Deadforce

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Aus der Reihe: Deadforce #1
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Norbert Langenau

Deadforce

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Prolog

Kapitel I: An einem kühlen Frühlingsabend...

Kapitel II: Der Plan

Kapitel III: Der Herzanfall

Kapitel IV: Lehrstunde

Kapitel V: Das Reich der Gleichheit

Kapitel VI: Die Träne

Kapitel VII: Stadt der Trümmer

Kapitel VIII: Herrscher von Raspetanien

Kapitel IX: Unerreichte Größe

Kapitel X: Die Kaiserin

Kapitel XI: Der Brief

Kapitel XII: Freundlichkeit, wem sie gebührt

Kapitel XIII: Was wollt Ihr von mir?

Kapitel XIV: Grelischer Wein

Kapitel XV: Ein Kaiser unter Königen

Kapitel XVI: Die Schlacht von Erudicor

Phase II - Zusammenstoß

Phase III - Große Verluste

Phase IV - Verstärkung

Phase V - Auftritt des Engels

Phase VI - Blattwende

Phase VII - Der Gast

Phase VIII - Ausmerzung

Phase IX - Sieg

Anhang

Die Reiche Europas

Die 7 größten Reiche der Erde

Impressum neobooks

Vorwort

Sehr geehrte Leserin/Sehr geehrter Leser!

Vielen Dank für den Erwerb dieses Buches. Wie Sie sicherlich schon gesehen haben, handelt es sich hierbei um einen Fantasy-Roman für Erwachsene. Dabei ist zu beachten, dass als Basis für die Welt von 'Deadforce' unsere Erde fungiert, jedoch hauptsächlich geographisch.

Alles andere, die Personen, Völker und Dinge sind rein fiktiv. Manche Städte oder geographische Landmarken wie Seen, Flüsse, Berge, etc. können durchaus ebenfalls real sein, doch viele sind es nicht. Tatsächlich reale Städte wie z.B. London, Singapur, etc. sind aber ebenfalls nicht in historischem Kontext, sondern in einer fantastischen Auslegung dieser Städte in die Welt integriert.

Am allerwichtigsten ist aber Folgendes:

Dieses Werk dient der Unterhaltung und soll niemanden angreifen, diskriminieren, beleidigen oder in irgendeiner Weise diffamieren. Sollten Sie dennoch irgendetwas als anstößig empfinden, versichere ich Ihnen, dass es nicht beabsichtigt und nicht so gemeint war.

Abschließend wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen und hoffe, Sie werden gut unterhalten.

- Norbert Langenau

"Irgendwann endet ohnehin alles, aber zuweilen können wir die Zeit, die wir hier verbringen dürfen, auch genießen. Also lass uns das Beste daraus machen."

- Arqina, Herrscherin der Existenz

Aus den Gesängen von Yahrgrim:

Beginn

Ich bin der Vater der Sterne

die Dunkelheit, das Licht, die Ferne

Wer mich wagt, schreitet mutig voran,

wer mich verweigert, wird als feig abgetan

Ich bin das, was bereits vor dem Nichts gegeben,

ich bin a priori, vor dem Leben

Zuweilen mag ich unmöglich erscheinen,

und der mich wagt, wirkt wie ein Narr

Doch wenn sich alle Kräfte vereinen,

bleibt der Mutige nicht länger starr

Schreite voran, stark und entschlossen,

denn nur wer gewagt, hat den Sieg genossen

Scheine ich auch unerreichbar, so täusche dich nicht,

ich bin hier, ganz nah und blicke dir ins Gesicht

Nun muss ich weiter und kann hier nicht verweil'n,

denn wie Arqina sagte: Mach den ersten Schritt, der zweite kommt von allein.

