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Kapitel 7
Alptraum

Es war ein paar Tage später an einem Spätnachmittag. Charlies Mutter Elsbeth verabschiedete sich bei Charlie und Mama. Sie erzählte uns, dass sie über das Wochenende ihre Schwester besuchen fährt und abgeholt wird. Ihre Schwester sei erkrankt und sie müsste dort nach den Kindern sehen und sie versorgen. „Bitte schaut nach Adolf und kocht was für ihn mit.“

Adolf war Charlies Papa, zu dem Ich Opa sagen sollte.

„Kein Problem", sagte Anne und begleitete Elsbeth aus dem Tor, wo auch schon ein Auto angehalten hatte, um Elsbeth mitzunehmen.

Abends ging Charlie aus mit Freunden, um Geburtstag mit Ihnen zu feiern. Er verabschiedete sich auch von Anne und mir.

Als es dunkel wurde, musste Anne zur Arbeit in den Club. Sie unterwies mich noch mal in allem in Bezug mit Bärbelchen.

„Wenn du aufwachst, bin ich wieder da", sagte sie.

„Ja", sagte ich, fühlte mich leer.

Sie küsste mich und ging.

Die Arbeiter und Artisten packten ihre Sachen, es war Wochenende, sie hatten endlich Freizeit. Alle besuchten dann ihre Familien, Freunde oder fuhren nach Hause.

Ich habe schon geschlafen, Bärbelchen war auch ruhig.

Es ist Nacht, ich bin mit Bärbelchen allein.

„Isabella, Isabella, komm sofort!“

Träumte ich?

Ich kenne diese aggressive Stimme, ich höre sie am Tag, jeden Tag scharfe Befehle schreien. Es ist die Stimme von dem neuen Opa Adolf, den ich überhaupt nicht mag, den ich tagsüber vermeide zu begegnen.

„Sofort, ich weiß, dass du mich hörst, komm rüber!“

Mein Magen krampft sich zusammen, eiskalt wird mein Herz zusammengedrückt, ich bin allein.

Ich halte mir die Ohren zu. Es ist so dunkel. Ich ziehe mir das Deckbett über den Kopf, rolle mich zusammen, stecke den Daumen in den Mund.

Er hört nicht auf zu rufen, immer lauter!

Ich mag ihn nicht, den neuen Opa. Ich habe so Angst vor ihm, wenn er mich ansieht.

„Isabella, komm her!“

Ich steige aus dem Bett, schlüpfe in meine Schuhe. In meinem zu großen Nachthemdchen mache ich mich angstschlotternd auf den Weg zu dem Containerwagen, in dem meine neuen Großeltern wohnen.

Ich öffnete die Tür: „Ja?“

„Komm her, warum hat das solange gedauert", brüllte er mich an.

„Ich bin krank, du sollst was für mich tun!" befahl er mir mit messerscharfer Stimme.

„Komm hierher an mein Bett!!“

Ich näherte mich seiner Bettstatt in Zeitlupe, mit weit aufgerissenen Augen, zu Angst erstarrt.

Er liegt in seinem Bett.

Starrt mich mit diesem stechenden Blick an, genießt meine panische Angst.

Ich bin an dem Bett angekommen, stehe hilflos, gelähmt davor.

„Bauerntölpel!“ Zischte er.

Ich roch seinen unangenehmen Atem.

Dann packte er meine linke Hand, umklammerte sie und fuhr mit ihr unter das Deckbett, mit dem er zugedeckt war. Er hatte sich schon den Unterleib entblößt.

Mit stahlhartem Griff fuhr er mit meiner Hand an seinen Penis und masturbierte ihn. Gleichzeitig fuhr er hoch, riss mich an sich und steckte seine widerwärtige Zunge in meinen Mund. Ich fing an mich zu wehren, schlug ihm in Abwehr meine rechte geballte Faust auf die Nase. Vor Schmerz ließ er mich los.

Gleichzeitig erbrach ich mich vor Ekel auf seine Decke, die Tränen liefen über mein Gesicht, er ließ von mir ab.

