Grundkurs Kinder- und Jugendhilferecht für die Soziale Arbeit

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1992 Kindergartenrechtsanspruch (Übergangsregelungen bis 1998)

1999 Neuregelung der Entgeltfinanzierung (§§ 78a ff. SGB VIII)

2005 Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG)

2005 Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK)

2008 Kinderförderungsgesetz (KiföG)

2012 Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG)

2013 Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetz

2015 Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Betreuung und Versorgung ausländischer Kinder und Jugendlicher

Literatur

Bringewat, P. (2006): Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§ 8aSGB VIII) und strafrechtliche Garantenhaftung in der Kinder- und Jugendhilfe

Deutscher Städtetag et al. (2009): Empfehlungen zur Festlegung fachlicher Verfahrensstandards in den Jugendämtern bei Gefährdung des Kindeswohls. NDV 263

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (2006): Empfehlungen zur Umsetzung des § 8a SGB VIII. NDV 494

Hasenclever, C. (1978): Jugendhilfe und Jugendgesetzgebung seit 1900

Hoppensack, H.-C. (2007): Kevins Tod – ein Beispiel für missratene Kindeswohlsicherung. UJ. 290

Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (Hrsg.) (2011a): Der allgemeine Soziale Dienst. 2. Aufl.

Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (Hrsg.) (2012): Vernachlässigte Kinder besser schützen. 2. Aufl.

Jordan, E. (Hrsg.) (2006): Kindeswohlgefährdung

Kindler, H. et al. (2006): Handbuch Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD)

Kunkel, P.-C. (2006): Schnittstellen zwischen Jugendhilfe (SGB VIII), Grundsicherung (SGB II) und Arbeitsförderung (SGB III)

Meysen, T./Eschelbach, D. (2012): Das neue Bundeskinderschutzgesetz

Münder, J. (2007): Untersuchungen zu den Vereinbarungen zwischen den Jugendämtern und den Trägern von Einrichtungen und Diensten nach § 8a Abs. 2 SGB VIII

Pfadenhauer, B. (2011): Das Wunsch- und Wahlrecht der Kinder- und Jugendhilfe

Wabnitz, R. J. (2010b): Landeskinderschutzgesetze. Ein Überblick

Wabnitz, R. J. (2015a): 25 Jahre SGB VIII. Die Geschichte des Achten Buches Sozialgesetzbuch von 1990 bis 2015

Wabnitz, R. J. (2015c): Rückblick auf 25 Jahre SGB VIII: Die Diskussionen und die Reformen

Wabnitz, R. J. (2015d): 25 Jahre SGB VIII – Resümee und Ausblick

Wabnitz, R. J. (2017a): Rechtliche Rahmung von Jugend

Wabnitz, R. J. (2017b): Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im deutschen Recht – in der historischen Entwicklung und heute

Fall 2: Wunsch- und Wahlrechte

Die allein sorgeberechtigte Mutter (M) lebt im Landkreis L. Sie hat drei Kinder: den vierjährigen Sohn Stefan (St), die geistig behinderte 13-jährige Tochter Tina (T) und den 17-jährigen Sohn Siegfried (S).

1. M möchte St in einem Kindergarten unterbringen. In der Kleinstadt, in der M und ihre Kinder leben, gibt es in erreichbarer Nähe vier Kindergärten, und zwar zwei in evangelischer und zwei in kommunaler Trägerschaft. Da M streng katholisch ist, beantragt sie beim JA des Landkreises L, dafür zu sorgen, dass St einen Platz in einem Kindergarten in katholischer Trägerschaft erhält.

2. T ist seit mehreren Jahren in einem Heim für geistig behinderte Kinder untergebracht. Die Unterbringung ist seitens des Landkreises L als Träger der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX in die Wege geleitet worden, dessen Bedienstete sich nach Auffassung von M aber nicht ausreichend um T kümmern. M beantragt deshalb beim JA, dass sich dieses „mit seinen vielen tüchtigen Sozialarbeiterinnen“ T´s annehmen und T in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe unterbringen möge. Wie ist die Rechtslage?

3. S ist Auszubildender in einer 50 km von Ms Wohnort entfernten Stadt desselben Landkreises. Dort gibt es zwei Heime für Auszubildende. S möchte unbedingt in das komfortablere Heim eines privaten Trägers; dort ist die Unterbringung jedoch um 50 % teurer als im Heim der Arbeiterwohlfahrt. Was nun?

3Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe

3.1Leistungen und andere Aufgaben (§§ 2, 9)

Aufgaben der Jugendhilfe sind gemäß § 2 Abs. 1 zum einen „Leistungen“ und zum anderen „andere Aufgaben“ zugunsten junger Menschen und ihrer Familien. (Näheres bei Wabnitz in GK-SGB VIII, Erläuterungen zu § 2). Der Gesetzgeber hat es dem Rechtsanwender sehr einfach gemacht: Er hat in § 2 Abs. 2 und 3 alle Leistungen und anderen Aufgaben der Jugendhilfe präzise aufgelistet und zugleich in Klammerzusätzen die jeweils relevanten Paragrafen (§§ 11 bis 41 bzw. 42 bis 60) benannt. Ein Blick in § 2 bietet sich deshalb für alle an, die sich zunächst einen Überblick über die eventuell relevanten Leistungen oder anderen Aufgaben verschaffen wollen, um dann „gezielt“ auf die im Einzelfall in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zugehen zu können.

3.1.1 Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe

Leistungen der (Kinder- und) Jugendhilfe sind die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 stichwortartig benannten Angebote und Hilfen nach dem zweiten Kapitel des SGB VIII, dem „Leistungskapitel“. Die einzelnen Vorschriften der §§ 11 bis 41 werden in den folgenden Kapiteln 4 bis 9 dargestellt.

Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII sind Sozialleistungen im Sinne vom § 11 SGB I. Insbesondere handelt es sich um Dienstleistungen, bei denen persönliche und erzieherische Hilfen der Sozialpädagogik und Sozialarbeit im Vordergrund stehen, sowie Geldleistungen, z. B. für den Unterhalt nach § 39. Man kann Leistungen aus Sicht der Familie und des Elternrechts (vgl. Kap. 1.2) untergliedern in

Familien unterstützende Leistungen (insbesondere nach §§ 16 bis 21),

Familien ergänzende Leistungen (§§ 22 bis 26, 11 bis 15, 27 bis 32) sowie

Familien ersetzende Leistungen (§§ 33 bis 35).

Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe werden gemäß § 3 Abs. 1 von Trägern der freien und der öffentlichen Jugendhilfe nach den in Kapitel 1.3 erläuterten Rechtsprinzipien erbracht.

3.1.2 Andere Aufgaben der Jugendhilfe

Andere Aufgaben der (Kinder- und) Jugendhilfe sind die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 13 bezeichneten Aufgaben. Auch diese Auflistung ist sehr übersichtlich gestaltet und wiederum mit Paragrafenangaben versehen (§§ 42 bis 60). Die „anderen Aufgaben“ nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 13 folgen nicht ein und denselben Strukturprinzipien wie die Leistungen; sie stellen gewissermaßen eine „wenig homogene Restkategorie“ dar (Wiesner 2015, § 2 Rdnr. 13). Sie umfassen im Wesentlichen

hoheitliche Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (insbesondere §§ 42 bis 49),

die Mitwirkung der Jugendhilfe in gerichtlichen Verfahren (§§ 50 bis 52) einschließlich der Aufgaben Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft (§§ 52a bis 58a) sowie

rein administrative öffentliche Aufgaben wie Beurkundung, Beglaubigungen, vollstreckbare Urkunden (§§ 59, 60).

Anders als bei den Leistungen besteht hier eine umfassende Wahrnehmungsverpflichtung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, ggf. mit Beteiligungsmöglichkeit der Träger der freien Jugendhilfe in Teilbereichen (vgl. §§ 4 Abs. 3, 76 sowie Kap. 1.3.3 und 10.1).

3.1.3 Weitere gesetzliche Verpflichtungen

Daneben bestehen innerhalb und außerhalb des SGB VIII zahlreiche weitere gesetzliche Verpflichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere der Jugendämter. Zu verweisen ist insbesondere auf die §§ 69 ff., §§ 74 ff., §§ 79 ff., §§ 89 ff., §§ 90 ff. Außerdem gibt es Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe u. a. nach dem AdVermiG, dem JuSchG, dem KKG und aufgrund Landesrechts. Eine wichtige Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe besteht auch darin, ihre Angebote schrittweise in „inklusiver Zielrichtung“ umzugestalten (dazu Wabnitz, 2013b).

