Ich bin Schwerhörig, na und? Teil 2

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Ich bin Schwerhörig, na und? Teil 2
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Renee Iseli - Smits

Ich bin Schwerhörig, na und? Teil 2

Der Alltag geht weiter

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Ich bin Schwerhörig, na und? Der Alltag geht weiter Renee Iseli - Smits

Widmung

Über die Autorin

Coiffeur

Batterien

Taub, Blind oder Beides?

Gleichstellungstag

Grenzen

Wahlen

Lebensqualität

So ein Tag

Zukunft

Tiere kommunizieren

Humor

Seekrank

Gleichgewicht

Stärke oder Schwäche?

Wachsam

Viel beschäftigt

Pub

Uhrenmuseum

Allein zu Hause

Wetter

Skype

Handy

Ode (an meinen Hörgeräte)

Respekt

Dezember

Samichlaus

Ohrstücke

Ablesen

Ohrgeflüster II

Festtage

Bart(los)

(Un)Geduld

Aussergewöhnlich normal

Winterpause

Fasnacht

Stress

Was brauche ich?

Restaurant testen

Akustiker

Licht

Haatschu!

Aktiv

Partners

Niederländisch

Jedes Nachteil hat sein Vorteil

Poliklinik für Hörbeeinträchtigten

Begegnungen und Gedanken

Hundert

Impressum neobooks

Ich bin Schwerhörig, na und? Der Alltag geht weiter Renee Iseli - Smits


Widmung

Dieses Buch ist allen Partnern der Hörbeeinträchtigen gewidmet. Weil das Leben mit einem Hörbeeinträchtigten nicht immer einfach ist und das öfters auch vergessen geht.

Und natürlich widme ich Dieses Buch ein Partner ins Besondere: meinem Ehemann. Weil er sehr viel Geduld mit mir hat, mich in meinen Aktivitäten machen lässt und weil ich mir keinen besseren Ehemann vorstellen könnte.

Über die Autorin

Die Autorin, gebürtige Niederländerin, Jahrgang 1967, ist seit ihrem 17.-18. Lebensjahr Schwerhörig und Hörgeräteträgerin. Seit ungefähr 10 Jahren ist sie hochgradig Schwerhörig, hat Tinnitus und ist empfindlich für laute Geräusche.

In 2009 zog sie mit ihrem Ehemann in die Schweiz.

Die Autorin ist ebenfalls als freiwillige Mitarbeiterin im Altersheim und ehrenamtlich im Vorstand eines Selbsthilfevereins für Hörbeeinträchtigten tätig. Ihre im Buch geäusserte Meinung ist

Als Bloggerin und Kolumnistin schreibt die Autorin auf Deutsch und Niederländisch fast seit 2 Jahren über ihre Erfahrungen im Alltag als Hörbeeinträchtigte. In ihrem ersten Buch hat sie die erste 50 Blogbeiträge gebündelt. In diesem neuen Buch folgen die nächsten 50 Beiträge. Mit Ernst, Nachdenklichkeit und Humor ziehen erneut verschiedenen Themen an den Lesern vorbei.

Eins ist aber gleich geblieben. Die Autorin, Befürworterin von Gesundes Hören, fördert wieder Hörbeeinträchtigten auf ihre Opferrolle zu verlassen und selbst ihre Lebensqualität zu verbessern. Manche ihrer Tipps sind sogar für Guthörenden brauchbar.

Coiffeur


Quelle: https://pixabay.com/de/haar-trockner-haar-gebl%C3%A4se-schwarz-308332/ Lizenz: CC0 Public Domain / FAQ

Morgen habe ich vor zum Coiffeur zu gehen. Für mich bedeutet das immer: Hörgeräte aus und Brille ab. Dass ich damit in der Kommunikation zum Coiffeur beeinträchtigt bin und daher kaum mit ihr oder ihm reden kann, finde ich ehrlich gesagt ein Segen. Nicht das ich gegen etwas plaudern bin, sicher nicht, aber erwarten Sie von mir nicht, dass ich mein ganzes medizinisches Dossier beim Coiffeur auf den Tisch bringe! Nun sagen Sie sich sicher: aber du schreibst doch auch im Blog! Ja, das stimmt allerdings, aber ich würde auch nicht im Traum versuchen Sie mit meiner Krankheiten oder intimsten Einzelheiten zu langweilen!

