TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz

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W_Berner

TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz

Verschollen im Agena-System

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Inhaltsverzeichnis

Titel

TERRA FUTURA

1. „Verschollen im Agena-System“

HAUPTPERSONEN DES ROMANS

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Fortsetzung mit:

Impressum neobooks

TERRA FUTURA

Teseco im Einsatz

SciFi-Serie von W. Berner

1. „Verschollen im Agena-System“

Es ist das 23. Jahrhundert.

Die Menschheit hatte es tatsächlich fertig gebracht, sich nicht selbst zu vernichten.

Durch eine Reihe verheerender, globaler Katastrophen ist sie vielmehr zusammengerückt, und es entstand schließlich ein gemeinsames Staatswesen, genannt Terranischer Bund.

Man konnte in vielen Jahren zwar nicht alle, doch einige der dringlichsten Probleme lösen und so war die Erde wieder zu einer schönen, friedlichen und lebenswerten Welt geworden.

Durch die Entwicklung der überlichtschnellen Raumfahrt in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts wurde der Heimatplanet der Menschheit zum Zentrum eines kleinen, rund 100 Lichtjahre durchmessenden Raumbezirkes.

Es gab viele Kolonien in fernen Sternensystemen. Sie und das Solare System bildeten gemeinsam die Stellare Union.

Um die Sicherheit dieses Bereiches, und der Menschen, die in ihm lebten, zu garantieren, war zum Ende des 21. Jahrhunderts die Organisation TESECO gegründet worden.

Agenten von TESECO waren mit ihren Raumschiffen in allen Gegenden des kontrollierten Weltraumes unterwegs, um gegen Verbrechen und Kriminalität anzukämpfen.

Eine dieser Einsatzcrews ist die Besatzung des TESECO- Raumschiffes PRINCESS.

Vier Männer und drei Frauen – immer wieder werden sie auf gefährliche Missionen geschickt – müssen ihr Können und ihre Fähigkeiten von neuem beweisen.

Auch ihr neuester Auftrag wird wieder alles von diesen sieben Menschen fordern.

Denn sie sind Verschollen im Agena- System...

HAUPTPERSONEN DES ROMANS

Tom Carna, Glenn Stark, Roy Anthony, Nomo Teniate, Harriet James, Hanne Arminos und Karin Schroeder:

Die Crew der PRINCESS - und ihr erster Einsatz außerhalb des Bereiches der Stellaren Union kostet sie fast Kopf und Kragen...

Generalmanagerin Kate Reed:

Die Generalmanagerin von TESECO bricht zu einer Rettungsexpedition auf

Lahire Loxko und Bob Cornth

Ein gesuchtes Gaunerpaar, das TESECO mehr als Kopfschmerzen bereitet

Lautlos glitt das schwarze, oval geformte Raumschiff durch das graublaue Wallen jener unbegreiflichen Dimension, die von den Physikern und Wissenschaftlern schlicht als "Hyperraum" bezeichnet wurde.

Ein Außenstehender Beobachter hätte vielleicht das feine, regenbogenfarbene Flimmern entdecken können, welches immer wieder für kurze Sekundenbruchteile über die matt glänzende, dunkle Oberfläche des 30 m durchmessenden Schiffes huschte. Es rührte vom so genannten SEHD-Feld her, einem Supraenergetischem, Hyperdimensionalen Energiefeld. Es hüllte das schwarze Schiff vollkommen ein. Dieses Feld war es, welches den Hyperraumflug überhaupt erst ermöglichte.

Die kleinen Erhebungen der Antennen- und Sensoreneinrichtungen hoben sich kaum vom Untergrund ab. Man hätte den Eindruck haben können, einen makellosen, sphärischen Körper vor sich zu haben.

Doch der Eindruck wurde durch grellrote Schriftzeichen zunichte gemacht. Es waren die Buchstaben `PTS´, sowie die Zahlen `322`. Darunter befanden sich noch zwei Piktogramme, die symbolhaft eine Waage und ein Schwert darstellen sollten.

Diese Buchstaben, Zahlen und Symbole identifizierten den schwarzen, ovalen Raumflugkörper als "PRISONER TRANSPORT SHIP 322."

Das Schiff hatte die ganz profane Aufgabe, rechtskräftig verurteilte Verbrecher zu dem Ort zu transportieren, an dem sie ihre Strafe abgelten sollten.

