Red Dirt Heart: Sengende Erde

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Aus der Reihe: Red Dirt Heart #3
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Red Dirt Heart: Sengende Erde
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Deutsche Erstausgabe (ePub) Juli 2020

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2014 by N.R. Walker

Titel der Originalausgabe:

»Red Dirt Heart 3«

Published by Arrangement with N.R. Walker

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2020 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: CPI Deutschland

Lektorat: Susanne Scholze

ISBN-13: 978-3-95823-830-5

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de


Aus dem Englischen von Anne Sommerfeld

Liebe Lesende,

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die Autorin des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

Klappentext:

Das Schicksal meint es gut mit Charlie: Die Sutton Station läuft gut, er holt endlich seinen Schulabschluss nach, baut sein Geschäft weiter aus und meistert alle Herausforderungen, die sich ihm auf der Ranch entgegenstellen – sogar die fordernde Pflege eines Baby-Wombats. Er kann alles schaffen, solange Travis an seiner Seite ist. Doch was passiert, wenn die Umstände plötzlich dafür sorgen, dass Travis ihm nicht mehr den Rücken stärken kann? Kann Charlie trotzdem immer noch der Mann sein, den Travis verdient?

Widmung

Für diejenigen, die es vor Jahren mit mir wagten und diejenigen, die noch immer bei mir sind, danke.

Kapitel 1

In dem Travis Plätze tauschte und Sutton Station veränderte

Wir stiegen mit der festen Überzeugung in Darwin ins Flugzeug, dass der Rückflug nach Alice Springs ein Reinfall werden würde. Die Leute waren noch immer mit dem Boarding beschäftigt, als Travis entschied, dass er am Fenster sitzen wollte, dann nicht mehr, dann doch, dann nicht mehr. Und dann doch.

»Zu schade«, sagte ich und weigerte mich, erneut mit ihm den Platz zu tauschen. »Ich bedaure denjenigen, der während des mehr als zwanzigstündigen Flugs neben dir gesessen hat, als du nach Australien gekommen bist.«

»Das solltest du nicht«, sagte er und beugte sich ganz nah zu mir herüber. »Letztendlich hatten wir Sex im Flugzeug.«

Mein Blick huschte zu ihm und ich funkelte ihn böse an. Sofort wallten Eifersucht, Wut und Schmerz in meinem Bauch auf.

Travis warf lachend den Kopf zurück, sodass einige der Leute, die noch an Bord kamen, zu uns sahen. »Ich mach nur Witze. Hatten wir nicht.«

»Ich hasse dich.«

Er schnaubte. »Ich mach dich gern eifersüchtig. Das geht so einfach«, sagte er lächelnd. Er wusste, dass ich wegen seiner Aussage noch immer etwas angefressen war. »Ernsthaft, es war irgendeine Frau mit zwei Kindern, die geweint haben, wenn sie nicht geschrien haben.«

»Geschieht dir recht.«

Er lachte erneut. »Weißt du, in Kakadu warst du so viel entspannter«, sagte er. Er beugte sich zu mir und flüsterte: »Und zufällig weiß ich, wie ich dich entspannen kann, wenn du also zuerst zur Toilette willst, folge ich dir.«

Ich hustete, als ein armer Tropf neben Travis Platz nahm. Ich versteckte meine Sexualität nicht mehr wirklich, mochte aber trotzdem keine anzüglichen Kommentare vor ahnungslosem Publikum. Ich warf ihm einen Benimm dich-Blick zu und als Travis ein Gespräch mit seinem Sitznachbarn anfing, wünschte ich dem Kerl innerlich viel Glück, setzte meine Kopfhörer auf und schloss die Augen.

Ich hatte kaum zehn Minuten die Augen geschlossen, als Travis mein Bein antippte.

Ich blinzelte und mir wurde klar, dass wir bereits in der Luft waren. Ich nahm die Kopfhörer ab. »Was?«

»Tausch den Platz mit mir«, drängte er mich und stand auf.