Ich lief aus dem Containerwagen, verlor einen Schuh, rettete mich in den Wohnwagen, wo ich jetzt lebte und Bärbelchen ruhig schlief. Ich rannte in mein Abteil, versteckte mich unter der Decke und rührte mich nicht mehr.

Ich fing an das Essen zu verweigern, erbrach, lutschte Daumen, sprach kaum noch.

Wann kommt Papa?

Adolf tat am nächsten Tag, als wäre nichts passiert.

Kapitel 8
Opa kommt.

Die Tage vergingen, ich fühlte mich immer schwächer und kälter.

Anne und Charlie waren ratlos. Sie sprachen mit mir, aber ich war nur noch müde, voller Traurigkeit, antwortete nicht.

Ich saß auf der Holztreppe des Wohnwagens, wieder einmal.

Emsiges Treiben auf dem Platz, ich starrte auf das Tor.

Plötzlich hörte ich eine Autotür, die sich öffnete und die mit einem lauten Geräusch wieder zugeschlagen wurde. Jemand war ausgestiegen und klopfte laut an das Tor.

Willi, der Bruder von Charlie öffnete das Tor

einen Spalt, redete mit dem Besucher.

Aufmerksam registrierte ich den Vorgang und bemerkte, dass „Onkel Willi“ immer lauter sprach, und aggressiver wurde, danach plötzlich zurücktrat, das Tor wieder verschloss und die zusätzlich angebrachte Sicherung aktivierte.

Willi rief dann aufgeregt nach Charlie.

Neugierig geworden stieg ich die Holztreppe hinunter, lief an das Tor. Durch die angebrachten, eng aneinander stehenden Gitterstäbe, sah ich ein Auto, das ich kannte.

Einen weißen VW.

Ich presste meinen Kopf an das Metall und dann sah ich ihn stehen - Papa!

„Isabella, ich bin hier".

Ich höre seine Stimme, die ich so vermisst habe. Ich sehe seine braunen, warmen sanften Augen.

„Papa, Papa, Hilfe, hol mich, Papa, Hilfe, ich will mit!“

Ich schreie mir meine Seele aus dem Leib, bin völlig hemmungslos hysterisch, rüttele an den Gitterstäben.

„Papa, du darfst nicht gehen, ich bin wieder lieb, bitte, bitte!“

Meinem Papa liefen die Tränen über das Gesicht.

„Ich hole dich, ja Isabella, ich hol dich ab!“

Meine Mutter, die angelaufen kam, um mich zu beruhigen, festzuhalten, hatte kaum eine Chance, ich trat, biss, spucke, ich wand mich, trommelte, weinte, schrie wie am Spieß, völlig aufgelöst.

Charlie kam angerannt mit rotem Gesicht. Er sprach mit meinem Opa, wollte vermitteln.

Das Tor wurde geöffnet, mein Opa lief auf den Platz. Die Situation spitzte sich zu, die Diskussionen wurden immer lauter und gefährlicher.

Aus allen Ecken kamen die Clanmitglieder, Arbeiter.

In Panik schnappte mich meine Mutter und schleppte mich aus der Gefahrenzone, in Richtung Stallzelt, wo die Pferde standen.

Aus den Augenwinkeln sah ich, während ich nach meiner Mutter schlug und strampelte, um mich zu befreien, wie sich ein Familienmitglied einen übrig gebliebenen Eisenanker, mit dem das Stallzelt gesichert wurde, schnappte und zu der Menschengruppe lief.

Dann erreichten Anne und ich das Stallzelt.

Ich hörte das Geschrei von draußen, sah nichts mehr.

Anne hielt mich im Schwitzkasten, ich war ein tobendes schreiendes Bündel Mensch.

Der Durchgang hinter den Pferdeboxen, durch den wir uns kämpften, war sehr schmal.

Die Pferde schnaubten und wieherten nervös wegen meiner Tobsucht.

Ein Pferd trat zurück, nervös tanzend, und schlug aus, um uns zu treffen.

Wir fielen beide in eine dort abgestellte große Kiste.