Manchmal finde ich es unvorstellbar, was die Leute, und vor allem die Damen, sorry, ihrem Coiffeur(in) anvertrauen. Natürlich ist das nicht meine Sache und man soll gefälligst tun und lassen wie man will, aber selbst, auch ohne Beeinträchtigung, würde ich das nie machen. Es sei denn, der Coiffeur(in) sei eine gute Freundin. Und dann noch, über intime Sachen würde ich sowieso nicht reden, wenn jeder mithören könnte. Aber für viele Menschen scheint der Coiffeur einen Art Therapeuten zu sein. Das ist für mich okay, so lange ich nicht daran teilnehmen muss.

Mittlerweile komme ich schon lange beim gleichen Coiffeur und treffe dann meistens dieselben Coiffeurinnen die mir die Haare schneiden. Sie haben sich langsam daran gewöhnt, dass ich nicht so gesprächig bin. Dafür lächele ich sie immer ganz nett im Spiegel an, ist doch auch gut, oder?

Vor dem Coiffeurbesuch wasche ich immer selbst den Haaren. Da ich kein Wasser in den Ohren bekommen soll, ist es meistens ein bisschen mehr Aufwand mir die Haare zu waschen und traue ich das nur mir selbst zu. Ausserdem bin ich hoch allergisch gegen parfümierte Produkte und benutze deshalb ein unparfümiertes Shampoo, was sie beim Coiffeur nicht haben. Das ich trotzdem fürs Haaren waschen bezahlen muss, damit habe ich mich schon längst abgefunden. Regeln sind schliesslich Regeln, nicht wahr, auch beim Coiffeur.

Ich besuche den Coiffeur ungefähr jede sechs Wochen und bin immer froh, wenn ich wieder fertig bin. Klar, ich möchte gerne gut aussehen, kann aber gerne ohne das gefummel an meinem Kopf und möchte, wenn ich wieder zu Hause bin, am liebsten sofort wieder meinen Kopf unter den Wasserhahn stecken.

 

Ein bisschen Eitel bin ich aber schon … Ich trage meine Haare so, dass sich die Hörgeräte nicht sofort sichtbar sind. Obwohl ich sie bestimmt nicht verstecke, eine Hörbeeinträchtigung ist sowieso schon fast unsichtbar, bin ich persönlich der Meinung dass sie nun auch nicht gleich auffallen sollten. Falscher Scham? Nein!! Nur, ich bin halt ich, mit oder ohne Hörgeräte und viel mehr als meine Hörbeeinträchtigung und ich entscheide selbst wie ich damit umgehe. Vielleicht entscheide ich mich das nächste Mal für längere Haare und/oder Pferdeschwanz ….

Batterien

Quelle: https://pixabay.com/de/batterie-batterien-wiederaufladbare-1821/ Lizenz: CC0 Public Domain / FAQ

Letztes Wochenende haben wir es ganz gemütlich und ruhig angehen lassen. Nach alle Abenteuer in den vergangenen Wochen, brauchte ich es, einfach ein bisschen auszuschlafen und den Tag in Ruhe zu verbringen. Natürlich beruht auch an solchen Tage. auf mich der süsse Pflicht zu Kochen, aber das mache ich gerne und ich bin mir dann auch sicher, dass wir gesund essen.

Da ich fast täglich mit meiner Mutter telefoniere, habe ich das auch am Sonntag gemacht. Gerade als wir am Telefon waren, meinte einer meiner Hörgeräte, dass es mich warnen musste das der Batterie fast leer sei. Hörgeräteträger kennen das Signal bestimmt: ein paar kurze Töne nacheinander. Wenn der Batterie am Ohr womit man gerade telefoniert ausgeht, ist das natürlich nicht besonders angenehm. Manchmal dauert es noch eine Stunde nach dem ersten Warnsignal, manchmal ist der Batterie sofort tot. Meine Mutter und ich haben deshalb unser Gespräch kurz gehalten und ich habe rasch der leeren Batterie für einen neuen ausgetauscht.

Meine Hörgeräte Batterien halten ungefähr eine Woche. Wenn ich unterwegs bin, habe ich immer Batterien dabei, weil ich ja nie genau weiss wann einer (oder beide) der Batterien ausgeht. Meistens passiert das ja auf den unmöglichsten Momenten: beim Sporten, im Gespräch, auf der Strasse, wo auswechseln nicht ganz ungefährlich ist: man braucht beide Hände um einen neuen Batterie aus der Handtasche hervor zu holen, der Aufkleber abzunehmen, das betroffene Hörgerät heraus zu nehmen und die beide Batterien auszuwechseln, wobei man während diese Handlungen natürlich nicht das Hörgerät fallen lassen möchte!

