Buch lesen: «Lasst uns über Liebe reden»

Schriftart:

Walter Müller

Lasst uns über die Liebe reden

Trauerreden


Die Drucklegung dieses Buches wurde gefördert von den

Kulturabteilungen von Stadt und Land Salzburg.


www.omvs.at

ISBN 978-3-7013-1291-7

eISBN 978-3-7013-6291-2

© 2021 OTTO MÜLLER VERLAG SALZBURG-WIEN

Alle Rechte vorbehalten

Satz: Media Design: Rizner.at

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck-Germany

Umschlaggestaltung: Leo Fellinger

Wenn du an mich denkst, erinnere dich an die Stunde, in welcher du mich am liebsten hattest.

Rainer Maria Rilke

Inhalt

Über die Liebe also, ein Vorwort

„Kommt ein Vogel …?“

Vom Mädchen, das ein bisschen anders war

Dem himmlischen Stern hinterdrein

Barfuß über jeden See

Die Zugfahrt ins Glück

„Ach, der Professor!!!“

Als der Krampus vor der Tür stand

Erste Geige – im Konzert und daheim

Rosen, Kerzen, Tränen

„Sind Sie der heilige Nikolaus?“

Santé, Friedl! Egészségére!

Rohrnetzmeister und Torschützenkönig

„Ein Pfifferl für die Frau Lotte!“

Der Himmel über dem Zirkuszelt

Pflanzenflüsterer und Strudelkönig

„Ach Gott, diese Ziele immer!“

Markus, Liebling der Menschen

„Ich bin der Peter Marzipan!“

Der „Dürre“ tanzt den Schneewalzer

Liftführer und Geschichtensammler

„Wolfram, du gehst da runter!“

Ist der Tag wichtiger als die Nacht?

Über die Liebe also

Jeder Mensch ist ein eigener Kosmos, einzigartig, unverwechselbar. Jedes Leben, ob es schwer, ob es leicht zu leben war, erzählt seine eigene Geschichte: staunenswert, unkompliziert, geheimnisvoll, bizarr, glücklich, hart, viel zu kurz, bemerkenswert lang, verspielt, enttäuschend, in Geborgenheit oder vogelfrei, vom Schicksal herausgefordert oder von Engelscharen begleitet. Aber immer war es ein einzigartiges, unverwechselbares Leben.

Als Trauer- oder besser: Abschiedsredner hat man das Privileg, in ein Menschenleben hineinhorchen, sich hineinfühlen zu dürfen. Man ist eingeladen, einen unbekannten Planeten zu betreten, einen beispiellosen Kosmos zu erkunden und zu entdecken. Und jedes Mal ist es ein Geschenk, eine bleibende Erfahrung. Über dieses ganz besondere Leben zu erzählen, den vielen Facetten eines Menschen in einer Rede gerecht zu werden, ist Aufgabe und Ehre zugleich.

Wie lässt sich aber ein Leben halbwegs oder tiefgehend erfassen, noch dazu, wenn zwischen der Anfrage von Angehörigen, die Verabschiedung zu übernehmen, und der Trauerfeier selbst nur wenig Zeit zur Verfügung steht? Manchmal eine Woche, manchmal vier oder drei Tage. Da geht sich kaum mehr als ein langes Gespräch aus, ein paar Telefonate und Mails, ein bisschen Recherchieren und Nachfragen.

Der Abschiedsredner muss also mitfühlend und zielstrebig zugleich agieren. Mit großem Verständnis dafür, dass jede Trauer anders ist, und dennoch so strukturiert, dass in den zwei, drei Stunden der persönlichen Begegnung die/der Verstorbene fassbar, spürbar wird? Dass aus einem Namen, ein paar Daten ein Menschenbild entsteht?

