Gespräche mit Wildtieren

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Ich möchte gern diese letzten Ereignisse in deiner Familie verstehen. Die Freude im Zoo und die Enttäuschung danach liegen so nahe beieinander. Kannst du mir etwas dazu sagen?

Diese Geburt und das rasche Vergehen der kleinen Erdenbesucher sind nicht so sinnlos, wie es euch erscheinen mag. Es ist eine Frage der Schwingungen. Elternwerden und Geburt brachte eine besondere notwendige Energie in unsere Gruppe hinein. Es war jedoch nicht vorgesehen, dass diese Jungen aufwachsen sollten. Eine wichtige Aufgabe ihrer kurzen Anwesenheit hier war es, erneut die Menschen nachdrücklich im Herzen zu berühren. Nur wenn er Emotionen entwickelt, wird der Mensch achtsam und bewusster für seine Umwelt, für Natur und Tiere. Einzig wenn er Freude empfindet, die in Verlustgefühle und Trauer umschlägt, wacht er auf. Ihr wart alle überrascht und begeistert von der Nachricht über die neu geborenen Löwenbabys. Dass die beiden die Erde sogleich wieder verließen, hat euch geschmerzt und aufgerüttelt. Das kurze Glück und der Verlust danach haben die Medien beschäftigt mit dem Erfolg, dass einmal mehr die schwindende Population unserer Gattung, ja das ständig wachsende Aussterben von Arten auf dem ganzen Planeten, ins menschliche Bewusstsein rückte. Emotionale Begebenheiten finden bedeutend größeren Nachhall in den Herzen. Je unspektakulärer seine Erlebnisse und Gefühle sind, desto leichter verdrängt und vergisst der Mensch unangenehme Wahrheiten. Doch es ist zwingend, dass sehr bald ein nachhaltiges Umdenken stattfindet auf der Welt. Noch ist es nicht zu spät. Wir Tiere helfen euch dabei.

Nun verstand ich die Zusammenhänge der neuesten Begebenheiten besser. Nachdenklich klappte ich mein Notizheft zu. Trotz allem wäre mir ein Happy End im Kinderzimmer der Löwen lieber gewesen.

*

Zu einer späteren Zeit und bei anderer Gelegenheit durfte ich mich und mit mir unzählige Menschen im Ausgleich dafür über ein unerwartetes frohes Ereignis freuen. Ein junger Löwe war überraschend Vater geworden. Zu Anfang bangten viele Menschen zusammen mit den Wärtern und Betreuern der kleinen Familie um das Gedeihen der Löwenbabys.

Kurz nachdem die erfolgreiche Geburt publiziert worden war, suchte ich das Gespräch mit der frisch gebackenen, erstmals Mutter gewordenen jungen Löwin. Sie lag mit ihren Kindern in der Wurfbox hinter den Kulissen, doch ich konnte mich auch ohne ihr nahe zu sein, telepathisch mit ihr verbinden, physische Präsenz ist nicht Voraussetzung für einen mentalen Austausch. Ich stimmte mich für diese Fernverbindung gefühlsmäßig aus dem Herzen heraus intensiv auf sie ein: Wie geht es dir? Wie fühlt es sich für dich an, Mutter zu sein?

Mutter zu sein ist seltsam und ungewohnt, ich bin hin- und hergerissen. Das macht mich nervös, denn solch ein Zwiespalt ist neu für mich. Einerseits möchte ich diese kleinen, unbeholfenen Wesen beschützen. Andererseits fehlt mir auch wieder die Geduld und ich möchte tun und mich bewegen, wie ich will. Sie sind so winzig und selber nicht lebensfähig. Alles hängt von mir ab und bedeutet eine riesige Verantwortung. Das ist schön und macht mich stolz und wichtig - aber dann auch wieder nicht. Es ist eine gewöhnungsbedürftige Lage.

Das kam mit einem Stoss-Seufzer.

Und doch genieße ich es, gebraucht zu werden und unserer Gattung neues Leben zu schenken. Es ist so sinnvoll und groß.

Ihr Zaudern schien sich während unseres Dialoges gewandelt zu haben. Nach und nach empfing ich deutlich sich steigernde Begeisterung von ihr, Stolz und Bereitschaft. Im Augenblick wirkte die junge Mutter zufrieden - ein positives Zeichen für die Zukunft der kleinen Familie. Ich war ebenso guter Dinge, freute mich sehr über den unerwarteten Kindersegen bei den Löwen und wünschte der Mutter und dem Nachwuchs alles Liebe.

