Ben Thompson

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Ben Thompson
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Michael Franzen

Ben Thompson

König der Revolvermänner

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Herkunft

Jugend in Texas

Als Indianerkämpfer

Bürgerkriegsjahre

Südlich der Grenze

Verurteilt

Abilene

Desaster in Ellsworth

City Marshal von Austin

Tod in San Antonio

Epilog

Bibliografie

Bereits erschienen

Impressum neobooks

Prolog

Von allen Gunfightern des Wilden Westens erfüllte Ben Thompson alle Voraussetzungen, um bereits zu Lebzeiten eine Legende zu werden und nur wenige seiner damaligen Zeitgenossen, die in Texas beheimatet waren, konnten behaupten, dass sie ein ähnlich dramatisches und abenteuerreiches Leben geführt hatten wie er. Ob nun als Gunfighter, Indianerkämpfer, als Soldat in der konföderierten Armee, Söldner in Mexiko, Spieler, Saloonbesitzer oder als Gesetzeshüter, Thompson stand stets dort seinen Mann, wo die Luft für gewöhnlich am „bleihaltigsten“ war und in einem Duell Mann gegen Mann bewies er ein ums andere Mal, dass er sich und seine Nerven gut im Griff hatte und dabei einen kühlen Kopf bewahrte. So schrieb z. B. Bat Masterson 1907 für die Zeitschrift „Human Life“ sinngemäß über seinen Freund:

Thompson war absolut angstfrei und seine Nerven waren aus feinsten Stahl. In einem Duell schoss er auf einen Gegner mit der gleichen Präzision und Bedachtsamkeit wie auf ein bewegungsloses Ziel. Während seiner Karriere hatte er mehr tödliche Auseinandersetzungen, als jeder andere lebende Mensch und er siegte in allen. Es ist zweifelhaft, ob es zu seiner Zeit einen anderen Mann gab, der ihm in einem Kampf auf Leben und Tod mit der Pistole das Wasser reichen konnte“,

während Thompson das Ganze aus seiner Sichtweise heraus etwas pragmatischer sah und in seinen späteren Jahren einmal meinte:

Ob nun von Natur aus oder auch nicht. Ich bin aus Gewohnheit ein Spieler und bereit, all die Aufregung, die solch ein Leben mit sich bringt, gelassen in Kauf zu nehmen und mich ohne Angst all meinen Widersachern zu stellen und - wenn es nötig ist - auch mit ihnen zu kämpfen. Diesen Weg setze ich wahrscheinlich so lange weiter fort, bis ich irgendwann tot bin.“

Tatsächlich sollte ihn sein ausgeprägter Lebensstil am Ende tatsächlich den Tod einbringen, doch soll dieser Aspekt seines Lebens erst zum Schluss meines Buches näher thematisiert werden.

Zunächst einmal jedoch wollen wir uns näher mit der Lebensgeschichte von Ben Thompsons befassen und folgen daher den längst verwehten Spuren des Mannes, der die Geschichte Amerikas, speziell die des Wilden Westens, zu einem großen Teil mitgeprägt hat und dessen legendärer Ruf sich weit über die Grenzen von Texas hinweg im ganzen Land verbreiten sollte.

Neumünster, im Januar 2022,

- der Autor -

Herkunft

Die Geschichte der Familie Thompson lässt sich bis zurück ins 18. Jahrhundert hinein verfolgen und sie beginnt mit einem Bryan Thompson, der im Jahre 1703 in Hook, Yorkshire, England geboren wurde, wobei die Eltern unbekannt bleiben. Am 08. Februar 1729 heiratete er die am 04. April 1708 in Pontefract, Yorkshire geborene Sarah Hoyland und gemeinsam hatten sie drei Kinder - zwei Söhne und eine Tochter.

Ihr ältester Sohn John, Bens Ururgroßvater also, wurde 1738 ebenfalls in Pontefract geboren, heiratete später seine Frau (bleibt unbekannt) und das Ehepaar bekam 1769 einen Sohn, der ebenfalls in Pontefract geboren wurde und den Namen William erhielt.

Urgroßvater William seinerseits heiratete am 14. Juli 1793 in St. Giles Church, Pontefract, die im Jahre 1771 geborene Elizabeth Martin und ein weiterer Stammhalter, Bens Großvater, der ebenfalls den Namen William erhielt, wurde 1794 in Knottingley, England geboren. Er heiratete 1816 die 1798 in Pontefract geborene Mary Parker.

