Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht

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Anmerkungen

[1]

Bestimmungen des IPR im AK bei Bergmann/Ferid/Henrich/Dutta/Ebert/Kastrissios Griechenland (Stand 2016).

[2]

Familienrechtliche Bestimmungen bei Bergmann/Ferid/Henrich/Dutta/Ebert/Kastrissios Griechenland (Stand 2016).

Strukturierung des Falles

247

Wesentliche Themen: Internationale Zuständigkeit in Sorgerechtssachen; Sorgerechtsstatut; Verhältnis von MSA, KSÜ und Brüssel IIa-VO; Gewöhnlicher Aufenthalt; Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit; Vorfragenanknüpfung bei Name und Staatsangehörigkeit; Namensstatut; Abstammungsstatut; Haager Kindesentführungsübereinkommen; Anerkennung und Vollstreckung nach Brüssel IIa-VO.

I. Vaterschaft zu Georgios

1.Begründung der Vaterschaft vor dem 1.7.1998

a)Maßgebliche Kollisionsnorm Anwendbares Recht, intertemporal Art. 224 § 1 EGBGB für Vaterschaftsbegründung seit 1.7.1998 Art. 19 EGBGB idF. des KindRG lex causae

b)Alternative Anknüpfung Art. 19 EGBGB alternativ, jedenfalls wenn nur ein Mann als Vater in Betracht kommt

–Gewöhnlicher Aufenthalt des Georgios bis 2018: Deutsches Recht, oder

–Heimatrecht des Kostas: Griechisches Recht, oder

–Ehewirkungsstatut der Mutter, wenn wirksame Ehe, kann hier dahinstehen, weil auch dies griechisches Recht wäre (Art. 14 Abs. 1 aF EGBGB, Art. 14 Nr 1 AK); Neufassung des Art. 14 EGBGB zum 29.1.2019 wirkt nicht zurück, Anknüpfung Art. 19 Abs. 1 Alt. 3 EGBGB unwandelbar („bei der Geburt“)

c)Vorfrage der Ehe in § 1592 Nr 1 BGB Deutsches Recht § 1592 Nr 1 BGB, wenn Mutter bei Geburt verheiratet

–Vorfrage der wirksamen Ehe der Mutter selbstständig anzuknüpfen

–Materielles Eheschließungsstatut, Ehe nach 1.9.1986: Art. 13 Abs. 1 EGBGB, Gesamtverweisung in griechisches Heimatrecht (Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB), griechisches IPR nimmt an (Art. 13 Abs. 1 AK), Ehehindernisse oder Mängel (-)

–Formelles Eheschließungsstatut: Inland Art. 13 Abs. 3 aF EGBGB, wortgleich nun Art. 13 Abs. 4 EGBGB: zwingend deutsche Ortsform

–Intertemporal Eheschließung vor dem 1.7.1998: EheG aF, nicht Art. 226 Abs. 3 EGBGB

–§ 13 Abs. 1 EheG aF wie § 1310 Abs. 1 BGB: zwingend Standesbeamter, sonst Nichtehe

–Ausnahme Art. 13 Abs. 3 aF EGBGB: beide Griechen (+); Ermächtigung (-) Art. 1367 Abs. 1 Hs. 2 AK genügt nicht

–§ 1310 Abs. 3 BGB (-) im Zeitpunkt der Geburt noch keine 10 Jahre seit Setzen eines Vertrauenstatbestands

–Im Zeitpunkt der Geburt also zunächst keine Vaterschaft des Kostas

d)Alternativ: Sachnormverweisung in griechisches Recht

–Verweisung in griechisches Recht jedenfalls auch Sachnormverweisung

e)Abstammung im materiellen griechischen Recht

–Art. 1475 Abs. 1 AK (-), Art. 1479 AK (-), Art. 1465 Abs. 1 AK: Vorfrage der Ehe, bei selbstständiger Anknüpfung wieder (-); bei unselbstständiger Anknüpfung an griechische lex causae (+) Art. 1367 Abs. 1 AK

2.Begründung der Vaterschaft nach der Geburt

a)Durch Anerkennung (§ 1592 Nr 2 BGB)