*

Heute, etliche Wochen später, stand ich inmitten unzähliger Zoobesucher begeistert vor dem weitläufigen Löwengehege und bestaunte glücklich das sich bietende fröhliche Schauspiel. Inzwischen konnten Anspannung und Besorgnis um die beiden Babylöwen definitiv abgelegt werden. Die beiden tapsigen, putzmunteren Jungtiere waren nun bereits ein paar Monate alt und vermittelten pure Lebenslust. Unter den Kontrollblicken ihrer fürsorglichen Mutter erkundeten sie unternehmungslustig ihr Revier und balgten lustig miteinander. Von Anfang an zeigte sich der Löwenkater als geduldiger und vorbildlicher Vater. Ohne Scheu kletterten die putzigen Knirpse frech auf ihm herum und kuschelten sich genauso an ihn wie an ihre Mutter. Die Löwenfamilie war ein wahrer Publikumsmagnet. Ganze Trauben von Besuchern verweilten täglich vor der attraktiven Anlage, ließen sich verzaubern von dem ausgelassenen und kecken Treiben der drolligen Löwenjungen und konnten ein Bild großer Harmonie, Vertrautheit und Zusammengehörigkeit in sich aufnehmen. Und ich dachte mir, dem einen oder anderen Zuschauer würde insgeheim bewusst werden, was Familie bedeuten mochte.

Auf dem Pfad der Elefanten

Würden mir andere Zootiere auch so offen und bereitwillig begegnen und sich auf ein Gespräch einlassen wie der Mähnenlöwe, mein allererster Dialogpartner? Das fragte ich mich gespannt vor nun vielen Monaten, zu Beginn meiner telepathischen Kommunikationsversuche mit wilden Tieren. Beflügelt von dem erfolgreichen Austausch mit besagtem freundlichem Löwenkater machte ich mich damals also entschlossen auf den Weg zum kleinen Elefantenpark. Meine zweiten Gesprächspartner sollten die ruhigen Dickhäuter sein.

Schon von Weitem sah ich einen Elefantenbullen in seinem Außengehege stehen. Er wiegte sich Rüssel schwingend sichtlich etwas gelangweilt hin und her und schaute mir erwartungsvoll entgegen. Ich ließ rasch mein kleines, innerliches Ritual für eine mentale Verbindung ablaufen, öffnete ihm mein Herz und wollte wissen, ob er mit mir reden mochte und wie er sich fühlte. In derselben Sekunde begann auch schon der Fluss seiner Übermittlungen zu strömen.

Nun, es läuft gerade nicht viel. Aber ich bin das gewohnt und kann mich darein schicken. Doch jede Abwechslung ist mir hoch willkommen. Es macht mich froh, wenn ab und zu Menschen sich Zeit nehmen, mich zu beobachten und es belebt mich. Danke, dass du mich wahrgenommen hast, ich freue mich sehr, mich mit dir auszutauschen.

Glücklich über den problemlosen Kontakt auch mit diesem Wildtier fragte ich: Möchtest du mir verraten, was dir besonders gefällt, als Elefant zu leben, wie es sich anfühlt, ein so großes und gewichtiges Tier zu sein?

Das Dasein als Tier ist in vielem leichter als ein Mensch zu sein. Ihr koppelt euch so stark ab von der Gemeinschaft der Schöpfung, die in Liebe verbunden ist - denn alles ist eins - dass ihr euch mit Angst füllt und euch nicht mehr dem Fluss des Lebens zu überlassen traut. Als könntet ihr mit dem Verstand den Lauf der Dinge aufhalten und verändern nach eurem Willen. Das Wahre aber ist, euch voller Freude dieser Zeit im irdischen Körper hinzugeben und sie mit allen Sinnen zu erleben, jeden Augenblick. Denn Zeit ist eine Folge von aneinander gereihten Momenten, wie Perlen an einer wundervollen Kette. Ich bin gern Elefant, spüre meine gewaltige Kraft, die sich mit der Natur verbindet in einem unablässigen und starken, genussvollen Austausch. Ich habe eine große Gestalt, damit die Menschen mich wahrnehmen, mit den Augen und im Herzen. Im Zoo hoffe ich beitragen zu können, dass viele Menschen das untrennbare Zusammenhängen von Tieren, Natur und ihnen selbst erkennen lernen. Ich lebe hier auf ziemlich begrenztem Raum. So ähnlich sieht es jedoch auf der ganzen Welt mehr und mehr aus: Der Lebensraum von uns Tieren geht unaufhaltsam verloren durch zivilisatorische und profitgesteuerte Eingriffe - und damit schwindet bald einmal auch die Lebensgrundlage für den Menschen. Es ist höchste Zeit, dass er erwacht und erkennt.

