Eine Kindheit im Waldkindergarten

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Eine Kindheit im Waldkindergarten
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EINE KINDHEIT IM
WALD
KINDERGARTEN

EINE ENTSCHEIDUNGSHILFE

FÜR ELTERN UND

KOMMUNALPOLITIK


Originalausgabe

© 2021 Hirnkost KG, Lahnstraße 25, 12055 Berlin;

prverlag@hirnkost.de; http://www.hirnkost.de/ Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage Februar 2021

Vertrieb für den Buchhandel:

Runge Verlagsauslieferung; msr@rungeva.de

Privatkunden und Mailorder:

https://shop.hirnkost.de/

Lektorat: Klaus Farin

Layout: benSwerk; www.benswerk.com

ISBN:

PRINT: 978-3-948675-84-4

PDF: 978-3-948675-86-8

EPUB: 978-3-948675-85-1

Dieses Buch gibt es auch als E-Book –

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DER AUTOR

Stefan Lenz, Diplom-Sozialpädagoge (FH), nach dem Studium zunächst in der Heimerziehung tätig, danach bei der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGFH) im Rahmen eines Bundesmodellprojekts zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Beim Postillion e. V. hauptamtlich seit 2001 als Geschäftsführender Vorsitzender, zuvor seit 1985 ehrenamtlicher Vorsitzender.

INHALT

Kinder brauchen Waldkindergärten

Was ist ein Waldkindergarten?

Der Alltag im Waldkindergarten

Ihr Kind muss sich wohlfühlen

Die Gefahren des Waldes

Die Erfahrung des Gebrauchtwerdens

Sprechen lernen und die Liebe zum Lesen entdecken

Waldkindergarten ist Bewegung

Der Waldkindergarten ist mehr als nur die Abwesenheit von Lärm

Witterung und Wetter sind auf einmal wieder von ganz besonderem Interesse

Die Investition in die Ausstattung

Der Waldkindergarten ist für alle Kinder da

Vorbereitung auf das Leben – und die Schule

Plädoyer für Waldkindergärten als kommunale Infrastruktur

Der Waldkindergarten aus Sicht eines Oberbürgermeisters

Zum Schluss

Dachverband der Waldkindergärten

Fachbücher

Sonstige Literatur

Dank

Der Postillion e. V. als Ideengeber

Empfehlungen aus dem Hirnkost Verlag

KINDER BRAUCHEN WALDKINDERGÄRTEN

Im Wald konnte ich Kind sein“, erinnert sich der Waldpädagoge Daniel Scherr an die eigene Kindheit. Die Erinnerung an die eigene Kindheit prägt viele Kolleg*innen von Waldkindergärten, und sie ziehen hieraus eine starke Motivation für die Arbeit mit den Kindern. Ich selbst habe auf Freizeiten und in der Heimerziehung ebenfalls die beruhigende Wirkung des Waldes erfahren können. Es gab kaum Orte, an denen Kinder entspannter und ernsthafter spielen konnten. Die Wirkung des Waldes und der Natur waren stets deutlich spürbar. An Tagen, an denen in der Heimgruppe etwas in der Luft lag, war ein Ausflug in den Wald ein wirksames Mittel, einen Stimmungsumschwung anzubahnen. Das sind Erfahrungen, die beim Postillion e. V. dazu geführt haben, dass im Rhein-Neckar-Raum viele Waldkindergärten entstanden sind.