Beim Aufrappeln und Aufstehen, bemerkte ich entsetzt, dass sich dort in einer Kiste junge Welpen befanden von der Schäferhündin, die den Platz zusätzlich bewachte.

Anne und ich hatten 3 Hundebabys durch den Sturz totgedrückt.

Ich schrie und schrie!

„Isabella, ich komm dich holen, ich schwöre es", hörte ich Opa von draußen laut schreien, dann fuhr er weg.

Er ist weggefahren, für mich ging die Welt unter.

Ich aß nichts mehr, was ich schluckte, erbrach ich.

„Hast Du mich nicht ein ganz kleines bisschen lieb und Charlie ist doch auch nicht schlecht zu dir ?" fragte mich meine Mutter Anne.

„Ich will zurück zu meinem Papa!", ich wich zurück und senkte den Kopf.

Ja, Charlie ist nicht schlecht zu mir, er übt mit mir Gymnastik. Ich bin biegsam wie eine Gummipuppe, mache Handstand und schaffe schon einen Spagat. Ich bin talentiert und graziös, sagt er. Er ist immer freundlich zu mir und auch sehr lieb zu Bärbelchen, die auch inzwischen mein ein und alles ist.

Wenn sie mit mir lacht und nach mir greift, bin ich glücklich.

Ich schaue Charlie fast bettelnd an.

„Bitte, ich will nach Hause, zu meinem Papa“, japse ich, kaum noch Stimme.

Ich breche und breche, behalte nichts bei mir, bekomme hohes Fieber.

Bin krank, müde.

„Er kommt morgen, dein Opa, und holt Dich ab“, sagt Anne.

Ich schaue sie an, apathisch.

„Ja, morgen", sage ich, ohne Freude.

Ich will nur noch schlafen.

Er ist gekommen, holt mich ab in seinem VW, er setzt mich hinten ins Auto, ich bin so müde.

Wir fahren los, ich schaue nicht zurück.

Irgendwann ist die Fahrt zu Ende.

Auf allen vieren, klettere ich zu Hause die Treppen, die nach Bohnerwachs riechen, hoch bis an die Wohnungstür.

Oma öffnet die Tür, sie weint.

Opa, der langsam hinter mir die Treppenstufen nachsteigt, weint.

Wir weinen alle drei, umarmen uns, ich werde ruhig, bin glücklich, -

Ich bin zu Hause.

Ich brauchte Ärzte und eine ganze Weile, bis ich wieder gesund war. Eine Frau von einem Amt kam, befragte mich, sagte, ich kann bleiben.

Kapitel 9
Mein Teddybär.

Opa lachte: „Freu dich, Isabella, ich muss heute in die Stadt etwas erledigen, wenn du willst, kannst du mich begleiten.“

„Oh ja!“

Blitzschnell war ich passend angezogen, und schon waren wir beide unterwegs.

Es ging mit dem Bus in die Stadt, weil das Auto inzwischen verkauft war.

Wir fuhren eine ganze Weile, alles war neu und aufregend.

In der Stadtmitte stiegen wir aus. Opa musste auf dem Rathaus irgendwelche Papiere abgeben und noch neue Passbilder machen.

 

Wir fanden am Hauptbahnhof einen Fotokasten mit Vorhang. Opa ging hinein, warf irgendwelche Münzen in den Automat, musste ganz still sitzen, dann wurde fotografiert und die Bilder kamen dann außen aus einem Schlitz heraus.

Ich wäre so gerne mit in der Kabine gewesen, um alles zu sehen.

Aus diesem Grunde schielte ich von außen, unter dem Vorhang durch, dadurch brachte ich meinen Großvater zum Lachen, und die Bilder waren nicht verwendbar.

Erst als ich mich in der Kabine auf seinen Schoß setzen durfte und wir beide zusammen uns fotografieren ließen, ist es ihm gelungen, seine amtlichen Fotos auszudrucken, die er benötigte.

Ich war inzwischen mit unseren gemeinsamen Bildern beschäftigt, die ich absolut toll fand. Später präsentierte ich sie triumphierend meiner Oma und gab sie natürlich nicht mehr her oder teilte sie.

