Familienstellen mit Symbolen. Optimale systemische Lösungen auf dem Papier entwickeln

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Um die Lösung eines »Problems« zu finden, müssen wir nicht immer genau wissen, wo es herkommt – das ist aus meiner Sicht zu eindimensional in der alten Weise von Ursache und Wirkung gedacht, denn was tun wir, wenn wir wissen, wo es herkommt (oder von wem?). Haben wir dann den »Schuldigen« gefunden und bestrafen ihn? Zum Beispiel durch Maßregelung, Kündigung oder zumindest durch das Einreden eines schlechten Gewissens? Wenn das zugrunde liegende gemeinsame Thema nicht gesehen wird, kann es auch keine grundlegende Änderung im Gesamtsystem geben. Alle Beteiligten tragen ihre energetischen Schwingungen in die »Familie« mit hinein, auch diejenigen, die schon verstorben sind und die man vielleicht aus irgendeinem Grund gern vergessen möchte. Überhaupt müssen wir nichts mehr ganz genau wissen. Dieses Bedürfnis entspringt dem Verstand, der nichts so ungern leiden mag, wie die Kontrolle abgeben zu müssen. Wenn ich nicht mehr wissen muss, wo etwas herkommt, dann kann ich mich im ersten Schritt mit dem beschäftigen, was nun einmal JETZT ist. Erst wenn ich die Ist-Situation annehme und möglichst nicht mit gut oder schlecht, »will ich« oder »will ich nicht«, ja oder nein bewerte, habe ich die Sinnhaftigkeit der aktuellen Situation angenommen. Und schon daraus kann ein Schritt hin zur Veränderung zum Wohle aller Beteiligten entstehen.

Zeige dich so, wie du bist – alles darf sein!

Meine Hauterkrankung konnte sich also so lange nicht in Richtung Heilung bewegen, wie ich versuchte, sie mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln wegzubekommen. Sobald die Symptome aufgetaucht waren, hatte ich mich bemüht, die Schuldigen zu finden: die schlechte Ernährung, zu wenig Bewegung, zu viel Stress, unterdrückte Emotionen, was auch immer … Mein inneres Milieu blieb sauer – wie auch meine Stimmung ob der nutzlosen Versuche, beschwerdefrei zu werden. Dabei ist aus Sicht des Gesamtgefüges, dessen Bestandteile ich in der Regel ja gar nicht vollständig sehen kann, die Situation, in der ich mich »wiederfinde«, genau die richtige für mich. Das Feld der Symptome, Beschwerden oder unliebsamen Situationen und Ereignisse gibt mir die Chance und die Zeit, mich wiederzufinden in dem, was ich wirklich als Ganzheit bin.

Das gilt natürlich auch für alle anderen an diesem Prozess beteiligten Personen, zum Beispiel in einer Firma. Wenn ich einen Mitarbeiter aus egoistischen Gründen loshaben möchte, um zum Beispiel dessen Posten zu bekommen, dann bleibt dieser Egoismus im gemeinsamen Feld bestehen und wird sich mir früher oder später innerhalb dieses Feldes auch präsentieren, zum Beispiel, indem ich in eine ähnliche Situation gerate, wo ich mich aber diesmal in der Rolle des Gekündigten wiederfinde.

Wenn Sie sich also gerade in einer unschönen Situation befinden, unzufrieden mit Ihrer Arbeit sind, unter Ihrem Chef oder Partner leiden, nicht mehr wissen, wie Sie Ihren Kindern in der Schule helfen können, wie Sie die Schmerzen loswerden oder wo Sie das Geld für die nächste Miete herbekommen … dann unternehmen Sie die richtigen Schritte, aber erst, nachdem Sie diese Situation und damit das Jetzt zu 100 Prozent als passend angenommen haben! Denn Sie selbst haben Ihre momentane Lage als äußerst machtvolles Seelenwesen selbst erzeugt, um daraus etwas lernen zu können. So habe ich in meinem Heiltraum genau diese Lektion gelernt: »Zeige dich so, wie du bist« bedeutete nichts anderes als »Nimm das als sinnvoll an, was jetzt ist, und verstecke es nicht vor dir oder anderen«.