Der US-amerikanische Medienwissenschaftler Neil Postman prognostizierte schon vor Jahren ein „Verschwinden der Kindheit“ und warnte vor der Destabilisierung kindlicher Spielräume. In den verdichteten Räumen unserer Städte gibt es immer weniger Freiflächen, die Kinder besetzen können. Jeder Quadratzentimeter ist mit einer bestimmten Funktion verplant. Michael Ende leistet in seinem Buch Momo Widerstand gegen die Verdrängung der Freiräume von Kindern. Die kleine Momo schafft in dem alten Amphitheater ein Kinderparadies und fordert dadurch die Erwachsenenwelt heraus. Sie nimmt den Kampf gegen die kleinen grauen Männchen auf, die es geschafft haben, die Kinder in spezielle Kindereinrichtungen zu verbannen, die Straßen kinderfrei zu machen und so einen störungsfreien ökonomischen Alltag zu gestalten. Natürlich sind Waldkindergärten kein Paradies wie das Amphitheater von Momo oder Astrid Lindgrens Bullerbü. Eltern verhalten sich heute so, wie dies die Bildungspolitik lange gefordert hat, stellt Margit Stamm in ihrem beachtenswerten Buch Lasst die Kinder los. Warum entspannte Erziehung lebenstüchtig macht fest. Ein lesenswertes Buch, und auch für Eltern sehr zu empfehlen. Eines der Grundprobleme der heutigen Erziehung sieht Margit Stamm darin, dass durch die Leistungsstudien, wie zum Beispiel PISA, TIMSS, IGLU oder wie sie alle heißen, eine zunehmende Leistungs- und Wettbewerbsorientierung ausgelöst wurde. Immer wieder hören wir von Bildungspolitiker*innen, dass wir in eine Bildungskatastrophe laufen. Aus diesem Grund wird die Förderung aller Kinder schon in jungen Jahren gefordert, sodass sie besser als bisher auf die Schule vorbereitet werden. Vergessen sind die Worte von Jean Jacques Rousseau in seinem Werk Emil aus dem 18. Jahrhundert:

„Die Natur will, dass Kinder Kinder sind, ehe sie Männer werden. Kehren wir diese Ordnung um, so erhalten wir frühreife Früchte, die weder reif noch schmackhaft sind und bald verfaulen. Wir haben dann junge Gelehrte und alte Kinder.“

Gleichzeitig wird von Sozialpolitiker*innen die Kindheit als Ressource verstanden und vor Löchern in den Rentenkassen gewarnt, wenn die Anzahl der Beitragszahlenden in den nächsten Jahren weiter schrumpft. Eine gute Problembeschreibung kommt vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg. Hier hat Ulrich Bürger immer wieder vor dem demografischen Wandel gewarnt und die Auswirkungen auf die Sozialsysteme dargestellt1.

Insofern ist nachvollziehbar, dass es darum geht, Kinder frühzeitig so zu fördern, dass sie erwerbstätig sein und die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte meistern können. Dies ist ein neuer Fokus auf Kinder, den das 20. Jahrhundert so nicht gekannt hat.

Der Waldkindergarten ist eher ein Synonym für eine andere Form der Erziehung. Wo Kinder noch Kinder sein dürfen, wo das freie Spiel und Bewegung sehr viel Beachtung finden. Vielleicht passt es aber auch in die Zeit hinein, weil viele Eltern, die ihr Kind in den Waldkindergarten geben, dies sehr bewusst entscheiden, auch, um die Voraussetzungen ihres Kindes für das spätere Leben zu verbessern. So genau werden wir es nicht sagen können, und sicherlich ist nicht alleine der Kindergarten für den Bildungs- und Lebenserfolg eines Kindes verantwortlich. Im Übrigen hat sich am Bildungserfolg in Deutschland laut PISA-Studien wenig verändert. Der Bildungserfolg eines Kindes hängt nach wie vor sehr stark von der Bildungsherkunft der Eltern ab. Hier konnte die öffentliche Erziehung noch wenig ausgleichen.


Auf dem Weg in den Waldkindergarten; Foto: Carmen Scheurich, Waldkindergarten Hirschhorn

