Buch lesen: «Herrenabend: Allein unter Männern»
Tim Langner
Herrenabend: Allein unter Männern
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Allein in der Herrenrunde
Impressum neobooks
Allein in der Herrenrunde
Keine Sorge. Unsere Treffen sind immer ganz zwanglos. Jeder halt so, wie er mag. Freuen uns auf Dich. Bis dann. P.
Mit klopfendem Herzen sitze ich im Auto und betrachte die auf dem Display meines Smartphones aufleuchtende Nachricht. Dann schaue ich durch die Windschutzscheibe auf die gegenüberliegende Straßenseite und die dichte Buschhecke, die von einer hüfthohen Pforte durchbrochen wird. Verschwommen mache ich dahinter den flachen Bungalow aus, der bei all dem Gebüsch auf dem überwucherten Grundstück fast untergeht. Unwillkürlich muss ich schlucken, senke dann wieder den Blick und starre auf das Display. Jeder halt so, wie er mag... Was soll schon passieren? Ich hole tief Luft und stecke das Telefon in die Tasche. Dann straffe ich mich und greife nach dem Türgriff, steige mit einem gemurmelten „Also dann!“ aus und schließe den Wagen ab. Außerdem, Pit ist ja auch noch da. Pit? Tja, mein neuer Freund, dessen warmen, sanften, aber auch bestimmenden Händen ich mich seit geraumer Zeit nur zu bereitwillig hingebe. Er war mir zuvor bereits einige Male beim Schwimmtraining aufgefallen, ich hatte aber nie den Mut und die Gelegenheit gefunden, ihn anzusprechen. Eines Tages hatte er das dann unter der Dusche übernommen, als mein Blick vielleicht ein wenig zu lange - zu sehnsüchtig - auf seinem schon recht reifen, aber dafür absolut top geformten Body verweilte. Zuerst war ich knallrot geworden, dort von dem Mann angesprochen zu werden, aber als er sich vor mir aufbaute und sich seine Hand plötzlich von meiner Schulter aus den Rücken hinunter auf die Wanderschaft machte, da war es um mich geschehen. Diese fordernde Art, das hatte was; für mich jedenfalls. Und so kam später eins zum anderen und ich relativ schnell unbekleidet in sein Bett. Bei dem Gedanken an Pits Körper huscht mir ein sehnsüchtiges Grinsen über die Lippen und ich vergesse für den Moment meine Aufregung über die bevorstehende Verabredung mit meinem Lover in diesem ungewöhnlichen Etablissement. Doch sobald ich durch die Pforte in den Garten des Hauses trete, beschleunigt der Puls sofort wieder und schießt mir heißkalte Schauer den Rücken hinab. Trotzdem zwinge ich mich weiter auf die dunkelgrün gestrichene Holztür zu, verwünsche mich dabei innerlich dafür, Pit nachgegeben zu haben. Nachgegeben und mich breitschlagen lassen zu dieser abstrusen Idee des gemeinsamen Besuchs seiner monatlichen Herrenrunde. Sonst sind solche Veranstaltungen, wo ältere Männer bei Kaffee und Bier beisammen hocken und sich irgendwelche Filmchen reinziehen, überhaupt nicht mein Ding. Aber Pit ist mit seinen knapp fünfzig irgendwie ja auch ein älterer Mann. Im Gegensatz zu mir und meinen vierundzwanzig, meine ich. Und da ich nun mal auf Herren aus diesen Altersregionen stehe, erfüllt mich sogar eine Art kribbelnder Neugier auf die anwesenden Gäste. Nicht, dass ich mir irgendwas ausmale, ich bin schließlich mit Pit liiert. Außerdem kann ich mir sicher sein, dass es keiner der Kerle mit seiner Figur und dem smart-dominanten Auftreten aufnehmen kann. Aber ein wenig gucken wird doch wohl erlaubt sein...!
Und so stapfe ich aufgeregt auf die Tür zu und drücke den Klingelknopf. Irgendwo drinnen ertönt gedämpft ein schriller Ton und ich starre gebannt auf die gelbgrüne Buntglasscheibe, hinter der nach wenigen Sekunden ein Schatten auftaucht. Ich hole tief Luft und setze ein Lächeln auf, das mir angesichts der Aufregung zu einer nervösen Grimasse missrät. Dann aber öffnet sich auch schon die Tür und ein einzelner Herr beäugt mich mit einer Mischung aus freundlicher Neugier und Skepsis. Gar nicht mal unsympathisch, denke ich, als ich ihn mir anschaue. Er ist schlank und groß gebaut, überragt mich bestimmt um Kopfesbreite. Mit seinen akkurat geschnittenen, silbern schimmernden Haaren, dem korrekten, hellblauen Baumwollhemd und der grauen Bundfaltenhose kommt er mir vor, wie ein stinknormaler Angestellter von nebenan. Ein typischer Silverfox halt. Und damit genau das, worauf ich insgeheim schon lange stehe - und was ich seit Pit offen auslebe. Auf die Schnelle würde ich ihn auf Mitte, Ende fünfzig schätzen Aus dem gebräunten, von einem 3-Tage-Bart beschatteten Gesicht betrachten mich die hinter den Gläsern einer randlosen Brille verborgenen Augen interessiert. Für einen Moment sagt keiner von uns einen Ton. Die Situation beginnt sich für mich bereits quälend in die Länge zu ziehen und ich bin hektisch dabei, nach den passenden Eingangsworten zu suchen. Da lächelt der Mann mit einem Mal bedächtig und fährt dabei die rechte Hand aus.
„Du musst Jan sein.“ Ich nicke langsam, schüttle ihm die Hand.
„Ich bin Konrad, hallo. Pit hat mir von dir erzählt und angekündigt, dass wir heute eventuell Besuch bekommen. Komm doch rein.“ Damit tritt er beiseite und lässt mich in den Flur. Ich bin gerade an ihm vorbei in den mit dunklem Holz getäfelten Vorraum gegangen und stehe unschlüssig auf den marmorartig gemusterten Kacheln, als er die Tür hinter mir schließt und kichernd fortfährt. „Besuch hat er es nicht genannt. Junges Frischfleisch, das waren seine Worte.“ Dabei zwinkert er mir mit undurchsichtigem Ausdruck zu und hebt gleichzeitig beruhigend die Hand, denn ich starre entgeistert in seine Richtung und zur Tür. „Keine Sorge. War bloß ein Scherz von Pit. Du kennst ihn ja.“ Konrad tritt einen Schritt näher an mich heran und legt seine Hand auf meinen Rücken. Ja, ich kenne ihn ganz gut. Ihn und seine Scherze, schießt es mir durch den Kopf. Denn bei all dem Witz, der oft in seinen Worten liegt; meist steckt dahinter eine ganz reale Absicht, ein ganz reales Verlangen. Und wer weiß, wenn er mich hier schon als derart bereitwilligen Burschen einführt... Daher die Beklemmung, die nun in mir aufsteigt. Ich beiße mir auf die Lippen und grinse nervös, schaue dann zu Boden und dabei auf Konrad Füße, die in dunkelbraunen Filzlatschen stecken. Mein Blick wandert zu meinen groben Stiefeln und dem bisschen Sand, den ich hereingetragen habe. Meinen Blick auffangend deutet der Mann auf eine Ablage, auf der bereits eine ganze Reihe von Straßenschuhen steht.
Der kostenlose Auszug ist beendet.