Stil und Text

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2.2.2 GestaltungsmusterGestaltungsmuster spezifiziert: Beispielanalysen

Vom Allgemeinen nun zum Einzelnen, zu einzelnen GestaltungsmusternGestaltungsmuster und einzelnen Beispielen. Die Rekonstruktion spezifizierter, konkret bestimmbarer Gestaltungsmuster bedarf nicht grundsätzlich einer breiten empirischen Basis. Sie hat auch dann ziemlich gute Erfolgsaussichten, wenn man einen Einzeltext als Exemplar einer TextsorteTextsorte erfasst und überlegt, worauf Gestaltungsaspekte in diesem Rahmen gerichtet sein könnten.


Beispieltext 1 : Stellenanzeige

Gestaltungsaspekte im Textsortenrahmen ‚Stellenanzeige‘ leiten sich u.a. aus folgenden Fragen ab:

 Wie wird der Arbeitgeber, der das Stellenangebot unterbreitet, bezeichnet?

 Wie wird das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle beschrieben?

Es gibt grundlegende und besondere GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren. Am Beispieltext 1 seien zunächst zwei grundlegende Gestaltungsverfahren aufgezeigt, und zwar:

1 das AuswählenAuswählen von GestaltungsmittelnGestaltungsmittel aus einem Paradigma und

2 das KombinierenKombinieren der ausgewählten Mittel zu einer syntagmatischen Struktur.

Die Analyse zu a) erfasst verwendete GestaltungsmittelGestaltungsmittel auf einer vertikalen Achse. Der Beispieltext gibt hierzu vor allem Folgendes zu erkennen:


Textbelege
Pizza-Serviceanstelle vonein Pizza-ServiceWahl des Nullartikelsanstelledes unbestimmten Artikels
f. d. R.anstelle vonfür den Raum
Ortskennt(nisse)anstelle vonKennt(nisse) über den OrtWahl eines Kompositumsanstelleeiner Wortgruppe
mit Ortskennt. u. eig. PKW anstelle vondie über Ortskennt. u. eig. PKW verfügenWahl einer attributiven Wortgruppeanstelleeines Relativsatzes
(std.-weise n. Vereinb.) anstelle vonDie Beschäftigung erfolgt std.-weise n. Vereinb.

Tab. 2: GestaltungsmittelGestaltungsmittel Stellenanzeige – paradigmatisch

Die Analyse zu b) ordnet die verwendeten GestaltungsmittelGestaltungsmittel auf einer horizontalen Achse an. Um das Gestaltungsziel, hier das GestaltungsprinzipGestaltungsprinzip zu erkennen, müssen die als ausgewähltAuswählen erkannten Gestaltungsmittel als miteinander kombiniert und in ihrem Zusammenwirken betrachtet werden:


Nullartikel+Schreib-abkürzungen+Kompositum+attributiveWortgruppe+EllipseEllipse

Tab. 3: GestaltungsmittelGestaltungsmittel Stellenanzeige – syntagmatisch

Das GestaltungsprinzipGestaltungsprinzip, das den Gestaltungszusammenhang zwischen den GestaltungsmittelnGestaltungsmittel stiftet, ist aus der syntagmatischen Struktur ableitbar: Mit allen ausgewählten und kombinierten Gestaltungsmitteln wird das Gestaltungsprinzip KnappheitKnappheit (ein Ausdruck von Sprachökonomie) realisiert. Der Stellenanzeige liegt der GestaltungsaktGestaltungsakt VerknappenVerknappen zugrunde, der für Anzeigentexte typisch ist.


Beispieltext 2 : Werbeanzeige

Bei GestaltungsaktenGestaltungsakt im Textsortenrahmen ‚Werbeanzeige‘ stellen sich ganz andere Fragen, u.a. diese:

 Wie wird das im Text thematisierte Produkt bezeichnet?

 Wie werden das Produkt und seine Herstellung bewertet?

Am Beispiel einer Werbeanzeige (Text 2) seien drei besondere GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren (einschließlich typischer GestaltungsmittelGestaltungsmittel) zur Realisierung eines GestaltungsprinzipsGestaltungsprinzip aufgezeigt, und zwar:

 das KreierenKreieren eines klangvollen und orthographisch auffälligen Produktnamens (hier: TwinHaus);

 das Auflisten von Vorzügen (des Produkts und seiner Herstellung), hier mittels adjektivischer WertwörterWertwort (attraktiv, einzigartig, effizient), auch in Form eines AugmentativkompositumsAugmentativkompositum, d.h. eines zusammengesetzten Wortes, bei dem die erste Konstituente die zweite semantischSemantik/semantisch steigert (hochattraktiv), sowie in komparativischer (effizienter, kostengünstiger) und superlativischer Form (beliebtest);

 das UmschreibenUmschreiben des Produktnamens mittels GefühlswörternGefühlswort oder Gefühlswortkonstruktionen, hier mittels eines substantivischen AugmentativkompositumsAugmentativkompositum (Traumhäuser), dessen erste Konstituente aus einem Gefühlswort besteht, das einen sehnlichen und noch unerfüllten Wusch bezeichnet.