Erst wenn Sie dazu Ja sagen, können die nächsten Schritte zur Lösung erfolgen – aber gemeinsam mit allen anderen. Wer diese am Gesamtsystem Beteiligten sind, können wir nicht unbedingt so klar sehen, wie bei den Mitarbeitern einer Abteilung. Im System Körper kennen wir auch nicht jede Zelle persönlich – oder genau genommen nicht einmal einen einzigen dieser wunderbaren Mitarbeiter –, und dennoch findet Heilung statt.

Dass Heilung geschieht, so, wie es schon millionenfach ohne unser bewusstes Zutun geschehen ist, darauf können wir vertrauen, auch wenn wir nicht hineinschauen können. Wir müssen uns nicht darum kümmern, welche Zellen sterben, verschwinden, erneuert werden, reaktiviert werden oder eine Auszeit nehmen. Das tut das intelligente Gesamtsystem selbst.

Durch das bedingungslose Annehmen dessen, was jetzt ist, geben wir schon einen Startimpuls in Richtung Heilung bzw. harmonische Ordnung in das Gesamtsystem hinein. Wir delegieren sozusagen die Ausführung an die besten Mitarbeiter, lassen aber vollständig davon ab, jeden hinterher kontrollieren zu müssen. Das ist Vertrauen.

GRUNDLEGENDE WIRKPRINZIPIEN DER SYSTEMISCHEN ARBEIT

Es ist sinnvoll, bei Familien- bzw. systemischen Aufstellungen bestimmte Prinzipien und einige Grundannahmen zu berücksichtigen, die aus den von Bert Hellinger beobachteten Grundprinzipien weiter entwickelt wurden.

Anerkennen, was jetzt ist

Allen voran muss das Gegebene anerkannt werden, denn es ist nun mal jetzt da und möchte nicht wieder abgedrängt werden. Die Einhaltung dieses Prinzips erweist sich als besonders wichtig, da sich alle Grundannahmen von ihm ableiten lassen und eine Nichteinhaltung sich ebenfalls auf diese auswirken würde. Wenn wir etwas nicht sehen wollen, was nun mal in Erscheinung getreten ist, weil wir uns dafür schämen, schuldig fühlen oder es unser Ego bedroht, kostet es viel Kraft, dies wieder unter die Oberfläche zu drücken, und es würde später doch wieder auftauchen. Die dafür aufgewendete Kraft fehlt uns dann an anderer Stelle, zum Beispiel dafür, unseren erfolgreichen Weg in Freiheit und Leichtigkeit ohne unbewussten Ballast weitergehen zu können.

Das Prinzip der Zugehörigkeit

Hier wird die Frage nach den Mitgliedern des jeweiligen Systems geklärt. Das dazugehörige »Prinzip des Nichtausschlusses« besagt, dass alle Mitglieder dieser »Familie« (es kann auch eine Firmenfamilie, Erfolgsfamilie oder Geldfamilie sein) das Recht haben, nicht von »ihrem« System ausgeschlossen zu werden. In der Familienstellungspraxis wird üblicherweise der Leiter bzw. Therapeut versuchen, ausgeschlossene oder tabuisierte Mitglieder zu finden und diese in die Aufstellung aufzunehmen. Das können direkte oder weiter entfernte Ahnen sein, verstorbene oder verleugnete uneheliche Kinder, zu Unrecht Entlassene einer Firma, hintergangene Eheoder Geschäftspartner oder sogar ausgegrenzte Gefühle wie Schuld, Egoismus oder Scham. Die verwandtschaftlichen Beziehungen einer Familie, die durch die Geburt entstehen, bleiben immer erhalten, sodass alle Mitglieder an den Prozessen innerhalb des Systems beteiligt sind. Auf der Unternehmensebene können zum Beispiel Mitarbeiter auf die nicht gerechtfertigte Kündigung eines Kollegen mit Dissonanzen in der Abteilung reagieren, da ein Teil ihres Systems »entfernt« und durch die Kündigung verstoßen wurde. Warum das Betriebsklima seitdem so schlecht ist, kann nicht rational begründet werden, ist jedoch aus systemischer Sicht fast logisch. Dies gilt nicht unbedingt bei berechtigten Kündigungen oder echtem gegenseitigem Einvernehmen.

