Der Silberschatz der Fugger

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

2.Teil: Der Silberbergbau verändert im Spätmittelalter die Welt

Vor mehr als 500 Jahren wird Tirol, besonders die Region um Schwaz zum Silberreich. Aus einsamen Bergtälern, Berggipfel und den sumpfigen Ufer der Inn wird die Schatzkammer Europas. Was wir darüber wissen, verdanken wir dem Schwazer Bergbuch, geschrieben vom Faktor und Buchhalter der Fugger und späteren Industriebegründer in der Region, Ludwig Lässl.

Im Mittelalter war Schwaz das Montanzentrum Europas. Rund 85% des weltweit produzierten Silbers stammte aus Schwaz und machten die Stadt zu seiner Blütezeit um 1500 zur größten Bergbaumetropole der Welt, und Tirol wurde zu einem der reichsten Länder Europas.

Im Spätmittelalter gehörten die Silberbergwerke bei Schwaz zu den größten und ertragreichsten in der Region. 1554 waren in den Schwazer Bergrevieren über 7400 Bergknappen täglich beschäftigt.


Ludwig Lässl, Verfasser des Schwazer Bergbuches

Nicht auf der oberen Erde, sondern mitten in den Bergen Tirols, in Schwaz unter der Erde, liegt der Metallreichtum, der die Geschichte Europas verändert. Der Silber- und Kupferreichtum machen Tirol zu einer blühenden Wirtschaftsregion, mit all den Folgen, die eine ungeahnte und ungebremste Expansion für Menschen haben.

Bergleute aus ganz Europa zieht es in die Alpen. Sie bringen immenses Wissen mit, was den Abbau des Bergschatzes betrifft. Sie scheuen keinen Raubbau, ohne die Folgen zu bedenken, zurück. Es geht hier im das Silber der Region und um Reichtum zu erwerben, koste es, was es wolle.

Auch die Menschen vor Ort, die ein hartes Leben um das Überleben gewohnt sind, finden sich in einen Kessel von tausenden Neuankömmlingen wieder. Bis zu 20 000 Tausend sollen es gewesen sein. Alle mussten aber versorgt werden, eine Herausforderung, der man nur schwer nachkommen kann.

Was im Berg gefunden wird, gehört den Landesfürsten, der die Bergrechte, die Rechte des Abbaus vergeben kann. So machen die Bergschätze viel reich, die ihr Leben auf der Suche danach verschrieben haben.

***

Es gibt einige Sagen, die von der Hebung des Silberschatzes davon erzählen. Ein Mischung von Sage und historischer Realität sind die Venedigermandel. Bei dem Venedigermandl handelt es sich um einen Zwerg welcher jedes Frühjahr in den Bergen, nach Gold suchte. Zwerge sind ja dafür bekannt dass sie die Hüter verborgener Schätze sind.


Freskengemälde vom Venedigermandl

Der Name Venedigermandl hat mit der Stadt Venedig zu tun, welche vor rund 500 Jahren eine der reichsten Städt der Welt war! Vor allem der Handel mit farbigem Murano Glas brachte der Stadt Wohlstand und Weltruhm ein. Es entstand ein riesiger Bedarf an Rohstoffen wie Kobalt, Mangan, Quarz und Gold. So sagt man, dass das Venedigermandl aus Venedig kam, um in den Bergen Europas nach diesen kostbaren Rohstoffen zu suchen.

Daraus abgeleitet sind mettalkundige Männer, sogenannte Walen, aber auch Venedigermandl genannt, die aus Venedig kamen, um in den Bergen Europas nach diesen kostbaren Rohstoffen zu suchen. Eine Erwähnung von Walen stammt vom April 1365. Hier nennt Markgraf Friedrich so italienische Kaufleute, was nichts mit den späteren Walen-Vorstellungen zu tun hat. Eine Erwähnung, die sich auf die Traditionsbildung bezieht, findet sich im 1523 gedruckten Joachimsthaler Bergbüchlein. Dort beklagt sich Hans Rudhardt in einem Vers, dass die Walen „große Burde und Huck“ aus Deutschland davontragen. Caspar Bruschius schreibt 1542 in seiner historisch-geographischen Beschreibung des Fichtelgebirges von Wahlen und Venedigern (neben Spaniern und Zigainern). Auch er beschwert sich, dass diese fremden landkundtschaffter die Bodenschätze besser kennen, als die Einheimischen selbst (die zuweilen mit einem Stein nach einer Kuh werfen, der wertvoller als die Kuh ist – eine sprichwörtliche Wendung), und große Schätze mit sich von dannen führen. Hier findet sich auch die erste Erwähnung von Walenbüchern, die auf „wellisch“, französisch und niederdeutsch geschrieben seien. Von dem Exemplar, das er selbst besessen hat, sagt Bruschius nur, es habe „viel Seltsames“ darin gestanden und auf zahlreiche Fundstellen hingewiesen.