Ich sah den Mann an, der auf der anderen Seite saß und ohne mich zu fragen, was passiert war, rutschte ich rüber – was mir einige Schwierigkeiten bereitete, wenn man bedachte, dass es eng war und Travis direkt vor mir stand. Travis wirkte nicht sauer oder auch nur besorgt, also nahm ich an, dass der Kerl neben mir harmlos war. Ich nickte ihm zu und deutete auf Travis. »Hat er etwas Unangebrachtes gesagt?«

Der Mann war Mitte dreißig, mit kurzen braunen Haaren, die an den Schläfen leicht ergraut waren. Er hatte einen stämmigen Körperbau und das Klischee, dass er Rugby gespielt hat, wurde von seiner irgendwann einmal gebrochenen Nase bestätigt. Er lachte. »Nein. Überhaupt nicht.«

»Gut«, antwortete ich trocken. »Ich hätte mich nicht entschuldigt, sondern einfach nur Mitleid mit Ihnen gehabt, das ist alles.«

Travis schlug mir mit dem Handrücken gegen den Arm. Er beugte sich vor, sodass er mit uns beiden gleichzeitig sprechen konnte. »Charlie, ich möchte dich vorstellen«, sagte Trav mit einem Würdest du die Klappe halten-Blick. »Blake Burgess, das ist Charlie Sutton.«

Der Name sagte mir nichts, aber Blake hob eine Braue. »Charlie Sutton? Wie in Sutton Station?«

»Der einzig Wahre«, sagte ich, während ich mich fragte, wer zur Hölle der Typ war und wie er von mir gehört hatte. Ich warf Travis schnell einen Blick zu, damit er es mir erklärte.

»Blake hat mir gerade erzählt, womit er sein Geld verdient«, sagte Travis. »Ich dachte, ihr beiden möchtet euch vielleicht unterhalten.«

Ich war verwirrt und als ich mich wieder Blake zuwandte, lächelte er mich an. »Ich bin Einkäufer bei Woolworth. Genauer gesagt suche ich nach Fleischlieferanten für die Supermärkte im ganzen Land.«

Ich blinzelte. Langsam. Zweimal. Wie ein Idiot. Travis lachte leise neben mir und murmelte etwas, das sich nach Danke, Travis anhörte, ehe er seine Kopfhörer aufsetzte und ich mich so weit gefasst hatte, dass ich mit dem Kerl reden konnte.

Und wie wir redeten. Während der nächsten anderthalb Stunden – der gesamten restlichen Flugdauer – unterhielten wir uns über Rindfleisch: Preise, Bestände, Kennzahlen, Einkauf, Verkauf, Export und Zucht. Für einen Anzugträger kannte er sich aus. Wahrscheinlich dachte er, dass ich mich für einen Dreck-Junkie aus dem Outback auch gut schlug.

Als wir landeten, sagte Blake: »Dein Freund hat mir erzählt, dass ihr in Kakadu wart.«

Ich nickte. »Jap.«

»Wie war's?«

»Nass«, antwortete ich. »Und grün.«

Travis lachte, obwohl ich gedacht hatte, er würde schlafen. »Charlie hält alles für unnormal, das nicht roter Wüstensand ist.« Trav setzte sich auf, nahm die Kopfhörer ab und streckte seine langen Beine.

Ich zuckte mit den Schultern. Das stimmte irgendwie. Wir waren eine Woche weg gewesen. Eine ganze Woche! Und so unglaublich der Urlaub mit Travis auch gewesen war, freute ich mich darauf, wieder nach Hause zu kommen.

»Ich würde es liebend gern sehen«, sagte Blake.

»Kakadu?«, fragte ich. »Es ist wunderschön«, stimmte ich zu. »Wenn du auf nass und grün stehst.«

Blake lachte. »Nein, ich meinte deine Farm.«

Das Flugzeug hatte angedockt, die Passagiere standen auf und nahmen ihre Taschen aus den oberen Gepäckfächern und unsere Unterhaltung hörte damit irgendwie auf. Wir gingen von Bord und zur Gepäckausgabe.