Das Prinzip der Gleichwertigkeit

Dieses Prinzip geht auf die Daseinsberechtigung aller Systemmitglieder ein. Nur wenn alle beteiligten Personen oder Bestandteile eines Projektes als gleichwertig betrachtet werden, kann eine optimale Lösung gefunden werden. Dieses Prinzip sichert eigentlich die Existenz des ganzen Systems, da ohne die Berücksichtigung aller wesentlichen Bestandteile kein 100-prozentiger Erfolg möglich sein wird. Irgendein Störfaktor würde am Rande des Systems wirksam bleiben und sich dementsprechend irgendwann wieder in meist unangenehmer Weise melden, um als Teil des Systems gewürdigt zu werden.

Das Prinzip der zeitlichen Reihenfolge

Obwohl die Zugehörigkeit aller Systemmitglieder als gleichwertig betrachtet wird, sollte jedoch die zeitliche Reihenfolge ihres Eintritts in das System berücksichtigt werden. Innerhalb einer Familie hat zum Beispiel das ältere Mitglied Vorrang vor dem jüngeren, der Vater vor dem Sohn. Ein Beispiel für dieses Prinzip wäre beispielsweise das Wachstum des Systems Familie durch die Geburt eines Kindes. Der Respekt vor der Leistung der früheren Mitglieder verhindert, dass diese sich vom neuen Mitglied eingeengt oder verdrängt fühlen. Als Aufsteller müssen Sie zunächst feststellen, welche Personen dem System angehören und dann, welches Mitglied Vorrang vor einem anderen hat. Wenn ich zum Beispiel eine Familienaufstellung auf dem Papier skizziere, frage ich, wie viele Familienmitglieder die aktuelle Familie hat: Vater, Mutter und alle Kinder. Der Vater wird rechts (männliche Seite) auf dem Blatt skizziert (Strichmännchen reicht), dann links neben ihm die Mutter, dann das älteste Kind links daneben usw. Es ist wichtig, nach verstorbenen Kindern zu fragen (auch Abgänge oder Abtreibungen), denn diese müssen in der richtigen Reihenfolge aufgemalt werden, bis die Familie vollständig versammelt ist. Schon allein dadurch, dass alle an ihrem Platz gewürdigt werden, kann das Gesamtsystem an Ordnung und Harmonie gewinnen – und das spüren wir ziemlich rasch im konkreten Beziehungs- oder Arbeitsalltag.


In einer Familie, in der die Mutter alkoholkrank war, hatte das älteste Kind die Rolle der Mutter eingenommen und sich im Alltag um die beiden kleineren Geschwister gekümmert. Es war somit aus der natürlichen Reihe der Familienmitglieder herausgefallen, was zu depressiver Verstimmung und zunehmender Vereinzelung geführt hatte. Allein durch das Aufmalen auf dem Papier in der richtigen Reihenfolge konnte das Kind seinen Platz in der Familie wieder einnehmen, und in der Folge wurde eine externe Betreuungsperson für die Mutter gefunden.

 

Das Prinzip der Würdigung der Vorangegangenen

Wenn allerdings aus einem System zwei oder mehrere neue Systeme hervorgehen, dann steht das neue System in der Reihenfolge vor dem alten. Ein Beispiel aus der Praxis wäre das Entstehen einer neuen Familie durch Heirat oder die Abspaltung einer Tochterfirma von einem Unternehmen. Diese neuen Systeme müssen besonders geschützt werden, damit sie die Chance haben, eine innere Stabilität aufzubauen. Neue Systeme, in denen alle vorhandene Kraft in interne Konflikte fließt, haben wenig Chancen, sich zu stabilisieren. Dieses Prinzip regelt die Würdigung des Einsatzes des einzelnen Systemmitglieds für das System, auch wenn das Mitglied schon ausgeschieden oder verstorben ist. Die Energie kann nach erfolgter echter Würdigung wieder frei fließen und den Systemerhalt sichern.