Dieser Zielpunkt war die kleine gelbe Sonne Justitia, rund 25 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Einziger Planet von Justitia war New Alcatraz, die Gefängniswelt, ein Klasse-M Planet, mit einem Durchmesser von rund 10.000 km etwas kleiner als die Erde.

New Alcatraz besaß keine großen Kontinente, dafür jedoch eine Unzahl kleinerer und größerer Inseln.

Dort befanden sich die Ansiedlungen, die für die Verurteilten der Stellaren Union eingerichtet worden waren.

Kontrolliert wurde New Alcatraz von einer schwer bewaffneten Raumstation im Orbit um den Planeten. Kein Raumschiff durfte diese Welt direkt anfliegen, selbst die PTS-Einheiten nicht.

Sie mussten an einer Isolatoreinheit andocken, wo die Gefangenen übernommen und in Robotgesteuerte Landeshuttles umquartiert wurden. Diese Shuttles brachten die Verurteilten dann zum Verwaltungszentrum auf der Planetenoberfläche, dem einzigen Ort auf New Alcatraz, wo menschliche Bedienstete arbeiteten. Ansonsten oblag die Steuerung und Überwachung besonderen Roboteinheiten.

Sicherheit hatte oberste Priorität, und es war noch keinem Gefangenen die Flucht vom Planeten gelungen.

So sollte es nach dem Willen der Verantwortlichen auch in Zukunft bleiben. Man hatte schließlich an alles gedacht und bei der Planung des Systems nichts außer Acht gelassen!

***

"PTS 322 - Routinemäßiger Orientierungsaustritt erfolgte nach Plan genau um 22.10 Uhr Bordzeit. Keine außerplanmäßigen Vorkommnisse. Schichtwechsel beginnt in exakt 19 Minuten und 10 Sekunden. Nächste Kontrollmeldung erfolgt beim letzten Orientierungsaustritt. Wir setzen nun den Hyperraumflug fort. PTS 322 - Ende mit PTS-Control."

Mike Levandor schaltete das Hyperfunkgerät aus und lehnte sich in seinem Kontursessel zurück.

"Tja, das wäre es dann mal wieder für den Moment", sagte er zufrieden.

"Dann schmeiß den MAWIB wieder mal an, wir haben noch ein paar Lichtjährchen vor uns, bevor wir unsere wertvolle Fracht loswerden können!"

Die letzten Worte galten Anabel van den Stijn, seiner Schichtkollegin und dem heimlichen Objekt seiner nächtlichen Träume. Bis jetzt hatte er jedoch bei der kühlen, blondhaarigen Holländerin nicht landen können. Überhaupt - bisher waren sämtliche Annäherungsversuche glatt abgeprallt.

Das war ein Umstand, der so gar nicht zu seinem männlichen Alter Ego passte. Sein angeknackstes Selbstwertgefühl veranlasste ihn dazu, seinen, wie er glaubte, unwiderstehlichen Charme immer wieder zu versprühen. Und immer wieder vergeblich.

Er beobachtete die 28-jährige, schlanke und äußerst hübsche Frau dabei, wie sie die Antriebskontrollen des PTS bediente. Jede Bewegung fand mit traumwandlerischer Sicherheit ihr Ziel auf dem großen Kontrollpaneel.

Nach einigen Sekunden hatte sie ihre Arbeit beendet.

"MAWIB aktiv. SEHD-Feld aufgebaut. Beschleunigung nach Programm, Eintritt in den Hyperraum erfolgt in 20 Sekunden."

Ein rascher Blick auf die Bildschirme der Außenbeobachtung zeigte dem Mann, dass die Angaben seiner Kollegin korrekt waren. Denn nach exakt 20 Sekunden erschien dort wieder jenes graublaue Wallen, das während des Orientierungsstops kurzzeitig vom Anblick des Normal-Raumes mit seinen Millionen von Sternen abgelöst worden war.

"Wie immer, alles nach Plan", sagte Mike zufrieden zu Anabel.

"Dann können wir ja getrost auf unsere Ablösung warten. Übrigens, was machst du in deiner Freischicht? Ich habe da ein wundervolles Rezept für einen Cocktail, den könnten wir gemeinsam in meiner Kabine ausprobieren...“

Die Holländerin wandte dem schlanken, schwarzhaarigen Australier einen belustigten Blick zu.