–§ 1592 Nr 2 BGB: (-) Anerkennung nicht wirksam mangels Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB)

b)Durch Heilung des Formmangels der Ehe

–§ 1592 Nr 1 BGB: Vorfrage Ehe, bei Eheschließung Nichtehe

–Heilung: § 1310 Abs. 3 Nr 1 BGB: (+) Eheerklärung vor Papas, Eintragung durch Standesbeamten, seit der Eintragung 10 Jahre als Ehegatten gelebt, Heilungstatbestand am 15.2.2008 vollendet, wirkt auf Eheschließung zurück und damit auf den Zeitpunkt der Geburt

–Kostas also nunmehr rückwirkend Vater des Georgios

[–Hilfsgutachten: griechisches Recht:

–Anerkennung (-) mangels Zustimmung der Mutter (Art. 1475 Abs. 1 AK)

–Art. 1465 AK wie § 1592 Nr 1 BGB, weil Vorfrage der Ehe nach deutschem Recht, also geheilt (+)]

Ergebnis:Kostas ist aufgrund § 1592 Nr 1 BGB und Heilung seiner Ehe mit Elena rückwirkend auf den Geburtszeitpunkt Vater des Georgios.

II. Name des Georgios

1.Namensstatut

a)Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht

–Heimatrecht (Art. 10 Abs. 1 EGBGB)

–Deutsche Staatsangehörigkeit iure soli (§ 4 Abs. 3 StAG) (-) Geburt zwar nach dem 1.1.2000, also Neufassung anwendbar; aber § 4 Abs. 3 S. 1 Nr 1 StAG (8 Jahre rechtmäßiger Aufenthalt eines Elternteils) fehlt; § 4 Abs. 3 S. 1 Nr 2 StAG (unbefristetes Aufenthaltsrecht) ergäbe sich aus Art. 39 EGV aF

b)Griechisches Staatsangehörigkeitsrecht

–Griechische Staatsangehörigkeit: Art. 1 Abs. 1 griech. StAG (+) jedenfalls Mutter Griechin, Erwerb vom Vater ebenfalls (bereits bei Geburt), da Vorfrage der Abstammung bei StA unselbstständig anzuknüpfen

2.Name im griechischen Recht Art. 1505 AK, wenn Georgios ein Kind verheirateter Eltern

–Vorfrage der wirksamen Ehe beim Namen unselbstständig anzuknüpfen, also griechisches Recht, also Ehe wirksam

–Art. 1505 Abs. 1 AK: Wahl des Nachnamens für alle gemeinsamen Kinder (-)

–Art. 1505 Abs. 3 AK: Name des Vaters, also „Karamanlis“

3.Deutscher ordre public Deutscher ordre public (Art. 6 EGBGB) wegen Art. 3 Abs. 2 GG:

–Zweifelhaft, ob Grundsatz, da nicht Verhältnis der Ehegatten selbst betroffen

–Inlandsbezug: trotz gewöhnlichem Aufenthalt (-), Name eng mit Personalstatut verbunden

Ergebnis:Georgios heißt also „Karamanlis“.

III. Elterliche Sorge für Georgios

1.Sorgerechtslage

a)Anknüpfung Art. 16 KSÜ

–Art. 16 Abs. 1 KSÜ: Gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes

b)Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts

–Gewöhnlicher Aufenthalt: Lebensmittelpunkt, rein faktisch, nicht unmittelbar vom Sorgerechtsverhältnis abgeleitet

–Bei Kindesentführung: Integration, bisherige Rechtsprechung 6 Monate ohne Rückgabebemühungen

–Argument aus Art. 10 lit. b sublit. i) Brüssel IIa-VO, Art. 7 Abs. 1 lit. b KSÜ: wohl auch für IPR eher 12 Monate, kann aber offenbleiben, da letztlich durch Art. 10 lit. b Brüssel IIa-VO überlagert

c)Sorgerecht des Kostas vor Verbringung nach Griechenland Deutsches Recht jedenfalls Sorgerechtsstatut bis 2010, § 1626 Abs. 1 BGB: Gemeinsame elterliche Sorge

Ergebnis:Elena und Kostas sind gemeinsam Inhaber der elterlichen Sorge für Georgios.