Die Thompsons entstammten einer langen Reihe von Seefahrern. So besaß Großvater William eine Flotte von acht Sloop-Schiffen, die die Ostküste Englands befuhren und Handelswaren über den Kanal nach Frankreich bis hinunter nach Spanien und von dort Waren wieder zurück nach England beförderten. Als ehemaliger Master Mariner führte William danach einen Lebensmittelhandel bei Shepard's Bridge in Knottingley.

Wie Großvater William, war auch Bens Vater William Jr. ein Master Mariner, ein Kapitän, der Anteile an dem Handelsschiff, der „Providence“ besaß. Er wurde am 17. Dezember 1816 in Hull, Yorkshire geboren und heiratete die am 30. Juni 1813 in Grantham, Lincolnshire, England geborene Mary Ann Baker. Die Ehe wurde am 21. Oktober 1840 ebenfalls in der St. Giles Church in Pontefract vollzogen.

Das Ehepaar bekam insgesamt fünf Kinder, wovon vier in Knottingley geboren wurden. Der älteste Sohn und Hauptfigur dieses Buches Benjamin „Ben“ Thompson wurde am 02. November 1843 geboren. Ihm folgten am 28. August 1845 noch der jüngere Bruder William „Billy“, sowie die drei Töchter Mary Jane (03. März 1848), Sarah (22. August 1850) und Frances Eleonora, genannt „Fanny“, die später am 21. März 1858 in Austin, Texas das Licht der Welt erblicken sollte.

Im Juni 1850 begann Bens Vater, der dem Alkohol mehr zugetan war, als es ihm guttat, an einer Krankheit zu laborieren und er war zunehmend entschlossen, zusammen mit seiner Familie nach Texas hin auszuwandern, wohin es bereits 1840 Mary Ann Bakers älteren Bruder William zusammen mit seiner Frau Matilda und deren sechs Kinder verschlagen hatte. Sie hatten New York verlassen und waren nach Texas gezogen, wo sie sich eine Meile außerhalb von Austin angesiedelt hatten.

Zwei Monate bevor in London die erste Weltausstellung seine Tore für die Besucher aus aller Welt öffnen sollte, verkaufte William im März 1851 seine Beteiligung an dem Segler „Providence“ und begann mit den Vorbereitungen für die Auswanderung nach Texas. Im Sommer 1852 war es schließlich so weit und die Familie bestieg in Liverpool das Dampfschiff „Granada“, das sie über den Atlantik hinweg am 16. Juli 1852 nach New Orleans, Louisiana brachte. Von dort ging es weiter zur texanischen Hafenstadt Galveston im Golf von Mexiko und dann landeinwärts über Houston und Bastrop, bis sie im Spätherbst 1852 schließlich Austin erreichte, wo ein weiteres, neues Kapitel im Leben der Familie Thompson aufgeschlagen werden sollte.

Jugend in Texas

Als ehemaliger Seemann blieb William Thompson sich und dem Wasser treu und um für seine Familie zu sorgen, betätigte er sich am Colorado River als Fischer, wobei ihn seine beiden Söhne tatkräftig unterstützten. Während Ben mit einem Fuhrgespann durch die Straßen von Austin rollte, um die Einwohner der Stadt mit Trinkwasser zu versorgen, half Billy dabei, den täglichen Fang seines Vaters an die verschiedenen Hotels, Restaurants und Herbergen in Austin zu verkaufen. Später jedoch bekam William eine Anstellung als Buchhalter bei der Firma „Sampson & Hendrick's Dry Good Store“, um dort sein Geld zu verdienen, während seine Söhne dank der finanziellen Unterstützung des Rechtsanwalts und ehemaligen Veteran des Krieges mit Mexiko, Colonel John A. Green, die örtliche Schule besuchten, wo Ben ein oder zwei Jahre lang die Schulbank drückte, bevor er eine Arbeit als Druckergehilfe fand und dort alle Aufgaben erledigte, die von den sogenannten „Druckerteufeln“ gemacht werden mussten. Vom Mischen der Tinte in Wannen bis hin zum Setzen der Bleiletter u. a. Hilfsarbeiten reichte sein Betätigungsfeld, wobei Ben, wie auch später sein Bruder Billy, für verschiedene Zeitungen arbeitete, darunter auch John S. „Rip“ Fords „State Times.“

Neben ihrer Beschäftigung als Druckergehilfen übten sich Ben und Billy bereits früh im Umgang mit Spielkarten und Waffen, was in Texas zur damaligen Zeit an sich nicht sonderlich ungewöhnlich war, bedenkt man, dass immer noch wilde Banden von Comanchen durch das Land zogen, die emsig bestrebt waren, die Weißen so rasch als möglich wieder von ihrem Gebiet zu vertreiben.