 

Einige Sekunden herrschte absolute Ruhe, dann seufzte die junge Frau tief.

"Nein danke, Mike. Ich habe schon etwas vor. In meinem Zimmer wartet ein langweiliges Buch auf mich, aber ich ziehe es deiner privaten Gesellschaft eindeutig vor. Du gibst wohl nie auf?"

Bevor Mike zu einer Erwiderung ansetzen konnte, öffnete sich die Schleusentür zum kleinen Kontrollraum des PTS. Herein trat Jona Levy, einer der beiden Männer, die zur nächsten Schicht gehörten.

"Hi, Jona - bist du aus dem Bett gefallen?", rief er dem schmächtigen Mann mit seinem mächtigen, schwarzen Schnauzbart entgegen.

"Nein", erwiderte dieser und zwirbelte mit den Fingern eine der Bartspitzen.

"Mir war langweilig, und da die Zeit nicht mehr ausgereicht hätte, irgend etwas anderes anzufangen, habe ich mir gedacht, ich leiste euch beiden in den letzten Minuten eurer Schicht noch etwas Gesellschaft. Eigentlich wollte ich ja noch mit George sprechen, aber als ich ihn auf seinem Posten im Unterbringungstrakt anrief, meldete er sich nicht."

"Das ist aber sehr seltsam", meinte Anabel.

"Das ist doch sonst gar nicht seine Art. Ich werde ihn mal durch das Intercom rufen!"

Sie nahm ein paar rasche Schaltungen der internen Kommunikationskontrollen vor.

"PTS-Zentrale ruft Unterbringung - George, wo steckst du denn? Spielst du etwa Karten mit den Gefangenen?"

Sie wartete einige Sekunden, doch es kam keine Antwort.

Die junge Frau versuchte noch einige Male, ihren Kollegen zu erreichen. Doch schließlich schaltete sie den Intercom wieder ab.

"Jetzt mache ich mir aber Sorgen!", sagte sie zu den beiden Männern in der Zentrale.

"Ich auch", stimmte Mike ihr zu.

"Ich glaube, wir sollten unsere Waffen nehmen, und in der Unterbringung nach dem Rechten sehen!"

"Das würde ich aber ganz hübsch bleiben lassen!", ertönte eine harte, männliche Stimme vom Schott der Zentrale her.

Unbemerkt waren die Türhälften zur Seite geglitten. In der Öffnung stand ein großer, stämmiger Mann.

"Was...?", rief Jona Levy aus, und machte Anstalten, auf den Mann, der die dunkelgrüne Kombination eines Verurteilten Verbrechers trug zuzugehen.

Mike hielt ihn jedoch mit einer Handbewegung von seinem Vorhaben ab.

Erst wollte Jona Levy heftig aufbrausen, doch dann erblickte er, was seinen Kollegen zu seiner Handlung veranlasst hatte.

Der Verbrecher in der Schleuse hielt ein großkalibriges Strahlengewehr in seiner Hand. Und in der Mündung flimmerte gefährlich ein rötliches Energiefeld.

"Sehr vernünftig", lobte der Mann die PTS-Leute. Seine Stimme triefte dabei vor beißendem Hohn.

"Und jetzt wollen wir uns mal ein wenig über neue Koordinaten unterhalten!"

Er trat in die Zentrale. Ihm nach folgten noch drei weitere Gestalten, zwei Männer und eine Frau.

Als die PTS-Leute sahen, wer unter den Neuankömmlingen war, wurden sie schlagartig bleich.

"Das kann ja heiter werden....", flüsterte Anabel van den Stijn leise vor sich hin.“ Das kann ja wirklich heiter werden...."

***

"PRINCESS an CONTROL - Wir sind bereit für den Landeanflug auf PORT TESECO."

Roy Anthony, der Kommunikationsspezialist mit dem strohblonden Haar, bediente die Funkanlage des TESECO- Kreuzers, ohne auch nur einmal hinsehen zu müssen.

"CONTROL an PRINCESS - Sie können auf Leitstrahl umschalten. Wir übernehmen die letzten Meter für Sie!"

"Verstanden - Leitstrahl empfangen und eingekuppelt. Ende mit CONTROL."

Ein knapper Fingerdruck auf eine Sensorfläche deaktivierte die Funkanlage.

Harriet James, ihres Zeichens Spezialistin für Kybernetische Systeme, und von vielen Raumfahrern als braunhaarige Schönheit verehrt, räkelte sich bequem auf ihrem Kontursessel.