Prolog

Fernab jeglicher Zivilisation, tief verborgen im Untergrund, versammelte sich eine Gruppe von Personen, die schon seit Längerem keine Zusammenkunft erlebt hatte. Nun aber war es wieder an der Zeit. Die sieben finsteren Gestalten, alle in glänzende Gewänder aus schwarzem Leder gehüllt, ihre Gesichter durch in der Dunkelheit schillernde Elfenbeinmasken verdeckt, bildeten in der Mitte des düsteren Raums einen Kreis. Man konnte kaum die eigene Hand vor Augen sehen, denn die einzige Lichtquelle bestand aus schwarzen Kerzen, die ein dunkelrotes Feuer brennen ließen, welches nur minimal zur Erhellung beitrug. Beißender Geruch nach Verbranntem stand in der Luft. Hier drinnen gab es keinen Luftzug, keinen Windstoß von außen. Sie waren komplett von allem abgeschirmt und würden den Gestank bis zum Ende ertragen müssen. Die Gestalten blickten einander in der Kreisformation an, doch keiner konnte sehen, wenn ihn ein anderer ansah, denn die Masken, hinter denen sie sich verbargen, besaßen keinerlei Löcher für Augen, Mund oder Nase. Dafür stellte jede einzelne Maske in stilistisch vereinfachter Form einen Gemütszustand dar. Schließlich begann die Gestalt mit der schadenfroh grinsenden Maske zu sprechen.

"Meine Brüder und meine Schwester. Willkommen zu unserer erneuten Zusammenkunft. Es ist viel zu lange her."

Bei der Gruppe handelte es sich um sechs Männer und eine Frau. Die Gestalt fuhr fort.

"Mittlerweile schreiben wir das Jahr 981, könnt ihr euch das vorstellen? Es ist schon über 200 Jahre her, seit unser Meister von dieser Welt getilgt wurde und wir unsere Aufgabe erhielten. Viel zu wenig haben wir seither bewirken können, viel zu leicht hat man uns übersehen. Doch ich finde, es ist langsam an der Zeit, dass die Welt spürt, wie brüchig doch der Frieden ist, der seit 200 Jahren auf ihr herrscht. Es reicht schon ein einziger kleiner Schubser und alles wird auseinanderbrechen. Deshalb brauchen wir jemanden, der das für uns bewerkstelligen kann. Einen Katalysator. Alleine könnten wir das nie tun, denn obgleich unsere Fähigkeiten für sich sprechen, sind sie nicht ausreichend für ein solches Unterfangen. Daher bitte ich euch, mir Vorschläge zu unterbreiten. Ich bin für alles offen. Soweit ihr jemanden wisst, der infrage kommen könnte, so teilt diese Information mit uns anderen."

Keiner sprach, stattdessen überlegte jeder für sich. Doch die Gestalt mit der zornig blickenden Maske wurde ständig von dem verbrannten Geruch abgelenkt. Schließlich sagte er laut:"Verdammt nochmal, was ist hier passiert ehe ich angekommen bin? Habt ihr hier jemanden verbrannt?"

"Das ist Madeleines Schuld. Sie wollte ein Feuer machen.", antwortete die Gestalt mit der schadenfroh grinsenden Maske.

"Scheiße nochmal, Madeleine. Da hast du wieder ganze Arbeit geleistet.", gab die Gestalt mit der zornigen Maske von sich.

"Jack redet Blödsinn. Ich habe vielleicht ein wenig zu viel Feuer entfesselt aber warm wurde es dadurch trotzdem.", rechtfertigte sich die Gestalt mit der traurigen Maske, die offensichtlich Madeleine war.

"Schluss jetzt, so kommen wir nie weiter.", sagte die Gestalt mit einer fröhlichen Maske.

"Elonius hat recht.", sprach die Gestalt mit der schadenfrohen Maske, vorhin als Jack betitelt, bestimmt. "Ignorieren wir diese kleinen Ablenkungen und denken lieber darüber nach, wer uns helfen wird, die Welt zu erschüttern und unseren Meister stolz zu machen. Wie ich bereits sagte, sind alle Vorschläge willkommen."

 

"Ich wüsste da vielleicht jemanden.", gab die Gestalt mit einer verstört blickenden Maske von sich.

"Dann erleuchte uns, Pietr.", sagte Jack.

"Sehr wohl. Ich hörte da von einem aufstrebenden jungen Mann. Er soll sich gut mit dunkler Magie auskennen und scheint eine gewisse Vorliebe für Zerstörung zu haben. Das sind wohlgemerkt nur Gerüchte, die ich aufschnappte, jedoch klingt das ziemlich genau nach dem, was wir suchen. Ein unerfahrener Dummkopf mit ausreichend Macht, um etwas loszutreten. Wenn er versagt, fällt es nicht auf uns zurück und wir leugnen einfach, dass je eine Verbindung zwischen ihm und uns bestand."

