Fürstliche Kurzgeschichten

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Fürstliche Kurzgeschichten
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Thomas Westphal Esq.

Fürstliche Kurzgeschichten

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Der Termin

Heiligabend

Die Destille

Impressum neobooks

Vorwort

Dieses Heft soll für Sie amüsant und kurzweilig zu lesen sein. Es soll Sie entführen in eine Welt des Adels, der High Society, aber auch in eine Welt des ganz einfachen niederen Adels, der heute kaum anders lebt als der normale Bürger. Haben Sie auch schon mal davon geträumt Baron oder Baroness, Graf oder Gräfin zu sein? Nun, Sie sind gar nicht soweit davon entfernt. Vielleicht leben Sie schon besser als einige Angehörige dieses elitären Standes. Aber ist er noch so elitär? Der Adel als Stand ist in vielen Ländern abgeschafft. Und selbst in England, dem Land des Adels und der Ritter schlechthin, verliert er immer mehr an Bedeutung. Zwar gibt es dort noch immer neue Nobilitierungen, aber diese werden als nicht vererbbarer persönlicher Verdienst vergeben.

Sie sollen Spass am Lesen dieses Heftes haben. Nur darauf kommt es an. Wie es um meine eigene edle Herkunft bestellt und ob sich meine Geschichten so zugetragen haben, bilden Sie sich doch einfach selber ihre Meinung. Aber auch wenn sie sich nicht so zugetragen haben: sie hätten sich so zutragen können. Und das allein macht den Spass am Lesen dieses Heftes aus.

Der Termin

Piep, Piep, Piep… Der Wecker holte mich aus meinem Schlaf. Genau genommen war es noch viel zu früh. Aber heute musste es sein. Ich hatte einen wichtigen Termin. Darf ich mich kurz vorstellen: Thorsten Freiherr von Gardener, oder kurz Baron Gardener, wenn ihnen das lieber ist.

Meine Familie stammt von überall her. Aber den Namen habe ich von einer alten Familie, die zum schwedischen Adel gehört. Im Dreizigjährigen Krieg kämpften meine Vorfahren gegen die Katholiken um Wallenstein. Nach dem Krieg blieben sie in Deutschland und machten es sich in den Gebieten Ostelbiens gemütlich. Einer meiner x-fach Urgroßväter baute ein kleines Schloss in Mecklenburg, in dem ich noch heute wohne. Aber nicht nur ich, auch meine Mutter lebt hier noch. Zwar bin ich seit dem Tod meines Vaters vor ein paar Jahren, offiziell und nach Hausgesetz der Familienchef, aber niemand würde es wagen, meiner Mutter diesen Posten streitig zu machen. Wenn jemand auch nur im Entferntesten ihre Autorität anzweifeln würde, würde dieser sofort den gesamten Groll dieser kleinen Frau auf sich ziehen, die dann zur Furie werden kann. Genau genommen stammt sie nicht aus dem Adel, sie ist eine Gewisse, keine Geborene. Als mein Vater in den Siebzigern diese wunderschöne Frau kennenlernte, verliebte er sich sofort in sie. Gegen den Widerstand seiner Mutter, die nicht weniger dickköpfig war und ihm seinerseits den Posten als Familienoberhaupt „entlieh“, setzte er sich schließlich mit seinen Hochzeitsplänen durch. Er war ihr einziger Sohn und Großmama, Gott hab sie selig, sagte einst „Lieber eine morganatische Ehe als gar keine“. Denn zu diesem Zeitpunkt war ich bereits unterwegs. Zwar sind uneheliche Adelskinder schon immer vorgekommen, aber was hätte das für einen Skandal ausgelöst! In der heutigen Zeit, in der alles möglich ist, ist ein uneheliches Kind, welches noch dazu bei den in wilder Ehe lebenden Eltern aufwächst zwar nichts Besonderes. Aber wir leben nicht in der heutigen Zeit, wir leben in der Zeit des Adels! Also alles in allem ein Ding der Unmöglichkeit und so kam ich als sechs Pfund schwere Frühgeburt zur Welt. Ein paar Jahre später kam dann meine Schwester und darauf noch ein Jahr später mein Bruder zur Welt.

Da ich der älteste Sohn war, war klar, dass ich eines Tages die Familienbesitzungen und das kleine Schloss erben würde. Aber leider sind diese Besitzungen mehr Last als Lust. Das was es abwirft, geht sofort für die Erhaltung drauf. Im Wald wollen neue Bäume angepflanzt werden, das Sägewerk kostet und das Schloss mit seinen unzähligen und undichten Quadratmetern Fläche kostet ein Vermögen. Und dann wollen noch die Angestellten bezahlt werden. Und nein, ich meine nicht Butler im Livree und Hausmädchen in schwarzen Kleidern, nein, ich meine Forstwirte in Gummistiefeln und Sekräterinnen in der Schlossverwaltung. Und mit meinem Fuhrpark sind auch eher Nutzfahrzeuge als ein Rolls-Royce gemeint. Ich selber fahre einen alten Jeep, damit ich auch im Gelände des Forstes zurechtkomme. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde es wunderbar auf diesen Besitzungen, aber leider gehören sie nicht wirklich mir. Ich erhalte sie für meine Familie, damit diese immer einen Platz hat, an dem sie sich treffen können. Und da „Familie“ bei Baron Gardener auch jeden noch so weit verwandten Cousin einschließt, solange er noch den Namen trägt, wird es zu Weihnachten oft sehr eng im Schloss. Zumal es, wie gesagt, eher klein ist und nicht jedes Zimmer durch die undichten Dächer bewohnbar ist.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?