Fachleute untersuchen frisch gewonnenes Erz; Schwazer Bergbuch, 1556

1574 stellte Lazarus Ercker, der Oberbergmeister des Königreichs Böhmen, fest: „So viel hab ich aber von glaubwirdigen Personen, die von solchen Landfahrern berichtet worden, daß solche Körner gar kein Gold bey sich haben, werd auch keinß darauß gemacht, sondern durch sie, die Landfahrer, in Italien und anderen Orten umb einen Lohn hingetragen, als zu einem Zusatz, darauß schöne Farben oder Schmeltz-Glaß gemacht werden. Welche Farben und Schmeltz-Glas man bey jhnen so hoch achte, und so Tewer verkauffe, als wenn es Gold wäre.

Es wird aber auch vermutet, dass sich die Bezeichnung „Venediger“ nicht nur auf die Mineralsucher italienischer Herkunft beschränkte. Vielmehr wurden damit auch reiche, im Bergbau tätige Kaufleute bezeichnet, die zwar nicht aus Venedig, sondern größtenteils aus Deutschland und Österreich stammten, mit Venedig jedoch regen Handel trieben.

Die Venetianer- oder Venedigersagen gehören zu den Volkssagen und erzählen gewöhnlich von der Begegnung von Einheimischen mit Venedigern. Obwohl, oder gerade weil solche Begegnungen tatsächlich sehr selten gewesen sein dürften, stellen die Venetianersagen eine wichtige Untergruppe der Bergmannssagen dar und fanden auch bei Sagenforschern größere Beachtung.

Die landfremden Venediger treten in den Sagen meist als Einzelgänger auf, aber auch in kleinen Gruppen, oft zu dritt, die bei Einheimischen um Quartier bitten oder ihnen zufällig in den Bergen begegnen. Sie tauchen überraschend auf und verschwinden auch schnell wieder, kommen dann aber oft viele Jahre hintereinander zurück. Auch ihr Äußeres wirkt fremdartig: sie werden als klein und dunkelhaarig geschildert. Oft verbergen sie ihren Reichtum unter ärmlicher Kleidung und durch anspruchslose Lebensführung, andernorts sind sie auffallend bunt gekleidet. Besonders untereinander reden sie unverständliches Kauderwelsch. Aus ihrer Heimat bringen sie zuweilen Kräuter oder andere Waren mit, die sie nach Art der Buckelapotheker verkaufen. In Wirklichkeit verstehen sie sich aber vor allem auf das Auffinden (Prospektion) und Schmelzen von Erz sowie auf die Probier- und Scheidekunst, aber eigentliche Bergleute sind sie meist nicht. Obwohl sie anscheinend nur gewöhnliche Kiesel, Sand oder Erde sammeln, und mit kleinen Hämmern auf normalem Stein herumklopfen, ist es für jedermann klar, dass es sich dabei in Wirklichkeit um Gold, Silber, Perlen und Edelsteine handeln muss, die die Einheimischen nur nicht als solche erkennen können. Sie werden als kenntnisreich, freundlich und dankbar geschildert, aber auch als verschwiegen und geheimniskrämerisch, manchmal rachsüchtig. All dies lässt sich gut in Übereinstimmung bringen mit dem wenigen, was man über die dokumentierten Walen und Venetianer weiß.

v.l.n.r.: Bei einer solchen Hand liegt gut Waschwerk von Erz.

Bei diesem Zeichen sind Walengruben, gediegen [Gold] und ist Seifengut.

Bei diesem Zeichen liegen überall viel Goldkörner.