Mein „Hilfsmittel“ ist der Fragenkatalog geworden, den ich mir im Laufe der Zeit erarbeitet habe. Ganz präzise Fragen zur Herkunftsfamilie, zu den Lebensumständen, der Kindheit, der Schulzeit, der Berufssuche, der eigenen Familie, den Hobbys und Interessen, den sportlichen und kulturellen Vorlieben usw., bis zur Zeit der Krankheit, der Pflege, des Sterbens oder des unerwarteten, schicksalhaften Todes. Den Katalog habe ich meistens vor unserem ersten, oft einzigen Treffen, an die Familie geschickt, mit der Bitte, die Erinnerung fließen zu lassen und mir die Antworten in kurzen Sätzen oder stichwortartig zurückzuschicken. Bei der persönlichen Begegnung konnten wir dann Fragen und Antworten vertiefen und das Lebenspuzzle bunt und anschaulich zusammenfügen. Zwei Fragen erwiesen sich immer als besonders spannend und ergiebig. Die Frage „Was bringt Sie zum Schmunzeln, wenn Sie an Ihre Mutter (Ihren Mann, Ihre Großmutter, …) denken?“ Das bringt ohne Anstrengung ein Lächeln und eine Entspannung in das Gespräch … Und es ist immerhin ein Trauergespräch, kurz nach dem Tod eines geliebten Menschen. Die kleinen und größeren Schrulligkeiten eines Vaters, einer Ehefrau, eines Freundes …, quer durchs Leben, der Humor, die Lebensparolen, Urlaubsüberraschungen, Ungeschicklichkeiten und Alltagspannen hellen die düstersten Stunden auf.

Die zweite wichtige Frage – an die Kinder, Freunde, Geschwister gerichtet: „Wie haben sich die beiden kennengelernt?“ Oder – an den Witwer: „Wo und wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?“ Wobei, einfach ein Erfahrungswert, die Witwen hier viel genauer, auch launiger, Antwort geben können.

Die allererste Begegnung, am Zuckerbäckerball, im Wartezimmer eines Zahnarztes, am Gang eines hoffnungslos ausgebuchten Zugwaggons – wo auch immer; diese Geschichten bleiben im Gedächtnis. Und stets sind es Geschichten im Glück, vom Glück. „Lasst uns über die Liebe reden …“, und dann erzählt man vom ersten Kennenlernen, von der Aufregung der Verliebtheit, vom Rendezvous ein paar Tage oder ein paar Wochen später.

Über die Liebe zu reden, hellt jeden Lebenslauf auf; da muss man nichts schönfärben oder zurechtpolieren. Die Liebe hat immer bezaubernde Überraschungen parat.

Und dann gibt es auch und vor allem die berührende Liebe einer Frau zu ihrem, unserer Welt allmählich entschwindenden Mann, die Liebe der jüngeren zur älteren Schwester, einer Mutter zu ihren Kindern, die Liebe zwischen zwei ungleichen Freunden, die Liebe eines Menschen zum Sport, zur Musik, zum Zirkus und vieles mehr.

Ich habe im Laufe der Zeit Hunderte Trauerfamilien kennengelernt, die mir von ihrem oder ihrer lieben Verstorbenen erzählt haben, und Hunderte Male, nein: jedes Mal, ist es auch um die Liebe gegangen. Um die große, die lebenslange, die konfliktbeladene, die dritte nach der zweiten und der ersten. Aber immer war von der Liebe die Rede.

Natürlich endet manche Beziehung, manche Ehe in Bitternis, und manche Enttäuschung lässt sich nicht wegzaubern. Wenn die Liebes-Episoden in einer Menschenbiografie schier unüberschaubar werden, weil der verstorbene Vater noch zwei Kinder aus einer ersten Ehe und zusätzlich zu den beiden Kindern aus der zweiten, immer noch gültigen Verbindung, ein Kind aus einem Seitensprung … – dann lese ich aus dem wahrhaftigen Gedicht Was es ist von Erich Fried vor:

… Es ist lächerlich, sagt der Stolz

Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht

Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung

es ist was es ist, sagt die Liebe.