Systeme dagegen, die zu sehr um ihre Existenz kämpfen müssen, können nicht ausreichend für Wachstum und Fortpflanzung sorgen bzw. haben keine Energie mehr dafür übrig. Zum Beispiel gelang es einem Firmeninhaber nicht, einige Anteile seines Unternehmens wie geplant zu verkaufen, bis er den Einsatz seines ausgeschiedenen Vaters für diese Firma gewürdigt hatte. Daraufhin lief das Vorhaben problemlos. Ein Mann, der aus seiner unglücklichen Ehe, die drei Kinder hervorgebracht hatte, in eine erfülltere Partnerschaft mit einer neuen Frau kam, litt sehr unter den Angriffen seiner Exfrau, bis er deren Leistung für das Gesamtsystem Familie gewürdigt hatte – ungeachtet der emotional verletzenden Erlebnisse der vergangenen Ehejahre. Daraufhin fanden beide Elternteile eine für alle Beteiligten befriedigende Lösung im Umgang miteinander und im Umgang mit ihren Kindern. Vor allem aber hatte jetzt die neue Beziehung eine Chance, erfüllt zu bleiben, da keine Energie mehr an das alte System abgegeben werden musste.

Das Prinzip der Wertschätzung von individuellen Fähigkeiten

Egal welche Fähigkeiten das einzelne Familienmitglied hat, es darf gewürdigt und wertgeschätzt werden. Die Fähigkeiten der einzelnen Systemmitglieder sollen von den anderen Mitgliedern gewürdigt werden. Durch die so erfahrene Wertschätzung kann jeder einzelne Beteiligte seine Fähigkeiten weiter ausbauen und seine individuellen Potenziale erweitern. Jeder hat individuelle Fähigkeiten, und es ist gut, diese im Gesamtsystem nicht zu bewerten – im Sinne von besser oder schlechter –, sie sind einfach anders und wichtig für das Zusammenspiel der großen Familie. Die Unterschiede zwischen den Systemmitgliedern werden auf diese Weise gewürdigt, und dies führt wiederum dem Gesamtsystem mehr Kraft zu. Letztendlich kommen wir durch diese Wertschätzung individueller Fähigkeiten zu einem vielseitig ausgerichteten System, das angemessen und kompetent auf unterschiedliche Konflikte, Herausforderungen und Chancen aller Art reagieren kann.

AUFSTELLUNGSFORMATE: MÖGLICHKEITEN DER SYSTEMISCHEN ARBEIT

Im Folgenden möchte ich einige Beispiele aus verschiedenen Bereichen, in denen Familien- und Systemaufstellungen durchgeführt werden, vorstellen. Systemische Aufstellungen werden heutzutage sowohl im Bereich der Therapie als auch der pädagogischen Beratung zur Lösung von Problemen aus den verschiedensten Bereichen angewendet. Neben Konflikten in der Familie oder im weiteren sozialen Umfeld können auch Probleme mit der eigenen Person sowie körperliche oder psychische Störungen bzw. Probleme aufgestellt werden.

Familienstellen nach Bert Hellinger

Bert Hellinger wird oft als der Begründer der Familienaufstellung bezeichnet, obwohl er das nicht ist. Er hat das Verfahren aber wieder populär gemacht. Neben der Anerkennung seiner ersten Entwicklungen und Erfolge, die er für die Methode der Aufstellung im Allgemeinen erzielte, steht aber häufig die Kritik an seiner derzeitigen Arbeit und deren Folgen im Vordergrund. Viele Psychotherapeuten befürchten, dass der Bereich der systemischen Beratung und Therapie durch Hellingers Methoden in Verruf geraten könnte. Neben dieser Sorge steht auch das Wohl des Klienten im Vordergrund, das bei einer Familienaufstellung nach Bert Hellinger nicht immer gewährleistet zu sein scheint.

Bereits 2002 erschien die »Stellungnahme der Systemischen Gesellschaft zur Aufstellungsarbeit nach Bert Hellinger« mit dem Fazit, dass es sich bei Hellingers Aufstellungen in keinem Fall um eine Methode der systemischen Therapie handeln kann. Im Juli 2004 wurde die »Potsdamer Erklärung zur systemischen Aufstellungsarbeit« veröffentlicht, die der Distanzierung der systemisch arbeitenden Berater und Therapeuten von Bert Hellinger dient. Die Erklärung geht detailliert auf einzelne Kritikpunkte ein, welche sich nicht mit den systemischen Grundprinzipien vereinbaren lassen, wie beispielsweise »die Verwendung mystifizierender und selbstimmunisierender Beschreibungen oder der Einsatz potenziell demütigender Interventionen und Unterwerfungsrituale«.