3.1.4 Grundrichtung der Erziehung, Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen

Gemäß § 9 sind bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der anderen Aufgaben auch die folgenden, sehr allgemein formulierten Aspekte zu beachten:

 

Grundrichtung der Erziehung (§ 9 Nr. 1),

selbstständiges Handeln junger Menschen, Berücksichtigung sozialer Verhältnisse (§ 9 Nr. 2),

Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenslagen von Mädchen und Jungen (§ 9 Nr. 3).

3.2Objektive Rechtsverpflichtungen und subjektive Rechtsansprüche

Die folgende Unterscheidung zwischen objektiven Rechtsverpflichtungen (der Träger der öffentlichen Jugendhilfe) und subjektiven Rechtsansprüchen (junger Menschen oder Personensorgeberechtigter, ggf. auch von Trägern der freien Jugendhilfe) ist für das SGB VIII von grundlegender Bedeutung (umfassend zum Ganzen: Wabnitz 2005). Objektive Rechtsverpflichtungen stellen gleichsam staatsinterne Verpflichtungen („Perspektive des Staates“) dar – zumeist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die jedoch von Seiten des Bürgers grundsätzlich nicht eingeklagt werden können. Demgegenüber kann der Bürger subjektive Rechtsansprüche, etwa auf eine Leistung nach dem SGB VIII, einklagen („Perspektive des Bürgers“) und damit ggf. vor den Verwaltungsgerichten gegenüber den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe durchsetzen (vgl. im Einzelnen auch: Münder et al. 2019, VorKap 2, Rz. 4 ff., 7 ff.; Schellhorn et al. 2015, Einführung, Rz. 42 ff.; Wiesner 2015, Vor §§ 11 ff., Rz. 6 ff.).

Dort, wo Rechtsansprüche bestehen, richten sich die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in der Regel darauf ein und schaffen die erforderlichen finanziellen und infrastrukturellen Voraussetzungen dafür, dass entsprechende Leistungen erbracht werden (können), etwa im Bereich der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege (siehe Kap. 6) oder der Hilfe zur Erziehung (siehe Kap. 7 bis 9). Wo lediglich objektive Rechtsverpflichtungen bestehen, insbesondere im Bereich der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, des Erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (Kap. 5) oder teilweise der Familienförderung (Kap. 4), wie früher auch im Bereich der Tageseinrichtungen, stagnier(t)en demgegenüber die Angebote, sind prozentual – bezogen auf die Gesamtausgaben der Kinder- und Jugendhilfe – sogar rückläufig oder jedenfalls nicht ausreichend. Deshalb zum Ganzen die folgende Übersicht 15:

Übersicht 15

Objektive Rechtsverpflichtungen und subjektive Rechtsansprüche nach dem SGB VIII

1. Es gibt einerseits objektive Rechtsverpflichtungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe („Perspektive des Staates“) in Form von

1.1 Mussbestimmungen („muss“, „hat“, „ist“, „sind“), z. B. § 11 Abs. 1,

1.2 Sollbestimmungen („soll“ = in der Regel „muss“), z. B. § 13 Abs. 1,

1.3 Kannbestimmungen („kann“, „können“), z. B. § 13 Abs. 3.

2. Es gibt andererseits subjektive, einklagbare Rechtsansprüche von jungen Menschen/Personensorgeberechtigten („Perspektive des Bürgers“), die mit objektiven Rechtsverpflichtungen korrespondieren können, aber nicht korrespondieren müssen, ggf. in Form von

2.1 unbedingten Rechtsansprüchen, z. B. § 24 Abs. 2 Satz 1,

2.2 Regel-Rechtsansprüchen, z. B. § 41 Abs. 1,

2.3 Rechtsansprüchen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, z. B. § 75 Abs. 1.

Mit Rechtsansprüchen korrespondieren immer objektive Rechtsverpflichtungen des jeweiligen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Andererseits beinhalten objektive Rechtsverpflichtungen keinesfalls immer Rechtsansprüche. In Übersicht 16 wird erläutert (ausführlicher Wabnitz 2005, 119 ff., sowie Wabnitz in GK-SGB VIII, § 2, Rz. 19 f.; vgl. auch Luthe in jurisPK-SGB VIII 2014, § 2, Rz. 23 ff.), in welcher Form Rechtsansprüche bestehen können, nämlich:

entweder als explizite Rechtsansprüche, wenn im Gesetzestext das „Zauberwort: Anspruch“ steht,

oder als Rechtsansprüche aufgrund einer Interpretation einer rein objektiv-rechtlich formulierten Norm des SGB VIII, sofern diese insoweit nicht eindeutig ist.