»Danke für die Gesellschaft«, sagte ich zu Blake, als ich seine Hand schüttelte. »Es war schön, mit jemandem zu reden, der zu schätzen weiß, was wir tun.«

Er nahm seinen Koffer, schien aber zu zögern, als würde er gedanklich eine Entscheidung treffen. Er drehte sich wieder zu mir um. »Hör zu, Charlie, ich hab es ernst gemeint, dass ich deine Station sehen will«, sagte er. »In einem offiziellen Rahmen. Ich würde mir gern ansehen, was du da draußen machst. Ich habe schon mit genügend Farmern gesprochen, um zu wissen, wer sauber ist und wer nicht und ich habe genügend Bestandszahlen gesehen, um deinen Namen zu erkennen, wenn ich ihn höre.«

»Oh.« Scheiße. Scheiße. Scheiße. Das war irgendwie eine ziemlich große Sache. Sein Angebot warf mich irgendwie um. »Oh, ähm…«

Er lächelte. »Natürlich nur, wenn du Interesse hast. Ich muss meinen Terminkalender checken und sag dir Bescheid, wann ich dich einschieben kann. Ich hatte nicht geplant, dich zu treffen und bin nur zwei Tage hier, also ist es wirklich kurzfristig. Aber ich werde eine Aufstellung des durchschnittlichen Schlachtgewichts brauchen und dein Tierarzt müsste anwesend sein. Kannst du das arrangieren?«

»Sicher.« Ich schluckte meine Begeisterung hinunter und nickte ihm zu. »Klingt gut.«

Wir tauschten Telefonnummern aus, schüttelten uns die Hände und als er ging, standen Travis und ich noch eine Weile schweigend da.

»Heilige Scheiße«, flüsterte ich.

Travis lachte. »Ich dachte mir schon, dass du gern mit ihm reden würdest.«

Das brachte mich zum Lachen. »Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast.« Ich sah ihm nach und konnte noch immer nicht ganz glauben, was gerade passiert war. »Travis, das könnte ziemlich wichtig für uns werden.«

 

»Ich weiß«, sagte er, als wäre ich dämlich. »Deswegen hab ich die Plätze getauscht.«

»Ich bin dir was schuldig.«

»Etwa zwanzig Zentimeter?«, fragte er. »Oder eher einen Pizzaofen oder eine Woche in Kakadu?«

Lachend schob ich ihn zum Gepäckband. Unsere Koffer waren die einzigen, die noch übrig waren. Als ich zur Ankunftshalle sah, entdeckte ich George, der uns beobachtete und lächelnd den Kopf schüttelte.

Mann, es fühlte sich gut an, wieder zu Hause zu sein.

***

Ich wollte wegen des Treffens mit Blake nicht zu aufgeregt sein, konnte aber nicht anders. Ich hatte George auf dem Nachhauseweg davon erzählt und es noch einmal für Ma wiederholt, als wir endlich an ihrem Küchentisch gesessen hatten.

Sie wollte allerdings nur etwas von unserem Urlaub hören. Wie war es? War das Wetter in Ordnung? Hat Travis einige Wildtiere, wie Krokodile oder Büffel gesehen? Wie war die Unterkunft?

Sie sah müde aus und es lastete schwer auf mir, dass wir sie eine ganze Woche allein gelassen hatten. Ich konnte mir vorstellen, dass es sie gestresst hatte. Sie hatte sich Sorgen gemacht und natürlich das Gefühl gehabt, es wäre ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass niemand aus der Reihe tanzte, während wir weg waren.

Sie schob ihren Tee weg, den sie nicht angerührt hatte. »Also, wie war Fünf-Sterne-Luxus?«

»Es war gut – Autsch!« Nugget, das Wombatbaby, hatte sich unter meinem Shirt vergraben. Anscheinend war da sein Lieblingsplatz. Obwohl es ein schöner Gedanke war, waren seine scharfen Krallen auf meiner Haut nicht wirklich angenehm. Aber alle Schmerzenslaute und all mein Winden schreckten ihn nicht ab. Er war nur glücklich, wenn er seine Nase an meiner Seite oder meiner Armbeuge vergraben hatte.