Wie allen Tieren eigen, waren auch des Elefantenbullen Ratschläge voll Besorgnis, jedoch nicht mit Tadel, sondern mit Verständnis und Mitgefühl für unsere Blindheit gewürzt.

Soeben trat ein junger Vater mit seinem höchstens vierjährigen Sohn herzu. Beide verfolgten aufmerksam die Bewegungen des Elefanten. Der kleine Knirps lächelte mich zutraulich an und erklärte mir haarklein, was er alles entdeckte: das Wippen, den beweglichen Rüssel, die Stosszähne. Der Dreikäsehoch beschrieb den Bullen sehr treffend, und er schien dessen Kraft, Geduld und Liebe mit dem Herzen wahrzunehmen. Dieser Kleine war reizend, aber eine nie versiegende Plaudertasche. Der Vater lächelte stolz und verfolgte stumm, wie mich sein Sprössling ohne Scheu in ein kindliches Gespräch verwickelte. Ich wurde langsam nervös und blockte ein wenig ab, denn ich hatte doch eine Reihe von Fragen an die Elefanten vorbereitet, die ich loswerden wollte. Plötzlich mischte sich der Bulle in meine Gedanken und meinte amüsiert:

Lass doch deinen Fragenkatalog und deinen vorgegebenen Ablauf für ein Gespräch mit mir. Wir können uns auch so verbinden. Telepathischer Austausch durch Herzensverbindung ist die natürlichste Sache der Welt und keine Arbeit aufgrund eines Pflichtenheftes. Bleibe spontan. Rede mit mir, wie du es mit deinen Freunden tust, so selbstverständlich und locker. Nimm einfach an, was an dich herantritt. Lass den Kleinen plaudern. Sieh nur, wie sehr er bei der Sache ist und wie intensiv er fühlt.

Er ist noch unverbildet und stark verbunden mit den Tieren. Schau, wie deutlich er mich wahrnimmt und was um ihn herum geschieht. Kinder sind die künftigen Erwachsenen. Dieser Kleine wird offener bleiben im Herzen als andere. Solche Wesen helfen der Menschheit auf den Weg zurück in die Verbindung des Lebenskreises. So wie du. Mit diesem Buch wirst du ein Wegbereiter der Herzen, ein Pfadfinder der allgegenwärtigen Liebe sein.

Ich entsinne mich, wie verdattert ich mich damals wunderte, woher der Bulle von einem Buch wissen konnte. Ganz im Geheimen und noch zaghaft erst hatte sich in mir soeben der Gedanke zu formen begonnen, solche Dialoge mit Wildtieren zu sammeln und vielleicht gar anderen Menschen zugänglich zu machen. Denn sie zeigten sich spannend, neuartig, weise und ziemlich philosophisch, deutlich anders als meine bisherigen Gespräche mit Haustieren. Doch war dies vorerst nur eine flüchtige Idee, noch kaum geboren. Der graue Riese schien zu lächeln über meine stumme Verblüffung.

 

Wundere dich nicht. Wir Zootiere sind es, die dich im Herzen dazu aufgerufen haben. Unbewusst leistest Du unserem Anliegen nun Folge. Denn es ist ungeheuer wichtig, dass den Menschen das Licht der Erkenntnis gebracht wird. Jetzt! Die Zeit ist reif. Es wird weitere Bücher geben auf der Welt, die eure Spezies aufwecken, und es werden noch viele mehr, die alle das alte Wissen um die Gemeinschaft der Schöpfung aus der menschlichen Vergessenheit ans Licht holen, so dass der Respekt vor anderen Lebewesen und vor euch selber wieder wachsen kann. Damit ihr in die Liebe zurückfindet.

So war das also, dachte ich ziemlich platt.

Dann wurde ich abgelenkt und wieder zurückgeholt von meiner Gedankenreise, als mich der Kleine zu meiner Linken erneut ansprach. Entspannt ging ich auf seine Frage ein, was ich denn jetzt tun würde und antwortete, ich schriebe auf, was wir hier erlebten, damit ich nichts vergäße und es später anderen erzählen könne. Doch der junge Vater befürchtete wohl weitere persönliche und womöglich peinliche Fragen, nahm seinen Sohn an der Hand und verabschiedete sich verlegen lächelnd.