Übersicht 16

Rechtsansprüche nach dem SGB VIII ergeben sich:

1. entweder explizit aus dem Text der jeweiligen Norm des SGB VIII („hat/haben Anspruch“)

2. oder ggf. aufgrund einer Interpretation (Auslegung) der jeweiligen Norm, sofern der Gesetzgeber nicht klar entschieden hat, wo Ansprüche bestehen und wo nicht! (wie z.B. in §24), und sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

2.1 Die jeweilige Norm muss eine objektive Rechtsverpflichtung eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe enthalten. (Dies ist bei über 200 Vorschriften des SGB VIII der Fall, nicht zum Beispiel jedoch bei reinen Definitionen wie in den §§ 2 oder 7).

2.2 Der Tatbestand dieser Norm muss hinreichend präzise bestimmt sein (wie z. B. bei § 20 oder § 42 Abs. 1 Satz 1, nicht jedoch bei § 11 Abs. 1 oder § 16 Abs. 1 und 3).

2.3 Die Norm soll nicht nur öffentlichen Interessen, sondern zumindest auch den Interessen von jungen Menschen und/oder Personensorgeberechtigten zu dienen bestimmt sein. (Dies dürfte zumeist der Fall sein, nicht jedoch etwa bei den §§ 79 oder 80).

2.4 Die Normadressaten müssen schließlich individualisierbar oder zumindest als „kleine Gruppe abgrenzbar“ sein (z. B. bei § 41). Die jeweilige Norm darf sich also z. B. nicht (nur) an „alle jungen Menschen“ richten (wie in § 11 Abs. 1).

Bei der Auslegung der jeweiligen – sofern nicht eindeutigen – Rechtsnormen des SGB VIII (siehe Übersicht 16) sind u. a. zugrunde zu legen bzw. zu berücksichtigen: die in der Rechtswissenschaft üblichen Auslegungsmethoden (nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Ziel/Zweck oder Systematik der Norm) sowie die Grundrechte und Wertentscheidungen des Grundgesetzes.

3.3Fachaufsicht und Rechtsaufsicht

Die (kommunalen) Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe unterliegen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB VIII einer Rechtsaufsicht, jedoch keiner Fachaufsicht (siehe dazu Übersicht 17 sowie Wabnitz in GK-SGB VIII, § 69, Rz. 32 ff.; Wiesner 2015, Vor §§ 11 ff., Rz. 25 f.; § 82, Rz. 2a)

Übersicht 17

Fachaufsicht und Rechtsaufsicht

1. Fachaufsicht bedeutet: sachlich-inhaltliche Kontrolle (auch unter reinen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten) des Verwal- tungshandelns einer Behörde durch Verwaltungsvorschriften oder Einzelweisungen einer höheren Behörde, typischerweise im Bereich der Landesverwaltung mit mehrstufigem Behördenaufbau, z.B. Polizei- oder Schulverwaltung.

2. Rechtsaufsicht bedeutet: Kontrolle des Verwaltungshandelns einer Behörde allein unter rechtlichen Gesichtspunkten, zumeist durch die so genannte Rechtsaufsichts- oder Kommunalaufsichtsbehörde.

Da die kommunalen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bzw. die JÄer das SGB VIII als Selbstverwaltungsangelegenheit (dazu Wabnitz 2020, Kap. 9.3) ausführen, unterstehen sie insoweit keiner höheren Behörde (des Landes) und unterliegen deshalb keiner Fachaufsicht, insbesondere auch nicht einer Aufsicht durch das LJA!

Sie unterliegen als Träger „mittelbarer Staatsverwaltung“ aber einer Rechtsaufsicht durch den Staat, d. h. durch die Kommunalaufsichtsbehörden (in der Regel sind dies die Regierungspräsidien). Diese können das Verwaltungshandeln der JÄer bei der Ausführung des SGB VIII kontrollieren, allerdings nur mit Blick darauf, ob diese gegen gesetzliche Regelungen des SGB VIII verstoßen oder dieses nicht angewendet haben (siehe dazu Fall 3).