Aus der Analyse der GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren und -mittel lässt sich – wiederum auf der horizontalen Achse – das vorherrschende GestaltungsprinzipGestaltungsprinzip ableiten: das Prinzip AnpreisungAnpreisung. Der Anzeige liegt der GestaltungsaktGestaltungsakt Anpreisen zugrunde, der für Werbetexte typisch ist.

Schwere See, mein Herz? Nicht länger. Lass uns Segel setzen. Sturmerprobte, Wahrheit schätzende, lebensverliebte Frau (30/181/75, NR, Journalistin, aus Halle/S.) sucht großen Mann mit Herzensweite, Weitblick und Tiefgang. Gern auch älter und mit Mut und großer Lust darauf, aufs offene Meer zu segeln und gemeinsam die Früchte des Lebens heimzuholen.

Chiffre: 11/09

Beispieltext 3: Kontaktanzeige

Im Textsortenrahmen ‚Kontaktanzeige‘ stellen sich u.a. folgende Stilfragen:

 Wie werden die Kommunikationsbeteiligten (die suchende und die gesuchte Person) bezeichnet?

 Wie werden Vorstellungen von einer Partnerbeziehung kommuniziert?

Die Analyse von Beispieltext 3, konzentriert auf diese beiden Fragen, fördert ein besonderes GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren zur Realisierung einer GestaltungsideeGestaltungsidee zutage, nämlich das Mischen von Mustern, genauer: das Mischen von Merkmalen/Elementen verschiedener Muster. In diesem Text werden Elemente des FramesFrame (Wissensmusters) ‚Segeln‘ in die Themenabhandlung ‚Partnersuche‘ nach dem Textsortenmuster Kontaktanzeige eingeflochten, erkennbar vor allem an den verbalen Wortgruppen Segel setzen und aufs offene Meer segeln, die im Kontext dieser Kontaktanzeige sprachbildlich (metaphorischMetapher/Metaphorisieren) zu verstehen sind. Aber auch die lexikalischen Einheiten sturmerprobt, Weitblick und Tiefgang fügen sich in gewisser Weise in das komplexe Sprachbild ein, das offenbar vom Song „Schwere See“ der Band Element of Crime inspiriert ist. Mit dem Zitieren einer Verszeile aus dem Refrain dieses Songs (Schwere See, mein Herz) wird eine intertextuelle Beziehung aufgebaut, die der Anzeige bereits zu Beginn einen poetischenPoetizität/poetisch Anstrich verleiht.

Wir sind nun in der Lage, die textprägende GestaltungsideeGestaltungsidee zu beschreiben. Sie besteht darin, eine Partnerbeziehung als ein Segelschifffahrtsereignis erscheinen zu lassen.

Suche Dich! Groß, schlank, schlau, liebevoll, geduldig, Interesse für Haus, Garten, Urlaub am Meer und in den Bergen … Verwunschene Prinzessin, 45/1,74 m, schlank, blond, blauäugig, mit Bodenhaftung, sucht genau den Frosch, der sich nach dem ersten Kuss in den Traumprinzen verwandelt.

Chiffre: 11/07

Beispieltext 4: Kontaktanzeige

Die Variabilität der Gestaltung von Kontaktanzeigen offenbart sich, wenn man weitere Texte dieser TextsorteTextsorte in die Analyse einbezieht. Wir beschränken uns hier auf einen einzigen weiteren Text. Als besonderes GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren in Beispieltext 4 tritt das Anspielen auf einen Märchentext hervor, das auf eine andere GestaltungsideeGestaltungsidee hindeutet. Aber es zeigt sich auch eine Gemeinsamkeit mit Text 3: In beiden lässt sich ein Mischen von Mustern beobachten, denn es werden lexikalische Märchenelemente (verwunschen, Prinzessin, sich verwandeln) in einen Text mit dem Thema ‚Partnersuche‘ eingeflochten. Im Unterschied zu Text 3 werden diese „fremdstilistischen“ Elemente jedoch verwendet, um die Inserentin und den gesuchten Partner als fiktionale Figuren einer poetischenPoetizität/poetisch Textwelt (der Welt des Märchens „Froschkönig“) erscheinen zu lassen. Die Gestaltungsidee besteht folglich darin, die Suche nach einem Partner und Vorstellungen von einer Partnerbeziehung in Märchenform zu kommunizieren.