Der Bulle schaute den beiden nach, er wirkte plötzlich etwas verloren in seinem separaten, von den Elefantendamen mit ihrem Nachwuchs abgetrennten Gehege. Ich fragte ihn, wie er sich fühle so allein und wie ihn der Verlust des, wie ich wusste, vor nicht langer Zeit in hohem Alter verstorbenen Mitgliedes seiner Familie berühren würde.

Ich bin nicht wirklich allein, nur weil eine meiner Gefährtinnen diese Welt verlassen hat. Das erscheint dir nur aus menschlicher Sicht so. Sie war zwar meine engste Vertraute, ein starkes hilfsbereites Wesen, deren körperliches Fehlen eine spürbare Lücke hinterlässt. Doch sie ist nicht eigentlich aus unserer Nähe verschwunden. Die Größe und Einzigartigkeit ihrer Schwingungen ist für uns alle im selben Maße präsent wie zuvor, auch wenn sie nun körperlos ist und in einen anderen Seinszustand gewechselt hat. Wenn es meine Absicht ist, sie zu fühlen, ist sie da, wahrnehmbar mit dem Herzen, auf der Seelenebene.

Ich versuchte mir vorzustellen, wie das funktionieren könnte. Er erklärte sich genauer:

Dies ist heute wohl schwer verständlich für euch, denn die Menschen haben im Laufe der Entwicklung ihre Absicht ähnlich eingesetzt, jedoch mit einem unguten Ziel. Mehr und mehr habt ihr euch willentlich aus dem Raum des Innen, ihr nennt es Herzen - das ist dort, wo ihr sämtliche Schwingungen, alle Energien erleben könnt - zurückgezogen und euch bewusst auf das Außen eingestellt. Durch euren eigenen Willen hervorgerufen, habt ihr einen veränderten Blickwinkel und eine andere Wahrnehmungsebene erlangt und eingeübt. Damit habt ihr euch aber abgetrennt vom Seinszustand der Schöpfung. Mit der Zeit geriet dann der Weg zurück zum alten Wissen in Vergessenheit.

Doch ihr findet die Erinnerung wieder, wenn dies eure zweifelsfreie Absicht ist. Dann öffnen sich eure Herzen. So zeigt sich das Innen, und die Schwingungen der Liebe, die alles Leben zusammenhalten, sind für euch erneut wahrnehmbar. Hier seid ihr wieder am Ort der Verbindung zur Schöpfung und könnt mit allen Wesen in Kontakt treten, mit denen ihr es möchtet. Auf diese Weise verbinde ich mich auch mit meiner alten Gefährtin.

Der mächtige Bulle verstummte. Schon eine ganze Weile hatte er aufgehört mit seinen monotonen Schaukelbewegungen. Jetzt durchmaß er gemächlichen Schrittes seine äußere kleine Welt, während er in einer viel größeren inneren Welt liebe Freunde wie seine vertraute Elefantentante besuchte. Ich überließ ihn seiner Versunkenheit und stahl mich leise davon.

*

Endlich hatte ich eine aufreibende Zeit voller Termine und Pflichten hinter mich gebracht und freute mich, wieder einmal in der Atmosphäre eines Zoos abzuschalten und die Gesellschaft all der interessanten Persönlichkeiten unter den wilden Tieren genießen zu können. Die Elefanten standen oder liefen gemächlich in ihrem kleinen Park herum. Einer vergnügte sich selbstzufrieden mit auf dem Boden verstreuten Zweigen und werkelte mit seinem Rüssel herum. Er fühlte, dass ich ihn beobachtete und sprach mich gleich selber an.

Genieße, entspanne dich. So wie ich.

Er demonstrierte es, hob einen Fuß hoch und ließ ihn locker an den anderen gestützt, einen Moment gewichtslos ruhen.

Ich lasse mich treiben von Moment zu Moment. Tut es mir gleich. Menschen machen sich ihr Dasein oft selber trübe. Es ist sinnlos, ständig dem nachzutrauern, was ihr nicht habt. Schätzt vielmehr, was ihr erleben dürft. Auch Kleinigkeiten sind winzige Abenteuer. Sieh nur das Wasserrinnsal hier. Wasser ist spannend. Ich rieche daran, nehme es im Rüssel auf und befeuchte meinen Bauch damit.

Er tat es genüsslich.