3.4Dreiecksverhältnis

Im Verhältnis zwischen jungen Menschen und Personensorgeberechtigten, den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und den Trägern der freien Jugendhilfe besteht häufig das so genannte sozial- oder jugendhilferechtliche „Dreiecksverhältnis“. Dabei bestehen drei unterschiedliche, sorgfältig voneinander zu unterscheidende Rechtsbeziehungen (siehe auch Abbildung 1 sowie im Einzelnen: Münder et al. 2019, VorKap. 5, Rz. 6 ff.; Wabnitz in GK-SGB VIII, § 2, Rz. 39 f.), nämlich:

eine solche nach dem öffentlichen Recht zwischen dem jungen Menschen/Personensorgeberechtigten und dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe,

eine weitere nach dem öffentlichen Recht zwischen dem Träger der öffentlichen und dem Träger der freien Jugendhilfe

sowie schließlich eine zivilrechtliche Rechtsbeziehung (zumeist in Form eines zivilrechtlichen Vertrages) zwischen dem jungen Menschen/Personensorgeberechtigten und dem Träger der freien Jugendhilfe.


Abb. 1: Das sozial- oder jugendhilferechtliche Dreiecksverhältnis

Literatur

Wabnitz, R. J. (2005): Rechtsansprüche gegenüber Trägern der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII)

Wabnitz, R. J. (2013b): (Gesetzliche) Inklusionsbarrieren – was behindert in Inklusion?

Wabnitz, R. J. (2015a): 25 Jahre SGB VIII. Die Geschichte des Achten Buches Sozialgesetzbuch von 1990 bis 2015, Drittes Kapitel

Fall 3: Das untätige Jugendamt

Im Bereich des JA der Stadt X wird überhaupt keine öffentlich geförderte Jugendarbeit mehr durchgeführt, weil sich Jugendarbeit nach Auffassung des JA und des Sozialdezernenten nicht bewährt habe, „nichts bringe“ oder sie „kriminelle Verhaltensweisen“ von Jugendlichen fördere. Die beiden 17-jährigen A und B sind empört und beraten mit ihren Eltern darüber, an wen sie sich mit Aussicht auf Erfolg wenden könnten.

4Förderung der Erziehung in der Familie

„Prävention vor Intervention“ bzw. „Hilfe vor Eingriff“ sind zentrale Paradigmen des SGB VIII. Daher liegt es nahe, dass der Gesetzgeber in besonderer Weise „präventive“ Leistungen zugunsten der Familie in den Blick genommen hat, und zwar insbesondere in §§ 16, 17 und 18, ergänzt um Bestimmungen nach den §§ 19 bis 21 für „immer kleiner werdende Adressatenkreise“. Die Regelungen der §§ 16 bis 21 sind sehr unterschiedlicher Rechtsnatur und beinhalten sowohl (rein) objektive Rechtsverpflichtungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe als auch subjektive Rechtsansprüche.

4.1Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (§ 16)

Übersicht 18

Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (§ 16)

1. Adressatenkreis: Mütter, Väter, andere Erziehungsberech- tigte und junge Menschen (Abs. 1 Satz 1) sowie schwangere Frauen und werdende Väter (Abs. 3)

2. Tatbestandsvoraussetzungen: die Leistungen nach § 16 Abs. 1 und 3 sollen

2.1 dazu beitragen, die Erziehungsverantwortung besser wahrnehmen zu können (Satz 2);

2.2 Wege aufzeigen, wie Konfliktsituationen in der Familie gewaltfrei gelöst werden können (Satz 3);

2.3 Müttern und Vätern sowie Schwangeren und werdenden Vätern Beratung und Hilfe anbieten (Abs. 3).

 

3. Rechtsfolge: Angebot von Leistungen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie (Abs. 1 Satz 1), insbesondere gemäß Abs. 2:

3.1 Angebote der Familienbildung (Nr. 1),

3.2 der Beratung (Nr. 2),

3.3 der Familienfreizeit und -erholung, insbesondere in belastenden Familiensituationen (Nr. 3);

3.4 sowie Angebote der Beratung und Hilfe in Fragen der Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen (Abs. 3),

jeweils nach näherer Regelung durch Landesrecht (Abs. 4).