"Endlich wieder zu Hause!", seufzte sie. "Die Feierlichkeiten in Xorr City haben mich ganz schön mitgenommen - von dem Job ganz zu schweigen, den wir nebenher noch erledigen mussten."

Der Submaster der Crew, Glenn Stark, ein hochgewachsener, stämmiger Kanadier, mit schwarzem, kurz geschorenen Haaren und stahlblauen Augen, pflichtete ihr bei.

"Da kann ich dir nur zustimmen, Meisterin der Computer. Die Einsetzungsfeier von Derek in seinen Posten als Werftchef von Xorr Space Center war ja in Ordnung. Aber die Überprüfung der Raumhafenbehörden im Wega-System - zum Gähnen!"

Er reckte sich und unterstrich seine Worte eben durch ein herzhaftes Gähnen.

Dann warf er einen Blick in Richtung der Verteidigungskontrollen des Schiffes, wo eine schwarze Gestalt die Füße auf das Kontrollpult gelegt hatte und zu dösen schien.

"Stimmt’s, Kumpel?", rief Glenn zu der dunklen Gestalt in der tiefblauen TESECO- Uniform hinüber.

Nomo Teniate, der mit diesem Ruf gemeint war, blinzelte kurz und entblößte eine Reihe blendend weißer Zähne in seinem ansonsten ebenholzschwarzen Gesicht.

"Feiern sind immer gut und arbeiten ist schlecht. Aber irgendwie muss man ja die Mittel zusammenbekommen, um sich das Feiern leisten zu können."

Er nahm die Füße vom Pult, erhob sich zu seiner vollen Größe von 1,92m und reckte seine Arme nach oben.

Nachdem er sich ausgiebig gestreckt hatte, ließ er seinen Blick suchend durch das Rund der PRINCESS- Zentrale schweifen.

"He, wo steckt denn eigentlich unser allseits beliebter Crewmaster?", fragte er dann, als er den unbesetzten Kommandoplatz erblickte.

Noch bevor jemand dazu kam, ihm zu antworten, ertönte das Geräusch der sich öffnenden Lifttür des zentralen Bordliftes.

Heraus trat Crewmaster Tom Carna. Er war ein sehr gut aussehender, athletisch gebauter junger Mann. Er war über 1,85 m groß, hatte dichtes, blauschwarz schimmerndes Haar, das er in einem modischen Kurzschnitt trug. In seinen Augen lag ein waches, intelligentes Funkeln, die dem blaugrauen Glanz seiner Iris einen besonderen Touch verlieh.

Im linken Ohrläppchen trug er einen kleinen, goldenen Ring.

"Aha", rief Nomo dem Commander entgegen.

"Hast dich wieder einmal abgeseilt. Typisch Crewmaster. Schleicht sich davon und überlässt den niederen Dienstgraden die schwere Arbeit!"

Tom Carna ging zu seinem Kommandopult und gab dem Afrikaner im Vorbeigehen einen kräftigen Schlag auf die Schulter.

"So wird es sein, mein Freund", meinte er dann schmunzelnd.

"Wenn du aber während deiner schweren Arbeit nicht eingeschlafen wärst, hättest du mitbekommen, dass auch ein Crewmaster einmal die Hygienezellen aufsuchen muss!"

Allgemeines Gelächter breitete sich in der Kommandokanzel aus.

Doch die Heiterkeit währte nur einen kurzen Moment.

Mehrere rote Warnlichter und ein durchdringender Summton rissen die Männer und Frauen in der Zentrale recht unsanft auf den rauen Boden der Realität zurück.

Hanne Arminos ließ ihre Finger rasch über einige Sensorfelder der Raumüberwachungskontrollen huschen.

"Kollisionsalarm!", rief sie in der nächsten Sekunde laut aus.

"Ein Lunar- Transporter kreuzt außerplanmäßig unsere Einflugebene!"

Carna handelte augenblicklich.

Er warf sich förmlich auf seinen Sessel hinter dem Kommandopult. Gedankenschnell aktivierte er die Steuersysteme des Schiffes. Und während er mit der einen Hand den Kurs des Raumkreuzers änderte, schaltete er mit der anderen die Antriebsaggregate auf Schubumkehr.