Mehr als 1.500 dieser „Kindergärten ohne Dach und Wände“ gibt es inzwischen in Deutschland – Tendenz steigend. Nicht nur Elternbefragungen, auch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen die Gründe für die hohe Nachfrage und Zufriedenheit bei Familien, die ihre Kinder schon dort untergebracht haben: Der tägliche Aufenthalt in der freien Natur fördert die Entwicklung der kindlichen Motorik und Wahrnehmungsfähigkeiten; Kinder im Waldkindergarten sind gesundheitlich stabiler, haben ein stärkeres Immunsystem, weniger Unfälle und fallen sicherer. Sie sind auf die kommenden schulischen Anforderungen sogar besser vorbereitet als Kinder, die einen Regelkindergarten besucht haben – in der Mehrzahl der Bereiche werden sie besser benotet. Da Waldkindergärten überwiegend kein kommerziell produziertes Spielzeug mit „vorgeschriebener“ Bedeutung nutzen, sondern mit Naturgegenständen spielen, wirkt sich die Waldpädagogik auch auf die Sprachentwicklung unterstützend aus, weil sich die Kinder untereinander und auch mit den Erwachsenen häufiger über die Bedeutung von Gegenständen und das Spielgeschehen verbal austauschen. Im Waldkindergarten sind Kinder generell weniger lärmbelastet als in geschlossenen Räumen, das verringert die Stressbelastung von Kindern und Pädagog*innen. Und nicht zuletzt durch die aktuelle Klimawandeldiskussion gerät eine natur- und umweltsensible Erziehung immer stärker in den Fokus. Hier haben Waldkindergärten einfach einen nicht zu schlagenden Standortvorteil. Was will dieses Buch? Die Schweizer Pädagogin Margit Stamm fordert eine gute Kindertagesbetreuung. Ich bin davon überzeugt, dass Waldkindergärten einen Beitrag hierzu leisten können. Dieses Buch möchte Eltern und Kommunalpolitiker*innen ermutigen, sich mit dem Thema Waldkindergarten auseinanderzusetzen, und für die Idee werben. Es soll einen kleinen Einblick geben, was Eltern im Waldkindergarten erwartet, und sie darauf vorbereiten. Dieses Buch ist entstanden auf Basis des Praxiswissens eines Verantwortlichen der Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg und zwei angrenzenden hessischen Städten, dessen Träger 17 Waldkindergärten und zwei Waldhorte betreibt. Wohlwissend, dass die bundesrepublikanische Kinder- und Jugendhilfelandschaft sehr heterogen ist und das Buch die gesamte Praxis nicht abbilden kann.

 

Eine Kindheit im Waldkindergarten; Archiv Postillion e. V.


Kinder lieben Matsch.

Foto: Waldkindergarten Wilhelmsfeld

WAS IST EIN WALDKINDERGARTEN

Bei der Eröffnung des ersten Waldkindergartens in Wilhelmsfeld waren viele Senior*innen erst einmal verwundert – Kinder den ganzen Tag draußen? Aber schnell erinnerten sie sich an die eigene Kindheit, in der sie auch den ganzen Tag draußen waren. Die zunehmende Überbauung vieler Freiflächen haben dazu beigetragen, dass Kinder weniger in der Natur spielen können. Doch die Idee des Waldkindergartens ist nicht in Deutschland, sondern in Dänemark entstanden. In Dänemark baute Ella Flatau Mitte der 1950er Jahre den ersten anerkannten Natur- und Waldkindergarten. Deutschland folgte 1968, als die Wiesbadenerin Ursula Sube einen nie genehmigten Waldkindergarten aufbaute. Erst 1993 folgte der erste offizielle Natur- und Waldkindergarten in Deutschland in Flensburg. Die Kindergärten werden im Achten Sozialgesetzbuch bundesweit geregelt, aber für die Ausgestaltung sind die Länder zuständig, daher gibt es regional große Unterschiede in Bezug auf die Zulassung der Natur- und Waldkindergärten.