4. Rechtscharakter:

4.1 objektiv-rechtliche Sollbestimmung

4.2 ohne Rechtsanspruch

Leistungsverpflichtungen nach § 16 (siehe Übersicht 18) richten sich – wie auch sonst (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2!) – nur an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Leistungen werden aber häufig auch von Trägern der freien Jugendhilfe erbracht, vorrangig in Familienbildungs-, Familienfreizeit- und Familienerholungsstätten und in Beratungsstellen. Mit den objektiv-rechtlichen Sollbestimmungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 korrespondieren nach ganz überwiegender Auffassung keine subjektiven Rechtsansprüche (Kunkel/Pattar in LPK-SGB VIII 2018, § 16 Rz. 2; Münder et al. 2019, § 16, Rz. 4; Wabnitz 2005, 157; a. A. Schleicher in GK-SGB VIII, § 16, Rz. 3), da sowohl der Adressatenkreis der Normen völlig unbestimmt ist als auch die Tatbestandsvoraus- setzungen nur sehr allgemein formuliert sind (siehe Kap. 3.2).

4.2Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17)

Völlig anders ist dies bei § 17 (siehe Übersicht 19), da das SGB VIII in Abs. 1 einen expliziten (Rechts-)Anspruch auf Beratung einräumt.

Übersicht 19

Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17)

1. Adressatenkreis: Mütter und Väter

2. Tatbestandsvoraussetzungen (Abs. 1):

2.1 Mütter und/oder Väter sind Inhaber des elterlichen Sorgerechts oder sorgen tatsächlich für ein Kind/Jugendlichen.

2.2 Die Beratung soll helfen (Satz 2)

ein partnerschaftliches Zusammenleben in der Familie aufzubauen (Nr. 1),

Konflikte und Krisen in der Familie zu bewältigen (Nr. 2) oder im Falle der Trennung oder Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen (Nr. 3).

3. Rechtsfolgen:

3.1 Beratung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe (Abs. 1),

3.2 im Falle von Trennung oder Scheidung: Unterstützung bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge (Abs. 2)

4. Rechtscharakter:

4.1 objektiv-rechtliche Mussbestimmung

4.2 (expliziter) Rechtsanspruch

4.2.1 Adressatenkreis und Ziele der Beratung nach § 17

Zum Adressatenkreis der Norm gehören sowohl (verheiratete oder nicht verheiratete) Mütter und/oder Väter, die Inhaber des elterlichen Sorgerechts nach dem BGB sind (§§ 1626 ff. BGB), als auch solche, die – ohne Sorgerecht – tatsächlich für das Kind oder den Jugendlichen sorgen, z. B. Väter bei Alleinsorge der Mutter. Maßgebliches Ziel der Beratung ist das Wohl der Kinder und Jugendlichen, deren Eltern „Konflikt mindernd“ im Sinne der „Eskalationsstufen“ nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 und 3 beraten und ggf. unterstützt werden sollen. Inhaber des Beratungsanspruchs nach § 17 Abs. 1 sind die Eltern und nicht die Kinder oder Jugendlichen, die jedoch nach § 17 Abs. 2 zu beteiligen sind.

4.2.2 Angebote der Beratung

§ 17 Abs. 1 bezieht sich auf Angebote „im Rahmen der Jugendhilfe“, nicht auf solche, die – trotz gelegentlicher Überschneidungen – in anderen institutionellen Feldern, z. B. der Erwachsenenbildung (an Volkshochschulen), angesiedelt sind. Tatsächlich werden die Angebote nach § 17 sowohl von Trägern der freien als auch der öffentlichen Jugendhilfe (dort häufig auch innerhalb des Allgemeinen Sozialen Dienstes) unterbreitet.

4.2.3 Verknüpfung mit anderen Gesetzen

§ 17 ist auch mit dem BGB und dem FamFG verknüpft (vgl. insbesondere §§ 1564 ff., 1626 ff. BGB, §§ 151 ff. FamFG). Auch im Falle von Trennung und Scheidung der Eltern besteht das (zuvor begründete) gemeinsame elterliche Sorgerecht fort, sofern nicht einem Elternteil auf Antrag aufgrund von § 1671 Abs. 1 BGB durch das Familiengericht das alleinige Sorgerecht übertragen wird. Das Ziel, „einvernehmliche Sorgerechtsregelungen“ zu erreichen, die für das Kindeswohl zumeist das Beste bedeuten, prägt maßgeblich sowohl das BGB (§ 1671), das FamFG (§§ 156, 165 FamFG) als auch das SGB VIII (§ 17 Abs. 2).