Ich beobachte sein Fließen, wie es sich mit Erde vermengt und braun wird. Konzentriert euch auch auf die kleinen Dinge. Sie bringen Ruhe. So klinkt ihr euch aus der ständigen Hetze aus, deren Sklave der Mensch geworden ist.

Er hatte Recht, das nahm meditativen Charakter an. Was mich zu der Frage führte, wieso eine Meditation in der Gruppe tiefer ausfallen konnte und meist auch schneller eintrat.

Die Nähe von Gleichgesinnten stärkt immer die Energie in der Gesamtheit. Absicht oder Tätigkeit in einer Gemeinschaft mit demselben Ziel kumuliert die Schwingungen jedes einzelnen mit denen der anderen Gruppenmitglieder. Auch Gedanken sind Energieschwingungen, gute wie negative. Vergesst nicht, wenn die Gedanken bösen und zerstörerischen Absichten entspringen und von einer Vielzahl von Menschen gedacht werden, verstärken sie sich und können schlimme Folgen haben. Kontrolliert eure Gedanken und seid euch ihrer Kraft bewusst.

Dass Gedankeninhalte - der Zoologe und theoretische Biologe Richard Dawkins nennt sie Mem - eine Energieform besitzen, also so etwas wie ein Eigenleben haben und übermittelt werden können, ist vielen von uns, gelinde gesagt, suspekt. Doch die Wissenschaft ist immerhin dabei, eine Erklärung oder zumindest einen Ansatz dafür zu finden, Unfassbares wie Telepathie, Synchronizität und Ähnliches auf einen erklärbaren Nenner zu bringen und es salonfähig zu machen. Zum Beispiel durch die Theorie eines morphogenetischen Feldes von Rupert Sheldrake oder des Nullpunkt-Feldes von Lynn McTaggart (vgl. Anhang). Der Mensch braucht eben offensichtlich Beweise, um nicht Greifbares akzeptieren oder überhaupt in seine Vorstellungswelt reinlassen zu können.

Der Elefant griff meine Gedanken auf und meinte:

Ja, Menschen stehen sich in vielen Dingen selber im Weg. Sie schustern sich ein Weltbild zurecht und klammern sich auf Gedeih und Verderb daran aus Furcht, ihren sicheren Halt im Leben zu verlieren, wenn sie fremde Meinungen oder eine unbekannte Vorstellung als mögliche Tatsache zulassen würden. Es ist die Angst, die den Menschen blockiert. Habt doch Vertrauen ins Leben und nehmt seine Geheimnisse freudig und leichten Herzens an, in jedem Augenblick.

Ich bemerkte, wie die Elefanten sich plötzlich alle aufeinander zu bewegten und vergewisserte mich: Du hast erklärt, in einer Gruppe hebe sich die Energie an. Spürst du das auch im Umkreis von deinen anderen Familienmitgliedern?

Ja, ich genieße das Bad in der Energie meiner Familie. Ein Austausch von Schwingungen findet immer statt, auch über Distanzen hinweg, weit über physischen Kontakt hinaus.

Der Bulle gesellte sich zu seiner kleinen Herde. Ich überließ ihn seiner eigenen Welt und zog mich zurück.

*

Gedankenverloren verweilte ich vor dem Kamelgehege, ließ mich von der Sonnenwärme einlullen und genoss den Anblick der friedlich wiederkäuenden Trampeltiere, als plötzlich lautes Trompeten vom Elefantenrevier herüber schallte. Neugierig, ob dies etwa als Aufforderung zu einem Gespräch mit ihnen galt, ging ich die paar Schritte zur Elefantenanlage. Die ganze Gruppe bewegte sich zufrieden an der Sonne. Noch ehe ich meine Frage über die mir bildlich vorgestellte Lichtbrücke als Verbindung zu ihm hin übermitteln konnte, griff der mächtige Elefantenbulle den Gedanken direkt aus meinem Herzen auf. Das taten die Tiere hier fortwährend.

Nein, der Ruf betraf ein Mitglied meiner Familie. Aber ist schön, dass du vorbeikommst.

Ich empfing ein Lächeln und die Aufforderung, ihn zu fragen, was immer mich bewegen würde. Mich interessierte, ob er vielleicht eine besondere Beziehung zu einem anderen Tier im Zoo hätte und mit ihm in Kontakt stünde.