Jack klatschte sichtlich beeindruckt in die Hände. Der Rest der Gruppe stimmte ein. Pietr erfreute sich an der Wertschätzung und war froh, dass er die Lösung für ihr Problem gefunden hatte.

"Genau deshalb bist du mein Stellvertreter, Pietr.", lobte Jack. "Genau so jemanden brauchen wir. Nun müssen wir nur noch entscheiden, wer von uns die Aufgabe bekommt, ihn auf den richtigen Weg zu lenken. Bietet sich jemand freiwillig an oder sollen wir abstimmen oder Streichhölzer ziehen?"

"Ich bin für Marcus.", sagte Madeleine sofort.

"Dem stimme ich zu.", bestätigte die Gestalt mit einer überrascht aussehenden Maske. "Wenn Marcus sich zuvor nicht über den Gestank beschwert hätte, wäre dieses Treffen um einiges ruhiger und schneller verlaufen."

"Achso, nun wollt ihr mich also zum Sündenbock machen?", wehrte sich Marcus. "Darf ich euch daran erinnern, dass Madeleine in ihrer grenzenlosen Dummheit dafür verantwortlich war, dass ich überhaupt etwas zu beanstanden hatte? Wenn, dann sollte sie gehen. Ich stimme für sie."

"Ich stimme für Marcus.", sagte Pietr.

"Ich ebenfalls.", schloss sich Elonius an.

"Auch ich werde für Marcus stimmen, denn es scheint so als ob er der einzige hier ist, der sich nicht für das höhere Wohl eine kleine Weile zusammennehmen kann. Wir alle haben unsere Eigenheiten, doch können wir uns beherrschen, wenn wir eine Zusammenkunft abhalten und wichtige Pläne besprechen. Dass Marcus der einzige ist, dem das nicht gelingt, spricht dafür, dass er entsendet werden sollte. Vielleicht lernt er dabei etwas über sich selbst und wenn nicht, wird es ihm hoffentlich eine Lehre sein.", sprach die Gestalt mit der schmerzverzerrt blickenden Maske.

"Nun denn, das ist ja wohl einstimmig.", sagte Jack. "Alle stimmen gegen dich, Marcus. Ich übrigens auch. Vielleicht hat Madeleine eine Dummheit begangen, doch du warst nicht als einziger diesem Gestank ausgesetzt. Hast du einen von uns ein Wort darüber verlieren hören? Nein? Dann weißt du ja, warum du nun die Aufgabe hast, unseren Katalysator aufzusuchen und auf den richtigen Weg zu führen. Viel Glück und du solltest besser nicht scheitern."

"Na schön, dann mach ich es eben. Ihr könnt mich alle mal.", schnauzte Marcus die anderen an.

"Lass dir von Pietr die Einzelheiten zu unserem Ziel erläutern und dann suche es umgehend auf."

"In Ordnung. Aber was genau soll er denn eigentlich für uns tun? Ich meine, wissen wir denn überhaupt, was genau die Aufmerksamkeit der Welt erregen wird? Was könnten wir ihn tun lassen, das die Welt derart erschüttert, dass ihre Bewohner gar nich anders können als uns dafür zu fürchten?"

"Ganz einfach...", begann Jack und sein von der Maske verborgenes Grinsen war nun ebenso schadenfroh wie jenes auf der Maske selbst. "Wir lassen ihn Erudicor angreifen. Den Ort auf der Welt, an dem sich die meisten Leute auf einem Fleck befinden."

Jack begann, schallend zu lachen und alle stimmten ein, sogar Marcus.

Ihre Mission war klar, ihr Ziel festgelegt.

"Mithriel sharrotteia bardagashaja seo Alleyoria.", sprachen alle gemeinsam ihr Mantra in der alten Sprache und beendeten anschließend die Zusammenkunft.

Kapitel I: An einem kühlen Frühlingsabend...