Damit lassen sich bei der Abschiedsfeier schwierige Situationen respektvoll und warmherzig auflösen, manchmal sogar kleinere oder größere Misslichkeiten im Familienverband bereinigen. „Es ist, was es ist. Es war, was es war…“

Ach, lasst uns über die Liebe reden! Mit all ihren Spiegelungen und Brüchen. Über die Liebe und über das Leben. Und vergesst nie: Jeder Mensch ist ein eigener Kosmos, einzigartig, unverwechselbar.

„Kommt ein Vogel …?“
(Robert Grannersberger, 1969–2016)

Die Sissy gibt sich alle Mühe, spricht ihrem Mann sanft, zärtlich die beiden Wörter vor: „Noch ein …“ Jetzt wartet sie geduldig, bis er, der Robert, das richtige Wörtchen gefunden hat. „Tor“, sagt er mit unsicherer Stimme.

Richtig, Robert. „Noch ein Tor!“ Also gleich noch einmal.

Für einen ehemaligen Fußballer ist das doch eine Winzigkeit. Wie oft hat er dieses Sätzchen im Stadion gebrüllt? „SAK vor, noch ein Tor!“ Wenn er selbst kickte, hatte er es aus den Kehlen der Fans gehört: „Grannersberger vor, noch ein Tor!“ Und jetzt?

Die Sissy gibt nicht auf, und der Robert strengt sich mächtig an. Neuer Versuch, dieses Kinderlied: „Kommt ein Vogel …“ – „… geflogen“. Bravo, Robert!

Am Ende seines Lebens war Robert Grannersberger ein Kind. Ein liebenswertes 47 Jahre altes Kind, ein lieber Mensch. Mit diesem verschmitzten Lächeln ab und zu; manchmal noch für ein paar Stunden den Schalk im Nacken. Wie auf dem Foto aus dem Steintheater in Hellbrunn auf der Traueranzeige. Und wie als Kind damals.

Er war dankbar für alles. Dankbar der Mama, die jeden Tag zu ihm herübergekommen ist. Dankbar für die zärtliche Bestimmtheit, mit der seine Frau, die Sissy, auf ihn aufgepasst, ihn an der Hand genommen und durch sein so klein gewordenes Leben geführt hat. Die an seiner Seite war in den Stunden der Angst, sich gefreut hat, wenn er sich wohlgefühlt hat. Das lange, langsame Abschiednehmen. Dieses nicht leicht zu verstehende, nicht leicht zu ertragende Sich-Entfernen aus der für uns überschaubaren Welt.

Es ist so. Jeder Mensch ist ein eigener Planet – wertvoll, faszinierend, schön, spannend, liebenswert, interessant, facettenreich, anders, unvergleichbar, einzigartig. Manchmal können wir Planeten uns einem anderen Planeten annähern, beschreiben mit ihm ähnliche Flugbahnen im Universum, spüren genau dieselben Schwingungen, fühlen einander unendlich nahe, auf ein und derselben Ebene. Für kurze oder lange Zeit. Man kann das Liebe nennen, Vertrautheit, Herzgefühle.

Manchmal bleibt uns ein anderer Planet fremd oder wird einem, wodurch auch immer, fremd. Vielleicht auch wir ihm. Und wir kreisen nebeneinander her, als würden wir nicht denselben Kosmos bewohnen. Aber immer bleibt dieser Planet, dieser Mensch einzigartig, besonders, mit all seinen Ecken und Kanten, Schrulligkeiten, Liebenswürdigkeiten und seinen Geheimnissen.

Der Planet Robert Grannersberger war ein besonderer Planet, ist auf seiner Umlaufbahn um und durch diese Welt gezogen. Mit seiner eigenen Antriebskraft, seiner eigenen Sehnsucht, seiner eigenen Liebe.