Ma lächelte mich an. »Er hat dich schrecklich vermisst«, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf die Bewegung unter meinem Shirt.

»Hat er dich wachgehalten?«, frage ich. »Du siehst müde aus.«

Ma seufzte und tätschelte meine Hand, ehe sie aufstand. Sie nahm ihre Tasse und stellte sie in die Spüle. Erst hatte sie mich immer finster angesehen, wenn ich gefragt hatte, ob es ihr gut ging und jetzt antwortete sie überhaupt nicht. Entweder hatte sie es satt, dass ich fragte, oder deswegen zu lügen.

Deshalb änderte ich erneut meine Taktik, damit sie es langsam angehen ließ. »Du solltest gehen«, sagte ich. »Du und George. Eine Woche in dem Hotel, in dem wir gewohnt haben, wird dir guttun.«

»Es gibt Zimmerservice«, fügte Travis hinzu. »Und Doppelbetten, einen Whirlpool, eine Dusche für zwei…« Er lächelte, als er sich anscheinend in der Erinnerung an uns in dieser Dusche verlor. Es gab viele gedankliche Bilder, die er durchgehen konnte. Er wurde ein wenig rot, was bei ihm selten vorkam und räusperte sich. »Das waren wahrscheinlich viel mehr Informationen, als du brauchtest.«

»Ach, echt?«, fragte ich, während ich noch immer versuchte, Nugget davon abzuhalten, mit seinen Krallen eine Blinddarmoperation an mir durchzuführen. Ich ignorierte Mas durchtriebenes Lächeln. »Wie auch immer, wie ich schon sagte«, lenkte ich die Unterhaltung wieder um, »ich hab im Flugzeug diesen Kerl kennengelernt –«

Travis unterbrach mich, um mich zu korrigieren. »Ich hab ihn zuerst kennengelernt.«

»Also, ja, Trav hat ihn zuerst kennengelernt.«

»Ich hab mit Charlie den Platz getauscht, damit sie übers Geschäft reden können.«

»Und wie sich herausstellte, ist er an der Sutton Station interessiert«, sagte ich. »Er hat mich auf dem Handy angerufen, als wir nach Hause gefahren sind. Er meinte, dass er seinen Ablaufplan überprüft, aber leider kaum Zeit hat.«

Travis unterbrach mich erneut. »Also hat Charlie gesagt, dass er ihn mit dem Hubschrauber abholt«, sagte er noch immer aufgeregt. »Das spart Zeit.«

Ich atmete tief ein und versuchte weiterzusprechen. »Also, ja, ich hab ihm gesagt, dass ich ihn von seinem letzten Termin abholen und ihn in Alice am Flughafen absetzen kann, bevor er wieder nach Sydney fliegen muss.«

Trav lachte schnaubend. »Sein letzter Termin ist bei Jack Melville. Ich würde liebend gern sein Gesicht sehen, wenn Charlie einfliegt.«

Ich sah Travis an. »Wer erzählt die Geschichte?«

»Du.«

»Dann hör auf, mich zu unterbrechen.«

»Ich unterbreche dich nicht«, sagte er. »Ich wirke mit.«

»Tja, dann wirke bei George mit. Er meinte, dass die Dachplatten gekommen sind, die du bestellt hast.«

»Oh cool«, sagte er, denn er ließ sich leicht ablenken. Travis umarmte Ma. »Es ist schön, zu Hause zu sein«, sagte er zu ihr, ehe er mir die Zunge rausstreckte und die Küche verließ.

Ma lachte leise und hatte diesen Ihr beiden seid so ineinander verliebt-Blick in den Augen. »Red weiter«, sagte sie.