Während die offiziellen Quellen den Venedigern misstrauen und sie oft mit Dieben und „fahrendem Volk“ in einen Topf werfen (weil sie mutmaßlich das Bergregal missachten und keine Abgaben auf ihre Funde zahlen), zeigt die Sage viel eher Bewunderung für ihre Fähigkeiten. Keineswegs wirft man ihnen vor, dass sie die Quelle ihres Reichtums verheimlichen, ihn größtenteils für sich behalten und außer Landes bringen. Vielmehr berichten die Sagen bevorzugt von den fürstlichen Belohnungen für hilfreiche Einheimische (und die gelegentliche Bestrafung allzu habgieriger Mitwisser). Die Belohnung findet hierbei oft erst nach der Abreise der Venediger statt, indem sich ihre zunächst unscheinbaren Hinterlassenschaften am nächsten Morgen in Kostbarkeiten verwandelt haben, oder die Venediger beschließen, das Geheimnis ihres Reichtums einem Einheimischen zu verraten, nachdem sie für sich selbst genug gesammelt haben und nicht mehr wiederzukommen brauchen.

Ein Motiv, das immer wieder abgewandelt wird, ist die Reise eines Einheimischen nach Venedig, wo er wieder auf den Venetianer trifft. Oft kommt er (oder sein Sohn) erst lange Zeit später in die Stadt, entweder zufällig oder auf eine Einladung des Venetianers hin, oder aufgrund eines von diesem früher gegebenen Hilfsversprechens. Oder der Einheimische wird während des Schlafs, durch die Luft im Sturm, durch Tunnel im Gebirge, nach Venedig entrückt. Dort wird er immer von dem Venetianer zuerst erkannt, der ihn daraufhin in den prächtigen Palast einlädt, in dem er nun lebt. Der Besucher erkennt den Venetianer hingegen manchmal erst, nachdem dieser seine alte schäbige Arbeitskleidung angezogen hat. Hierauf eröffnet ihm der Venetianer, dass er diesen ganzen Reichtum in der Heimat des Gastes gewonnen hat. Hatte der Besucher dem Venetianer zuvor geholfen, dann wird er fürstlich bewirtet und reich beschenkt. Hatte er ihm Schaden zugefügt oder gar verletzt (und ihn an der verheilten Wunde erkannt), so wird er trotzdem bewirtet, und erstaunlich oft wird ihm seine Untat verziehen, nachdem er ehrliche Reue gezeigt hat. Im Falle der Entrückung nimmt das paradiesisch schöne Venedig gelegentlich Züge der Anderwelt an: bei der Rückkehr in die Heimat sind schon viele Jahre oder Jahrhunderte vergangen, während der Besucher glaubte, nur kurze Zeit dort verbracht zu haben. In den märchenhafteren Varianten dieses Motives hat der venezianische Palazzo auch mehr Ähnlichkeit mit dem Thronsaal eines Zwergenkönigs.

 

Das Motiv, das es sich beim „Finderglück“ um die Belohnung für Wohlverhalten handelt, teilen sich Schatz- und Venetianersagen mit den sonstigen Bergmannssagen. Manchmal übernehmen die Venediger hier die Rolle, die sonst den Berggeistern oder Bergmännchen zugeschrieben wird: sie führen die Einheimischen zu neuen Fundstellen (lassen das Erz aber auch bei einem begangenen Frevel wieder verschwinden). Ihr eigenes „Finderglück“ verdanken die Venediger aber keineswegs dem Glück, sondern ihren eigenen überlegenen Kenntnissen.

Zwar gibt es eine kleine, aber konstante Erzähltradition, dass die Venediger ihre übernatürlichen Fähigkeiten direkt vom Teufel erhalten haben (Venedig wird da zur Universitätsstadt erklärt, in der der Leibhaftige selbst Vorlesungen über die Kunst des Schatzsuchens hält), im Vergleich zu den üblichen Schatzsagen sind die Venetianer zur Erlangung ihrer Ziele aber kaum auf schwarze Magie angewiesen. Nur selten wird berichtet, dass sie einen Einheimischen nur als Begleiter anheuern, weil der schatzbewachende Dämon für jeden Besuch eine Seele fordert, oder ähnliches. Im Gegenteil haben die Venediger selbst Macht über die Schatzhüter (schwarze Hunde, Drachen), die ihnen den Weg freigeben müssen. Sie verfügen über Wünschelruten, Zauberblumen (wie das Johanniskraut), Zauberschlüssel oder Bücher, in denen Zauberformeln stehen, mit denen man schatzgefüllte Höhlen öffnen kann. Den seltsamen Umstand, dass die Einheimischen an den Schürfstellen der Walen selber nichts offensichtlich Wertvolles entdecken konnten, erklärt die Sage damit, dass die Schätze mit einem Zauber belegt wurden, der „die Berge wieder verschließt“.

