Smarte Auto-Designer konkret befragt

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Theo Kratzer

Smarte Auto-Designer konkret befragt

Auto-Design am Beispiel VW Passat erklärt

Der Verlag auto-ebooks.com wird betrieben von mobilpress Presseagentur + Verlag

Copyright © mobilpress Markdorf/Bodenseekreis

Format: eBook

Reihe: Auto & Humor

Autor: Theo Kratzer

Fotos: Volkswagen

Titelgrafik und Layout: mobilpress

Theo Kratzer

Seit über zwanzig Jahren als Motorjournalist tätig, unter anderem für diverse Printmedien- und Online-Portale der Verlage ADAC, Axel Springer, Bauer, Burda, Motor Presse Stuttgart, Pressehaus Stuttgart, Verlagsgruppe Handelsblatt.

Emotionale Schönheiten

Sind Auto-Designer die Halbgötter der mobilen Zunft? Ja, sie sind es! Sie sind für die Schönheit von Autos, außen wie innen, zuständig. Mit schönen Lösungen hinsichtlich Form, Material, Qualität, Verarbeitung, Nutzen und Anmutung wecken sie Emotionen, beeinflussen Autokaufentscheidungen, gleichzeitig wollen sie die Modelle der Konkurrenz zumindest optisch überbieten. Kurzum: ihre Eingebungen beeinflussen den wirtschaftlichen Erfolg eines Automodells wesentlich.

Die Arbeitsgrundlagen sind Kreativität und so etwas wie Wahrsagen. Die Kreativität beruht auf Erkenntnissen, Eingebungen, Bauchgefühl bis zu festen Vorgaben, die meist aus dem Marketing kommen. Das Wahrsagen bezieht sich auf Formen und Gestaltungen, die in der Zukunft gefragt sind, aber heute erkannt und umgesetzt werden müssen. Immerhin, das Automodell, das heute erstmals auf die Straßen rollt, wurde einige Jahre zuvor designt und soll auch ein paar Jahren nach der Markteinführung noch in die Zeit passen – Autokäufer anziehen und überzeugen.

Die Arbeitsweise der Auto-Designer am Beispiel des Modells Passat von Volkswagen wird dargestellt. Wie, wo und warum haben die Vertreter der schönen Proportionen und deren Helfershelfer, die Vertreter des Marketings, an diesem Fahrzeug Hand angelegt. Alles wird erklärt, auf alles wird kritisch eingegangen, allerdings nicht immer in einer ernst zu nehmenden Art und Weise.

Dabei haben die Designer und Marketer mit ihren Ausführungen kräftig mitgeholfen. Die den VW-Experten zugeschriebenen Zitate sind Originalzitate, gerichtet an Motorjournalisten. Sie sind auch authentisch hinsichtlich deren Denkweisen und Ausdrucksformen, sprich: Design-Marketing-Deutsch. Dieser Phalanx folgend ist zu sagen: dem Leser sei eine informative, unterhaltsame Lektüre gewünscht.

Der Autor

Inhalt

Überraschung: Astrologen und Esoterikern soll der VW Passat näher gebracht werden

Modellentwicklung: Die achte Generation erschien im Jahr des Pferdes

Kurz erklärt: Der Unterschied zwischen Designern und Marketingleuten

Tiereigenschaften: Im Jahr des Büffels rollte der Passat erstmals vor

Eindruck: Die veränderten Proportionen tangieren menschliche Sinne

Frontpartie: Die Schweinwerfer verschmelzen mit dem Kühlergrill und leuchten trotzdem

Seitenpartie: Eine Linie stärkt den Fahrzeugcharakter und sorgt für ein Lichtkino

Heckpartie: Sportliche Rundungen und eine Querfalte am Hinterteil

Innenraum: 33 Millimeter mehr für den innovativ konzipierten Luftausströmer

Instrumente: Sind im Armaturenbrett vorhanden und bis zu 20 Meter Tiefe wasserdicht

Ausstattungslinien: Die Kamasutra-Vordersitze ermöglichen zwölf unterschiedliche Stellungen

Ausstattungspakete: Ein akzeptables Angebot für den Chef auf dem Beifahrersitz gibt es nicht

Sonderausstattungen: Für Selbstverwirklicher, die die Individualität der Wüste Gobi suchen

Schlusswort: Alle Astrologen und Esoteriker bedanken sich bei VW auf das Herzlichste