Tief unten im Schiffsinneren heulten die Triebwerke gequält auf und die Anzeigenfelder auf dem Kommandopult ließen erkennen, dass die Andruckneutralisatoren bis fast an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit belastet wurden.

Die schnelle Reaktion der Crew hatte eine Katastrophe gerade noch verhindern können. Nur wenige Meter voneinander entfernt, flogen die PRINCESS und der Lunar- Transporter aneinander vorbei. Die Raumfahrer konnten erleichtert aufatmen.

"Leute, das war knappe Haaresbreite!“, seufzte Roy Anthony. Feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn.

Der Crewmaster, Tom Carna, fluchte dagegen vernehmlich.

"Verdammt - welche Idioten sitzen denn heute in der Anflugkontrolle?", schimpfte er. "Haben die ihre Ausbildung im Fernkurs gemacht?"

Er wandte sich an seinen Kommunikationsspezialisten.

"Roy - nimm Kontakt mit CONTROL auf. Ich will wissen, wer für diese Panne verantwortlich ist. Demjenigen werde ich mal ordentlich den Kopf waschen müssen!"

Der blonde, schnauzbärtige Engländer nickte bestätigend und widmete sich dann seinen Kommunikationsanlagen. Während er mit dem Tower sprach, näherte sich der Landeanflug des Schiffes langsam seinem Ende. Der Autopilot, von Carna nach dem Zwischenfall mit dem Luna-Transporter wieder aktiviert, verzögerte die Fahrt der PRINCESS, so dass der TESECO- Einsatzkreuzer sich dem Mond immer langsamer werdend annäherte.

Luneville, die Mondhauptstadt, kam auf den Bildschirmen der Außenbeobachtung in Sicht.

Deutlich sichtbar, weil keine Atmosphäre den Blick eines Beobachters trübte, leuchteten die 37 riesigen Kuppeln aus N-Plast im Licht der Sonne auf.

N-Plast war ein spezieller Kunststoff, dessen Hauptbestandteil Nullitrium war, ein quarz-ähnliches Element, welches bisher nur auf athmosphärenlosen Himmelskörpern gefunden werden konnte. Der Kunststoff N-Plast zeichnete sich durch seine extreme Flexibilität bei maximaler Belastbarkeit aus. Zudem war er sehr leicht. So wurde er mit Vorliebe für den Bau von Kuppelstädten verwendet. Die ersten Nullitrium-Vorkommen waren von einem europäischen Forscher im Rahmen einer Europäischen Mondmission im Januar 2013 entdeckt worden. Von diesem Forscher, George K. Nullit, hatte das neue Element dann auch seinen Namen erhalten.

Das Bild der Mondhauptstadt wanderte nun langsam seitlich aus dem Monitorbereich heraus. Dafür war nun PORT TESECO zu erkennen, größter Raumhafen des Mondes und zentrale Basis von TESECO im Sonnensystem. Rund um das rund 300m hohe, kegelförmige Zentralgebäude, welches den Tower des Raumhafens, CONTROL, beherbergte, reihten sich über 90 Start- und Landeplattformen aneinander. Die meisten der Druckkuppeln über den Plattformen waren geschlossen, denn es war nur bei Starts oder Landungen notwendig, sie zu öffnen.

Die PRINCESS steuerte nun direkt auf eine der Plattformen zu, deren beide Hälften der Druckkuppel gerade zur Seite glitten. Die Plattform selbst war mit einer großen, grell leuchtenden "3" gekennzeichnet. Nachdem das Schiff über der Plattform zur Ruhe gekommen war, wurde es von Fesselfeldern unverrückbar verankert. Nahezu gleichzeitig schoben sich aus den Seiten der Landeplattform die Hälften der Kuppel wieder nach oben, um sich schließlich über dem Schiff zu schließen. Aus nicht sichtbaren Düsen strömte nun Atemluft in den Kuppelraum. Der Vorgang des Druckausgleiches nahm nur wenige Minuten in Anspruch. Gleichzeitig erklang Dudelsackmusik im Schiff. Der Bordcomputer spielte „Arrival“, eine Tradition bei TESECO. Jedes heimkehrende Raumschiff wurde so bei seiner Rückkehr willkommen geheißen. Und jede Besatzung eines TESECO- Schiffes genoss diesen Moment der stillen Freude, wieder zu Hause zu sein.

Anschließend senkte sich die Plattform mitsamt dem Schiff in das Innere des Mondes hinab.