Die markante Eigenschaft der Walen, im Frühling (unerwartet) aufzutauchen und im Herbst (möglichst heimlich) wieder zu verschwinden, verdichtete die Sage zu einem plötzlichen Erscheinen rund um den Johannistag, dessen Vorabend als besonders günstig für die Schatzsuche galt. So plötzlich, wie sie erscheinen, können sich die Venediger auch unsichtbar machen, z. B. wenn sie bei ihrem geheimnisvollen Treiben gestört werden. Die „Venediger Mandln“ können sogar fliegen, z. B. mit der Hilfe von „Flugtüchern“, die man sich um den Kopf bindet oder unter die Füße legt. Ihren „Durchblick“, der es ihnen ermöglicht, die verborgenen Schätze in den Bergen zu sehen, erlangen die Venediger z. B. dadurch, dass sie das Fleisch einer weißen Schlange verzehren (den „Otterkönig“), die sie zuvor durch Flötenspiel angelockt haben.

Nun kamen also auch die „metallkundigen Spezialisten“ nach Schwaz, die in die Berge zogen, um Metalle zu finden und Standorte zu bestimmen. Das reichste und bekannteste Metall in der Region war das Silber, aber es gab auch Funde, die für die Waffenproduktion erforderlich waren. So z.B. das Kupfer. Es fanden sich aber auch Blei, Zink, Eisen und andere Bergschätze, die auszubeuten sich lohnte. Aber ohne die Venediger Mandln wäre wohl wenig im Berg gefunden wurden.

Es waren ausgebildete und gute Spezialisten, die unschlagbar ihren Gebiet was Wissen und Qualität betraf, waren. Sehr viel Erfahrung, gute Augen und gute Füße, denn es war viel Fußarbeit dabei. Die Venediger Mandln kamen im Auftrag von Bergbaufirmen und Händlern, die Erz gebraucht und verhandelt haben. Damit hatten die Venediger einen Auftrag bekommen, in einem gewissen Gebiet zu schauen, wo es Erz gibt, wie viel es ist und wo es genau zwecks Förderung ist.

Es benötigt viel Wissen und die Formen und Farben des Gesteins, die Abbrüche und das Quellwasser, welches über Geschmack und Farbe dann viel über das Innere des Berges erzählen kann. Manches sieht man bereits an der Oberfläche, und einiges erkennt man nur aufgrund jahrelanger Erfahrung.

Die Venediger Mandln haben Eingang gefunden in viele bekannte Märchen und Sagen der Silberregion.

***

Die Abtei St. Georgenberg-Fiecht der Benediktinerkongregation von St. Ottilien befindet sich in der Region. Um die Mitte des 10. Jahrhunderts soll sich Rathold von Aibling aus dem Geschlecht der Rapotonen als Einsiedler zunächst in eine Höhle gegenüber dem heutigen Georgenberg zurückgezogen haben.


St. Georgenberg

Der steile Felskegel, der auf 898 m Seehöhe etwa 100 Meter aus dem Stallental an der Stelle aufragt, wo der Georgenbach in den Stanser Bach mündet, wurde der Legende nach durch Vögel, die nach der Verletzung eines Handwerkers auf einem ursprünglich vorgesehenen Bauplatz blutige Späne hinauftrugen, als neuer Bauplatz für die zu errichtende Kapelle angezeigt. Dass Rathold ursprünglich die Gründung eines Klosters beabsichtigte, ist weder be- noch widerlegbar: Möglicherweise wollte er zunächst bloß vermeiden, dem bayrischen Heerbann gegen die Ungarn Folge leisten zu müssen. Gemäß der ersten Chronik des Stiftes, 1480, sollen sich ihm bald Gefährten angeschlossen haben. Rathold selbst soll bereits ein erstes, dem hl. Georg geweihtes, Kirchlein erbaut haben, und auch die Kapelle Unserer Lieben Frau unter der Linde soll auf Rathold zurückgehen, der ein in Santiago de Compostela erworbenes Marienbildnis unter einer Linde angebracht haben soll.