Da gibt es viele. Wir alle stehen untereinander in Verbindung. Aber du hast Recht. Elefanten tauschen sich gerne mit den Kamelen aus. Sie möchten wandern wie wir. Diese leise Sehnsucht lässt uns einander im Empfinden nahe kommen. Sie und wir haben keine Möglichkeit, unsere Aufgabe als Helfer der Menschen im körperlichen Sinn auszuleben. Kamele sind Träger. Auf ihrem Rücken können Menschen unwirtliche Wüsten durchqueren und Lasten transportieren. Zu Fuß wäre das unmöglich. Elefanten sind ungemein starke Tiere. Wir sind ebenso als Träger und zu manch anderen Arbeiten für den Menschen ideal geeignet. Kamele und wir fühlen diesbezüglich in gewisser Weise ähnlich, sie sind für uns wie weit entfernte Verwandte.

Bieten sich euch keine anderen Herausforderungen im Zoo? Ich meine, außer eurer Lebensaufgabe für die Menschen.

Nein, keine körperlichen. Geistige hingegen schon, wir sind sehr lernfreudig. Unsere Betreuer lehren uns ein bisschen ihre Wortsprache kennen. Sie bringen uns gewisse Laute bei, die bestimmte Aussagen oder Umstände betreffen. Wenn sie wollen, dass wir beispielsweise den Fuß anheben für die Nagelpflege, lernen wir den dazugehörigen Klang für diesen Befehl. Desgleichen, wenn sie uns auffordern hinzuknien zum Rücken schrubben, das wir sehr lieben. Und noch viele Lautfolgen mehr. Allerdings können wir die Wünsche unserer Pfleger ganz einfach in ihrem Inneren lesen und verstehen auf diese Weise, was sie von uns erwarten.

Der Bulle schien zu schmunzeln und mich augenzwinkernd anzublicken, als er dieses kleine Geheimnis mit mir teilte. Natürlich, Tiere empfangen ja leicht unsere Gedanken und Gefühle. Trotzdem wunderte ich mich und meinte: Auch ich konnte schon mehrmals mitverfolgen, wie euch solche Befehle beigebracht wurden. Doch nicht immer hatte es den Anschein, als würdet ihr sie verstehen.

Das mag auf euch so wirken. Doch es geschieht immer dann, wenn die Menschen uns zu respektlos und ungeduldig ihren Willen aufzwingen möchten. Dann befolgen wir die Befehle nicht. Wir sind bereit mitzutun, wenn wir liebevolle Achtung spüren, andernfalls haben wir keine Lust dazu und zeigen es, um die menschlichen Lehrer auf ihr Verhalten aufmerksam zu machen.

Das konnte ich gut nachvollziehen. Während der mächtige Elefant gemächlich wieder Richtung Innenanlage wanderte, steckte ich mein Schreibzeug weg und wir verabschiedeten uns zufrieden voneinander.

*

In letzter Zeit war in meinem weiteren Umfeld das Thema Abschied und Tod aktuell geworden - etwas, das mich sehr belastete. Ein Ausflug zum Zoo lenkte mich ab und ich dachte nicht mehr bewusst daran. Bei der Elefantenanlage machte ich Halt, zückte mein Notizheft und wandte mich an die ganze Gruppe mit einer allgemeinen Frage: Möchtet ihr mir etwas sagen oder uns lehren?

Bleibe stark in jeder Situation. Zum Kreislauf des Lebens gehört auch der Tod. Verlass den Pfad des Denkens von euch Menschen. Tod ist kein Ende. Das Abstreifen der körperlichen Hülle bedeutet nicht endgültiges Verlassen von hier zurückgebliebenen Wesen. Die Verbundenheit bleibt bestehen, denn die Seele ist unvergänglich. Und der Moment des Übergangs ist nicht so schrecklich, wie du ihn dir ausmalst. Tiere sträuben sich nicht dagegen, sie nehmen vertrauensvoll an, was mit ihnen geschieht. Das macht das Verlassen des Körpers leicht.

Da war ich ja wieder einmal ertappt worden in meinen wahren Gedanken, bei meinem aktuellen Problem. Ich spürte, dass es der Elefantenbulle war, der mit mir in Kontakt stand. Ernst fügte er an:

Notiere, was wir dir erzählen. Trage es nicht nur in deinem Herzen, sondern unter die Menschen. Damit wirst du wichtigen Anteil haben, Erkenntnis und Wissen zu verbreiten für die Aufklärung eurer Spezies.

 

Kann ich vielleicht noch einen weiteren oder besonderen Beitrag leisten dazu? wollte ich wissen.