Hier befand sich die eigentliche Basis. Die von außen sichtbaren Plattformen waren tatsächlich nur der geringste Teil von allem. Unter der Mondoberfläche gab es riesige Hangarhallen, Werftstationen, Verbindungstunnels, Kraftwerke, Energieprojektoren, Unterkünfte, Lagerräume und vieles mehr. Bis in eine Tiefe von 10 km war der Mond an dieser Stelle ausgehöhlt worden. Eine gigantische Leistung, mit der die Menschen begonnen hatten, als Luneville als Forschungsbasis der Europäischen Union im Jahre 2012 gegründet worden war.

Die Plattform mit der PRINCESS hatte mittlerweile ihren unteren Haltepunkt erreicht. Nun übernahm das Basis-Leitsystem das Schiff. Mittels Traktorfelder wurde der TESECO- Kreuzer behutsam durch die riesigen Schächte von PORT TESECO bugsiert, bis schließlich der angestammte Hangarplatz erreicht worden war. Dort verankerten andere Projektoren das Schiff mit energetischen "Tauen".

Die PRINCESS war nicht völlig zum Stillstand gekommen, als Roy Anthony einen eingehenden Funkspruch registrierte.

"Chef - da ist die Werftleitung dran", meldete er, nachdem er den Spruch entgegengenommen hatte.

"Big Tom kann es wohl nicht abwarten, uns in seine breiten Arme zu schließen!"

 

Mit 'Big Tom' meinte der junge Engländer Basemaster Thomas Kawaihulole, einen stämmigen, breitgesichtigen Hawaiianer und guten Freund der Crew.

Roy legte die Funkverbindung nun auf den Bildschirm des Kommandopultes.

"Hi, Big Tom", rief Carna dem Abbild des Hawaiianers mit freundlichem Grinsen entgegen.

"Was gibt es denn wichtiges, das nicht warten kann, bis wir unseren Kahn verlassen haben?"

Kawaihulole hob nun seinerseits grüßend die Hand.

"Hi Tom", entgegnete er, "Ich habe hier eine Prioritätsanweisung des HQT vor mir liegen, die euch und eure Sternenschaukel betrifft!", sagte er, und ein geheimnisvolles Grinsen spielte um seine Mundwinkel.

"Nun mach es nicht so spannend, alter Freund“, rief ihm der Commander entgegen.

"Hier steht, dass eure PRINCESS einen Intensivcheck verordnet bekommen hat. Außerdem sollt ihr euch sofort in der Chefetage melden. Unsere GM hat wohl wieder einen Auftrag für euch parat."

"Oh nein!", stöhnte Carna mit gespieltem Entsetzen.

"Eigentlich hatte ich mich auf ein paar freie Tage gefreut. Ist wenigstens der Grund für die Anweisungen aus dem HQT bekannt?"

Big Tom schüttelte seinen massigen Kopf.

"Mit dieser Information kann ich dir leider nicht dienen, mein Freund", sagte er bedauernd.

"Ich bin nur ein armer Basisleiter, dem solche Informationen nicht zukommen!"

Hanne Arminos, die hinter Carna an das Kommandopult getreten war, lachte lauthals auf.

"Ich weine gleich, du armer, kompetenzloser Mensch, du!"

"Jeder so, wie es ihm gebührt", sagte Big Tom mit breitem Grinsen.

"Ich sehe schon, wir werden zur Chefin müssen, um genaueres zu erfahren", seufzte Carna.

"Aber nun noch was anderes. Bevor wir von Bord gehen, bräuchte ich noch ein paar Daten von dir, bezüglich......“

Die beiden Männer tauschten noch einige Minuten lang diverse Daten aus, dann wurde die Funkverbindung wieder getrennt.

Nomo Teniate hatte den Kopf auf beide Hände gestützt und starrte nachdenklich vor sich hin.

"Freunde...", murmelte er mit düsterer Stimme“, Freunde, da ist mal wieder was im Busch. Unseren lang ersehnten Urlaub werden wir wohl wieder einmal verschieben müssen. Unsere First Lady und ihre Überraschungsaufträge… oh Mann!"

First Lady - das war die scherzhafte, aber keineswegs respektlose Bezeichnung der Raumfahrer für ihre oberste Chefin, Generalmanagerin Kate Reed.