Die vorerst wohl einem Eremitenkloster ähnliche Gemeinschaft entwickelte sich nach Ratholds Tod weiter: Der Gründer wurde seliggesprochen, und bereits um die Jahrtausendwende stiftete Bischof Albuin von Brixen zwei Höfe „zum Lebensunterhalt eines Priesters an diesem Heiligen Ort.“ Weitere Schenkungen erfolgten durch Kaiser Heinrich IV., der 1097 sechs Höfe im Unterinntal und eine Anzahl von Leibeigenen gab und darauf hinwies, dass „die Kirche im Gebiet seines Gaugrafen Rapoto liege.“ Er soll neben anderen Reliquien auch „die Armröhre [einen Oberarmknochen] des hl. Georg“, die heute noch in der Wallfahrtskirche verwahrt und gezeigt wird, gespendet haben und ließ laut Chronik die erste Wasserleitung in den Fels hauen. Auch ein Otto von Hohenwart gehörte zu den Stiftern, insbesondere gaben aber die Ritter Dietrich und Gerwein von Schlitters sowie deren Schwestersohn Heinrich, der ein Kleriker war, den Achensee und nördlich davon das Achental (das allerdings erst noch gerodet werden musste; die Schenkung wird im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts angenommen). Schenkungen dieses Umfangs weisen deutlich darauf hin, dass sich auf dem Georgenberg inzwischen ein Kloster von Klerikern installiert haben musste.


Allegorie: Heinrich IV. und Reginbert am Georgenberg.

Das Kloster ist der spirituelle Mittelpunkt Tirols. Zahllose Schenkungen machen das Kloster nicht nur zu einem geistlichen, sondern auch zu einem wirtschaftlichen Zentrum. Hier werden wichtige Entscheidungen getroffen, als der Silberreichtum die Region verändert. Das Silber war ein Prestigeschatz, ein Bodenerz im Besitz des Landesherrn, der seinen Reichtum auch gern populär macht. Trotz allem spielte das Silber zunächst eine untergeordnete Rolle, denn wichtiger war das Kupfer.

***

Die Bergbauregion Schwaz ist in drei Reviere auf- und eingeteilt. Falkenstein, Ringenwechsel und Arzberg. Gearbeitet wird im Berg, aber auch draußen auf dem Abraumhalden, die 1520 schon erhebliche Ausmaße erreicht haben, wird doch schon seit Jahren hier ein intensiver Bergbau betrieben.

Die im Berg, vor allem im Revier Falkenstein oberflächlich liegenden Kupfervorräte werden rücksichtslos abgebaut. Es gilt Profit zu machen und reich zu werden, um jeden Preis. Das abgebaute Metall muss aus den einzelnen Stollen ins Tal gebracht werden. Im Winter ist das trotz Kälte und Schnee eine rasche Angelegenheit. In Säcken werden die Steine in Tag gefahren und dort verarbeitet zu werden.

Die Versorgung der zugewanderten Menschen, aber auch der Stollen mit den notwendigen Gütern ist eine Herausforderung. Alles Lebensnotwendige muss in großen Mengen herangeschafft werden.

So auch Wasser. Wasser ist in den Tiroler Bergenreichlich vorhanden, aber viele der ergiebigen Quellen liegen an anderen Standorten als der Bergbau oder die neue errichteten Siedlungen. Es gilt Techniken zu erfinden oder zu verfeinern, mit denen das Wasser auch transportiert werden kann.

Oberhalb von Schwaz gibt es einen reichen Wasserschatz, den man einige Kilometer lang nach Schwaz leiten muss. Hier werden die ersten Wasserleitungen aus Holz, zumeist aus Lerchenholz, hergestellt. Damit Bergbau und Überleben der Menschen gesichert sind, müssen mehrere Handwerker Hand anlegen oder Arbeiten im bäuerlichen Nebenerwerb ausgeführt werden.

Über die Landesgrenzen hinaus wird Schwaz bekannt als „Mutter aller Bergwerke“. Tonnen an Silbererz werden hier gewonnen und verarbeitet. Zur Glanzzeit des Bergwerkes waren über 300 Stollen im Betrieb.


Silbergewinnung in Schwaz

Allein in den Jahren 1500 bis 1529 werden in Schwaz rund 4500 Kilogramm Silber abgebaut. Und im Berg drohen viele Gefahren. Immer wieder werden Stollen nicht gut abgesichert und unerfahrene Bergleute können leicht Unfälle auslösen und derer gibt es ja viele.

Die Häuer waren für den Nachschub an Personal zuständig sind und hatten oft alle Hände voll zu tun. Sie müssen vor allem auch die Knappen unter Kontrolle halten. Menschen die im Berg arbeiten, sind auch Menschen, die wenig Angst verspüren und ihren Wert kennen und ordentlich bezahlt werden wollten.