2.Zuständigkeit für eine Sorgerechtsregelung

a)Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO

–Art. 8 ff Brüssel IIa-VO:

–Sachlich (+): Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel IIa-VO, elterliche Verantwortung umfasst elterliche Sorge und Umgangsrecht (Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel IIa-VO); Ehesache nicht mehr erforderlich, anders Brüssel II-VO

–Intertemporal (+): Art. 64 Abs. 1 iVm Art. 72 Brüssel IIa-VO: Verfahren nach dem 1.3.2005 einzuleiten

–Räumlich-persönlich (+):

–Gewöhnlicher Aufenthalt in Mitgliedstaat (Art. 2 Nr 3 Brüssel IIa-VO), einerlei ob Deutschland oder Griechenland

–Kind: Brüssel IIa-VO keine Definition; Analogie zu Art. 2 KSÜ: unter 18 Jahren

–Verhältnis zum KSÜ Art. 61 lit. a Brüssel IIa-VO

b)Art. 8 Brüssel IIa-VO

–Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO, wenn Georgios gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, was zweifelhaft ist, da womöglich sogar über 12 Monate schon in Griechenland

c)Art. 9 Brüssel IIa-VO

–Art. 9 Abs. 1 Brüssel IIa-VO (-): nur Abänderungszuständigkeit, nur bei rechtmäßigem Umzug des Kindes

d)Fortbestand der Zuständigkeit nach Art. 10 Brüssel IIa-VO

–Art. 10 Brüssel IIa-VO

–Bisher gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland (+)

–Widerrechtlich (+) = ohne Zustimmung des mitsorgeberechtigten Kostas nach Griechenland verbracht bzw dort zurückbehalten

–Erwerb gewöhnlichen Aufenthalts in Griechenland kann dahinstehen, bei Fehlen erst recht deutsche Gerichte zuständig

–Art. 10 lit. a Brüssel IIa-VO: keine Zustimmung jedes Sorgeberechtigten (+)

–Art. 10 lit. b Hs. 1 Brüssel IIa-VO: Ein Jahr Aufenthalt in Griechenland, mit Kenntnis des verletzten Sorgeberechtigten (-): Kenntnis erst 1.7.2018

–Art. 10 lit. b sublit. i, ii, iii, iv Brüssel IIa-VO: am 3.7.2018 noch irrelevant, anders, wenn 30.6.2019 untätig verstreicht

–Also: vor 1.7.2019 Rückgabeantrag in Griechenland (verhindert Art. 10 lit. b sublit. i Brüssel IIa-VO) und Sorgerechtsantrag in Deutschland

e)Örtliche Zuständigkeit

–Brüssel IIa-VO (-): Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO: „die Gerichte eines Mitgliedstaats“

–FamFG: Familiensache (§ 111 Nr 2 iVm § 151 Nr 1 FamFG), keine Ehesache anhängig (§ 152 Abs. 1 FamFG)

–§ 152 Abs. 2 FamFG: gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes, problematisch, ob noch in Deutschland; sonst § 152 Abs. 3 FamFG Bedürfnis der Fürsorge, hier durch Art. 10 Brüssel IIa-VO vermittelt, also AG Stuttgart – Familiengericht

 

Ergebnis:Deutsche Gerichte sind international zuständig zur Regelung der elterlichen Sorge; örtlich zuständig ist das AG Stuttgart – Familiengericht. Kostas ist zu raten, noch vor dem 1.7.2019 einen Sorgerechtsantrag in Deutschland und einen Rückführungsantrag in Griechenland anhängig zu machen.

3.Auf die Sorgerechtsregelung anwendbares Recht

a)Keine Regelung in der Brüssel IIa-VO

–Brüssel IIa-VO: Keine Kollisionsnorm

b)Anwendung Art. 15 KSÜ bei Zuständigkeit nach der Brüssel IIa-VO

–Art. 15 Abs. 1 KSÜ

–Problem: lex fori unter Brüssel IIa-Zuständigkeit

–Lex fori-Prinzip bei allen Brüssel IIa-Zuständigkeiten

–oder nur, wenn fiktive Zuständigkeit auch aus KSÜ

–Unter KSÜ unproblematisch, da Art. 7 KSÜ wie Art. 10 Brüssel IIa-VO

c)Keine Beachtung des Heimatrechts

–Keine Art. 3 MSA entsprechende Regelung im KSÜ: Heimatrecht unerheblich

Ergebnis:Die Sorgerechtsregelung erfolgt nach deutschem Recht.