Die Erde, nicht das räumliche, wohl aber das kulturelle Zentrum der I. Dimension, der Welt der Sterblichen, im Jahre 981. Diese Geschichte beginnt in der Hauptstadt von Anthem Gows, dem zentralen Kaiserreich Europas. Bei ihr handelte es sich um die goldene Stadt, Erudicor in der alten Sprache und sie lag ungefähr in der Mitte des leicht ellipsenförmig aufgebauten Kaiserreichs. Die Stadt wurde deshalb so genannt, weil sowohl die perfekt kreisförmige, 30 Meter hohe Stadtmauer als auch die Dächer aller Häuser aus purem Gold bestanden. Genau in dieser wunderschönen und erhabenen Stadt regierte Kaiser Theron über sein Reich. Die goldene Stadt war zugleich auch die größte Stadt, die zu diesem Zeitpunkt auf der Welt existierte. Um die fünf Millionen Menschen lebten in Erudicor, mehr als irgendwo sonst auf der gesamten Welt. Selbst die anderen großen Städte der Welt konnten nicht mithalten. Sencogna, die zweitgrößte Stadt der Welt, hatte gerade einmal 2,8 Millionen Einwohner. Erudicor hingegen wuchs stetig und obwohl die goldene Stadtmauer den sicheren Bereich der Stadt begrenzte, auf dem man Behausungen errichten konnte, gab es innerhalb der Mauer bislang ausreichend Platz für unzählige weitere Bewohner. So groß diese Stadt auch war, so wichtig war sie auch, denn die goldene Stadt fungierte als eine Art Symbol der Hoffnung. Wenn es nämlich eine so große Stadt geben konnte und in der Friedenszeit nichts Schreckliches geschah, so war das vielleicht ein Zeichen, dass sich die Zeiten langsam änderten und alle friedlich miteinander leben konnten. Doch womöglich trog der Schein ja nur.

An einem kühlen Abend im April hielt die Stadtwache von Erudicor wie üblich Wache vor den Stadttoren. Das Osttor wurde von zwei Männern außerhalb und zwei Männern innerhalb der goldenen Stadtmauer behütet. Sie trugen Rüstungen mit einer Messinglegierung, die gold wirken und so die Schönheit der Stadt, in der sie lebten, betonen sollten. Es handelte sich um starke Plattenrüstungen und das für jede Stadtwache. Sie hätten zwar einfach Rüstungen aus Gold tragen können, jedoch war es ein unausgesprochenes Gesetz auf der ganzen Welt, niemals Rüstungen aus purem Gold zu tragen. Denn vor sehr, sehr langer Zeit gab es einst eine düstere Periode in der Weltgeschichte und aus dieser blieben noch immer einige mächtige Krieger in ihren goldenen Rüstungen übrig. Wenn man nun selbst eine Goldrüstung trug, so provozierte man diese Krieger und da sie unglaublich stark waren, bedeutete dies den Tod für fast jeden, der dies leichtfertig tat. Als Konsequenz mussten alle, die ihre Macht durch goldene Rüstungen darstellen wollten, auf Metalle ausweichen, die nur wie Gold wirken, wie etwa Messing. So auch in Erudicor, wo die Wachen vor dem Osttor ihre Pflicht gewissenhaft ausführten, denn schließlich wurden sie auch dafür entlohnt. In der Stadt gab es Gerede, dass die Wache am Osttor die kompetenteste sei. Das lag angeblich daran, dass die dort eingesetzten Wächter alle noch sehr jung waren und noch viel Motivation mitbrachten. Den Wachen am Nordtor hingegen sagte man nach, sie würden die ganze Zeit nur herumsitzen und Karten spielen, die im Süden wurden beschuldigt, während des Dienstes zu schlafen und jene im Westen waren offenbar dafür bekannt, gerne mal ihren Posten zu verlassen und die Gegend weiter westlich der Stadt zu erforschen. Ob das alles nun der Wahrheit entsprach oder nicht, war schwer herauszufinden. Natürlich abgesehen davon, wenn man sich die Zeit nahm und alle vier Tore mitsamt Wachen einen ganzen Tag beobachtete. Doch wer hatte für so etwas sowohl die Zeit als auch die Geduld? Enrique, einer der beiden äußeren Wächter am Osttor, wollte sich gerade hinsetzen und seine Beine ein wenig ausrasten, da wurde er schon von seinem Kollegen Dave ermahnt.

"Hey Mann, was wird das?", fragte er.

"Ich will mich nur kurz ausruhen. Nur ein paar Minuten.", antwortete Enrique.

"Ausruhen kannst du dich, wenn wir keinen Dienst mehr haben. Es wird jetzt ungefähr 19 Uhr sein. Siehst du, es ist ja schon dunkel. Also komm schon, die eine Stunde bis zu unserer Ablösung wirst du wohl noch aushalten."