In Kurzem: wenn man nicht zufälligerweise zu Hause ruhig auf der Couch sitzt oder irgendwo am Tisch, dann fragt die Batteriewechsel ein gewisser Mass an Geschicktheit. Natürlich bin ich mittlerweile eine sehr erfahrene Batteriewechslerin und meistere diese Fähigkeit in fast jede Situation, aber auch mir passiert es schon mal, dass der Batterie mir aus den Finger gleitet. Die Batterien für meine Hörgeräte sind so klein (A13 aufs Foto), dass sie locker fallen beim Abstreifen der Aufkleber! Und wenn sie fallen, findet man sie kaum noch zurück weil sie klein und rund sind und überall hin rollen können. Durch Erfahrung schlau geworden, habe ich für den Fall natürlich immer noch ein paar Reservebatterien dabei. Trotzdem ist es schade wenn man einer verliert, da diese Batterien teuer sind und man sie ausserdem selbst bezahlen muss.

Nur wenn es wirklich drauf ankommt und ich weiss, dass die Batterien fast leer sind und wechseln bei einer bestimmten Gelegenheit schwierig ist, wechsle ich die Batterien mal vorher aus. Das kommt zum Glück nur selten vor. Der Batteriewechsel in der Öffentlichkeit zieht manchmal ein wenig Aufmerksamkeit auf sich. Zum Beispiel im ÖV, Restaurants oder so. Ich habe aber gelernt davon keine Notiz mehr zu nehmen. Es würde schliesslich mehr Aufmerksamkeit erregen, wenn ich ohne Batterien, das heisst, ohne funktionierendes Hörgerät herumlaufen würde!

Taub, Blind oder Beides?

Quelle: http://all-free-download.com/free-photos/download/closeup_communication_deaf_266591.html

Manchmal kommt in einer Diskussion die Frage auf, was denn schlimmer zu ertragen sei: leben mit Taubheit oder Blind zu sein. Abgesehen davon, das ich dieser Frage scheusslich finde, weil Beides mir ein Horror scheint, könnte ich ihm, auch wenn ich wollte, nicht beantworten. Beide sind Beeinträchtigungen die einem das Leben Grundsätzlich beeinflussen und beide können einem isolieren. Nun ist der Menschheit im Allgemeinen dazu geneigt, dasjenige als schlimmsten zu erfahren was man am eigenen Körper spürt. Klar, es ist ja auch besonders schwierig sich in der Beeinträchtigung eines anderen zu versetzen, wenn man diese Beeinträchtigung selber nicht hat. Persönlich bin ich aber überzeugt von der Aussage: „Blindheit isoliert von Sachen, Taubheit isoliert von Menschen“.

Mit diesem Beitrag möchte ich nicht negativ sein. Im Gegenteil, ich möchte nur kurz ihre Aufmerksamkeit für eine seltene Krankheit, der sowohl die Augen als die Ohren beeinträchtigt. Betroffene des sogenannten „Usher Syndrom“ werden oft schon in frühem Alter in Gehör und Sicht eingeschränkt und können komplett Taub und Blind werden. Die Krankheit ist genetisch bedingt und es gibt keine Medikamente. Nur ein Teil der Betroffene behält ein Restgehör und/oder Restsicht.

Es ist keine Frage, dass die Kommunikation mit den Betroffenen oft stark eingeschränkt ist. Trotzdem schaffen viele Betroffene es, im Leben zu stehen. So gibt es Menschen mit Usher Syndrom die arbeiten und ein soziales Leben haben. Manchmal kann ein CI Operation ihr Gehör verbessern, damit sie wenigstens noch hören können, falls die Augen schlechter werden.

Falls Sie mehr über diese Krankheit erfahren möchten, es gibt mehrere gute Websites mit Information, z.B. http://www.szb.ch/angebot/taubblindheit/usher-information.html

Also, meiner Meinung nach, statt zu diskutieren über die Frage was schlimmer sei, kann man besser diskutieren über die Frage was wir, als Gesellschaft, tun können um Hör- und Sehbeeinträchtigte besser zu unterstützen ein so selbstständig mögliches Leben zu führen.

Für mich gibt es in diese Diskussion drei Schlüsselworte: Verständnis, Aufklärung und (Hilfe zur) Selbsthilfe.