4.Anerkennung und Vollstreckung der Sorgeentscheidung in Griechenland

a)Anwendung der Brüssel IIa-VO

–Art. 21 ff Brüssel IIa-VO: sachlich anwendbar (+), persönlich anwendbar (+), intertemporal (+): Verfahren nach dem 1.3.2005 eingeleitet (Art. 64 Abs. 1, 72 Brüssel IIa-VO)

b)Mögliche Anerkennungshindernisse

–Entscheidung in Griechenland anzuerkennen (Art. 21 Abs. 1 Brüssel IIa-VO)

–Versagung der Anerkennung nur gemäß Art. 23 Brüssel IIa-VO

–Denkbar ordre public (Art. 23 lit. a Brüssel IIa-VO) wegen Kindeswohl

–Denkbar spätere gegenteilige Regelung in Griechenland (Art. 23 lit. e Brüssel IIa-VO)

c)Vollstreckbarerklärung, oder …

–Soweit Vollstreckung erforderlich: Vollstreckbarerklärung (Art. 28 ff Brüssel IIa-VO)

–Zuständiges Gericht Art. 29 Abs. 1 Brüssel IIa-VO

–Anerkennungshindernisse verhindern Vollstreckbarerklärung

d)… unmittelbare Vollstreckung

–Art. 40 ff Brüssel IIa-VO: Unmittelbare Vollstreckbarkeit, wenn Entscheidung nach Art. 11 Abs. 8 Brüssel IIa-VO

Ergebnis:Eine Sorgerechtsentscheidung deutscher Gerichte ist grundsätzlich in Griechenland anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären; es besteht allerdings die Möglichkeit, dass die Anerkennung versagt wird, insbesondere wenn das zuständige griechische Gericht wegen Verletzung des Kindeswohls eine Verletzung des griechischen ordre public annimmt.

5.Rückgabeantrag

a)Keine Sonderregel in der Brüssel IIa-VO

–Art. 10 lit. b sublit. i Brüssel IIa-VO Rückgabeantrag in Griechenland erforderlich

–Brüssel IIa-VO: Keine Regelung zum Rückgabeantrag

b)EuKEntfÜbk

–Art. 4, 5 Abs. 1 lit. d EuKEntfÜbk: Untunlich, setzt vollstreckbare deutsche Sorgerechtsentscheidung voraus, nicht sinnvoller als Art. 21 ff, 28 ff Brüssel IIa-VO

c)Art. 8 HKiEntÜ

–Rückgabeantrag Art. 8 HKiEntÜ:

–Deutschland und Griechenland Vertragsstaaten (+)

–Persönlich anzuwenden, da Georgios unter 16. Lebensjahr (Art. 4 HKiEntÜ) (+)

–Widerrechtliches Verbringen, Verletzen des Sorgerechts (Art. 3 Abs. 1 lit. a HKiEntÜ) (+)

–Vorheriger gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland (Art. 4 HKiEntÜ) (+)

–Zuständig deutsche oder griechische Zentrale Behörde (Art. 8 Abs. 1 HKiEntÜ)

–Wegen Art. 10 lit. b sublit. i Brüssel IIa-VO: Antrag an griechische Behörde

–Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ: Sofortige Rückgabe

–Aber Art. 13 HKiEntÜ: Eingeschränkte Prüfung des Kindeswohls

d)„Letztes Wort“ nach Art. 11 Abs. 6 Brüssel IIa-VO

–Falls Abweisung nach Art. 13 HKiEntÜ

–Keine Durchsetzung deutscher Entscheidung nach HKiEntÜ in Griechenland

–Aber Art. 11 Abs. 6 Brüssel IIa-VO: Information der deutschen zentralen Behörde, wenn Entscheidung nach Art. 13 HKiEntÜ

–Art. 11 Abs. 7 Brüssel IIa-VO: „Einladung“ nicht erforderlich, wenn Sorgerechtsantrag bei AG Stuttgart – Familiengericht – anhängig

–Art. 11 Abs. 8 Brüssel IIa-VO: Sorgerechtsregelung und Rückgabeanordnung durch AG Stuttgart überwindet Entscheidung nach Art. 13 HKiEntÜ

–Vollstreckung dieser Entscheidung Art. 40 Abs. 1 lit. b Brüssel IIa-VO, wenn Art. 42 Abs. 2 Brüssel IIa-VO erfüllt

–Unmittelbare Vollstreckbarkeit durch Bescheinigung auf Formblatt (Anhang IV zur Brüssel IIa-VO); keine Anerkennungshindernisse gegen Vollstreckung

Ergebnis:Ein Rückgabeantrag nach Art. 8 HKiEntÜ muss wegen Art. 10 Brüssel IIa-VO in Griechenland gestellt werden. Selbst wenn dieser Antrag gemäß Art. 13 HKiEntÜ abgelehnt wird, hat das AG Stuttgart – Familiengericht – gemäß Art. 11 Abs. 8 Brüssel IIa-VO das „letzte Wort“. Überträgt es Kostas die elterliche Sorge und ordnet die Rückgabe des Georgios an, so ist eine Vollstreckung nach Art. 40 ff Brüssel IIa-VO möglich.