»Richtig. Also, du erinnerst dich, dass ich dir von Jack Melville erzählt habe? Dem alten Knacker, der im Vorstand der Beef Farmers Association sitzt und dem ich praktisch gesagt habe, dass ich schwul bin und er mich mal kann?«

Ma nickte und lächelte. »Ja.«

»Also, genau der. Ich werde auf sein Grundstück fliegen, ihn königlich begrüßen« – Ich übte, indem ich den Mittelfinger hob – »und bringe diesen Blake hierher. Er scheint ganz scharf drauf zu sein.«

»Was bedeutet das?«, fragte sie. »Er kauft für Supermärkte ein?«

Ich nickte. »Ich habe noch keine Einzelheiten mit ihm besprochen, aber er könnte uns ein Geschäft klarmachen, einen Vertrag über einen bestimmten Zeitraum mit einem garantierten Einkommen.«

Mas Augen weiteten sich, ebenso wie ihr Lächeln. »Wow.«

Ich zuckte mit den Schultern und versuchte, meine Begeisterung runterzuspielen. Ich dachte, es wäre einfacher, begeistert zu sein, wenn es vorbei war, anstatt zu zeigen, wie enttäuscht ich sein würde, wenn es nicht funktioniert. »Es ist noch nichts beschlossen, aber zumindest weiß er jetzt von uns, also wer weiß, wenn nicht dieses, dann vielleicht nächstes Jahr.«

»Soll ich etwas tun?«, fragte Ma.

»Du sollst es langsam angehen«, sagte ich. »Ich weiß, dass du nicht gern darüber redest und mich jedes Mal zum Schweigen bringst, wenn ich es erwähne, aber, Ma, du siehst aus, als hättest du seit einer Woche nicht geschlafen.«

Sie runzelte die Stirn. »Es ist nur eine Erkältung oder so.«

»Das hast du schon mal gesagt«, erinnerte ich sie. »Vor Wochen.«

»Und ich dachte, es würde mir besser gehen«, antwortete sie. »Anscheinend ärgert mich der Winter noch ein letztes Mal, bevor er für dieses Jahr verschwindet.«

Dieses Mal runzelte ich die Stirn. »Wie geht's Nara?«, fragte ich. »Sie kann öfter aushelfen, wenn es sein muss.«

Ma lächelte und ihre blassen Wangen nahmen etwas mehr Farbe an. »Nara geht's gut. Ich habe sie vielleicht tatsächlich davon überzeugt, ein Schulbuch in die Hand zu nehmen.«

Unwillkürlich musste ich lächeln. »Du musst auch ein bisschen auf dich selbst achten, Ma. Du bist so damit beschäftigt, dir um alle anderen Sorgen zu machen, dass du dich vergisst.«

»Mir geht's gut, Charlie«, sagte sie. »Wirklich. Obwohl ich besser schlafen werde, jetzt, da du und Travis wieder da seid.« Dann fügte sie hinzu: »Und weil der kleine Nugget nicht mehr herumkratzt, weil er nach dir sucht.«

Ich zog den Kragen meines Shirts nach vorn, konnte jedoch nur den Hintern und zwei Hinterbeine eines Babywombats sehen. Der Rest von ihm war unter meinem Arm vergraben. »Es tut mir leid, dass er so eine Nervensäge war.«

»Er ist zuckersüß«, widersprach Ma.

»Er ist süß«, stimmte ich zu. »Aber wie es dazu gekommen ist, dass ich mich um ihn kümmere, werde ich wohl nie erfahren. Travis war derjenige, der ihn gefunden hat.«

Ma schenkte mir ihr allwissendes, mütterliches Lächeln und tätschelte meine Hand. »Tja, es ist schön, dich wieder hier zu haben. Und Travis. Ohne euch ist es nicht dasselbe.«

»Danke, Ma«, sage ich herzlich. »Das bedeutet mir viel.«

»Jetzt verschwinde aus meiner Küche. Ich muss das Abendessen vorbereiten, sonst gibt es eine Meuterei.«

Jap. Es war wirklich schön, wieder zu Hause zu sein.

***

Ich rief Doug Russell an. Er war schon vor meiner Geburt unser Tierarzt gewesen und obwohl er immer gern aushalf, war es durch die kurzfristige Bitte und die Entfernung unmöglich. »Ich schaue mal, ob Scott es schafft«, meinte er. Fünf Minuten später rief er mich zurück und sagte, dass sein Sohn gern einspringen würde. Scott Russell, sein Sohn, hatte nichts mehr gewollt, als wie sein Vater Tierarzt zu werden und trat nun stolz in seine Fußstapfen.