"Na schön, aber dafür spendierst du mir nachher ein Bier."

"Mir soll's recht sein."

Einige Minuten verstrichen und sie sehnten sich schon danach, endlich Dienstschluss zu haben. Beide träumten schon von dem kühlen Bier in der Taverne, eine perfekte Belohnung für einen harten Arbeitstag. Doch dann riss ein Geräusch sie plötzlich aus ihren Tagträumen.

"Hast du das gehört?", fragte Dave.

"Ich bin ja nicht taub.", gab Enrique zurück.

"Das kam definitiv aus dem Wald. Ob sich wieder eines der Tiere zu nahe an die Stadt heran verirrt hat?"

Der Weg vom Osttor führte nach einigen 100 Metern direkt in einen weitläufigen Wald, der die Ausmaße der goldenen Stadt, zumindest vom Durchmesser her, noch übertraf. Er war aber mehr länglich und verlief so von Norden nach Süden. Von Westen nach Osten war er lange nicht so groß.

"Gut möglich, zumindest wäre mir ein Tier lieber als sonst irgendwas.", sagte Enrique.

"Was denkst du denn, was da sein könnte?"

"Keine Ahnung, vielleicht dieses Echsenvolk. Die sollen ja immer mehr werden, erzählt man sich in der Stadt."

"Vielleicht wollen sie aber auch gar nicht die goldene Stadt angreifen, sondern verschwinden von hier. Fahren rüber nach Amerika. So wie es diese eine Familie gemacht hat. Wie hießen die noch gleich?", fragte Dave.

"Meinst du etwa die, die dort drüben ein ganzes Reich aufgebaut haben?"

"Ja, die mein ich. Soweit ich weiß, leben die jetzt glücklich und zufrieden in ihrem Palast, direkt in der Hauptstadt ihres großen Reiches Hanveltien."

Erneut ertönte ein Geräusch, das so klang, als ob irgendetwas oder irgendjemand auf einen Ast getreten war, der danach zerbrach.

"Was zur Hölle ist das bloß?", fragte Dave erneut.

"Sollen wir uns das mal ansehen?"

"Ich geh da jetzt sicher nicht hinein. Der Wald ist mir schon am Tag nicht geheuer."

"Das ist doch nur ein Wald.", meinte Enrique.

"Das sagst du, aber ich habe anderes gehört. Da drinnen sollen sich seltsame Wesen tummeln."

"Glaubst du alles, was du hörst?"

"Wenn es wahr ist, schon."

"Woher willst du wissen, ob es wahr ist?"

"Manches hört sich einfach richtig an."

"Und wenn ich dir jetzt sage, dass ich in Wirklichkeit ein Gla-Bogga bin, der mithilfe eines Zaubers in einen Menschen verwandelt wurde und so das Volk von Anthem Gows unterwandert, um ihre Schwächen aufzudecken und dann seinem König mitzuteilen, damit die goldene Stadt fällt, würdest du das auch glauben?"

"Nein.", antwortete Dave. "Weil du es ins Lächerliche gezogen hast. So etwas ist doch gar nicht möglich."

"Wer weiß schon, was möglich ist. Ich denke, dass sehr viele seltsame Dinge vor langer Zeit passiert sind, aber heutzutage erfährt man von so etwas nichts mehr."

"Sieh mal, da bewegt sich was!"

Tatsächlich war eine Gestalt aus dem Wald gelaufen. Oder mehr gehumpelt. Es schien sich um einen Menschen zu handeln und er wirkte so, als ob er jeden Moment tot umfallen könnte. Sofort liefen die beiden Wachen ihm entgegen. Der Unbekannte stapfte noch ein paar Schritte und als er bemerkte, dass Hilfe bereits unterwegs war, ließ er sich auf die Knie fallen. Die Wachen erreichten ihn und fragten sofort:"Alles in Ordnung? Was ist passiert?"

Der Unbekannte sah sie beide an, dann verdrehte er die Augen und kippte bewusstlos um.

"Was ist nur mit ihm passiert?", fragte Enrique.

"Das weiß ich auch nicht. Er scheint aber noch ziemlich jung zu sein. Möchte wissen, warum er so erschöpft ist. Was sollen wir jetzt mit ihm tun?"