Alles, was du dafür tust, ist besonders. Jedes Gespräch, das du mit einem Wesen hier im Zoo führst, voll Freude, Eifer und Liebe zu uns und zur Sache, trägt das Echo dieser Schwingungen in sich und stärkt die Wirkung des Geschriebenen. Erzähle über Achtung und Liebe zu allen Geschöpfen, über die Gleichwertigkeit aller Lebewesen. Unsere Seelen sind wie eure. Diese Einsicht beim Menschen zu wecken ist das Ziel. Und dieses Buch ist der Wegweiser dahin. Freue dich mit uns zusammen darüber!

Das werde ich gerne tun. Ich sagte den hilfsbereiten Elefanten auf Wiedersehen und empfahl mich frohgemut.

*

Verfrühter Schneeduft lag in der kalten Morgenluft. Heute präsentierte sich der Zoo noch ziemlich leer und ruhig. Frostiger Wind blies mir einen vorwinterlichen Gruß in die Nase und trieb mich ins mollig beheizte Elefantenhaus. Im Besucherraum beobachteten nur wenige Leute die Morgentoilette der Elefantenmütter und ihres Nachwuchses. Den dazugehörigen Bullen sah ich nicht, hörte ihn nur in seinem Nebenraum rumoren. Ich stellte eine Herzensverbindung zu ihm her und fragte ihn aus der Ferne, weshalb er alleine sei. Für einen telepathischen Kontakt ist Sichtkontakt nicht nötig. Wie ich bereits erwähnte, reicht allein die Absicht aus, sich mit einem bestimmten Wesen zu verbinden und mentale Gespräche zu führen.

Ich muss allein sein mit mir selber, ich habe im Moment meine Empfindungen nicht ganz im Griff.

Ich verstand, wovon er sprach. Es war sein regelmäßig wiederkehrender, seltsamer hormoneller Zustand der so genannten Musth, welcher einen Elefantenbullen unberechenbar werden lässt. Dies war eine gute Gelegenheit, ihn darauf anzusprechen: Wir Menschen fragen uns, was dieses Phänomen auslösen könnte und was es eigentlich bedeutet. Magst du mich darüber aufklären?

Es fühlt sich an wie ein Überschuss an Energie, ein Zustand von Ruhelosigkeit, massivem innerem Druck. Das ist schwer zu ertragen und stimmt aggressiv. Mein Körper arbeitet auf Hochtouren und findet kein Ventil. Körpersäfte fließen, aber sie bringen keine Linderung, entspannen nicht, sie sind nur ein Zeichen von innerer Überaktivität. Der Druck steigt bis in meinen Kopf und schmerzt. Der geringste äußere Eingriff, Lärm oder Berührungen sind zuviel. Es drängt mich, Energie abzulassen. Dann habe ich das Bedürfnis, um mich zu schlagen, um sie abzuschütteln und versuche, sie in die Erde zu stampfen. Ich fühle mich übermächtig und könnte Bäume ausreißen - doch es ist keine ruhende Kraft, sie ist ungebändigt und enthemmt. Sie brodelt und will ausbrechen wie ein Vulkan. Aber hier im Zoo kann ich mich nirgends wirklich abreagieren. Ich muss einfach allein sein. Ich bin in mir selber verloren, und das nicht in Ruhe, sondern in explosiver Emotion. Dort muss ich warten, bis meine Energien wieder ausgeglichen fließen.

Was ist denn der Sinn dieser Musth? war ich begierig zu erfahren.

Deine Frage kann ich dir nicht beantworten, wir wissen es nicht. Dieser Zustand ist nur uns Bullen eigen, er hängt zusammen mit der männlichen Energie. Wir alle teilen die Erfahrung ohne zu verstehen. Die Musth ist unergründlich. Dieses Geheimnis, neben vielen anderen, ruht verborgen in der Unendlichkeit der Schöpfung. Das Wunder des Lebens und seine Spielarten vermag kein Wesen zu verstehen. Wir nehmen es an und suchen nicht zu ergründen wie die Menschen. Und wir werten nicht. Es ist so, wie es ist.

Gemessen an seinen ziemlich bedrohlichen Schilderungen wunderte ich mich, wie ruhig er gerade zu sein schien. Es drang kein auffälliger Lärm aus den hinteren Räumen, wo er sich, für mich nicht sichtbar, aufhielt.