Manchmal, besonders in den Jahren dieser gnadenlosen Krankheit, waren seine Geheimnisse für andere nicht zu entschlüsseln. Warum ist er so? Warum verhält er sich so merkwürdig? Wo kommen seine Stimmungen her? „Es ist so geheimnisvoll, das Land der Tränen“, heißt es im Kleinen Prinzen von Saint-Exupéry. Manche Menschen haben den Planeten Robert im Laufe des Lebens aus den Augen verloren, ihn auf seinem Weg nicht mehr begleitet, begleiten können, begleiten wollen. Manchmal prallen Planeten auch gegeneinander, und einer wird oder beide werden aus ihrer Umlaufbahn geschleudert, für lange Zeit, für immer. Andere bleiben beisammen, in guten und in schweren Jahren.

Jeder Mensch ist ein eigener Planet: kostbar, einzigartig, besonders.

Am 2. April 1969 erblickt in Maxglan Robert Grannersberger das Licht der Welt, im gleichen Jahr wie Oliver Kahn geboren wurde, der Torhüter, im Jahr, in dem der erste Mensch den Mond betrat und die englische Rockband „Led Zeppelin“ ihre erste LP herausbrachte.

1969 – das Jahr, in dem der SAK 1914 im österreichischen Fußballcup gegen die renommierte Wiener Austria (mit Köglberger, Fiala, Parits in deren Reihen) spielte und 2:5 verlor. Bei den Blaugelben aus Nonntal kickten heimische Größen wie Hannes Granzer oder Fredl Kainberger. Robert Grannersbergers Herz wird immer für die Blaugelben, für seinen Verein schlagen, so wie sein Blut immer „stiegl-rot“ sein wird, wie das Rot seiner Brauerei. Eine treue Seele.

Robert ist das Jüngste von den vier Kindern der Maria und des Otto Grannersberger. Drei Geschwister gibt es bereits, jeweils im Abstand von vier Jahren geboren: Rosemarie, Othmar und Rudi. Der Vater ist gelernter Schlosser, Heizer bei der Stieglbrauerei und Nebenerwerbsbauer. Am kleinen Hof am Haslbergerweg gibt es zwei, drei Stierkälber, zwei, drei Kühe, ein paar Schweindln.

Der Robert ist ein quirliger Bub, voller Temperament, abenteuerlustig und unerschrocken. Kein „Kittlschliafa!“ Er kraxelt überall hinauf, auch auf den „Bimbo“, den Stier, auf dem er reitet, bevor er ihn in den Transportwagen Richtung Schlachthof treiben muss.

Der Robert ist kein Riese, als Kind kann er längere Zeit unterm Tisch durchlaufen, ohne sich den Kopf anzustoßen.

Angst ist ein Fremdwort für ihn, damals. Wie ängstlich wird er später sein, in den Zeiten der Krankheit, wenn ihm etwas fremd ist … eine Gegend, in der er noch nicht gewesen ist, ein Mensch, den er nicht kennt, und er sich lieber zurückzieht, daheimbleibt, die Augen schließt.

Furchtlos aber war er damals als Kind, beim Skifahren im Lungau, in der Heimat der Mutter, bei den Großeltern. Kein Weg durch den Wald war ihm zu gefährlich, kein Sprung über Gräben zu riskant. Mit den Geschwistern, Cousins, Freunden zuerst bergauf stapfen, eine Piste ausbretteln – und dann waghalsig „schuss“ runterbrausen.

Oder auf den Pferden, den Haflingern, auf den Bergpfaden, zwischen den Bäumen herumreiten. Schöne Erinnerungen an die Ferienzeit in Lamm/Krottendorf im Zederhaustal. Und dass sich die Kinder dort nicht unbedingt jeden Abend die vom Herumlaufen schmutzigen Füße waschen müssen, bevor sie zu Bett gehen – einfach herrlich!