"Keine Ahnung, am besten, wir tragen ihn zurück zum Tor und fragen die Jungs dort, die können uns vielleicht sagen, was wir mit ihm machen sollen."

Also trugen sie den unbekannten Jungen zu zweit zurück zum Osttor. Es war keine weite Strecke, aber wenn man einen Menschen tragen musste, konnte sie schon etwas länger erscheinen. Schließlich kamen sie beim Osttor an und die inneren Wachen bemerkten sofort, dass etwas geschehen war.

"Was ist los? Was stimmt nicht mit ihm?", fragte einer.

"Das wissen wir auch nicht, er ist vor uns einfach umgekippt. Er hat kein Wort gesagt. Wir müssen ihm irgendwie helfen. Aber was können wir tun?"

"Bringen wir ihn zu uns in die Kaserne. Dort wird man sich um ihn kümmern. Und jemand sollte den Kaiser benachrichtigen. Sicher wird er wissen wollen, was es mit diesem Jungen auf sich hat."

 

"Gut, dann mal frisch ans Werk, Männer.", sagte Dave.

So brachten sie den Jungen in die Militärkaserne und dort kümmerte sich ein Arzt um ihn. Außer einer Wunde am Hinterkopf, die wohl stark geblutet hatte, besaß der Junge keine Verletzungen. Der Arzt meinte, wenn er erschöpft war, dann wahrscheinlich, weil er sich zu sehr angestrengt hat. Jedenfalls gab es keine andere Erklärung dafür und auch keine Verletzung, die man dafür hätte verantwortlich machen können. Dave war indessen zum Kaiser geeilt, um ihm die Nachricht vom unbekannten Jungen zu überbringen. Aber man ließ ihn nicht zu Kaiser Theron, denn ab 18 Uhr war der Kaiser nicht mehr empfänglich, auch nicht für die Stadtwache. Schließlich überbrachte er der Elitegarde die Neuigkeit mit der dringlichen Bitte, sie ehestmöglich an den Kaiser weiterzuleiten. Währenddessen hatte der Arzt in der Militärkaserne sich um den unbekannten Jungen gekümmert. Doch wann er aufwachen würde, war unklar. Enrique war bei ihm geblieben und wartete nun darauf, dass sein Kollege zurückkehrte, am besten mit dem Kaiser im Schlepptau. Doch er kehrte allein zurück.

"Schlechte Nachrichten, ich konnte nicht zum Kaiser durchdringen. Die Elitegarde wird ihm die Neuigkeiten aber überbringen.", sagte Dave.

"Das könnte ja bis morgen Vormittag dauern. Was, wenn er bis dahin erwacht ist und irgendein Unheil verkündet?"

"Was denn für ein Unheil? Denkst du, er war vor etwas auf der Flucht?"

"So erschöpft wie er war, wäre das durchaus denkbar."

Plötzlich gab der Junge einen Laut von sich.

"Aaah, mein Schädel. Was ist los?" Er sah sich um und versuchte, sich zu orientieren.

"Er ist aufgewacht.", sagte Enrique sofort und sprach ihn an:"Junge, wie heißt du?"

"Wie ich heiße? Was soll die Frage? Ich heiße Julian. Wie denn sonst?"

"Weißt du, wo du dich gerade befindest?"

"In Herbstweih?"

"Was zur Hölle ist Herbstweih?", fragte Dave.

"Das ist ein kleines Dorf nicht weit von hier entfernt. Im Osten, jenseits des Waldes, da wo er herkam.", antwortete Enrique.

"Was meint Ihr mit "nicht weit von hier entfernt"? Sind wir etwa nicht in Herbstweih?"

"Nein, du befindest dich in der Militärkaserne von Erudicor, der goldenen Stadt."

"Die goldene Stadt...", murmelte Julian. Dann dachte er kurz nach. Plötzlich richtete er sich wie vom Blitz getroffen auf.

"Das Dorf! Oh nein! Dann war das also gar kein Traum. Das darf nicht wahr sein!" Er wirkte verstört.

"Was ist los? Was ist mit dem Dorf?", fragte Dave sofort nach.

"Ich dachte, ich hätte nur geträumt. Alles, was ich noch weiß, ist, dass plötzlich alle in Panik herumliefen. Dann kamen sehr große Wesen in unser Dorf gelaufen und begannen, alle zu töten. Ich wollte mir ein Schwert schnappen und gegen sie kämpfen, doch dann verlor ich das Bewusstsein. Wahrscheinlich hatte mich einer von ihnen mit irgendetwas beworfen."