 

GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren, die über ein bloßes AuswählenAuswählen und KombinierenKombinieren von GestaltungsmittelnGestaltungsmittel hinausgehen, gibt es in großer Zahl. Sie vollständig aufzuzählen ist eine unlösbare Aufgabe. Wir wollen hier noch auf einige hinweisen und mögliche Zusammenhänge mit GestaltungsaktenGestaltungsakt aufzeigen (siehe Tab. 4).


Einflechten literarischer Zitate:„O schüttel ab den schweren Traum / und die lange Winterruh; / es wagt es der alte Apfelbaum, / Herze, wag’s auch du!“ Um Fontane zu Wort kommen zu lassen.(Potsdamer Neueste Nachrichten, 19.03.2010, 1)

Tab. 4: Zusammenhänge zwischen GestaltungsaktenGestaltungsakt und GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren

Ein Problem ist möglicherweise die Unterscheidung zwischen GestaltungsaktenGestaltungsakt und GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren. Als Faustregel gilt: Gestaltungsakte tragen zumeist das GestaltungsprinzipGestaltungsprinzip im Namen (vgl. VerknappenVerknappen → KnappheitKnappheit, Anpreisen → AnpreisungAnpreisung, aber auch VeranschaulichenVeranschaulichen → AnschaulichkeitAnschaulichkeit, EmotionalisierenEmotionalität/Emotionalisieren → Emotionalität usw.), bei Gestaltungsverfahren ist dies nicht der Fall (vgl. Auflisten von Vorzügen → Anpreisung, aber auch WiederholenWiederholen → EinprägsamkeitEinprägsamkeit oder VariierenVariieren → AbwechslungAbwechslung). Ein weiteres Problem ist möglicherweise die Unterscheidung zwischen GestaltungsideenGestaltungsidee und Gestaltungsverfahren, da ja in so manchem Verfahren (Anspielen, Mischen von Mustern u.a.) gestalterische Kreativität steckt. Doch die Koordinaten für Gestaltungsideen werden immer in einem konkreten kommunikativen Gestaltungsrahmen (z.B. dem der TextsorteTextsorte oder der Textgattung) abgesteckt, während dies bei Gestaltungsverfahren nicht der Fall ist. AnspielungenAllusion und MustermischungenMustermischung gibt es nicht nur in Kontaktanzeigen, sondern auch in werbenden, journalistischen und poetischenPoetizität/poetisch Texten. Gestaltungsverfahren stehen in einer engen Beziehung zu GestaltungsmittelnGestaltungsmittel, schließen sie häufig ein, was schon an den beiden grundlegenden Verfahren (AuswählenAuswählen und KombinierenKombinieren von Gestaltungsmitteln) erkennbar ist, und in einer eher kommunikativ offenen, uneindeutigen Beziehung zu Gestaltungsakten, -prinzipien und -ideen. In ähnlicher Weise unterscheidet Barbara Sandig (2006: 152) zwischen stilistischen Handlungen und stilistischen Verfahren. Letztere sind für sie Gestaltungstechniken, „die im Text verschiedenste Funktionen erhalten können“.

DISKUSSION

1 . In der Literatur wird auch von Stilgestaltung gesprochen. Kann Stil Produkt und zugleich Objekt des Gestaltens sein?

Stil beruht auf dem Muster Gestalten, ist Produkt des Gestaltens. Gestalten heißt, einer Sache, die außerhalb des Stils liegt, eine bestimmte Form zu geben. Insofern ist es stiltheoretisch problematisch, ja widersprüchlich, im Gestaltungsprodukt Stil zugleich ein Objekt des Gestaltens zu sehen, d.h. von Stilgestaltung zu sprechen, nachzulesen etwa bei Ulf Abraham: „Stil wahrnehmen und gestalten“ (1996: 293) oder Barbara Sandig: „GESTALTEN von Stil“ (2006: 51). Dem ist entgegenzusetzen: Stil wird nicht gestaltet, sondern hergestellt, und zwar innerhalb eines Gestaltungsrahmens, in dem sich das Gestaltungsobjekt befindet.

2 . In der Literatur wird auch von Stil als einem GestaltungsmittelGestaltungsmittel gesprochen. Kann Stil Produkt und zugleich Mittel des Gestaltens sein?