Diese war eine ungemein energische und intelligente Frau, die TESECO zu einem äußerst wirksamen Instrument der Sicherheit und Ordnung in der Stellaren Union ausgebaut hatte. Zudem war es auch ihr Verdienst, dass die Organisation dabei die größtmögliche Unabhängigkeit von allen staatlichen Instanzen behalten konnte. Einzig dem Unionsparlament war TESECO Rechenschaft schuldig. Von ihm wurde auch alle 6 Jahre der Generalmanager gewählt.

Nomos Bemerkung bezüglich der 'Überraschungsaufträge' kam nicht von ungefähr. Eine direkte Beorderung ins Chefbüro, bei gleichzeitigem Intensivcheck des betreffenden Einsatzkreuzers - jeder Angehörige von TESECO wusste sofort, was das hieß: Sonderauftrag!

Mit tausendfach geübten Handgriffen führten die Raumfahrer rasch und konzentriert die vorgeschriebenen Landungs-Endkontrollen durch.

Bald darauf begaben sie sich die aktivierte Antigravrampe der Schiffs-Bodenschleuse hinab. Ihre Bordtaschen hatten sie in den Kabinen zurückgelassen. Irgendwie hatten alle das unbestimmte Gefühl, dass es sich nicht lohnen würde, diese von Bord zu bringen.

Die sechs Menschen strebten dem Gewirr der sublunaren Korridore und Gänge entgegen, das sie in wenigen Sekunden verschluckt hatte.

Wiederum einige Zeit später standen die Raumfahrer im Hauptquartier TESECO ihrer Vorgesetzten gegenüber.

Generalmanagerin Kate Reed hatte ihnen Platz in der gemütlichen Sitzgruppe angeboten, die sich in ihrem großen Büro befand. Auf den dicken Polstern aus xorrianischem Flachechsenleder saß es sich äußerst bequem.

Carnas Blicke schweiften durch den Raum, über den riesigen Wandbildschirm, der sich genau gegenüber des mächtigen Marmorschreibtisches der Generalmanagerin befand.

Schließlich ruhten seine Augen auf der Frau, die neben der Crew in einem breiten Sessel Platz genommen hatte.

Auf dem schmalen Glastisch standen Gläser mit Erfrischungsgetränken, in denen ab und zu leise ein Eiswürfel knackte.

Kate Reed hatte das reife Gesicht einer 42-Jährigen Frau. Insgesamt etwas herb, mit der einen oder anderen Sorgenfalte. Doch man konnte sie durchaus als attraktive Erscheinung bezeichnen.

Das Gesicht mit den strahlend grünen Augen wurde von sanft gewelltem, kastanienbraunem Haar umrundet. Man konnte ihre irische Abstammung aus dieser Kombination erraten.

Wie so oft, musste sich Tom Carna auch diesmal eingestehen, dass man einer Frau mit der Erscheinung von Kate Reed nicht unbedingt die Leitung einer solch gewaltigen Organisation zutraute, wie es TESECO darstellte.

Doch er wusste natürlich auch, dass es diese Frau meisterhaft verstand, Zweifler eines Besseren zu belehren.

Die Generalmanagerin warf einen kurzen Blick in eine Unterlagenmappe, die sie in der Hand hielt.

"Nun, da wir alle versammelt sind, können wir ja mit unserer Besprechung beginnen", begrüßte sie die Anwesenden mit ihrer überraschend sanften Alt-Stimme.

Sie machte eine knappe Handbewegung, die von irgendeinem verborgenen Servo registriert worden sein musste, denn fast augenblicklich wurde die Beleuchtung im Raum gedämpft, während gleichzeitig der riesige Bildschirm gegenüber dem Schreibtisch aufleuchtete.

Farbig und dreidimensional war ein Ausschnitt des Weltraumes darauf zu sehen.

Mehrere rote Lichtpünktchen blinkten darin in einem hektischen Rhythmus.

Ein wenig Abseits von diesen Lichtpunkten war ein ebenfalls in rot gehaltener Kreis zu sehen, in dessen Mittelpunkt sich ein gelbes Licht befand.

"Kolleginnen und Kollegen, hier sehen sie durch den Kreis markiert den Standort der Sonne Agena", erklärte sie das Bild.