Ich lächelte innerlich, als ich daran zurückdachte, wie ich als Kind ständig nervig an ihren Rockzipfeln gehangen hatte, wann immer Mr. Russell und Scott vorbeigekommen waren, um die Tiere zu checken. Als ich aufwuchs, hatte ich nicht viele andere Kinder zu sehen bekommen, weshalb es für mich wie Weihnachten war, einen ganzen Tag lang einen anderen Jungen – er ist nur sechs Jahre älter als ich – auf der Farm zu haben.

Ich bin sicher, dass ich für ihn wirklich nichts anderes als eine Nervensäge war. Als ich älter wurde, hatte ich seine Besuche aus einem anderen Grund zu schätzen gewusst. Er war für meinen verträumten Teenagerverstand das Futter für meine Masturbationsfantasien gewesen. Mehr hetero als er konnte man nicht sein und rückblickend hatte er Pickel und eine Zahnspange gehabt und war dank seines Körpers, in den er noch nicht ganz hineingewachsen war, ganz schlaksig und unbeholfen gewesen. Aber ich hatte mächtig für ihn geschwärmt.

Was soll ich sagen? Hier draußen gab es nur wenig Auswahl.

Die Erinnerungen brachten mich zum Lächeln und ich dankte den Sternen, dass ich nie so dumm gewesen war, meinen hormongetriebenen Impulsen zu folgen.

Anschließend rief ich Scott direkt an und erklärte ihm, dass ich gegen elf Uhr mit dem Käufer zurück auf der Sutton Station sein würde. »Ich werde da sein. Bis dann«, sagte er.

Ich schrieb Blake eine Nachricht, um ihm mitzuteilen, dass alles organisiert war. Er antwortete später am Abend, sagte, dass er sich darauf freute und erinnerte mich an die Verkaufsberichte, die er brauchen würde.

Ich legte mein Handy zur Seite, öffnete mein E-Mail-Postfach und schickte ihm die Dateien sofort, nachdem ich die ungelesenen Mails ignoriert hatte, die mein Postfach überschwemmten und mich sicher eine Woche Arbeit kosten würden.

Travis parkte seinen Hintern auf meinem Tisch und lächelte. Er reichte mir einen jammernden, eingewickelten Nugget und eine volle Flasche, die ich mit einem Augenrollen annahm. Der Babywombat nuckelte sofort an der Flasche und seine kleinen Augen schlossen sich beim Trinken. Ich seufzte und als ich zu Trav aufsah, schenkte er mir das Lächeln, das nur für mich reserviert war.

»Ist alles organisiert?«, fragte er.

»Jap. Alles erledigt.«

»Bereit fürs Bett?«

»Sehr«, antwortete ich. Ich sah nach unten auf das noch immer trinkende Wombatbaby. »Sobald der Kleine hier fertig ist.«

Travis lächelte. Ich bin ziemlich sicher, dass es ein Gott ich liebe dich-Lächeln war. Er stupste einen Stapel realer Post auf meinem Schreibtisch an, der aus Umschlägen und Zeitschriften bestand. »Irgendwas Interessantes dabei?«, fragte er.

»Größtenteils Rechnungen. Nichts Aufregendes«, antwortete ich. »Das Handelsmagazin ist dabei.«

»Was ist das?«, fragte er.

»Eine Verbandszeitschrift für die Rindfleischfarmer«, sagte ich ihm. »Es erscheint nur viermal jährlich, also gibt es wahrscheinlich einen Artikel über meine Schimpftirade Melville gegenüber darin. Oder wie ich Fisher zu Brei geschlagen habe.« Ich zuckte mit den Schultern. »Um ehrlich zu sein will ich es lieber nicht wissen.«

Travis riss die Plastikfolie auf und entfernte den Papiereinleger mit der Adresse. Er musste die Zeitschrift nicht einmal öffnen, um herauszufinden, ob ich erwähnt wurde oder nicht, denn mein Gesicht war auf dem Cover.