Überraschung: Astrologen und Esoterikern soll der VW Passat näher gebracht werden

Autothemen, also das Vorstellen eines Automodells, sind bei uns selten. Unsere Leser interessieren sich nicht für Autos, höchstens nur ein ganz klein wenig. Sie schweben im wahrsten Sinn des Wortes in höheren, in nicht irdischen Sphären, sozusagen im Kosmos. Wir sind die Redaktion des Fachblatts „Heaven“, das Interesse unserer Leser und somit das redaktionelle Wirken unsererseits drehen sich um Themen der Astrologie und Esoterik, also um überirdische und übersinnliche Belange. Da liegt es logischerweise auf der Hand, dass so banale Dinge wie die Berichterstattung über ein Automodell eigentlich nicht stattfinden.

Doch jetzt lag diese Einladung von Volkswagen auf unserem Besprechungstisch. Dieser steht mitten in der Redaktion, drum herum unsere Schreibtische, relativ planlos verteilt. Das Ganze ist für uns ein natürliches Großbüro, denn zuvor war der Raum das zwischenwand- und barrierefreie Lager eines Installateurs. An dem Lager wurde nichts verändert, somit blieben auch die nicht optimal wärmeisolierten Fenster.

Der Autokonzern würde sich freuen, uns eingehend über das Erfolgsmodell Passat informieren zu dürfen. Na ja, auch Astro-Esoteriker fahren Auto, wir ebenfalls. Wir beschlossen, der Einladung nachzugeben, mit unter dem Gesichtspunkt: endlich mal etwas anderes. Die Wahl fiel auf mich, ich sollte als Abgesandter und Vertreter von „Heaven“ der Einladung nachgeben, doch mit Auflagen. Keine Allerweltberichterstattung, sondern etwas Spezielles und Individuelles für unsere Leser sollte es schon sein. Etwas, das andere Fachblätter nicht haben, etwas astro-esoterisch-korrektes eben. Die Kollegen versteiften sich auf die Idee, während ich, der eingefleischte Radfahrer, noch überrascht am Besprechungstisch saß, dass die Autovorstellung unter dem Gesichtspunkt des Designs laufen sollte. Was genau haben die Designer bei der Kreation dieses VW-Modells sich gedacht? Haben sie überhaupt etwas gedacht oder kam alles aus dem Bauch heraus? Welchen Eingebungen folgten sie wie?

Ich stellte mich dieser Aufgabe, zuerst innerlich, dann sagte ich laut zu. Anschließend und angesichts der sehr vielen Veröffentlichungen über den Passat, die mir Google anzeigte, nahm ich mir vor, mich von dieser Vielfalt nicht beindrucken zu lassen. Auch sollten meine Kritikfähigkeit und journalistische Distanz darunter nicht leiden. Einen gänzlich neuen Blick auf die optische Gestaltung eines Automodells wollte ich werfen, natürlich unverstellt, alles im Sinne meiner Redaktionskollegen und unserer Leser. Zu meinem neuen Ansatz gehörte zum Beispiel die Frage: Was haben Sie vor einem genialen Design-Einfall gegessen oder getrunken?

Auch nahm ich mir vor, das Interesse unserer Leser hinsichtlich des chinesischen Kalenders zu befriedigen. Dieser Kalender mit den Tierkreiszeichen ist für unsere Stammleser so etwas wie die Bibel. Alles wird mit irgendwelchen Tieren und deren Eigenschaften in Verbindung gebracht. Somit befasste ich mich zu allererst mit dem Geburtsjahr dieses VW-Modells in der achten Generation sowie mit den Geburtsjahren aller vorherigen Modelle.

Modellentwicklung: Die achte Generation erschien im Jahr des Pferdes

Im Jahr 2014, es war das Jahr des Pferdes, der VW Passat der achten Generation rollte auf den Automarkt. Im chinesischen Kalender steht das Pferd für Aufregung, Abenteuer, Bewegungsdrang sowie Abwechslung in der Liebe. Im Passat-Lastenheft, die Arbeitsanleitung für die modell-zuständigen Mitarbeiter des Autokonzerns, waren Attribute vermerkt wie: das Fahrzeug muss, im Vergleich zum Vorgängermodell, schöner, leichter, leiser, sparsamer und hochwertiger sein. Diese Vorgaben sollten Fahrer anderer Automarken zum Wechsel auf die VW-Marke animieren – zum Abwechseln oder Fremdgehen nicht, denn diese Begriffe beinhalten den Weg zurück. Nach dem Ausprobieren geht es wieder zurück zum Gewohnten, was allerdings nach der chinesischen Astrologie auch richtig sein kann. Nicht bei Volkswagen, dort schaue man heute noch nach vorne, man wolle gezielt und dennoch sehr viele Fahrer anderer Automarken für sich gewinnen. Das wurde mir telefonisch aus Wolfsburg, der Zentrale des Fahrzeugkonzerns, mitgeteilt.