Fußball, Roberts große Leidenschaft. Kaum dass er laufen kann, beginnt er auch schon zu kicken. Mit den anderen auf den Wiesen in Maxglan, später dann beim SAK. Mitte der 80er-Jahre spielt er bei seinem Verein, dessen Erste es grad in die oberste Spielklasse, die Bundesliga, geschafft hat. Mit Ballkünstlern wie Detlev Szymanek oder dem Holländer Frenkie Schinkels! Robert Grannersberger ist auf dem Sprung in die Kampfmannschaft, aber dann werfen ihn Verletzungen aus dem Spiel.

Aus der Traum von der großen Fußballerkarriere! Das Talent dafür hätte er gehabt. Geblieben sind die schönen Erinnerungen und der berechtigte Stolz auf seine Erfolge am Spielfeld.

Dann also die Berufslaufbahn. Koch wäre so ein Gedanke. Er kocht sein Leben lang gerne und gut, vom Braten bis zum Apfelstrudel. Aber der Vater hat für ihn, nach absolvierter Volksschule in Moos und Hauptschule in Maxglan, eine Lehrstelle bei der Brauerei ausfindig gemacht. Der Robert wird „Stiegler“, wie sein Vater. Ein „überzeugter Stiegler“, einer mit Leib und Seele, Haut und Haar. Als Brauer, bei der Aufsicht über die Flaschenabteilung, auch beim Bewirten in der Brauwelt oder am Rupertikirtag. Für seinen Betrieb Tag und Nacht bereit für eventuelle Notfälle.

Auch bei den Treffen, den Feiern, den sportlichen Betätigungen der „Stiegler“ ist Robert Grannersberger mit Begeisterung dabei, etwa an den Skitagen bei den „Stiegl-Rennen“ auf der Reiteralm.

Bei seiner ersten Hochzeit ist der Robert grad einmal 20 Jahre alt. Die Liebe hat ihre eigenen Regeln. Die Liebe kommt, die Liebe geht. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Das Schönste aber, das die Liebe zu schenken hat, sind Kinder. Die schönsten Geschenke in Robert Grannersbergers Leben: Michael, Christian, Corina.

Drei eigene Planeten in diesem Universum, besonders, kostbar, einzigartig, mit ihren eigenen Träumen und Geheimnissen. Robert Grannersberger ist verdammt stolz auf sie gewesen, war glücklich mit seinen Dreien, hat alles Mögliche und Unmögliche für sie gemacht; gekocht hat er gerne für sie. Vielleicht haben sie ja auch die Liebe zum Sport von ihm, vom Vater, geerbt, den Mut fürs Leben …

„Kommt ein Vogel …“ – „… geflogen.“

Die Sissy ist es, die den Robert durch das letzte Viertel seines viel zu kurzen Lebens begleitet. Beim Tanzen lernen die beiden einander kennen, im „Stiegl“, bei einem Gschnas. Der letzte Tanz, ganz am Schluss, das war das behutsame Führen im Gleichschritt, auf die Terrasse … zum Badezimmer.

Damals, beim Kennenlernen, sind die Schutzengel zögernd im Gebälk gehockt, und die Sissy hat nur gedacht: „Bitte, tat’s endlich weiter!“ Sie haben die beiden zusammengeführt. Auch der Christian ist ihm ans Herz gewachsen. Und er dem Christian.

Die schönen Jahre … Robert Grannersberger war ein charmanter und zuvorkommender Gastgeber, seine Freunde, Elisabeths Freundinnen haben sich bei den beiden wohlgefühlt. Wie selig war er in der Natur, im Lungau, beim Schwammerlbrocken … das hat ihm Freude bereitet, wie konnte er sich über einen einzigen, grad aufgespürten Steinpilz freuen! So freuen sich Kinder und besondere Menschen!

Er, der Robert, wollte immer auch anderen eine Freude machen. Hat manchmal gesagt: „Ja, das mach ich gern“, um niemandem, auch der Sissy nicht, eingestehen zu müssen, dass er „das“ eigentlich gar nicht so gern macht. Flohmärkte, ja gern! Aber letztendlich eher, weil sie so gerne Flohmärkte besucht. Helfen, wenn jemand Hilfe brauchte – und niemandem zur Last fallen. Das war ihm wichtig!

