Reichsurkunden als »marchio de Brandenburg« (Markgraf von Brandenburg) erwähnt. 1143 wurde er zudem mit der Erzkämmererwürde des Reiches belehnt.

Als Bernhard von Clairvaux 1147 zum »Wendenkreuzzug« gegen die heidnischen Slawen aufrief, beteiligte sich auch Albrecht an dem Unternehmen, sorgte aber dafür, dass es den hevellischen Herrschaftsbereich umging und unberührt ließ. Schließlich setzte Pribislaw, der kinderlos blieb, Albrecht testamentarisch zu seinem Nachfolger ein. Nach dem Tode Pribislaws 1150 gelangte Albrecht durch eine List der Königinwitwe Petrissa in den Besitz der Brandenburg. Petrissa befürchtete nicht zu Unrecht eine slawisch-heidnische Gegenreaktion auf die Übertragung der hevellischen Herrschaft an Albrecht. Diese Reaktion erfolgte dann auch seitens des Sprewanenfürsten Jaczo von Köpenick, der 1153 die Brandenburg eroberte.

Erst 1157 konnte Albrecht die Brandenburg zurückerobern und damit die Herrschaft über das gesamte Stammesgebiet der Heveller antreten. Am 11. Juni 1157 hielten er und sein Sohn Otto ihren triumphalen Einzug in der Brandenburg. Dieser Tag gilt allgemein als die Geburtsstunde der Mark Brandenburg. Albrecht verlegte nun seine Residenz von Stendal nach Brandenburg und nahm den Titel »Markgraf von Brandenburg« an. Zugleich begann auch von Westen her die deutschsprachige Besiedlung der Mark. Jaczo wurde hinter die Havel zurückgedrängt und verlor auch sprewanische Gebiete auf den Höhenzügen des Barnim und Teltow nördlich und südlich der Spree. Gleichwohl sperrte er hier und im Spreetal bei Köpenick ein weiteres Vordringen Albrechts über die Spree nach Osten in Richtung Oder.

Etwas überraschend übertrug Albrecht vermutlich noch 1157 seinem Sohn Otto die Mitregentschaft unter dem Titel »Brandenburger Markgraf« und brach 1158 mit seiner Gemahlin Sophie zu einer Pilgerreise in das Heilige Land auf. Nach seiner Rückkehr konzentrierte sich Albrecht ab 1160 zusammen mit Otto auf die Konsolidierung der askanischen Herrschaft in der Mark und die schrittweise Ausweitung seines Herrschaftsbereichs gegenüber den geistlichen und weltlichen Fürsten benachbarter Territorien. Er förderte die weitere Christianisierung der Mark auch durch die Besiedelung mit Einwanderern vorrangig aus den askanischen Stammlanden um Ballenstedt und Bernburg sowie dem zwischen Harz und Thüringer Wald gelegenen »Schwabengau«.

Albrecht verstarb im, für damalige Verhältnisse, stolzen Alter von 70 Jahren am 18. November 1170 vermutlich in Stendal. Beigesetzt wurde er im damaligen askanischen Hauskloster in Ballenstedt im Harz.