Reza Schah der Große

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Reza Schah der Große
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Die Ausgabe dieses Textes folgt der 1944 erschienenen Erstausgabe der deutschen Übersetzung. Die Abbildungen wurden der im Jahre 1941 erschienen persischsprachigen Ausgabe entnommen. Der Text wurde vom Herausgeber um Datumsangaben und Anmerkungen ergänzt.

Mohammad Reza Schah Pahlavi schrieb diesen Text im Jahr 1941. Der Iran war im Rahmen der Weltkrieg-II.-Operation Countenace ab dem 25. August 1941 von britischen und russischen Truppen besetzt worden. Nach der Abdankung von Reza Schah Pahlavi am 16. September 1941 zu Gunsten seines Sohnes Mohammad Reza Schah Pahlavi übernahm dieser am 17. September 1941, nach der Zustimmung des iranischen Parlaments und der Ableistung seines Amtseides vor dem Parlament, die Regierungsgeschäfte.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Neuausgabe, 2018

© Wolfgang von Keitz

Herstellung und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de


Reza Schah Pahlavi


Mohammad Reza Schah Pahlavi

Im Laufe des Lebens gibt es Stunden, in denen Entscheidungen gefällt werden, die das Leben eines Menschen völlig verändern. Diese Entscheidungen treffen das Leben eines Einzelnen und seine Umgebung; in manchen Fällen ändern sie das Schicksal einer Gesellschaft oder eines Landes. Geschichte, soziale oder nationale Not können von einer Persönlichkeit Entscheidungen fordern, die das Geschick des Volkes und den Lauf der Geschichte wandeln.

In den Tagen vor dem Staatsstreich des 3. Esfand (21. Februar 1921) befand sich mein Vater in einer solchen Lage. Diese Tage waren der entscheidende Wendepunkt im Leben Reza Schahs. Er stand am Scheideweg. Er entsann sich seines Weges mit allen Erfahrungen, mit all‘ seinen bitteren und widrigen Ereignissen; er sah den Weg, den er beschreiten wollte, klar vor Augen und entschied sich.

In den Vortagen des Staatsstreiches oder vielleicht gerade in jenen Stunden, in denen er seine Entschlüsse fasste, vereinte er im Geist sein bisheriges Leben mit dem künftigen Weg und Ziel. Niemand kann mit Gewissheit sagen, was in jenen Stunden in ihm vorging und was er dachte, welche Erinnerungen und Wünsche seine Entscheidungen beeinflussten.

Aber ich, der so oft von seiner liebevollen Hand gestreichelt wurde und häufig Zeuge seines Grams und seines Lächelns, seiner Wünsche und Erwartungen war. Ich mit dem er fast täglich einige Stunden allein sprach, kann vielleicht bis zu einem gewissen Grad ermessen, was in jenen Stunden durch seinen klugen Kopf ging.


Reza Khan als Maschinengewehrschütze (1920)

Es besteht kein Zweifel, dass die frischen Erinnerungen und die jüngst vergangene Zeit das Denken und die Entschlüsse des Menschen mehr beeinflussen als die weiter zurückliegende Vergangenheit. Das vor kurzem Geschehene, ja sogar Ereignisse des alltäglichen Lebens sind es, die den Menschen bis zur äußersten Verzweiflung bringen und ihn zu endgültigen Entscheidungen zwingen. Im Laufe der Zeit bereiten die Ereignisse den Menschen auf Lebensentscheidungen vor. Sobald die Zeit reif ist, geschehen Dinge, die wie ein Funken in einem Pulverfass wirken.

