Illustrierte Geschichten - 3. Band

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Zweiter Streich

Als die gute Witwe Bolte

Sich von ihrem Schmerz erholte,

Dachte sie so hin und her,

Daß es wohl das beste wär',

Die Verstorb'nen, die hienieden

Schon so frühe abgeschieden,

Ganz im stillen und in Ehren

Gut gebraten zu verzehren. –

– Freilich war die Trauer groß,

Als sie nun so nackt und bloß

Abgerupft am Herde lagen,

Sie, die einst in schönen Tagen

Bald im Hofe, bald im Garten

Lebensfroh im Sande scharrten. –


Ach, Frau Bolte weint aufs neu,

Und der Spitz steht auch dabei.

Max und Moritz rochen dieses;

»Schnell aufs Dach gekrochen!« hieß es.


Durch den Schornstein mit Vergnügen

Sehen sie die Hühner liegen,

Die schon ohne Kopf und Gurgeln

Lieblich in der Pfanne schmurgeln. –


Eben geht mit einem Teller

Witwe Bolte in den Keller,


Daß sie von dem Sauerkohle

Eine Portion sich hole,

Wofür sie besonders schwärmt,

Wenn er wieder aufgewärmt. –

– Unterdessen auf dem Dache

Ist man tätig bei der Sache.

Max hat schon mit Vorbedacht

Eine Angel mitgebracht. –


Schnupdiwup! da wird nach oben

Schon ein Huhn heraufgehoben.

Schnupdiwup! jetzt Numro zwei;

Schnupdiwup! jetzt Numro drei;

Und jetzt kommt noch Numro vier:

Schnupdiwup! dich haben wir!! –

– Zwar der Spitz sah es genau,

Und er bellt: Rauwau! Rawau!


Aber schon sind sie ganz munter

Fort und von dem Dach herunter. –

– Na! Das wird Spektakel geben,

Denn Frau Bolte kommt soeben;

Angewurzelt stand sie da,

Als sie nach der Pfanne sah.


Alle Hühner waren fort –

»Spitz!!« – das war ihr erstes Wort. –


»Oh, du Spitz, du Ungetüm!! –

Aber wart! ich komme ihm!!!«


Mit dem Löffel, groß und schwer,

Geht es über Spitzen her;

Laut ertönt sein Wehgeschrei,

Denn er fühlt sich schuldenfrei. –


– Max und Moritz, im Verstecke,

Schnarchen aber an der Hecke,

Und vom ganzen Hühnerschmaus

Guckt nur noch ein Bein heraus. –

Dieses war der zweite Streich,

Doch der dritte folgt sogleich.

Dritter Streich

Jedermann im Dorfe kannte

Einen, der sich Böck benannte. –


– Alltagsröcke, Sonntagsröcke,

Lange Hosen, spitze Fräcke,

Westen mit bequemen Taschen,

Warme Mäntel und Gamaschen –

Alle diese Kleidungssachen

Wußte Schneider Böck zu machen. –

– Oder wäre was zu flicken,

Abzuschneiden, anzustücken,

Oder gar ein Knopf der Hose

Abgerissen oder lose –

Wie und wo und was es sei,

Hinten, vorne, einerlei –

Alles macht der Meister Böck,

Denn das ist sein Lebenszweck. –

– Drum so hat in der Gemeinde

Jedermann ihn gern zum Freunde. –

– Aber Max und Moritz dachten,

Wie sie ihn verdrießlich machten. –


Nämlich vor des Meisters Hause

Floß ein Wasser mit Gebrause.

Übers Wasser führt ein Steg

Und darüber geht der Weg. –


Max und Moritz, gar nicht träge,

Sägen heimlich mit der Säge,

Ritzeratze! voller Tücke,

In die Brücke eine Lücke. –

Als nun diese Tat vorbei,

Hört man plötzlich ein Geschrei:


»He, heraus! du Ziegen-Böck!

Schneider, Schneider, meck, meck, meck!!« –

– Alles konnte Böck ertragen,

Ohne nur ein Wort zu sagen;

Aber wenn er dies erfuhr,

Ging's ihm wider die Natur. –


Schnelle springt er mit der Elle

Über seines Hauses Schwelle,

Denn schon wieder ihm zum Schreck

Tönt ein lautes: »Meck, meck, meck!!«


Und schon ist er auf der Brücke,

Kracks! die Brücke bricht in Stücke;



Wieder tönt es: »Meck, meck, meck!«

Plumps! da ist der Schneider weg!


Grad als dieses vorgekommen,

Kommt ein Gänsepaar geschwommen,

Welches Böck in Todeshast

Krampfhaft bei den Beinen faßt.


Beide Gänse in der Hand,

Flattert er auf trocknes Land. –


Übrigens bei alledem

Ist so etwas nicht bequem;






Wie denn Böck von der Geschichte

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