Um frühzeitig die Erarbeitung einvernehmlicher Sorgerechtskonzepte in Angriff nehmen zu können, haben die für Scheidungsangelegenheiten zuständigen Familiengerichte gemäß § 17 Abs. 3 i. V. m. § 128 Abs. 2 FamFG dem JA mitzuteilen, dass dort ein Antrag auf Ehescheidung eingegangen ist – und damit das JA die Eltern sodann über das Leistungsangebot nach § 17 Abs. 2 unterrichten kann.

4.3Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts (§ 18)

In § 18 sind fünf weitere explizite (Rechts-)Ansprüche enthalten (siehe Übersicht 20).

Übersicht 20

Rechtsansprüche auf Beratung und Unterstützung nach § 18 haben gemäß:

1. Abs. 1 Nr. 1 und 2: alleinerziehende Mütter und Väter (mit oder ohne Sorgerecht)

1.1 bei der Ausübung der Personensorge (§§ 1626 ff., 1671 ff. BGB),

1.2 bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes oder Jugendlichen (§§ 1601 ff. BGB),

1.3 bei der Geltendmachung von Unterhaltsersatzansprüchen (UVG, Waisenrente, SGB XII),

1.4 sowie bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aus Anlass der Geburt (§ 1615 l BGB).

2. Abs. 2: Mütter und Väter hinsichtlich der Abgabe von Sorgeerklärungen (nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB) sowie der Möglichkeit der gerichtlichen Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge (§ 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB).

3. Abs. 3 Satz 1, 2: Kinder und Jugendliche bei der Ausübung von Umgangsrechten (§§ 1684, 1685, 1686a BGB)

4. Abs. 3 Satz 3: Eltern und andere Umgangsberechtigte bei der Ausübung von Umgangsrechten (§§ 1684, 1685, 1686a BGB)

5. Abs. 4: junge Volljährige bis unter 21 Jahren bei der

5.1 Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (§§ 1601 ff. BGB) oder von

5.2 Unterhaltsersatzansprüchen (z. B. Renten, SGB XII)

§ 18 nimmt stichwortartig Bezug auf ganze Kapitel des 4. Buches des BGB (Familienrecht) und auf weitere Gesetze (dazu ausführlich Wabnitz, 2019, Kap. 5 bis 10). § 18 ist – wie viele andere Regelungen des SGB VIII auch – ein besonders prägnantes Beispiel für die Verknüpfungen von BGB/Familienrecht (Zivilrecht) und SGB VIII (öffentliches Recht).

4.4Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19)

§ 19 Abs. 1 beinhaltet eine objektiv-rechtlich formulierte Soll-Leistung für einen wesentlich kleineren Adressatenkreis als bei den §§ 16 bis 18, nämlich für alleinerziehende Mütter oder Väter (mit oder ohne Sorgerecht!) mit kleinen Kindern (siehe Übersicht 21).

Übersicht 21

Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19)

1. Adressatenkreis: alleinerziehende Mütter oder Väter (mit oder ohne Sorgerechte), ggf. auch Schwangere;

2. Tatbestandsvoraussetzungen:

2.1 Personensorgerecht oder tatsächliche Personensorge für ein Kind unter sechs Jahren; unproblematisch ist es, wenn (auch) ältere Geschwister vorhanden sind;

2.2 Notwendigkeit der Unterstützung in einer geeigneten Wohnform;

2.3 kausale und zeitliche Notwendigkeit nach 2.2 aufgrund der Persönlichkeitsentwicklung der/des Alleinerziehenden (nicht ausreichend: allein aufgrund familiärer, beruflicher oder sozialer Umstände);

3. Rechtsfolgen

3.1 Betreuung in einer geeigneten Wohnform mit dem Kind, z. B. Mutter-Kind-Heim, Außenwohngruppe (Abs. 1);

3.2 Hinwirken auf schulische oder berufliche Ausbildung oder Berufstätigkeit (Abs. 2);

3.3 Unterhalt und Krankenhilfe (Abs. 3);

4. Rechtscharakter:

4.1 objektiv-rechtliche Sollbestimmung

4.2 strittig, ob auch subjektiver Regel-Rechtsanspruch;

m. E.: ja

Die angestrebte Verbesserung der Lage der zumeist jungen Mütter oder (selten) Väter soll unmittelbar dem Kind zugutekommen, denn der Aufenthalt in einer fachlich qualifiziert betreuten Wohnform für Mütter/Väter und Kinder in einer für sie zumeist mehrfach belasteten Lebenssituation soll den Kindern den familialen Bezug erhalten. Die Hilfe kann gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 bereits Schwangeren gewährt werden.