Die Kämpfe der Kosakentruppe mit den Aufständischen im Herbst 1299 (1920), die Niederlage durch den Verrat ausländischer Offiziere, der schmerzliche und niederdrückende Rückzug bis Mandjil und später bis Kasvin, dies waren die Ereignisse, die meinen Vater zwangen, eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass eines der wichtigsten Probleme, die meinen Vater in den Vortagen des Staatsstreiches beschäftigten, gerade diese Niederlage war. Er wusste, dass die Kosakentruppe mit außerordentlicher Aufopferung und Selbstlosigkeit unter den schwersten Umständen gekämpft hatte. Er selbst war Zeuge, wie das gesamte Offizierskorps mit größter Zähigkeit und Vaterlandsliebe die hungrigen und schlecht gekleideten Soldaten unter dem Feuer der Schiffsgeschütze geführt hatte. Aber diese Aufopferung und Selbstlosigkeit waren vergebens und nutzlos. Warum? Ja, warum?


Reza Schah mit seinem Sohn Mohammad Reza

Weiß Gott, wieviel er entlang der Straße Rescht-Kasvin über dieses „Warum“ nachgedacht hatte! Schließlich fand er die Antwort darauf: Unwürdigkeit der Zentralregierung, ausländische Einflüsse, Vaterlandslosigkeit von einigen Wenigen, schlechte Verbindungen, wirtschaftliche Schwäche des Landes, Analphabetentum, Unwissenheit, Mangel an Hygiene und tausend andere Dinge waren die Ursache. Danach überlegte er einen Weg, wie er diese Schwierigkeiten und Hindernisse beseitigen könne. Seine Gedanken beschäftigten sich zwangsweise mit Teheran und der Regierung.

Als Reza Schah 40 Tage alt war, verlor er seinen Vater. Seine Mutter brachte ihn nach Teheran, um mit Hilfe der Verwandten ihres Mannes zu leben. Der Säugling erlitt unterwegs bei außerordentlicher Kälte Erfrierungen und es hätte nicht viel gefehlt, dass damals sein Lebenslicht ausgelöscht wurde.

Nach Ansicht einiger haben Natur und Zufall, nach meiner und vieler Leute Meinung aber haben Gottes Wille und eine außerhalb unserer Vorstellungssphäre liegende Macht ihn gerettet.

Ein Waisenkind schätzt mehr als jedes andere den Wert des Vaters. Selbst Vater geworden, ist es freundlicher, gütiger, inniger und teilnahmsvoller als andere Väter. Hat er eine starke Liebe für Volk und Vaterland, dann nehmen die väterliche Innigkeit und das väterliche Interesse einen größeren Umfang an; sie dehnen sich auf alle seine Landsleute aus.


Reza Schah besucht eine Mädchenschule

Reza Schah liebte sein iranisches Volk über alles. Er hatte keinen anderen Wunsch, als sein Volk glücklich, gesund, arbeitsam, des Lesens und Schreibens kundig und wohlhabend zu wissen. Wenn er Härte zeigte oder mit Strenge handelte, war gerade seine außerordentliche Liebe zu seinem Volke der Grund dafür. Wenn seine Liebsten gequält werden, ist jeder Vater hart und streng gegen den Urheber des Unrechts.

Reas Schah betrachtete Iran als sein Heim und das jeden Iraners. Durch ausgedehnte Reisen, durch seine erschöpfenden Fußmärsche kannte er jede Ecke und jeden Winkel dieses Heimes. Er hatte mit eigenen Augen beobachtet, wie dieses Heim zerstört und vernichtet werden sollte. Wiederum erkannte er durch seine persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen, die er oftmals unter Einsatz seines Lebens gewonnen hatte, dass einer der wichtigsten Gründe für diese Zerstörung und diesen Verfall das Chaos und der Mangel an allgemeiner Sicherheit war. Wie kann man in einem Land, von dem jede Ecke sich in den Händen von Räubern befindet und in dem niemand die Befehle der Zentralregierung befolgt, Reformen durchführen und den Boden für den Fortschritt bereiten? Was muss geschehen?

Zu Beginn musste für Ordnung und Sicherheit im Lande gesorgt werden. Hierzu musste in erster Linie eine Armee im echten Sinne des Wortes geschaffen werden, da das, was vor dem Staatsstreich als Armee bezeichnet wurde, nur ein leeres Wort ohne Bedeutung war.


Reza Schah mit Offizieren der neuen iranischen Armee

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