Die Kritik macht deutlich, dass viele Hellingers Methode für eine sowohl für den Berufsstand der systemischen Therapeuten als auch für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Klienten äußerst gefährliche Vorgehensweise halten. Kritisiert werden vor allem Hellingers Auftritte auf großer Bühne, bei dem Personen »vorgeführt« werden und danach mit ihren in der Aufstellung gewonnenen und oft schockierenden Erkenntnissen und deren Bewältigung allein gelassen werden – ohne dass eine professionelle Aufarbeitung bzw. Weiterbegleitung sichergestellt wird.

Die kontroverse Diskussion hat auch bei Interessierten und Klienten zum Teil zu Verwirrung oder Ablehnung therapeutischer Familienaufstellungen geführt, zumal der Begriff »Aufstellung« noch immer zum Großteil mit der Vorgehensweise Hellingers assoziiert wird. Auch führte die Entwicklung der systemischen Ansätze zu einigem Wildwuchs an Angeboten, der es dem Laien nahezu unmöglich macht, »seine« Aufstellungsform zu finden.

Ich persönlich würdige Hellingers Arbeit als Wegbereiter einer wertvollen Methodik, folge aber seinem eingeschlagenen Weg nicht, denn aus meiner Sicht ist ein Hervorholen von leidvollen Situationen und Emotionen nicht (mehr) notwendig, um gute Lösungen für alle Beteiligten finden zu können. Dazu aber mehr im Teil 3, Praxisanleitungen, ab Seite 105.

Familienstrukturaufstellungen

Eine Familienstrukturaufstellung folgt im Wesentlichen den oben aufgezählten Kriterien (Prinzipien) und wird üblicherweise sowohl in der theoretischen Konzeption als auch in ihrer praktischen Umsetzung vom Familienstellen nach Hellinger getrennt. Die heutzutage weitverbreitete Vorgehensweise ist diejenige, persönliche oder symbolische Stellvertreter (Holzklötzchen, Figuren, Kissen) für die Familienmitglieder oder die Mitglieder anderer Systeme (Firma, Schule, Lehrer usw.) an verschiedene Positionen zu legen oder zu stellen. Was bei persönlichen Aufstellungen immer wieder das Erstaunlichste ist, ist die Tatsache, dass der Stellvertreter die Befindlichkeit und Gefühle einer (eventuell bereits verstorbenen) Person empfinden und wiedergeben kann, obwohl er diese Person doch gar nicht »kennt«. Dies zeigt sehr schön die Verbundenheit allen Lebens untereinander, das Wirken des Netzes, in dem alle Informationen abgespeichert sind. Über das Familienstellen haben wir Zugriff auf die Informationen dieses Netzes und können Dissonanzen harmonisieren und die Ordnung im Gesamtgefüge wiederherstellen. Auf welche Weise die Ordnung wiederhergestellt wird, variiert je nach Therapeut. Auch schon ein Platzwechsel oder das Schauen auf den anderen aus einer veränderten Perspektive (wir sehen die andere Seite der Medaille) kann hier Heilimpulse für das Gesamtgefüge in Gang setzen.


Für das Familienstellen bzw. die systemische Arbeit brauchen wir nicht unbedingt Menschen als Stellvertreter. Schon wie der Betroffene die »Personen« in Form von z. B. Holzfiguren positioniert, kann einiges darüber verraten, wie die Beteiligten zueinander stehen. Schauen Sie von verschiedenen Richtungen auf das gesamte Feld, und Sie werden die unterschiedlichen Ansichten und Gefühle spüren können.

Lösungsorientierte systemische Aufstellungen

Wie schon der Name sagt, stehen hier nicht die Probleme mit ihren zum Teil dramatischen Empfindungen im Mittelpunkt der Arbeit, sondern es wird versucht, durch das Aufstellen der betroffenen Person und der möglichen Lösungen Klarheit zu schaffen und eventuelle Ängste abzubauen. Die betroffene Person wählt sich zum Beispiel aus der Gruppe eine Stellvertreterin für sich selbst und eine andere Person für ihr angestrebtes Ziel aus, das sie vielleicht bisher nicht verwirklichen konnte, zum Beispiel eine schöne Arbeit. Eine dritte ausgewählte Person könnte zum Beispiel die Angst vor Veränderung repräsentieren. Die Auswahl und Positionierung der Repräsentanten liegt hier allein beim Klienten, der Therapeut sollte in diesen Prozess nicht eingreifen, ihn höchstens mit Vorschlägen (zum Beispiel, die Positionen zu verändern) begleiten. Man geht hier davon aus, dass nur der Klient das Wissen besitzt, die passende Person und die ihr zugehörige Position in der Aufstellung zu finden, und er soll auch verantwortlich die passenden Positionsveränderungen veranlassen, bis sich das ganze stimmig anfühlt.