Entscheidende Voraussetzung ist, dass der alleinerziehende Elternteil aufgrund seiner Persönlichkeitsentwicklung einer Hilfe nach § 19 bedarf und insoweit unterstützungsbedürftig ist. Dies ist dann der Fall, wenn er/sie noch nicht ohne eine solche Hilfe dazu in der Lage ist, das Leben zu meistern und zugleich Erziehungsverantwortung für das Kind zu übernehmen, typischerweise also bei fehlender allgemeiner Reife, psychischer Überforderung, mangelnder Belastbarkeit oder wirtschaftlicher Unselbstständigkeit.. Familiäre, soziale und berufliche Gründe allein reichen insoweit nicht aus.

§ 19 beinhaltet eine (objektiv-rechtliche) Sollverpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe auf Betreuung in einem Mutter-Kind-Heim oder in einer geeigneten Einrichtung des betreuten Wohnens (Abs. 1), ggf. verbunden mit Hilfen zur Ausbildung (Abs. 2) bzw. Unterhalt und Krankenhilfe (Abs. 3). Strittig ist, ob mit Abs. 1 Satz 1 ein subjektiver (Regel-)Rechtsanspruch korrespondiert (vgl. dazu Fall 4; bejahend Wabnitz 2005, 163–166; Fischer in Schellhorn et al. 2015, § 19, Rz. 13; Kunkel/Kepert in LPK-SGBVIII 2018, § 19 Rz. 7; Möller 2017, § 19 Rz. 5; Schleicher in GK-SGB VIII, § 19, Rz. 8 ff.; jurisPK-SGB VIII/Sünderhauf 2014, § 19 Rz. 41; a. A. Happe et al § 19, Rz. 6, 28; Gaertner in Hauck/Noftz § 19 Rz. 12; unklar Münder et. al 2019, § 19 Rz. 1).

4.5Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen (§ 20)

Bei bestimmten Notsituationen sollen durch das zuständige JA Leistungen nach § 20 – nachrangig (§ 10 Abs. 1) – gewährt werden, wenn die in Übersicht 22 genannten acht (!) Voraussetzungen erfüllt sind.

Übersicht 22

Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen (§ 20)

1. Adressatenkreis: Eltern mit Kindern

2. Tatbestandsvoraussetzungen

2.1 Es geht um Kinder (unter 14 Jahren).

2.2 Diese leben im Haushalt der Eltern.

2.3 Der (überwiegend) betreuende Elternteil fällt für die Betreuung und Versorgung aus.

2.4 Dies geschieht aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen, z. B. Krankheit, Kur, Tod, Drogen-, Alkoholabhängigkeit, Haft.

2.5 Der andere Elternteil ist wegen berufsbedingter Abwesenheit nicht in der Lage, das Kind zu betreuen.

2.6 Deshalb ist eine Hilfeleistung notwendig, um das Wohl des Kindes zu gewährleisten.

2.7 Angebote in Tageseinrichtungen oder in Tagespflege reichen nicht aus.

2.8 Es bestehen keine vorrangigen Leistungsangebote (§ 10 Abs. 1), z. B. der Kranken-, Renten-, Unfallversicherung oder Arbeitsförderung, z. B. auf Haushaltshilfe.

3. Rechtsfolgen

3.1 Unterstützung des anderen Elternteils bei der Betreuung und Versorgung des Kindes (Abs. 1), um dem Kind den familialen Lebensraum zu erhalten

3.2 Betreuung und Versorgung des Kindes im elterlichen Haushalt (Abs. 2).

4. Rechtscharakter

4.1 objektiv-rechtliche Sollbestimmung

4.2 Regel-Rechtsanspruch

Strittig ist zum einen, ob „andere zwingende Gründe“ im Sinne von § 20 Abs. 1 auch die Aufnahme einer Berufsausbildung oder -tätigkeit durch den (überwiegend) betreuenden Elternteil darstellen. Meines Erachtens ist dies zu verneinen (so auch Fischer in Schellhorn et al. 2015, § 20, Rz. 13; Struck in Wiesner 2015, § 20, Rz. 7; Sünderhauf in jurisPK-SGB VIII 2014, § 20, Rz. 53). Denn hier besteht oft keine Notsituation und muss der Wunsch nach Ausbildung und Beruf hinter der Betreuung und Versorgung des Kindes – jedenfalls für eine gewisse Zeit – zurückstehen.

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