Es erscheint verwirrend, wenn zu lesen ist, dass Stil ein GestaltungsmittelGestaltungsmittel ist (vgl. Sandig 2006: 23). Kann Stil wirklich ein Gestaltungsprodukt und zugleich ein Gestaltungsmittel sein? Es ist doch wohl vielmehr so, dass bei der Herstellung von Stil Gestaltungsmittel zum Einsatz kommen, die in das Gestaltungsergebnis eingehen und eine textuelle Stilstruktur konstituieren. Weniger verwirrend ist das Ganze indes, wenn man sich verschiedene Bezugsgrößen des Gestaltens vor Augen führt. Gestalten hat nämlich einen Doppelaspekt; es ist einerseits auf die Ausformung von Textstrukturen beziehbar (siehe z.B. die GestaltungsprinzipienGestaltungsprinzip AbwechslungAbwechslung, DekoriertheitDekoriertheit/Dekorieren, KnappheitKnappheit, RhythmikRhythmik/Rhythmisieren), andererseits auf Gegebenheiten des kommunikativen Geschehens, d.h. auf Gegebenheiten, die über die Form des Textes hinausweisen. So kann man eben auch davon sprechen, dass mittels Stil die Beeinflussung des Rezipienten bzw. Adressaten gestaltet wird (siehe das Gestaltungsprinzip AnpreisungAnpreisung) oder die soziale Beziehung zwischen Textproduzent und Textrezipient (z.B. als förmlich oder familiär) oder die soziale Rolle, in der sich der Textproduzent präsentiert (z.B. als Amtsträger oder als Privatperson), oder global und übergreifend die Situation, in der sich das kommunikative Geschehen vollzieht (z.B. innerhalb von KommunikationsbereichenKommunikationsbereich wie Journalismus, Parlamentarismus und Gottesdienst). Man kann von Beziehungs-, Rollen- und Situationsgestaltung sprechen (Näheres in 2.5.2). Wie man an diesem Diskussionspunkt sieht, kann sich hinter einer problematisch erscheinenden Äußerung eine plausible stiltheoretische Überlegung verbergen – hier ist es die Überlegung, dass Stil ein „Mittel gesellschaftlich […] relevanter Differenzierungen von Kommunikation“ (Sandig 2006: 142) ist. Der Sprung von einer Sichtweise in eine andere muss jedoch expliziert werden. Die Darstellung von Barbara Sandig lässt dies vermissen.

3 . Können Texte gestaltet werden, also sowohl Rahmen als auch Objekte des Gestaltens sein?

Ja, natürlich!, könnte man vorschnell antworten. Doch der geläufige und unverfänglich erscheinende Ausdruck Textgestaltung ist so unproblematisch nicht, denn der Stil eines Textes ist ja Teil eines Textes und nicht etwas, was nachträglich hinzugefügt wird in der Art eines Gewands, das den Text einkleidet. Der Ausdruck Textgestaltung hat allerdings seine Berechtigung, sofern man sich im Klaren darüber ist, dass streng genommen nur einzelne Komponenten des Textes (TexthandlungTexthandlung, TextthemaTextthema, TextarchitekturTextarchitektur u.a.) gestaltet werden können (Näheres in 2.4.2), nicht aber das Textganze, zu dem der Stil gehört.

2.3 Ganzheitlichkeit
2.3.1 Zum Begriff StilgestaltStilgestalt

In diesem Abschnitt wechseln wir die Perspektive auf Stil, und zwar insofern, als nicht die Grundlagen seiner Herausbildung, sondern die Grundlagen seiner Wahrnehmung und Interpretation im Mittelpunkt stehen. Es geht um stilistisch bedeutsame Ganzes-Teil-Beziehungen im Text und um einen weiteren feinen terminologischen Unterschied. Gemeint ist der Unterschied zwischen dem Gestalten einerseits und den Gestalten andererseits. Das Gestalten ist – wie wir inzwischen wissen – ein GestaltungsaktGestaltungsakt. Die Gestalten hingegen sind stilistisch gesehen Gestaltungsprodukte, sodass man sie auch genauer als StilgestaltenStilgestalt bezeichnen kann. Doch was leistet der Gestaltbegriff, der seine Wurzeln in der Gestaltpsychologie hat, für die Stilistik? Er macht es möglich, ja er zwingt dazu, Stil als eine gestaltete Ganzheit zu begreifen und zu erfassen, als ein Gefüge aus Teilen, die zusammengehören, zusammenpassen, zusammenwirken, kurz: die in einem irgendwie gearteten Gestaltungszusammenhang stehen.