Der Tag war noch nicht zu Ende, wir machten noch einen kleinen Stadtbummel.

Es gab in der Stadt ein riesiges Kaufhaus, mit vielen Lichtern, große Ein- und Ausgänge. Hinter den Schaufensterscheiben standen Menschenpuppen, die ganz toll angezogen waren: Frauen, Männer, Kinderpuppen.

Ich staunte.

„Komm, wir gehen mal rein und schauen uns um“, sagte mein Opa verschmitzt.

Ich war begeistert, ich sah so viele Dinge.

Es gab eine Rolltreppe, die ganz nach oben fuhr, Stockwerk für Stockwerk. Ich bestaunte das Kaufhaus, bis wir ganz oben ankamen.

Da befand sich die Spielzeugabteilung.

Ich war völlig entzückt, konnte mich kaum noch bewegen, drehte mich um, hielt mir die Hände auf dem Mund, um meine Begeisterung nicht herauszuschreien.

Spielzeug, Autos, Puppen, Kaufläden und Stofftiere Teddybären, einer größer, schöner, bunter, als der andere.

Bevor mich mein Opa festhalten konnte, lief ich an einen großen runden Ständer, der fünf Ablagen hatte.

Im unteren Ablagebereich saß er ...

mein Bär.

Mit gelblich flauschigem Fell, großen Augen, runden Plüschohren und roter Schleife.

Rief er mich???

Ja, ich hatte es genau gehört!

Ich schnappte ihn, drückte ihn an mich, bei dieser Bewegung hörte ich ein dumpfes Brummen aus seinem Bauch.

„Bääh", sagte er.

Meine dunklen Augen suchten das Gesicht meines Opas.

Mein trutziges Gesicht und die vorgeschobene Schnute signalisierten ihm:

Keine Diskussion.

Bitte - der muss es sein, das ist meiner!

Mein Großvater kam her, streichelte meinen Kopf, nahm mir den Bär aus dem Arm und schaute auf den ausgezeichneten Preis.

Sein Gesicht legte sich danach etwas sorgenvoll in Falten.

„Das wird eng", hörte ich ihn murmeln.

Er nahm meine Hand, ging zur Kasse und bezahlte das Stofftier.

Ich jubelte, drückte den Bär an mich.

Danach hatten wir beide einen langen Nachhauseweg.

Opa hatte kein Busgeld mehr für uns.

Wir mussten laufen.


Kapitel 10
Es kam die Schulzeit.

In der Schule war ich ein zurückhaltendes Kind mit wenig Freunden, trotzdem voller Fröhlichkeit und zufrieden.

„Sonnenscheinchen“ nannte mich meine erste Lehrerin, Frau Goldmann. Sie mochte meine Grübchen, die sich in meinen Backen zeigten, wenn ich lachte. Ich hatte lange dunkle Zöpfe, die meist mit roten Schleifen am Ende zusammengehalten wurden. Ich war inzwischen etwas pummelig, aber nicht wirklich dick. Leider musste ich die Kleider auftragen, die von Kirchenspendern vorbeigebracht wurden, da meine Großeltern sehr wenig Geld hatten.

Ich mochte die Sachen nicht gerne anziehen, meine Mitschüler kicherten oft hinter vorgehaltener Hand deswegen. Sie waren besser gekleidet. Deshalb hatte ich auch fast keine Freunde, außer Soraya, einem Mädchen aus Griechenland. Sie hatte auch nicht viel. Im Rechnen kam ich nicht gut mit. Mein Onkel Karl versuchte mir mit Nachhilfestunden zu helfen, er bemühte sich wirklich redlich. Doch ich war mit meinen Gedanken immer woanders. Aber in Deutsch war ich richtig gut. Wenn ich einen Aufsatz schrieb oder vorlas, war ich wirklich in meinem Element.

Frau Goldmann setzte Soraya zu mir an meinen Tisch, damit ich ihr beim deutsch Schreiben helfen konnte und das klappte prima. Soraya und ich verstanden uns ohne Worte.