Der Bergknapp (1568)

Dafür, dass sie ihr Leben aufs Spiel setzten und für den Reichtum des Landesherren sorgen. Vielmals wird der Grubenfund während einer Schicht gespült und ans Tageslicht gebracht. Mit den Jahren wird und das weitere Vordringen in die Stollen werden die Wege immer gefährlicher.

Rund 35 Jahre ist das Alter, was ein Knappe erreicht. Es scheint zwar wenig, aber die Lebenserwartung ist auch bei den Bauern und Handwerkern nicht viel höher, deren Lebensbedingungen auch sehr hart und kräftezehrend sind.

Im Bergrevier Falkenstein werden Anfang des 16. Jahrhunderts bis zu 100 Gruben und abweichende Schächte gezählt. Von diesen 100 Gruben sind 33 davon Eigenlöhnergruben.

***

Der Eigenlöhner, auch Eigenlehner genannt, war ein Bergbautreibender, der Alleinbesitzer oder Mitbesitzer eines Bergwerks, welches von ihm in der Regel alleine bebaut und betrieben wurde. Der Eigenlöhner war, da er Besitzer des Bergwerks war, in dem er auch arbeitete, rechtlich gesehen sein eigener Lohnherr. Der Eigenlehnerbergbau ist die älteste Form des gewerblich betriebenen Bergbaus.

Bereits im 12. Jahrhundert waren durch die Freierklärung des Bergbaus die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung des Bergbaus geschaffen worden. In der Regel waren es geschulte Bergleute, die als wandernde Knappen in die Gegenden einreisten, in denen sich neuer Bergsegen bemerkbar machte. Die Aussicht auf Privilegien lockte aber auch viele andere Menschen, darunter auch einfache bergbauunkundige Handwerker, in die jeweiligen Bergbaugebiete. Jeder Eigenlöhner musste sein ihm von der zuständigen Behörde zugewiesenes Grubenfeld auf eigene Kosten bearbeiten und bewirtschaften. Die dadurch entstandenen Bergwerke nannte man Eigenlöhnerzeche oder Eigenlöhnergrube. Anstelle der Bezeichnung Eigenlöhner wird für diese Form eines Bergbautreibenden in der Literatur häufig die Bezeichnung Eigenlehner verwendet, was jedoch bergrechtlich falsch ist. Der Begriff Eigenlehner müsste nämlich, wenn man den Begriff konsequent betrachtet, dann auch auf den Staat angewendet werden, da dieser Bergbau vorzüglich für alleinige Rechnung betreibt. Somit wären dann die staatlichen Bergwerke auch Eigenlehnerzechen, was jedoch nicht zutreffend ist, denn dieser Begriff ist in keiner der alten Bergordnungen verzeichnet. Zu Beginn dieser bergbaulichen Epoche waren es teilweise auch Bauern, die ihren eigenen Acker, meistens in der anbaufreien Zeit, nach Bodenschätzen untersuchten und bearbeiteten.

 

Die Hochzeit des Eigenlöhnerbergbaus lag im ausgehenden Mittelalter: hier arbeiteten die meisten Bergleute alleine oder zusammen mit ihrer Familie in ihrem Bergwerk. Im Mittelalter taten sich die Eigenlöhner zu ersten territoriale Knappschaftsvereinen zusammen, die ähnlich wie die Zünfte der Handwerker die Interessen ihrer Mitglieder vertraten und schon sehr bald finanzielle Absicherungen wie die Büchsenkasse gründeten. Um die Sicherstellung des Erzabbaus zu gewährleisten, gingen später viele Eigenlöhner dazu über, ihre Bergwerke unter Mithilfe von zwei bis drei weiteren Bergleuten rund um die Uhr (Ein altes Sprichwort aus dem Bergbau, das auf diese Situation gut zutrifft, lautet: Der Bergbau ist nicht eines Mannes Sache.) bergmännisch zu bearbeiten.

Die tägliche Arbeitszeit der Eigenlöhner war nicht an die der staatlichen- oder gewerkschaftlichen Bergwerke angelehnt, sondern so gestaltet, dass man eine Tagesleistung, das sogenannte Tagwerk kameradschaftlich vereinbarte und wenn das Tagwerk vollbracht war, wurde die Schicht beendet. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Anzahl der Eigenlöhnerbergwerke immer weniger.