Robert Grannersberger war ein „Geber“, einer der mit Freude gegeben hat, Zuwendung, Mithilfe, sein Lächeln. „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“, heißt es in der Bibel. „Je mehr du gibst, umso mehr wächst du“, schreibt Antoine de Saint-Exupéry, „… es muss aber einer da sein, der empfangen kann.“

Der Robert hat so viel gekonnt und so viel gemacht, im Haus, im paradiesischen Garten, hat sich um keine Arbeit gedrückt („Im Garten arbeiten. Ja gern!“), mit logischem Denken und hausmännischen Fertigkeiten ausgestattet. Mit seiner Liebe und seinem Engagement. Im Haus, ums Haus herum, und genauso in der Brauerei.

Die kleinen Tagträumereien … vielleicht ein Boot am Mittelmeer … Schiffskoch wäre doch ein schöner Beruf …

„Es ist verrückt, alle Rosen zu hassen, nur weil Dich eine gestochen hat. / Oder auf alle Träume zu verzichten, nur weil sich einer nicht erfüllt hat“, heißt es im Kleinen Prinzen.

Es hat nicht nur eine Rose gestochen und es haben sich einige Träume nicht erfüllt. Als ihm, dem gewissenhaften, seinen Betrieb so liebenden Menschen (das waren die Vorboten der Krankheit), Fehler bei der Arbeit unterlaufen sind … und immer öfter Fehler, da hat auch die Verstörtheit um sich gegriffen. Eines führt zum anderen. Unverständnis zum Wutausbruch, Fehler zu Ungeduld. Die frühe Pensionierung, krankheitsbedingt.

Der furchtlose Mann, der liebenswürdige Mensch auf dem Weg zum Kind, der einzigartige Planet Robert Grannersberger auf seinem Weg in ein für andere fremdes Universum. Nicht von allen, aber von seiner Frau Elisabeth, ihrem Sohn Christian, von der Mama und ein paar Herzensmenschen aus der Familie, aus dem Freundinnenkreis begleitet.

Natürlich haben die Rosen gestochen, als sich Freunde nicht mehr blicken ließen. Es ist nicht leicht, mit dieser unbarmherzigen Krankheit, die das Bekannte ins Fremde rückt, umzugehen.

Das lächelnde erwachsene Buddha-Kind, wie es aus der Steinhöhle in Hellbrunn hervorguckt, verschmitzt, den Schalk im Nacken. Aber wenn er den Rasen mäht, ruiniert er jetzt den Rasenmäher, und wenn er an der Heizung werkt, geht die Heizung kaputt. Und wenn er über die Straße läuft … dann ist die Sissy sein Schutzengel.

Den Pflegerinnen, ohne die das Alltagsleben nicht mehr möglich wäre, macht er den Kaffee, Gentleman, der er war, der er immer noch ist. Früher hat der Robert gerne gesungen, Schlager, die Lieder von Wolfgang Ambros oder Reinhard Fendrich. „Weus d‘ a Herz hast wia a Bergwerk …“ – „Kommt ein Vogel …“, sagt die Sissy, „geflogen“, fügt er hinzu.

Keine Lust mehr, zu entdecken, nicht mehr reden, nicht mehr schauen, einfach noch ein bisschen leben, geduldig, die kleine, große Zufriedenheit. Geborgen sein wie ein Kind.

Dann die Lungenentzündungen, das Krankenhaus, wieder heim ins Haus am Haslbergerweg. Die Betreuung durch Mitarbeiter des Palliativteams. Die Mama, die Sissy … nur noch Halten, Streicheln, ihm, dem Robert, leise, sanft vermitteln, dass alles gut ist.

„Als die Stunde des Abschieds kam, sagte der Fuchs zum Kleinen Prinz: ‚Adieu. Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach. Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar!‘“

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