In Deutschland gibt es mehrere Formen der Betreuung, in denen die Waldpädagogik umgesetzt wird. Im reinen Waldkindergarten verbringen die Kinder und Pädagog*innen den Tag im Wald und nutzen dabei einen bestimmten, räumlich abgegrenzten Bereich. Der Wald ist der Hauptaufenthaltsort für die Kinder und Pädagog*innen. Die Betreuungszeiten belaufen sich in der Regel auf vier bis sechs Stunden täglich an bis zu fünf Tagen in der Woche. Es gibt aber auch zunehmend Ganztageskindergärten, bei denen dann auch Ruheräume vorgehalten werden müssen. Feste Gebäude sind hier nicht die Regel, müssen aber zumindest erreichbar sein, um bei Sturm oder Gewitter geschützt zu sein. Jedoch verfügt jeder Waldkindergarten über einen festen Schutzraum, für den in den meisten Fällen ein Bauwagen dient. Die Varianten sind hier so groß, wie es Kindergärten gibt. Die Größe der zu betreuenden Gruppen umfasst meist 20 Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung. Für die Aufsicht sind zwei Erzieher*innen und meist eine Aushilfskraft (z. B. Praktikum, Freiwilliges Soziales Jahr) zuständig. Hier ist der im jeweiligen Bundesland gültige Personalschlüssel verantwortlich.


Je nach Standort entstehen um den Bauwagen herum weitere Bauten.

Von einem integrierten Waldkindergarten wird gesprochen, wenn die Waldgruppe in einen Regelkindergarten eingegliedert ist. Und auch hier gibt es viele Möglichkeiten – von festen Waldtagen für die jeweiligen Gruppen im Kindergarten oder von einer festen Waldgruppe, die fast jeden Tag im Wald ist. Auch bieten viele Kindergärten feste Projektwochen im Wald an.

Beim Bauernhofkindergarten verbindet sich die Idee der Naturpädagogik mit der Idee der Versorgung der Tiere. In einer Zeit der Massentierhaltung möchten Bauernhofkindergärten den Bezug zur Landwirtschaft wiederherstellen. Eine Idee, die aus meiner Sicht Zukunft hat, leider oft daran scheitert, dass es nur wenig geeignete Höfe gibt, bei denen sich ein solcher Kindergarten andocken kann. Gerade in kleinen Dörfern könnte der Kindergarten das gesamte Dorf als Spiel- und Erfahrungsfläche nutzen. Das Dorf als Lebensraum wiederzuentdecken könnte auch zur Zukunft des Dorfes beitragen.


Foto: Melanie Ebert


Im Wald verstecken; Foto: Carmen Scheurich, Waldkindergarten Hirschhorn

Waldkindergärten sind mittlerweile eine in Deutschland anerkannte Form der Kindertagesbetreuung. Dabei haben sich die Waldkindergärten selbst ausdifferenziert. Gerade in verdichteten Räumen, in denen es keinen Wald gibt oder dieser nicht für einen Kindergarten nutzbar gemacht werden kann, haben sich bereits andere Formen entwickelt. Das baden-württembergische Landesjugendamt, der Kommunalverband für Jugend und Soziales, der auch für die Betriebserlaubnis von Kindertageseinrichtungen zuständig ist, hat eine Broschüre herausgegeben, in der viele Regelungen zum Thema Waldkindergärten und deren Betriebserlaubnis aufgeführt sind. „Da zusätzlich zum klassischen Waldkindergarten in den letzten Jahren verschiedenste Naturräume (Wiese, Park, Jugendfarm, Heide, Strand etc.) für diese Betreuungsform genutzt werden, wird in dieser Broschüre die umfassende Bezeichnung ‚Naturkindergarten‘ gewählt.“2 Gleichwohl muss die Aufsichtsbehörde aufmerksam bleiben, dass der Wildwuchs hier nicht Blüten treibt und Einrichtungen entstehen, in denen eine gute Pädagogik kaum noch durchführbar ist. Nicht jede Wiese in einem Hochhausgebiet, auf der ein Bauwagen steht, ist als Naturkindergarten tatsächlich geeignet. Schöne Naturkindergärten gibt es auf Streuobstwiesen. Hier kann das Gelände noch sehr viel stärker bearbeitet und von den Kindern gestaltet werden als in einem Waldkindergarten. Mit Holzpaletten lassen sich schöne Spielgelegenheiten schaffen. Außerdem kann ausgiebig gegärtnert werden.