Verständnis und Akzeptanz für Beeinträchtigte tönt ja logisch, ist es aber noch lange nicht. Solange zum Beispiel ein Guthörender sich bei einem Hörbeeinträchtigten nicht mal erkundigt, was es braucht um gut miteinander kommunizieren zu können, oder, der Hörbeeinträchtigte informiert der Guthörende nicht ausreichend, bleiben Missverständnisse bestehen.

Für Verständnis braucht es also viel Aufklärung. Und damit meine ich ja Aufklärung an allen Fronten. Ohne Aufklärung ändert sich die Gesellschaft nicht und ohne Änderung der Gesellschaft ändert sich der Politik nicht, und so weiter.

Die Betroffene selbst brauchen vor allem Hilfe sich selbst weiter zu helfen (insofern sie das nicht schon getan haben, natürlich). Das heisst, dass Erfahrungen vermehrt ausgetauscht werden, dass vermehrt nützliche Information freigeben wird und dass wiederum, führt ebenfalls zu mehr Verständnis und Aufklärung.

So, hiermit lade ich Sie ganz herzlich zu dieser Diskussion ein. Aufbauende Diskussionsbeiträge sind erwünscht und sogar erforderlich.

Gleichstellungstag


Quelle:Royalty Free Stock Photography: EqualityID 15466627 © Selvam Raghupathy | Dreamstime.com

Gestern war ich an einem Gleichstellungstag, organisiert von Agile. An dieser Tag (oder lieber gesagt Mittag) stand das Recht auf Arbeit der behinderte (selbst bevorzuge ich Beeinträchtigte) Mitmensch im Vordergrund. Der Tag war gut besucht und das Thema war sozusagen „heiss“.

Abgesehen von ein paar kleineren Schönheitsfehler, der T-Stand meines Hörgerätes funktionierten nicht mit der anwesende Ringleitung und ich konnte das Übersetzungsgerät für das Referat auf Französisch nicht benutzen weil ich das in meinen Ohren stecken musste, wo natürlich schon meine Hörgeräte sind, war der Tag sehr interessant. Zum Glück hatte ich meinen eigenen FM Anlage mitgebracht und das half mir besser beim Verstehen und ausserdem verstehe ich ein wenig Französisch und die Referentin hatte noch welche unterstützenden Powerpointbilder dabei.

Hauptthema war natürlich „Wie steht es um das Recht auf Arbeit für Behinderten“. Die Antwort war, kurz gesagt, wir sind auf dem guten Weg, aber wir sind noch lange nicht da wo wir sein sollten. Und wo wir sein sollten, ist natürlich eine Gesellschaft wo Behinderten ungehindert Zugang zur Arbeitsmarkt und Arbeitsplatz haben sollten.

Meiner Meinung nach ein schönes Streben, aber ein wenig idealistisch. Sicher, manchmal muss man einfach etwas idealistisch sein um etwas zu bewirken, aber an diesen Tag hörte ich sehr oft schöne Wörter, wie „Arbeitgeber sensibilisieren“ und „stimulierende Massnahmen“. Stimmt alles ja! Aber in meine Erfahrung als Arbeitsvermittlerin für Hör- und Sprachbeeinträchtigte, ist es auch sehr oft passiert das die erste Frage der potenzielle Arbeitgeber war „was kostet es mir?“ oder „wenn was am Arbeitsplatz passiert, wer zahlt das denn?“. Gefühlsmässig dreht am Schluss doch alles um Geld auch wenn man gute Willens ist … Diese Frage habe die Diskussionsteilnehmer auf dem Podium denn auch gestellt. Mann stimmte schon zu, dass diese Frage zwar berechtigt war, dass es aber viele Massnahmen gab um die Kosten der Einstellung eines Behinderten Person aufzufangen. Und nicht jede Behinderung ist natürlich gleich. Beides stimme ich zu, ich frage mich aber ob die Arbeitgeber und beeinträchtigte/behinderte Arbeitssuchenden genügend über diese Massnahmen Bescheid wissen. Und ich glaube die Antwort darauf ist „nein“. Da braucht es doch noch viel und viel mehr Aufklärung! Klar, nicht jede Beeinträchtigung/Behinderung ist gleich: es braucht schon andere Massnahmen, wenn man einen Rollstuhlfahrer einstellt oder einen Hörbeeinträchtigte. Aber für beides gilt: der Wille muss da sein. Und die meisten Arbeitgeber, auch die des guten Willens, haben oft noch Angst einen Beeinträchtigten/Behinderte Arbeitnehmer einzustellen oder zu behalten, weil sie meinen es kostet Ihnen zu viel Zeit und Geld. Und solange dieses Bild bestehen bleibt, wird sich, idealen hin und her, leider nicht viel ändern.