Systemaufstellungen dienen zunächst der Klärung von Beziehungen innerhalb von zwischenmenschlichen oder nicht-personalen Systemen. Durch das Aufstellen der involvierten Personen, Problemaspekte, Körperteile oder abstrakten Sachverhalte – wie beispielsweise Situationen – können die Strukturen und Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen aufgedeckt und anschließend durch Stellungs- oder Prozessarbeit verändert werden. Der Klient hat die Möglichkeit, über die Visualisierung seines Problems eine neue Perspektive einzunehmen, zum Beispiel über die Betrachtung des Problems von außen oder die Äußerungen der Repräsentanten.

Die Visualisierung des Problems lässt sich mit der Rekonstruktion der eigenen Wirklichkeit gleichsetzen. Der Klient erstellt ein Abbild seiner Perspektive, welches er mit all seinen Sinnen erfahren kann. Dieses Bild wird während der Aufstellung infrage gestellt, Konflikte werden thematisiert, Strukturen des Systems aufgezeigt. Dieser Prozess lässt sich als Dekonstruktion der eigenen Wahrheit beschreiben, er geht der Konstruktion einer neuen Wahrheit voraus. Diese baut auf die vorhandenen Annahmen auf, erweitert sie aber hinsichtlich der neuen Erfahrungen.


Sobald ein Mensch als Stellvertreter für eine andere Person den Platz im Raum einnimmt, kann er die Gefühle und Befindlichkeiten dieser Person wahrnehmen, selbst wenn diese schon verstorben ist oder er die Person gar nicht kennt. Das zeigt sehr deutlich, dass eine energetische Verbundenheit über Raum und Zeit hinweg existieren muss

Organisationsberatung

Die systemischen Strukturaufstellungen haben sich zu einer beliebten Methode im Bereich der Organisationsberatung entwickelt, da sie zum einen auf die systemischen Gegebenheiten eingehen, andererseits die kreative und emotionale Seite der Klienten ansprechen. Wir alle leben ja nicht nur in Familienbeziehungen, sondern vor allem auch in den vielfältigsten Strukturen und Gefügen unserer Arbeitswelt. Viele Menschen verbringen inzwischen mehr Zeit im Büro als mit dem Partner oder der Familie. Zum Beispiel kann man eine Organisations-Strukturaufstellung zur Lösung von Problemen bei der Zusammenarbeit mit den Kollegen anwenden. In der klassischen Aufstellung mit Personen wählt und stellt der Klient hierbei zunächst seinen eigenen Repräsentanten auf und danach die Repräsentanten für seine Kollegen (möglichst in der Reihenfolge, in der sie in die Abteilung kamen). Diese fühlen sich in die jeweiligen Personen ein und antworten aus deren Perspektive. Anschließend kommentiert der Klient das entstandene Bild und die Äußerungen der Repräsentanten. Nach dem Umstellen der Repräsentanten und zum Beispiel nach der Würdigung der Systemälteren, die energetisch Vorrang vor den Jüngeren haben, fühlt sich am Ende meist für alle Beteiligten das neue Gefüge viel besser an.

Die Erfahrungen zeigen, dass Organisationsaufstellungen eine vielseitige Methode sind, die sowohl in kleinen als auch in großen Unternehmen mit unterschiedlichen Themen und Ansprüchen angewendet werden können. Die Themen der Aufstellung erstrecken sich über interne Angelegenheiten, die das Betriebsklima betreffen, bis hin zu Entscheidungsfindungen hinsichtlich des Personals oder der Produkte.

 

Organisationsaufstellungen können wir effektiv und mühelos auf dem Papier machen. Der energetische Ausgleich geschieht dann durch das Einzeichnen von Symbolen oder Worten an den Stellen, wo es Ausgleich und Harmonisierung braucht, über die Würdigung der Älteren oder Ausgeschiedenen bis hin zur Optimierung der gesamten Aufstellung auf dem Papier, indem zum Beispiel Konfliktthemen gefunden und bereinigt werden, die auf der ganzen Firma lasten. Es ist eine Arbeit, die ich sehr oft und gern durchführe. Letztendlich dient eine Bereinigung des geschäftlichen Feldes immer auch den privaten und familiären Beziehungen.