Somit verhält sich der Fahrzeughersteller konträr zur Himmelslehre aus dem fernen Asien. Diese sieht unter Abwechslung auch eine Auffrischungsmaßnahme, zum Beispiel für eine bestehende Liebe: nur mal kurz etwas anderes ausprobieren, dann weiß man das Bisherige wieder richtig einzuordnen. Ich notierte für mich: „Der dauerhafte Verbleib bei der Automarke, nach dem Wechsel die einbetonierte, umkehrlose VW-Autofahrertreue, das peilen die Macher in Wolfsburg mit dem Passat an.“

Natürlich befasste ich mich ebenso mit der Verbreitung des Modells, wie groß ist seine Pferdekoppel. Zuerst rollte es in die Verkaufshallen der deutschen Händlerbetriebe. Doch die Dealer im ganzen Abendland folgten rasch. Wobei die Engländer aus Eigenverschulden etwas warten mussten. Ihre rechtsgelenkten Versionen gab es später, erst 2015, im Jahr des Schafes. Eindeutig ist, die schwungvollen Merkmale des Pferdes sind diesem Tier fremd, es ist auch kleiner. Die Erhaltung der Harmonie und Gemeinsamkeit ist sein hauptsächliches Ding – alles weich, alles Wolle. Und das bei den Briten? Bei diesem Inselvolk, das gegen die EU-Gemeinsamkeit und für den Brexit ist. Und das auch untereinander alles andere als eine harmonische Gemeinsamkeit pflegt.

 

Die Weisungen des chinesischen Kalenders beinhalteten für Volkswagen: sie sollten bei den Inselautofahrern über eine Harmoniekurve den Markenwechsel zu ihren Gunsten hinbekommen. Tatsächlich hatten das die Wolfsburger versucht. Zum Beispiel mit einem Werbeplakat auf dem ein Engländer und ein Schotte abgebildet sind. Der Engländer im Rock, der Schotte in einer karierten Hose, Arm in Arm, so seitlich vor einem Passat. Darunter der Slogan „Wir freuen uns über die neue Harmonie“. Für den chinesischen Freiheitsdenker und Astrologen Ho Haschgut, ab und zu schreibt er auch für unser Magazin, wäre das „schafsgeil und dennoch progressiv“ rübergekommen. Allein die schottischen Separatisten verhinderten diese Aktion.


Er fährt vor, der Passat, in klassischen bis gedeckten Farben. Leider gibt es ihn nicht auch in Pink.

Über 22 Millionen Mal wurde der Passat, das erfolgreichste Modell des VW-Konzerns, bisher gebaut. Allein 2013 entschieden sich über 1,1 Millionen Menschen für ein Modell dieser Baureihe. Theoretisch wurde in jenem Jahr alle 29 Sekunden irgendwo auf dem Globus ein Passat respektive Magotan, so heißt das Modell im Reich der Mitte, verkauft. Zeitlich heruntergebrochen heißt das: über 3.000 Einheiten an jedem Tag, 126 in der Stunde, zwei pro Minute.

Dieser Erfolg hat ihn allerdings zum Heimatlosen, zu einem Grenzgänger gemacht. Ein VW-Pförtner mit Marketingkenntnissen bestätigte: „Es ist wahr, der erfolgreichste deutsche Geschäftswagen ist kein typischer Mittelklassewagen mehr. Jetzt pendelt er zwischen seiner einstigen Heimat, der Mittelklasse, sowie der oberen Mittelklasse und der Oberklasse.“ Auf meine Nachfrage, mit welcher Klasse es die größte Schnittmenge gibt, kam die Erklärung: „Er pendelt zwischen dem B- und C- Marktsegment.“

So ganz richtig konnte ich diese Antwort nicht einordnen. Doch das sollte mir bei VW, speziell bei den Design- und Marketingexperten, noch öfters passieren.

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