IV. Vaterschaft zu Iannis-Dieter

1.Abstammungsstatut

a)Konkurrierende Vaterzuordnung nach alternativ berufenen Rechtsordnungen

–Art. 19 EGBGB gewöhnlicher Aufenthalt, Heimatrecht des Vaters oder Ehewirkungsstatut

b)Günstigkeitsprinzip iSv Vaterschaftswahrscheinlichkeit

–Natur der Begünstigung durch Alternativität strittig:

–Begünstigung wahrscheinlicher Vaterschaft (-) Abstammungsbeweis

c)Günstigkeitsprinzip iSv. Prioritätsprinzip

–Günstigkeitsprinzip = Prioritätsprinzip (+)

2.Vaterschaft des Kostas

a)Keine Vaterschaft des Kostas nach § 1592 Nr 1 BGB

–Deutsches Recht (gewöhnlicher Aufenthalt)

–§ 1592 Nr 1 BGB (-): Argument § 1593 BGB, § 1592 Nr 1 BGB nicht bei Geburt nach Rechtskraft der Scheidung

b)Vaterschaft des Kostas nach Art. 1465 Abs. 1 AK

–Griechisches Recht (Heimatrecht des Kostas): Art. 1465 Abs. 1 AK: 300 Tage nach Scheidung geboren (+) also Kostas Vater von Iannis-Dieter

3.Vaterschaft des Dieter

a)Sperrwirkung der Vaterschaft des Kostas nach § 1594 Abs. 2 BGB Deutsches Recht (Heimatrecht Dieter) §§ 1592 Nr 2, 1594 ff BGB: Anerkennung erst wirksam, wenn Vaterschaft des Kostas wirksam angefochten ist (§ 1594 Abs. 2 BGB)

b)Sperrwirkung der Vaterschaft des Kostas nach Art. 1475 Abs. 1 AK Griechisches Recht (Gewöhnlicher Aufenthalt Kind) Art. 1475 Abs. 1 (-) solange Ehemann der Mutter der Vater ist

4.Beseitigung der Vaterschaft des Kostas durch Ehescheidung

a)Qualifikation § 1599 Abs. 2 BGB

–Qualifikation § 1599 Abs. 2 BGB: Systematik und Zweck: Anfechtungsstatut

b)Anfechtungsstatut; § 1599 Abs. 2 als „Anfechtung durch das Kind“

–Anfechtungsstatut Art. 20 S. 1 EGBGB: Recht, nach dem die Vaterschaft besteht, also griechisches Recht; also § 1599 Abs. 2 BGB nicht anwendbar

[c)Hilfsgutachten: Analoge Anwendung von § 1599 Abs. 2 bei Geburt nach Ehescheidung

–Tatbestand § 1599 Abs. 2 BGB Geburt vor Scheidung, während Scheidungsverfahrens; aber analoge Anwendung, wenn Vaterschaft des Ehemanns nach fremder Rechtsordnung entgegen §§ 1592, 1593 BGB auch nach Scheidung]

Ergebnis:Vater von Iannis-Dieter im Rechtssinn ist Kostas. Die Vaterschaft müsste angefochten werden; erst nach wirksamer Anfechtung kann die Vaterschaft des Dieter aufgrund Anerkennung wirksam werden. Nach Ansicht des BGH ist hierzu auch § 1599 Abs. 2 BGB berufen, auch wenn die Vaterschaft nicht nach deutschem Recht besteht, aber das Kind gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

V. Name von Iannis-Dieter

1.Namensstatut Art. 10 Abs. 1 EGBGB: Namensstatut Heimatrecht des Kindes

–Iannis-Dieter griechischer Staatsangehöriger, weil Elena Griechin

–Deutsche Staatsangehörigkeit

§ 4 Abs. 1 S. 2 StAG aufgrund Abstammung (-) solange Dieter nicht Vater

§ 4 Abs. 3 Nr 1 StAG (+) Geburt in Deutschland, rechtliche Eltern Elena und Kostas seit mehr als acht Jahren legal in Deutschland