Als ich siebeneinhalb Jahre alt war, spürte ich ein komisches dunkles Gefühl wieder, das mir bekannt war - irgendwie, das ich vergessen hatte.

Das Gefühl war kalt, hässlich und lähmte mich.

Es waren Schübe, ich versuchte sie zu bekämpfen.

Opa musste so viel zum Arzt, hatte wenig Zeit für mich. Er wurde so dünn, so hässlich mit großen Augen, umringt mit dunklen Rändern, musste sich so viel hinlegen, ausruhen, schlafen.

Opa, den ich Papa nannte, sagte einmal zu mir: „Kind, glaub mir, es gibt Menschen, die würden gerne den Teller leer essen, wenn sie könnten. Sei lieb, und iss fertig, was Oma dir ausgeschöpft hat!“

Heute weiß ich, er hatte Speiseröhrenkrebs.

Er kam ins Krankenhaus.

Ich fing wieder an, Daumen zu lutschen, was mir den Spott meiner Mitschüler einbrachte, wenn ich mich „vergaß“.

Ich war mit Oma alleine, durfte nicht mit ins Krankenhaus.

Er war so lange weg. Ich habe ihn so vermisst!!

An einem Tag kam ich von der Schule an dem Haus meiner Tante vorbei.

Im Parterre das Küchenfenster war weit geöffnet.

Tante Inga beugte sich heraus, und rief:

„Isabella, Isabella, dein Opa ist zu Hause.“

Sie lachte.

Ich blieb wie angewurzelt stehen,

„Wirklich?“ fragte ich ungläubig.

„Ja, lauf!“ bestätigte Sie.

Ich warf meinen Schulranzen, im hohen Bogen über den kleinen Gartenzaun des Vorgartens und rannte los, so schnell mich die Beine trugen, nach Hause.

Ich lief und lief, die Treppen, die Stufen des Wohnhauses hinauf, hämmerte mit den Fäusten an die Eingangstür.

Als diese geöffnet wurde, sah ich ihn und fiel meinem Opa um den Hals.

Alles Glück der Erde, er war wieder da.

Ich war so glücklich.

Es ist alles so anders als vorher. Er ist so viel alleine im Zimmer, schläft, der Arzt kommt, oft.

Ja, er ist da, ich gehe zu ihm, aber er ist immer so müde.

Dieses komische Gefühl ist wieder da, ich habe Angst, will wieder, dass es wie damals ist, als wir so viel Spaß hatten.

Als ich acht Jahre alt war, starb mein Opa.

Sie kamen in sein Zimmer und legten ihn in einen Sarg, liefen mit ihm die Treppen hinunter.

Ich weinte nicht.

In mir war alles nur kalt.

Allein

Du bist jetzt fort.

An irgendeinen anderen Ort.

Ich bin allein, es ist dunkel,

Mir ist kalt,

Meine Hände sind zu Fäusten geballt.

Wünsche mir, dass das Leben.

Aufhört,

Die Sonne nicht mehr für mich

Aufgeht.

Ich schließe die Augen.

Sehe ein kleines Licht.

Erkenne dein Vertrautes,

Lächelndes Gesicht.

Du sagst ganz leise:

„Denk das nicht,

Kämpfe,

Nicht aufgeben,

Es gibt noch soviel.

Zu erleben,

Ich vergesse.

Dich nicht.

Wir werden uns.

Wieder finden.

Im Licht.“

3.11.2011

Kapitel 11
Dunkle Träume.

In der Schule blieb ich fast sitzen, entwickelte ein Art Autismus. Meine Umwelt und das Geschehen nahm ich wie ein Zuschauer wahr, der sich einen Film betrachtet.

Ich lutschte Daumen, um mich zu beruhigen, aß schlecht und versuchte leidenschaftslos meinen Alltag zu bewältigen. Oma ging viel in die Kirche. Einmal mittwochs und am Sonntag morgens und nachmittags.

Sie nahm mich mit. Ich fand den Kirchgang zu viel, zu oft, wagte aber nicht zu widersprechen, da ich wusste, wie viel er Oma bedeutete.