"Was für Wesen waren das? Kannst du dich an sie erinnern?"

"Ich erinnere mich daran, was passierte, nachdem ich wiedererwachte. Das will ich Euch erzählen."

Alle lauschten gespannt seinen Worten. Nun waren alle Wachen in der Nähe sowie der Arzt um Julian herum versammelt, denn er hatte ganz schön viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Als ich erwachte und mich umsah, bemerkte ich, dass das ganze Dorf brannte. Überall lagen Leichen und die meisten Häuser waren schon abgebrannt. Doch einige Gestalten trieben sich noch herum und untersuchten, ob die Toten auch wirklich tot waren. So groß und muskulös wie sie waren, konnten es nur Trolle sein. Gerade, als ich aufstehen wollte, drückte mich irgendetwas wieder zu Boden. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, so starr vor Angst war ich. Eine hässliche Schweinefratze beugte sich über mich. Das war das Gesicht eines sehr mächtigen Trolls. Ich konnte seine Macht spüren. Er besaß sogar Stoßzähne, die er mir beinahe ins Gesicht gebohrt hätte, wenn er sich noch näher an mich herangewagt hätte. Er sah mir tief in die Augen und sagte:"Denkst du, das hier ist ein Traum, Junge? Du wirst dir wünschen, es wäre einer. Denn alle, die du jemals kanntest, sind nur noch Asche, zusammen mit dem Dorf, das einst deine Heimat war. Aber du hast Glück, denn wie es der Zufall so will, werden wir dich verschonen. Deshalb werde ich dir auch meinen Namen verraten, damit du weißt, wem du dein Leben verdankst. Ich bin Fröthljif, der mächtigste Troll, der dir jemals unterkommen wird. Und nun lauf, armseliger Wurm."

Danach ließ er mich los und ich raffte mich so schnell ich nur konnte auf und lief. Ich lief immer weiter und weiter, so weit weg vom Dorf wie nur möglich. Schließlich erreichte ich den Wald, doch ich konnte nur daran denken, dass der einzig sichere Ort die goldene Stadt sein würde. Also lief ich immer weiter. Als ich dann den Wald überwunden hatte, waren meine Kräfte schon längst am Ende und als ich bemerkte, dass man mich entdeckt hatte, konnte ich endlich dem Drang nachgeben, mich fallen zu lassen. Anschließend habt Ihr mich hierhergebracht, wie es scheint.

"Also waren es Trolle, die dein Dorf verwüstet haben?", fragte Dave nach.

"Ja, ohne Zweifel. Und Fröthljif ist scheinbar ihr Anführer. Sie haben alle getötet. Jeden einzelnen. Nur mich haben sie aus irgendeinem Grund laufen lassen. Warum weiß ich immer noch nicht."

"Aber warum haben die Trolle dein Dorf eigentlich angegriffen?", fragte Enrique.

"Warum wohl? Weil sie bösartige Kreaturen sind, die andere Völker geringschätzen. Ihnen bedeutet doch kein Leben außer ihrem eigenen etwas. Jemand sollte irgendetwas unternehmen gegen diese Ärsche. Ich meine die nehmen sich einfach, was sie wollen und tun, was sie wollen. Und die schaffen das auch noch. Es wäre doch die Aufgabe der Armee von Anthem Gows, sich ihrer anzunehmen und sie zu vernichten. Ich dachte, wir leben in Zeiten des Friedens? Wie kann dann so etwas geschehen?" Julian war außer sich. Zweifellos war ihm die Zerstörung seines Dorfes sehr nahe gegangen. Er hatte dort sein ganzes Leben verbracht und alle Leute persönlich gekannt. Mit den meisten war er sogar sehr gut befreundet gewesen und nur mit den wenigsten hatte er kleine Dispute gehabt.

"Wir wussten bisher nicht, dass es Probleme in unserem Reich gab.", antwortete Dave und versuchte, sich herauszureden. "Davon abgesehen sind wir für die goldene Stadt zuständig."

"Ja, natürlich. Die große goldene Stadt ist nun mal wichtiger als ein unbedeutendes, kleines Dorf voller unschuldiger Bürger."