Diese Kräfte schwanken. Im Moment schlummern sie und belasten mich nicht. Sie brodeln als leises Murmeln in der Tiefe, nur weiß ich nicht, wann sie plötzlich an die Oberfläche drängen und mit Macht ausbrechen wollen.

Es gibt noch ein weiteres seltsames Phänomen im Leben eurer Spezies, das sich Verhaltensforscher so wie ich nicht erklären können: Wie kommt es, dass in trockenen und unwirtlichen Gebieten die Elefanten von Regen, der Tagesmärsche entfernt fällt, wissen können und auf magische Weise darauf zuwandern - ohne Gegenwind oder sonstige wahrnehmbare Zeichen? Neuere Forschungsberichte erzählen davon. Muss auch dies ein Geheimnis bleiben oder hast du da vielleicht eine Antwort darauf?

Erinnere dich daran, alles was existiert ist Energie in Schwingung, Materie in jeder Form und sogar Gedanken sind es. Alle diese Schwingungsmuster können Tiere wahrnehmen und zuordnen. Es ist wie eine Sprache, die wir entschlüsseln und verstehen können. Haben wir Durst und möchten ihn stillen, richten wir unseren Fokus auf dieses Bedürfnis, auf den Wunsch Wasser zu finden. Ist nun an gewissen Orten davon vorhanden, nehmen wir die entsprechenden Energieschwingungen wahr - seien sie nun in Form einer bereits vorhandenen Wasserstelle oder aber von Regen, der irgendwo in unserem Land zur Erde fällt und sich dort neu sammeln kann. Wir wissen also, wohin uns wenden, um Wasser zu finden. Wenn wir den Wunsch danach haben und es brauchen, ruft uns das Wasser zu sich.

Fasziniert und dankbar für seine interessanten Ausführungen wollte ich eben zusammenpacken und mich von meinem Gesprächspartner verabschieden. Im selben Moment nahm ich ein Gefühl wahr, als hätte er etwas auf dem Herzen, das er loszuwerden trachtete, ehe ich weggehen würde. Also fragte ich nach, ob er mir vielleicht noch etwas mitteilen mochte.

Notiere dies: Es wäre schön, wenn die Menschen aufhörten, sich so wichtig zu nehmen. Darüber vergessen sie, sich dem Leben hinzugeben. So haben sie auch aus den Augen verloren, wie untrennbar alles miteinander verbunden ist: Pflanzen, Tiere, Wasser, die ganze Natur, ja der gesamte Planet. Alles sollte im Gleichgewicht sein. Das ist jedoch bereits erschreckend lange nicht mehr der Fall. Der Mensch verhält sich zu egoistisch, lebt und handelt selbstbezogen. Er hat die Bescheidenheit vor der Schöpfung verloren, greift überall ein, vernichtet und vergiftet. Und all das einzig, um Materie anzuhäufen. Jeder für sich allein und ohne Rücksicht auf andere, die darunter leiden und denen er wegnimmt. Der Sinn des Lebens liegt aber im Gegenteil. Wenn jeder zum Wohl von allen denkt und handelt, profitiert die ganze Schöpfung und keiner büßt deswegen etwas ein.

Woher kommt denn dieses Denkmuster jeder gegen jeden? wunderte ich mich.

Der Mensch hat verlernt zu vertrauen, dass für alle genügend da ist zum Leben. Er hat verlernt zu lieben, sich selber so wie die ganze Natur. Wo jedoch Liebe und Vertrauen fehlen, nistet sich Misstrauen und Furcht ein. Und es ist Angst, die heute den Menschen regiert. Sie bringt ihn dazu, so zu handeln und denken wie in der heutigen Zeit. Jeder wäre sein Feind, wähnt er, jeder nähme ihm etwas weg. Also muss er kämpfen, für sich allein und gegen alle anderen, muss Werte anhäufen ohne Rücksicht auf Verluste und leidvolle Spuren, die er damit hinterlässt. Und aus Furcht entwickelt sich leicht Hass. So entsteht Krieg. Krieg um Land, um Güter, sogar um Glaubenswerte. Nein, sei nicht hoffnungslos, jeder kann zur Umkehr beitragen. Das beginnt im Kleinen. Fühlt wieder Liebe, Achtung und Respekt für euch selber. Dann seid ihr auch fähig, dies für jedes andere Wesen zu tun, ob Mensch, Tier oder Pflanze. Nicht zu vergessen eure wichtigste Lebensgrundlage: das Wasser, das ihr so unbekümmert und gedankenlos verschmutzt.

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