In der Marketingabteilung einer mittelständischen Firma herrschte zwischen zwei Vertriebsleitern seit geraumer Zeit eine zunehmende Spannung, die auf Konkurrenz um die leitende Position zurückzuführen war. Darunter litt die ganze Abteilung, was sich durch Unruhe und Unkonzentriertheit bei einem Großteil der Angestellten bemerkbar machte. Nach der Bereinigung des systemischen Feldes fand sich für einen der Vertriebsleiter eine andere Position innerhalb der Firma, und es kehrte wieder Ruhe und Zufriedenheit ein.

Aufstellungen für Schule und Kinder

Es ist schade, dass Systemaufstellungen im schulischen Bereich bisher nur wenig im Unterricht eingesetzt werden. Wenn, dann höchstens ziemlich selten im Rahmen der Schulpsychologie. Dabei kann die Aufstellungsarbeit für die Themen Schule, Kinder, Lehrer usw. allen Beteiligten einiges an Erleichterung verschaffen. Aufstellungen haben zwar schon den Weg in die Beratung und Therapie gefunden und beginnen, sich auch im Bereich der Organisationsberatung und Schule zu etablieren, doch hier gibt es noch einiges an Geduld aufzubringen, bis sich kind- und schülergerechte Vorgehensweisen ihren Weg bahnen. Kinder bzw. Schüler möchte man ja darüber hinaus nicht allzu heftigen Gefühlsprozessen aussetzen, eine Vorgehensweise à la Hellinger kann ich mir hier nur schwer vorstellen. Vor allem sowieso schon traumatisierte Kinder möchte man keiner Reaktivierung eines alten Traumas aussetzen. Dazu kommt, dass Kinder oft Themen und Probleme ihrer Eltern oder anderer Vorfahren tragen, sie tun das (unbewusst) aus der Liebe heraus. Wir Erwachsenen können sie auch nicht vorsorglich davor schützen, denn in dem Augenblick, wo wir merken, dass alles Behüten und Bewahren nicht funktioniert hat, reaktivieren die Eltern zum Teil alte Schuldgefühle bei sich selbst, und dies trägt nicht gerade zur Heilung des Gesamtsystems bei.


Die zwölfjährige Laura war immer öfter mit Bauchschmerzen krank und blieb deswegen der Schule fern. Sie klagte über Mobbing durch andere Schüler und »gemeine« Lehrer. Nach der Aufstellung auf dem Papier konnte sie wieder wahrnehmen, dass ihre Freundinnen nicht aufdringlich sein wollten, wenn sie sich erkundigten, wo sie denn gewesen sei, sondern echtes Interesse an ihr hatten. Auch die Lehrer konnte sie jetzt wieder besser in ihren Anstrengungen für Schüler und Schule würdigen.

Auch hier sehe ich das Entwickeln des Bildes bzw. des Themas auf dem Papier als eine äußerst wertvolle Technik an, die alle Bestandteile rund um Kind, Lehrer, Schule, Lernstoff usw. zusammenträgt, ohne groß Emotionen oder alte Traumata aufwühlen zu müssen. Die Kinder malen das Bild selbst mit, und es ist sehr schön zu beobachten, wie dadurch ihr Selbstbewusstsein wächst und sich Konflikte in der Schule wie von selbst auflösen – und die doofe Lehrerin plötzlich doch ganz nett ist.

Aufstellen des Wunders

Die Wunderfrage stammt ursprünglich aus der lösungsfokussierten Kurztherapie. Der Klient kann an seiner Antwort erkennen, dass es eine Lösung für das Problem gibt, die nur noch darauf wartet, angegangen zu werden. Nach einer kleinen Einleitung fragt die Beraterin die Repräsentanten:

»Angenommen in dieser Nacht passiert ein Wunder, und das Wunder wäre, dass alle Probleme, weswegen Sie hierhergekommen sind, auf einen Schlag gelöst sind, einfach so. Woran würden Sie morgen Früh merken, dass dieses Wunder eingetreten ist? Was wäre für Sie anders? Was wäre an Ihrem Arbeitsplatz anders? Bemerkt das Wunder außer Ihnen noch jemand? Wie wären die Reaktionen auf Ihr verändertes Verhalten?«