“In der Nähe dieses Raumbereiches registrieren wir seit einiger Zeit das Auftreten ungeklärter Vorkommnisse. Wir haben schon etliche Raumschiffe in dieser Region verloren - natürlich nicht nur in diesem Bereich, wie sie an der Verteilung der Lichtpunkte sehen können. Aber auffällig ist dieses massierte Auftreten in diesem Raumbereich.“

Während die Generalmanagerin ihre Erklärungen abgab, war Hanne Arminos aufgestanden und näher an die Projektion herangetreten. Sie musterte das Bild vor ihr mit aller Gründlichkeit.

Als GM Reed eine kurze Sprechpause machte, wandte sie sich kurz zu ihrer Chefin um.

"Eine Frage, Generalmanagerin....", sagte sie dann zögernd.

"Kollegin?"

"Agena ...ich müsste mich doch sehr irren, aber diese Sonne gehört nicht zum Kontrollbereich der Stellaren Union. Sie ist über 136 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Was um alles in der Welt haben diese Raumschiffe dort zu suchen gehabt?"

Die Leiterin von TESECO hatte diese Frage mit Sicherheit erwartet, denn die Antwort kam postwendend und ohne Verzögerung.

"Sie wissen doch, dass Bestrebungen im Gange sind, das Territorium der Union zu vergrößern. Der künftige Gesamtdurchmesser wird dann 400 Lichtjahre betragen. Agena liegt damit im zukünftigen Territorium."

Glenn Stark nickte.

"Habe ich mir doch beinahe gedacht", bemerkte er.

"Deshalb auch die hektischen Aktivitäten im Raumamt für Vermessung und Kartographie. Bei den verschwundenen Schiffen scheint es sich demnach um Pioniereinheiten, Vermessungsschiffe, Versorgungskreuzer und ähnliches zu handeln, nicht wahr?"

"Sie haben recht, Glenn", bestätigte Kate Reed.

"Aber nicht nur. Es verschwand auch ein Transporter, der eine neue Androiden-Bauserie an Bord hatte. Es handelt sich um Service- Modelle für vorgeschobene Versorgungs- und Kommunikationsbasen."

Carna stieß überrascht einen hellen Pfiff aus.

"Menschenähnliche Modelle, man kann sie fast nicht von realen Personen unterscheiden", rief er überrascht aus.

"Und wann hat dieses Verschwinden eingesetzt?"

"Ziemlich genau vor 5 Monaten.“

"Vor fünf Monaten sagen sie.....", sagte Carna mit nachdenklichem Gesicht.

"Da war doch noch etwas, ebenfalls vor ungefähr fünf Monaten.....“

Nomo Teniate, der ebenfalls angestrengt nachgedacht hatte, hieb plötzlich mit seiner Faust in die flache Hand.

"Aber klar!", rief er triumphierend aus.

"Vor etwas mehr als fünf Monaten verschwand doch das PTS. Man hat nie eine Spur davon gefunden!"

GM Reed nickte bestätigend.

"Ich sehe, dass sie auf die gleichen Gedankengänge gekommen sind wie wir!"

Carna, der sich nachdenklich an der Stirn kratzte, warf seiner Chefin einen fragenden Blick zu.

"Also vermuten sie einen Zusammenhang mit dem verschwundenen PTS und den abhanden gekommenen Raumschiffen.“

"In der Tat. Man braucht sich bloß die Transportliste vom verschwundenen PTS anzuschauen, dann drängt sich einem ein solcher Verdacht förmlich auf. Ich sage nur zwei Namen: Bob Cornth und Lahire Loxko!"

Ein Aufstöhnen ging durch die Reihe der Raumfahrer.

"Ausgerechnet die beiden meistgesuchten Verbrecher der Union", rief Harriet entsetzt aus.

"Es hat Jahre gedauert, bis TESECO sie zur Strecke gebracht hatte!"

Auch Carna konnte ein gequältes Stöhnen nicht unterdrücken.

"Und ich kann mir auch denken, was auf uns zukommt - wir sollen uns bei Agena ein wenig umsehen!"

Kate Reed hatte ihr berüchtigtes, breites Lächeln aufgesetzt, das sie immer dann zeigte, wenn eine besonders schwierige Aufgabe bevorstand.

"Richtig - und wenn sie die beiden Fieslinge finden, wäre das auch sehr beruhigend für mich. Ist doch ein leichter Auftrag, oder?"

Roy Anthony lies sich mit einem säuerlichen Grinsen in die Polster der großen Rundcouch zurücksinken.