"Julian, es tut mir leid um dein Dorf.", sagte Enrique und er meinte es auch ehrlich. "Ich hätte diese Katastrophe gerne verhindert, wenn ich nur vorher davon gewusst hätte. Aber wir werden dafür sorgen, dass diese Trolle bekommen, was sie verdienen."

"Die verdienen nichts Anderes, als bei lebendigem Leib gehäutet zu werden.", gab Julian düster von sich. Er würde niemandem verzeihen, der jemanden tötete, der ihm nahesteht.

"Sie verdienen zweifellos den Tod. Aber etwas so Grausames wie lebendig häuten verdient doch kein Wesen, meinst du nicht auch?"

"Da bin ich mir nicht so sicher."

"Egal.", warf Dave ein. "Morgen früh werden wir dich zum Kaiser bringen oder vielleicht kommt er auch zu dir. Dann kannst du persönlich mit ihm reden und ihm erzählen, was passiert ist. Er wird sich darum kümmern, dass die Gerechtigkeit siegt."

"Wie kommt Ihr darauf, dass er mich empfangen wird?"

"Die Nachricht von deinem Erscheinen wurde schon weitergeleitet. Ich bin sicher, der Kaiser wird wissen wollen, was genau es damit auf sich hat. Sobald er von dem Trollangriff erfährt, wird es ihn noch mehr interessieren. Denn unser Kaiser ist darauf bedacht, den Frieden mit allen Mitteln zu wahren."

"Es wird aber keinen Frieden mehr geben, wenn Trolle ungestraft durch das Kaiserreich ziehen.", erwiderte Julian. "Man muss so schnell wie möglich etwas dagegen unternehmen. Ansonsten war mein Dorf nur das erste von vielen. Wenn ich doch nur wüsste, ob noch irgendjemand lebt. Wenn ich zumindest wüsste, ob Otto und Lisa noch leben."

"Wer sind Otto und Lisa?", fragte Enrique.

"Das sind meine beiden besten Freunde. Wir kennen uns schon, seit wir kleine Kinder waren. Wir haben immer miteinander gespielt und ständig zusammen etwas unternommen. Ich will einfach nicht glauben, dass sie nun beide tot zwischen den Trümmern unserer Häuser liegen."

Julian liefen Tränen über das Gesicht.

"Ich verspreche dir, dass sie beide noch am Leben sind.", sagte Enrique.

"Wie könnt Ihr Euch anmaßen, dieses Versprechen auch halten zu können?"

"Vielleicht kann ich es nicht halten. Aber ich möchte es mit aller Kraft tun. Womöglich macht auch das einen Unterschied. Es ist doch gut möglich, dass sie rechtzeitig entkommen sind, bevor irgendein Troll sie erwischt hat. Sag mal, wie alt bist du eigentlich? Du wirkst schon sehr reif dafür, dass du noch so jung aussiehst."

"Ich bin 17 Jahre alt. Sobald ich noch etwas älter geworden wäre, wollte ich zur Stadtwache hier in Erudicor. Nun bin ich schon etwas früher hier."

"Willst du dich uns anschließen und der Stadt dienen?"

"Nun, irgendetwas muss ich doch tun. Wenn ich zumindest eine gute Ausbildung im Kampf habe, kann ich diese Trolle selbst töten und mich so für mein ganzes Dorf rächen. Mehr weiß ich zurzeit nicht mit meinem Leben anzufangen."

"Warten wir erst einmal ab, was der Kaiser zu sagen hat.", sagte Dave. Julian legte sich wieder schlafen, nachdem er zwei Krüge voll mit Wasser getrunken und einen halben Brotlaib sowie einen fetten Schinken gegessen hatte. Die Wachen konnten nun endlich in die Taverne gehen und ihr Bier genießen. Doch an diesem Abend schmeckte es ihnen nicht. Einiges, was Julian gesagt hatte, hatte sie sehr nachdenklich gemacht. Waren sie schuld, dass sich so eine Tragödie zugetragen hatte? War der Kaiser schuld? Was würde das alles wohl für die Zukunft bedeuten? Würden noch mehr Dörfer den Trollen zum Opfer fallen? Fragen über Fragen und niemand schien die Antwort zu haben. Schließlich gingen auch sie früher als sonst ins Bett und konnten es kaum erwarten, des Kaisers Meinung über diese Angelegenheit zu hören.