Die Repräsentanten berichten nun der Reihe nach von ihren Gedanken und Vorstellungen, wie zum Beispiel die Arbeit in der Abteilung nach dem Eintritt des Wunders aussehen könnte oder wie sich die familiäre Szene verändern würde. Die Teilnehmer äußern zum Beispiel, dass sie wieder viel fröhlicher wären, ausgeglichener, freier und so weiter. Der Fokus bei der Wunderaufstellung liegt darauf, dass die Teilnehmer ein besseres Gefühl bekommen, wenn sie die vorher belastenden Situationen aus dieser neuen Vorstellung heraus anschauen. Vor allem der Druck von außen wird meist deutlich geringer, die Beziehungen zu Kollegen verbessern sich, und das Handeln der Familienmitglieder kann viel gelassener hingenommen werden.

Wunderaufstellung mithilfe von Symbolen

Das Aufstellen des Wunders ist die einzige Form der systemischen Arbeit, die ich auch gern mit »echten« Menschen mache. Es geht hier darum, das wunderbare positive Gefühl eines erfüllten Wunsches ganz annehmen und mit sich selbst verschmelzen zu können. Denn wenn ich mir etwas wünsche, es aber nicht mit Gefühl anreichern kann, wird die Energie wohl kaum stark genug sein, dass der Wunsch jemals in Erfüllung geht. So gehe ich dabei vor:

Vorbereitung

Ich weiß, wie viele Teilnehmer kommen werden, und stelle entsprechend viele Stühle in Kreisform oder U-Form auf. Dann frage ich mit einem Testsystem (Tensor, Pendel, kinesiologisch), wie viele Karten (= Heilimpulse) ich jeweils auf den Stühlen verteilen soll – meist sind dies zwei bis vier Karten, zum Beispiel aus dem Kartenset »Medizin zum Aufmalen«, aus »Heilen mit Seelencodes« oder der »Homöopathischen Symbolapotheke«. Sie können aber auch andere Karten benutzen, zum Beispiel Engelkarten, Farbkarten, Krafttierkarten oder was Ihnen sonst sympathisch ist. Die Karten dienen lediglich als stellvertretende Energien, die helfen sollen, das Wunder zu verwirklichen. Die einzelnen Karten teste ich nicht aus, sondern lege sie einfach nacheinander verdeckt (mit der Rückseite nach oben) auf die einzelnen Stühle, ohne sie anzuschauen. Wenn sich später die Teilnehmer ihre Stühle auswählen, werden sie automatisch den »richtigen« Platz einnehmen. Die Karten verbleiben zunächst einmal bei den Teilnehmern, ohne dass über deren Bedeutung gesprochen wird.


Bevor die Teilnehmer einer Familienaufstellung den Raum betreten, habe ich schon die Kartensets ausgetestet, die bei den Aufstellungen »dabei sein« möchten, und jeweils eine Karte aus jedem Kartenset mit der Rückseite nach oben auf die Stühle gelegt.

Einstimmung mit einer Meditation

Die Aufstellung beginnt, nachdem alle auf ihren Stühlen sitzen und ihre Karten z. B. erst einmal unter den Stuhl gelegt haben, mit einer kleinen Meditation: »Lasse deinen Atem zur Ruhe kommen, und sei ganz bei dir, ganz im Hier und Jetzt. Atme, komme zur Ruhe … Stelle dir vor, wie du morgen Früh aufwachst und dein Wunder ist geschehen. Es ist das geschehen, was du dir schon so lange gewünscht hast. Jetzt ist es einfach da, einfach so! Dein Wunder ist geschehen, es ist in Erfüllung gegangen. Schau dir dein Wunder an; wie sieht es aus, was hat sich verändert, deine Familie, deine Umgebung, dein Haus, deine Arbeit? Alles, was du dir vielleicht schon seit so langer Zeit gewünscht hast, ist jetzt da. Und fühle … fühle, wie es dir jetzt geht. Wie fühlst du dich, jetzt, da dein Wunder geschehen ist? Frei, glücklich, erleichtert, sicher, zufrieden, leicht, stark? Schreibe dieses Gefühl möglichst in einem Wort auf einen Zettel, nachdem ich dich aus dieser Meditation wieder herausgeholt habe.«

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