Die Nähe zum Ort selbst bietet natürlich ganz andere Möglichkeiten als ein Kindergarten etwas weiter außerhalb im Wald. Für die An- und Abfahrt sind weniger Autos notwendig. Mitunter kann der Besuch der Einrichtung sogar zu Fuß oder mit dem Fahrrad erfolgen. Was auch noch eine Rolle spielt: Der Ort selbst kann miteinbezogen werden, wenn Büchereien, Spielplätze und Parks erreichbar sind. Der Kindergarten rückt dann wieder mehr in die Gemeinschaft. Für die Erwachsenen sind diese Kinder auch wieder stärker sichtbar.

„Unter den Begriffen Natur- und Waldkindergarten wird oftmals ein und dasselbe verstanden. Jedoch gibt es bei diesen elementarpädagogischen Einrichtungen wesentliche Unterschiede. In den Waldkindergärten geht es darum, Kinder in die Natur zu bringen, wohingegen Naturkindergärten den Gedanken verfolgen, die Natur in den Kindergarten zu holen. Dies kann unter anderem dadurch geschehen, dass naturnahe Spielflächen angelegt, Wiesen rekultiviert, Wasserstellen und Biotope geschaffen, Kleintier gehalten oder Gemüsegärten betrieben werden. Diesen Kindergärten wird nachgesagt, dass sie gegenüber den Waldkindergärten konzeptionell breiter angelegt sind und einen guten Beitrag dazu leisten können, Kindern ein ökologisches Bewusstsein zu vermitteln. Eine genaue Abgrenzung der beiden Einrichtungen ist jedoch nicht möglich, da sich viele Waldkindergärten auch Naturkindergärten nennen und sich oftmals die beiden pädagogischen Konzepte innerhalb der Einrichtung miteinander vermischen“3


Auch auf Streuobstwiesen können Kindergärten entstehen, hier kann dann auch gebaut werden. Foto: Jens-Peter Schneider, Naturkindergarten Wiesloch

Der reale Besuch eines Waldkindergartens bringt viele Erwachsenenaugen zum Leuchten. „So habe ich mir das gar nicht vorgestellt“, ist eine der häufigen Äußerungen, die man zu hören bekommt, wenn man mit Politiker*innen oder Eltern in eine Einrichtung geht, um ihnen zu zeigen, was genau ein Waldkindergarten ist. „Es ist ein Ort, an dem die Kinder noch echte ‚Heldengeschichten‘ erleben können, die sie sehr prägen und von denen sie viel lernen und in Erinnerung behalten. In welchem ‚normalen‘ Kindergarten musste schon mal ein Kind aus dem Baum gerettet werden? Musste man sich vorsichtig von einem Wespennest und den ausschwirrenden Bewohnern entfernen? Einem anderen Kind helfen, sich aus fiesen Dornenbüschen zu befreien? Solche Situationen ergeben sich in einem normalen Kindergarten gar nicht oder werden von den Erzieherinnen gelöst. Im Wald sind aber meist die Kinder direkt in der Situation dabei und haben einen aktiven Part als Helfer in der Not. Meine Kinder erzählen auch Wochen später von solchen Erlebnissen und sind unendlich stolz, wenn sie dabei helfen konnten“, berichtet Ariane Bayram, Mutter im Waldkindergarten Graben-Neudorf.

Ein Bild, das ich spontan mit dem Waldkindergarten verbinde, sind die verzweifelten Versuche einiger Eltern nach einem Regentag, die völlig vermatschten, aber strahlenden Kinder mit dem Auto nach Hause zu bekommen. Der Versuch, die Kinder komplett umzuziehen, das Auto mit Mülltüten auszustatten, zeigt, dass der Waldkindergarten auch an Regentagen für die Kinder toll sein kann – nicht immer aber für die Eltern. Mit den unterschiedlichen Witterungen – Regen, Schnee, Sonne – zu leben und die spezifischen Erfahrungen zu machen, ist eine Herausforderung. „Am ersten Tag war ich als Mama zur Eingewöhnung mit im Waldkindergarten. Es war faszinierend zu sehen, wie wohl sich Miriam vom ersten Augenblick gefühlt hat. Sie erkundete das Gelände und war tatsächlich in der Lage, eine Eidechse zu fangen. Ich werde ihr glückliches Gesicht niemals vergessen.

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