Dieser Rückgang lag überwiegend in den hohen Kosten begründet, die der fortschreitende Bergbau mit sich brachte. Um die hohen Kosten, die mit einer räumlichen Expansion der Bergwerke verbunden waren, beherrschen zu können, schlossen sich viele kleinen Grubenbesitzer mit weiteren Geldgebern zu Gewerkschaften zusammen. Dennoch gab es auch noch im 19. Jahrhundert einzelne Bergwerke, die von Eigenlöhnern betrieben wurden.

Bedingt dadurch, dass nur relativ kleine Grubenfelder verliehen wurden, entstanden innerhalb einer Lagerstätte mehrere hundert kleine Bergwerke, die eng beieinander lagen, was wiederum dazu führte, dass der Abbau der Lagerstätten stark zersplittert wurde. Etwa 46 Gruben sind im Besitz von Tiroler Großgewerken. Die Produktion des Silbers, aber auch des Kupfers steigt weiter über die Jahre. Es ist auch Vorsicht geboten, wenn der Silberbergbau und vor allem der Kupferbergbau in Südtirol versiegen sollte, droht der Niedergang einer ganzen Region.

Aufgrund der Beschränkung der bergbaulichen Tätigkeit auf die oberflächennahen Funde waren die Lagerstätteninhalte bald erschöpft und die Bergbautreibenden wanderten, wenn sie keine weiteren Grubenfelder muten konnten, wieder ab. Es kam auch vor, dass Eigenlöhner, sobald sie eine einigermaßen zufriedenstellende Erzader fanden, ihr Bergwerkseigentum an finanzkräftige Investoren verkauften. Da das geförderte Erz in einigen Bergrevieren nur zu vom Bergamt festgesetzten Preisen an die Hütten verkauft werden durfte, war der finanzielle Spielraum der Eigenlöhner stark eingeschränkt. Die Schaffung von größeren Bergwerken war aufgrund der Aufteilung der Lagerstätten in viele Grubenfelder für die kleinen Eigenlöhnergruben nicht möglich.

***

Es wird nach weiteren Förderstellen gesucht und die Fugger werden in der heutigen Slowakei fündig. Sie versuchen sich dort den Bodenschatzreichtum, gemeinsam mit dem Geschlecht der Thurzo zusichern. Die Familie gehörte zu den ältesten der „sedes decem lanceatorum“ (nobilitas lanceati) in der Zips, die 1412 bis 1772 vom Königreich Ungarn an Polen verpfändet war. Ihr Stammsitz war um 1430 in der Bergstadt Leutschau. Von dort siedelte Johann I. Thurzo (Ján Thurzo) 1464 ins polnische Krakau um, wo er 1465 das Bürgerrecht erwarb, bald das Amt eines Ratsherrn bekleidete und später Bürgermeister wurde.

Johann und einige seiner Söhne betrieben einen umfangreichen Rohstoffhandel in ganz Europa, vor allem mit Kupfer, Silber und Blei. Umfangreich engagierten sie sich im Bergbau, hauptsächlich nach Schwarzkupfererz (mit Silberanteilen) in der heutigen Slowakei (Ober- und Niederungarn, in den größten Minen von Neusohl seit 1475) und nach Blei-Silbererz in Siebenbürgen, Böhmen, Schlesien und Kleinpolen. Finanz- und Handelspartner der Thurzo wurden neben wohlhabenden Krakauer Ratsherren vor allem die Augsburger Fugger, die sich auch auf diesem Gebiet kaufmännisch engagierten und durch Heiraten mit den Thurzos in verwandtschaftliche Beziehungen traten. 1494 wurde die Gesellschaft „Ungarischer (Kupfer-)Handel“ mit Jakob Fugger gegründet, die auch „Fugger-Thurzo-Gesellschaft“ genannt wurde, die bis 1526 den Kupfer- und Silberbergbau der Länder im überregionalen Saigerhandel1 zusammenschloss und monopolisierte. Dazu wurden große Mengen Werkblei aus Kleinpolen, Böhmen, Schlesien und Siebenbürgen an die Seigerhütten der Gesellschaft geliefert, wo sie im relativ neu entwickelten siebenstufigen Verfahren der Seigerung mit Schwarzkupfer (Kupfer-Silbererz) aus Oberungarn eingeschmolzen und schließlich in Kupfer, Silber und Blei getrennt wurden. Die drei Seigerhütten der Fugger-Thurzo-Gesellschaft standen in Neusohl, Moštenica und Mogiła. Es entstand ein Wirtschaftsimperium, das bis in den Westen des Kontinents reichte. Während die Silber- und Golderträge auf dem europäischen Währungsmarkt gehandelt wurden, wurde die Kupferausbeute (in den 1520er Jahren jährlich 37.000 Zentner) meist über die Oder, Ost- und Nordsee zum zentralen europäischen Kupfermarkt in Antwerpen verschifft, auf dem sie an portugiesische, niederländische und englische Überseehändler verkauft wurde.

