Rudolf Bockelmann: Die Karriere des Wagner-Interpreten und die NS-Musikpolitik
Über das Buch
Der Bariton Rudolf Bockelmann (1892–1958) zählte neben Maria Müller, Frida Leider, Friedrich Schorr, Marcel Wittrisch, Max Lorenz und Helge Rosvaenge zu den international prominentesten Wagner-Interpreten der 20er- und 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts, gehörte wie diese zu den festen Vertragssängern der Deutschen Staatsoper Unter den Linden in Berlin, den Stars der Bayreuther Festspiele und gastierte mehrfach an der Londoner Covent Garden Opera sowie der der Civic Opera in Chicago. Er galt als einer der talentiertesten Opern-Sänger für die Rolle des Wotan im Ring des Nibelungen sowie des Hans Sachs in den Meistersingern von Nürnberg, aber auch als Profiteur der kulturpolitischen Repression während der NS-Zeit. 1934 warb Bockelmann in der reichsweit zu empfangenden Rundfunkübertragung direkt aus Bayreuth für die Zusammenlegung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten auf Adolf Hitler. Die bislang einzige Biographie über Bockelmann erschien 1963 im Verlag eines seiner früheren Schulkameraden und enthält teils nicht nachprüfbare Behauptungen. Historiker Ralf Bierod wertet in dem vorliegenden Werk systematisch bislang unveröffentlichte private Briefe aus, die Rudolf Bockelmann über 30 Jahre hinweg an den Direktor der Burgdorfer Konservenfabrik Walter Ohk geschrieben hatte und in denen er seinen Karriereverlauf, aber auch seine andauernden Existenzängste schildert. So erscheint vor dem Hintergrund der NS-Musikpolitik das Bild eines innerlich zweifelnden Familienvaters und Ehemannes, der die Sehnsucht nach künstlerischer Freiheit und Selbstverwirklichung mit beruflicher Sicherheit und gesellschaftlicher Anerkennung in Einklang zu bringen suchte. Aufgewachsen als Sohn eines Lehrers, war er auf Wunsch des Vaters Gymnasiallehrer geworden, um zeitgleich diesen Beruf abzustreifen und seinen Traum als Sänger zu verfolgen. Nach 1945 wurde ihm sein Ruhm während der NS-Zeit zum Verhängnis, die angestrebte Stellung als Hochschullehrer in Westdeutschland blieb ihm versagt. Schließlich bot ihm die DDR eine Professur in Dresden an, die er in seinen beiden letzten Lebensjahren ausübte.