StilgestaltenStilgestalt können prägend sein für einen Text insgesamt oder für eine Textpassage oder für einen Teiltext. So kann man z.B. Werbeslogans daraufhin betrachten, was an ihnen stilistisch gestalthaft ist. Als Beispiel der Slogan Bitte ein Bit, den auch Barbara Sandig (2006: 83) untersucht hat. Im Unterschied zu ihrer Analyse setzt sich die Stilgestalt dieses Slogans nach unserer Auffassung aus drei Teilgestalten zusammen. Wir registrieren:

 die DoppelungDoppelung einer Silbe (bit);

 die symmetrische AnordnungAnordnen der beiden gleichen Silben am Anfang und am Ende des Slogans;

 

 die elliptische Formung und dadurch bewirkte Kürze des Satzes (nichtelliptisch könnte der Satz Ich möchte bitte ein Bit. lauten).

Diese Analyse hilft uns dabei, Eigenschaften von StilgestaltenStilgestalt zu erkennen.

1 StilgestaltenStilgestalt setzen sich aus Elementen (GestalteinheitenGestalteinheit) zusammen, z.B. aus Silben und Wörtern.

2 Relationen zwischen den GestalteinheitenGestalteinheit bilden eine GestaltstrukturGestaltstruktur. Diese Struktur wird durch GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren hergestellt, z.B. durch das WiederholenWiederholen und AnordnenAnordnen von Silben oder durch das AuslassenAuslassen von Wörtern.

3 GestaltstrukturenGestaltstruktur verbinden sich mit einer GestaltqualitätGestaltqualität, einem qualitativen Gestaltungszusammenhang, in den sich die GestalteinheitenGestalteinheit einfügen. Solche Qualitäten sind z.B. DoppelungDoppelung, SymmetrieSymmetrie und KürzeKürze.

Alle aufgeführten Teilgestalten stehen in einem übergreifenden Gestaltungszusammenhang. Nimmt man Bezug auf Regularitäten der Werbekommunikation, erkennt man, dass sich alle Teilgestalten in den werbestrategisch bedeutsamen Gestaltungszusammenhang EinprägsamkeitEinprägsamkeit einfügen. Im Unterschied zu den formalen (textinternen) GestaltqualitätenGestaltqualität DoppelungDoppelung, SymmetrieSymmetrie und KürzeKürze ist Einprägsamkeit eine funktionale Gestaltqualität. Sie erfüllt eine kommunikative Funktion. StilgestaltenStilgestalt mit funktionaler Gestaltqualität werden generell von GestaltungsaktenGestaltungsakt hervorgebracht, und so können wir nun auch sagen, dass der Slogan nach dem Muster Einprägsam-Machen gestaltet wurde.

Stellt man sich die Aufgabe, StilgestaltenStilgestalt als ganzheitliche Gebilde zu modellieren, gilt es, das Ganze und seine Teile wechselseitig aufeinander beziehbar zu machen. Wir nennen die beiden Grundkomponenten, aus denen Stilgestalten bestehen, GestaltstrukturGestaltstruktur und GestaltqualitätGestaltqualität (siehe Tab. 5).


GestaltstrukturGestaltstrukturGestaltqualitätGestaltqualität
Formal oder funktional bestimmtes Gefüge aus Elementen (Gestalteinheiten)GestalteinheitFormaler oder funktionalerGestaltungszusammenhang

Tab. 5: Komponenten von StilgestaltenStilgestalt

Es bleibt festzuhalten:

1 StilgestaltenStilgestalt umfassen ein Gefüge aus Elementen, die in einem formalen oder funktionalen Gestaltungszusammenhang stehen. Die Kookkurrenz (das Zusammenvorkommen) von Einzelheiten allein reicht nicht aus, ergibt noch keine Gestalt. Die Kookkurrenz von Einzelheiten erlangt erst dann Gestalthaftigkeit, wenn deren Zusammenvorkommen als ein Zusammengehören oder Zusammenpassen wahrnehmbar gemacht worden ist.

2 StilgestaltenStilgestalt werden sowohl von GestaltungsverfahrenGestaltungsverfahren als auch von GestaltungsaktenGestaltungsakt hervorgebracht.

3 Die unlösbare Verbindung von GestaltstrukturGestaltstruktur und GestaltqualitätGestaltqualität macht StilgestaltenStilgestalt zu wahrnehmbaren und interpretierbaren Texteinheiten. Stilgestalten sind stilistische ZeichenStilzeichen (zum Zeichenbegriff siehe 2.9.1).