Die überseeischen Entdeckungen hatten in Westafrika und Indien neue Märkte für das dort sehr seltene Kupfer erschlossen, in Indien war es als dominierendes Münzmetall beliebter, als die dort häufigeren Edelmetalle. Die Thurzo zählten zu den reichsten Kaufleuten Europas. Sie dominierten zeitweise das Wirtschaftsleben in Städten wie Frauenbach, Neusohl und Kuttenberg, aber auch in der niederschlesischen Region des Reichensteiner Gebirges. Johanns Söhne Alexius Thurzo und Georg Turzo dehnten das Imperium bis nach Kleinpolen (Olkusz und Mogiła) aus, erwarben zeitweise das oberschlesische Fürstentum Pleß und kurzzeitig das niederschlesische Herzogtum Wohlau und entwickelten enge Kontakte zum polnischen Königshof. Die für den geistlichen Stand bestimmten Söhne Johannes und Stanislaus wurden Bischöfe.

Steigende Investitionskosten beim Vordringen des Bergbaus in größere Tiefen für Planung, Verwaltung und besonders für Pumptechnik gegen häufigere Grundwassereinbrüche, sinkende Ausbeute, die Konkurrenz Mansfelder Kupfers und amerikanischen Silbers, die rapide steigende Steuerlast zur Finanzierung des Türkenkrieges der Habsburger gegen die osmanische Besetzung Ungarns nach der Schlacht von Mohács und Bergarbeiteraufstände in Oberungarn gegen Lohnrückgänge verschlechterten die Geschäfte nach 1525 sehr schnell.

Die Thurzo stiegen schon 1527 aus der Fugger-Thurzo-Gesellschaft aus und zogen sich auf ihre Landgüter in der ungarischen und polnischen Zips und in Oberschlesien zurück. Die Fugger führten die Gesellschaft noch bis 1546 weiter, bis ihnen die Habsburger als Könige von Ungarn die Konzession für die zuletzt schlecht geführte Gesellschaft entzogen und sie in die königlich ungarische Bergbaudirektion eingliederten.

Auch durch ihr Vermögen stiegen die Thurzos in Ungarn in den Magnatenstand auf, Georg III. Thurzo war Palatin von Ungarn. Sie wurden zeitweilig Besitzer der prominenten Arwaburg, auf der Georg III. Thurzo bestattet ist, der ehemals königlichen Zipser Burg, der Burg Trenčín, der Burg Lietava, errichteten den Renaissance-Palast auf der Burg in Bytča usw. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts starben die Hauptlinien der Familie Thurzo aus.

***

Als Kontaktpersonen werden Tiroler Gewerke geschickt, um die Kupfererträge der Fugger und damit auch des Kaisers zu sichern. Mehr als 1000 km müssen dafür zurückgelegt werden, um in eine fremde Welt einzutauchen. Die des Königreich Ungarns, dem die Slowakei damals gehörte, in dem andere Bergbaugewerke vom Geschlecht der Thurzo hochwertiges Kupfer abbauen.

Klöster, Pfarrhöfe und Stifte sind wichtige Stationen ins Land der Reiseroute. Sie sind sichere Rast- und Umschlagplätze für die Informationen und Geschäfte. Freibriefe werden ausgestellt, um die Reise möglich zu machen.

Seit den Anfängen des Bergbaus in Tirol haben sich einzelne Familien entwickelt, die für den Ertrag der Metallfunde verantwortlich sind. Sie sind die Ersten, die dem Bergreichtum verwalten. Wie entstehen solche Gewerke? Sie waren von Beginn an Eigenlöhner, d.h. jeder hatte seinen eigenen Stollen gehabt und auf Grund des Bergrechtes war die Berechtigung wie eine Schublade im Berg, so wie in einem Schubladenkasten, d.h., unbegrenzt von oben und unter, von links nach rechts in den Berg hinein. Wenn aber der Weg in die Nachbarschublade gegangen ist, waren das ein politisches, ökonomisches und rechtliches Problem und ein Streitfall. Es hat da sehr viele Kosten verursacht, wegen diesen Streitereien.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?