Auch beobachtete ich immer wieder, dass Oma Geld spendete in Briefkuverts, fast bei jedem Besuch. Es war ein Kasten im Inneren der Kirche aufgestellt. Neben den Kasten stand immer ein Priester, der sich für die Spende bedankte.

Wir hatten nur einfachstes Essen auf dem Tisch, einmal im Monat gab es vielleicht Fleisch zu essen. Meine Kleider waren immer noch von der Kleidersammlung. Oma leistete sich nichts. Ich erinnere mich noch an den riesengroßen Topf mit kochendem Wasser, der in der Küche auf dem Herd stand. Die Weißwäsche wurde darin gewaschen mit Seifenlauge.

Umgerührt wurde alles mit einer Art Holzkochlöffel. Der Herd war gleichzeitig Ofen und wurde mit Holz und Briketts gefeuert.

Einmal die Woche wurde gebadet, ansonsten, Katzenwäsche, Gesicht, Hände, ein bisschen da, ein bisschen dort, später Zähne putzen.

Oma half Tante Inga und Onkel Heinz, die bei uns in der Nähe der Schule in einem großen Mietshaus wohnten. Die Beiden hatten inzwischen vier Kinder.

Tante Inga ging in der Schule putzen. Onkel Heinz arbeitete bei einer Krankenkasse, später bei den Amerikanern.

Oma versorgte den Haushalt und die Kinder, wenn meine Tante arbeitete.

Der älteste Sohn Georg war ein Jahr jünger als ich und die nächsten waren alle noch im Kleinkindalter.

Ich betreute die Kinder mit, nach meiner Schule, mit mehr oder weniger Spaß, da man in meinem Alter den Kinderwagen und Kleinkinder doch auch als Belastung ansah.

Oma verbrachte viel Zeit bei Tante Inga und ihrer Familie, ich war mit dabei.

Am Heiligen Abend feierten wir zusammen das Fest.

Oma hat mir „Anita“ eine Puppe geschenkt, ich liebte sie sehr. Abends gingen wir nach Hause.

Der Alltag war da, voller grauer Tage, und grauer Träume.

Daumen lutschen.

Kapitel 12
Die Pubertät fängt an.

Mit meiner Oma verstand ich mich gut.

Allerdings hatte sie bestimmt manchmal unter meinen pubertären Ausbrüchen zu leiden.

Ich nahm eine gewisse Beschützerrolle für Sie ein, da sie sich meiner Meinung nach zuviel für die Probleme ihrer Töchter einsetzte. Ständig wurde sie gebraucht, für Arbeiten, Babysitter und auch finanziell.

Für Oma und mich blieb fast nichts übrig. Für uns beide war sie ständig am Sparen, und das ärgerte mich.

Sie war auch fast fanatisch religiös, ging dreimal die Woche in die Kirche, ich war meistens mit dabei. Ich empfand das für mich irgendwie zu viel. Wenn ein Volksfest stattfand in unserem Städtchen, konnte ich ihr keinen größeren Gefallen tun als mir einen Besuch nicht zu wünschen.

„Kind, das ist Teufelswerk", erklärte sie mir, „wenn du diesen Sachen entsagst, kommst du in den Himmel, dort wird es dir gefallen, es wird dir gutgehen“ Sie umarmte mich dabei, küsste mich, ich gab nach, verzichtete (innerlich komplett frustriert).

Meine Schulkameraden besuchten das Fest mit ihren Eltern, waren begeistert, überhaupt konnte ich mit ihnen nicht mithalten, ich trug immer noch die getragenen unmodischen Sachen von der Kirche oder der Caritas. Bei Aktionen in der Schule konnte ich nicht mitmachen oder gar mitfahren, weil kein Geld dafür zur Verfügung stand.

Ich war, glaube ich, gut erzogen, machte artig einen Knicks, der in meiner Zeit üblich war, sprach nicht dazwischen, wenn andere Leute sich unterhielten. Natürlich war auch gerade Sitzen am Esstisch gefragt, und Aufstehen, bevor die anderen Familienmitglieder mit der Mahlzeit fertig waren, ging schon gar nicht.

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