Trotzdem sind solche Tage sehr gut und nützlich, weil es dieses Thema wieder Aufmerksamkeit widmet. Es war auch sehr herzerwärmend zu sehen, wie viele Rollstuhlfahrer und Menschen mit Geleite Hund anwesend waren. Schon deshalb würde ich sagen: es braucht mehr von solche Tage.

Grenzen

Quelle: http://www.freestockphotos.biz/stockphoto/6405

Die letzten Jahren denke ich, gezwungene Weise, viel nach über die Frage: „Wann bin ich an meiner Grenze, wann überschreite ich diese Grenze und wann nicht“.

Mir ist schon klar, dass ich heutzutage schneller an meine persönliche Grenzen stosse als vor, sagen wir mal, 10 Jahren. Das hat einerseits natürlich mit meinem zunehmenden Alter zu tun, andererseits mit meinen Hörsturz in 2007. Der Hörsturz sorgte nicht nur dafür, dass ich weniger hörte, sondern sorgte ebenfalls dafür dass meiner Tinnitus (Ohrgeräusch) lauter wurde. Und Tinnitus hat die unangenehme Neigung sich zunehmend hören zu lassen, gerade wenn man Stress hat oder müde ist. Obwohl ich zum Glück nicht unter der Tinnitus leide, bin ich mir bewusst dass sie jedoch eine versteckte Rolle spielt wenn ich mich für längere Zeit zum Hören anstrenge.

Nun habe ich mich schon längst angewöhnt so ab und zu mal das Wort „Nein“ zu benutzen, wenn zu viel auf mich zukommt und ich versuche anspruchsvolle Aktivitäten so viel wie möglich zu verteilen. Aber rein technisch betrachtet interessiert mich die Frage, ab wann stösst man auf seine/ihre Grenzen? Ständig lesen wir in den Medien, dass unsere Gesellschaft immer mehr „Burned out“ gefährdet ist. Man muss stets erreichbar sein, Überstunden sind mittlerweile normal. Und wehe derjenige der seinen Chef mal wagt ein Nein zu geben.

 

Trotz die viele Informationen über dieses Phänomen, ist mir noch immer nicht klar, wo diese schädliche Tendenz herkommt.

Meine eigene Spekulationen sind diese: Hat die veränderte Industrie und Ökonomie etwas damit zu tun? Oder hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass vor Dezennien Eltern immer weniger ihre Kinder Grenzen gestellt haben und so eine (oder sogar zwei) Generation aufgewachsen ist, die nicht gelernt hat sich und seine Umgebung Grenzen zu stellen? So ist zum Beispiel Selbstbeherrschung etwas, was gelernt werden muss und nicht selbstverständlich auf uns zukommt.

Von mich selbst weiss ich, dass ich schneller meine Selbstbeherrschung verliere wenn ich sehr müde oder gestresst bin, obwohl ich normalerweise eine gute Selbstbeherrschung habe.

Aber ab wann sagt man sich „genug ist genug“? Persönlich habe ich lernen müssen meine Grenzen zu stellen und bin immer noch im Lernprozess. Ich erkenne mittlerweile sämtlichen körperlichen Symptomen die mir meine Grenzen signalisieren, damit ich selbst entscheiden kann ob ich nicht über meine Grenzen gehen soll, oder dass ich darüber gehe und das es dann echt Schluss ist. Nur wenn man seine eigenen Grenzen erkennt, kann man bewusst wählen, wie damit um zu gehen. Oder seine Grenzen präventiv einsetzen.

Zugegeben, manchmal bin ich ein bisschen neidisch auf Menschen die ihre Grenzen auf scheinbar natürliche Weise zeigen. Ich finde es manchmal noch immer schwierig Nein zu sagen! Jedoch bin ich davon überzeugt, dass die Aussage im obenstehenden Bild stimmt: Grenzen schaffen Identität. Wer es schafft für sich und anderen klare Grenzen zu stellen, wird respektiert und die Grenzen werden akzeptiert. Und manchmal zu meiner Überraschung werden auch meine Grenzen akzeptiert und respektiert. Warum ist es dennoch so schwierig?