–Deutsche Staatsangehörigkeit geht vor Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB

2.Name im deutschen Recht

–§ 1617 BGB: Solange Kostas Vater ist, Einigung zwischen Elena und Kostas

–§ 1617a BGB: Nach wirksamer Anfechtung wenn Elena allein sorgeberechtigt (§ 1626a Abs. 2 BGB)

–§ 1617 BGB: Nach wirksamer Anfechtung bei gemeinsamer Sorge von Elena und Dieter (§ 1626a Abs. 1 BGB)

Ergebnis:Der Familienname von Iannis-Dieter bestimmt sich nach deutschem Recht und hängt davon ab, ob die Vaterschaft des Kostas wirksam angefochten ist.

Lösung
I. Vaterschaft zu Georgios
1. Begründung der Vaterschaft vor dem 1.7.1998
a) Maßgebliche Kollisionsnorm

248

Zu ermitteln ist das auf die Begründung der Vaterschaft anwendbare Recht. Am 1.7.1998 ist insoweit neues IPR (Art. 19 EGBGB) in Kraft getreten; für die Vaterschaftsbegründung seit dem 1.7.1998 gilt gemäß Art. 224 § 1 EGBGB der Art. 19 EGBGB idF. des KindRG. Da die Geburt nach diesem Stichtag erfolgte, ist somit Art. 19 EGBGB geltender Fassung anzuwenden. Da Art. 19 nF EGBGB die Abstammung einheitlich und unabhängig von einer bestehenden Ehe der Mutter anknüpft, spielt die Wirksamkeit der Ehe für die Auswahl der Kollisionsnorm keine Rolle mehr (anders Art. 19, 20 aF EGBGB: Erstfrage).

b) Alternative Anknüpfung

249

Der Streit um die Natur der alternativen Anknüpfungen in Art. 19 nF EGBGB kann hier noch offen bleiben, da für Georgios nur ein Mann als Vater in Betracht kommt und in solchen Fällen unstreitig Art. 19 EGBGB alternativ zu verstehen ist. Recht des gewöhnlichen Aufenthalts ist bis zu Georgios Umzug nach Griechenland in 2017 deutsches Recht. Alternativ ist das Heimatrecht des Kostas berufen, um dessen Vaterschaft es geht, also griechisches Recht. Das Ehewirkungsstatut der Kindesmutter, das nur berufen ist, wenn die Mutter bei Geburt verheiratet war, was hier fraglich ist, kann dahingestellt bleiben; es wäre gemäß Art. 14 Abs. 1 EGBGB (in der bei Geburt geltenden Fassung, Art. 4 Abs. 1 EGBGB, Art. 14 Nr. 1 AK) ebenfalls griechisches Recht. Die Neufassung des Art. 14 EGBGB zum 29.1.2019 wirkt nicht zurück, da Art. 19 Abs. 1 Alt. 3 EGBGB unwandelbar das Ehewirkungsstatut „bei der Geburt“ beruft.

c) Vorfrage der Ehe in § 1592 Nr 1 BGB

250

Nach deutschem Recht besteht die Vaterschaft des Kostas gemäß § 1592 Nr 1 BGB, wenn er im Zeitpunkt der Geburt des Georgios mit Elena verheiratet war.

Dies wirft die Vorfrage der wirksamen Ehe der Mutter auf.

aa)

251

Diese Vorfrage kann hier nur, unabhängig von der Frage, ob eine selbstständige oder unselbstständige Anknüpfung erfolgt, nach deutschem Recht angeknüpft werden; soweit deutsches Recht Abstammungsstatut ist, sind lex fori (selbstständige Anknüpfung) und lex causae (unselbstständige Anknüpfung) identisch.

bb)

252

 

Das materielle Eheschließungsstatut für die nach dem 1.9.1986 geschlossene Ehe bestimmt Art. 13 Abs. 1 EGBGB. Die Verweisung für beide Verlobte in deren griechisches Heimatrecht ist Gesamtverweisung (Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB), die das griechische IPR in Art. 13 Abs. 1 AK annimmt (MAT d). Darauf, dass Art. 13 Abs. 1 EGBGB kumulativ anknüpft, Art. 13 Abs. 1 AK jedoch alternativ, kommt es bei gleicher Staatsangehörigkeit beider Verlobter nicht an. Materielle Mängel sind nicht ersichtlich.