Bereits im zarten Alter von 14 Jahren war Ben dann auch bereit gewesen, eine Waffe zu benutzen, als er am 13. Oktober 1858 sein erstes Duell bestritt, so man es denn als ein solches bezeichnen mag. Der Austin „Southern Intelligencer“ berichtete unter der eher spartanischen Überschrift „Shooting“ über dieses Ereignis, wonach Ben mit einem Farbigen namens James oder Joe Smith in Streit geriet. Dieser hatte Ben beleidigt und ihm dabei einige unschöne Wörter an den Kopf geworfen. Sie mussten am Ende ausgereicht haben, um Ben derart zu reizen, dass er eine Flinte nahm und dem fliehenden Smith eine Ladung Schrot hinterherschoss. Zu dessen und am Ende auch Bens Glück, enthielt die Patrone „nur“ sogenanntes Vogelschrot vom kleinen Kaliber, das Smith in den Rücken und Armen traf, wobei zwei oder drei Kugeln auch seinen Kopf penetriert hatten. Die meisten Wunden waren daher nur oberflächlich, aber in jedem Falle sehr schmerzhaft für Smith gewesen, doch er kam relativ glimpflich davon und sollte das Ganze am Ende überleben. Für Ben allerdings hatte seine (Un)Tat ein Nachspiel, denn er wurde sogleich in Gewahrsam genommen und zu der ganzen Sache verhört, bevor er dann vorläufig wieder auf freiem Fuß gesetzt wurde. Da er jedoch schon vorher auf die eine oder andere Art in Austin auffällig geworden war, beschloss man, ein Exempel an ihm zu statuieren. So wurde er abermals verhaftet und erst gegen die Hinterlegung einer Kaution von 300 Dollar wieder auf freiem Fuß gesetzt. Am 06. Dezember 1858 wurde er vor die Grand Jury von Travis County gestellt, die von 17 Bürgern gebildet und von Richter Alexander Watkins Terrell geleitet wurde, während der Bezirksstaatsanwalt A. D. McGinnis die Anklage vertrat. Am Ende der Verhandlung bekam Ben eine Geldstrafe von 100 Dollar aufgebrummt und musste für 60 Tage ins Gefängnis, wo er einem Mitgefangenen beim Kartenspiel sogleich dessen gesamte Barschaft in Form einiger Juwelen abnahm, die dieser statt Geld als Spieleinsatz gesetzt hatte. Nachdem rund 70 Bürger eine Petition beim Gouverneur von Texas, Hardin R. Runnels, eingereicht hatten, wurde Ben am Ende, auch in Hinblick auf sein jugendliches Alter, begnadigt und lediglich zur Übernahme der Prozesskosten verurteilt.

 

Bei einer weiteren Schießerei, die 1859 stattgefunden haben soll, war Ben mit mehreren Altersgenossen auf der Jagd nach Wildgänsen unterwegs. Am Colorado River teilte sich die Gruppe schließlich auf und legte sich auf beiden Seiten des Flusses auf die Lauer. Als tatsächlich ein Schwarm Gänse auftauchte, schossen die Jungs am anderen Flussufer zu früh und die Gänse flogen, erschrocken über die Ballerei, auf und davon, während sich beide Lager gegenseitig beschimpften und danach begannen, mit ihren Schrotflinten aufeinander zu schießen. Am Ende einigte sich Ben mit dem Anführer der anderen Gruppe, die ganze Angelegenheit in einem Duell auszufechten und sie stellten sich dazu ca. 20 m voneinander auf, bevor sie mit ihren Schrotflinten aufeinander feuerten. Beide trugen Verletzungen davon, doch Bens Gegner traf es dabei ungleich schwerer, denn er wurde schwer verwundet und musste von seinen Kumpels nach Hause getragen werden.

Auch wenn bei den beiden Schießereien niemand getötet wurde, so hatte Ben Thompson bereits in jungen Jahren bewiesen, dass er mit einer Waffe umzugehen verstand und dass er sie, wenn nötig, auch gegen einen Menschen einsetzte, ohne über die Folgen seines Tuns groß nachzudenken.

Bei einem ähnlichen Ereignis soll sich Ben einem Aufgebot angeschlossen haben, um fünf Kinder zu befreien, die am Stadtrand von Austin von einer Bande Comanchen entführt worden waren. Die Weißen legten sich in einen Hinterhalt und als die Indianer in die Falle ritten, eröffneten sie das Feuer, wobei Ben den Anführer der Indianer mit einem Gewehrschuss ins Herz vom Pferd geholt haben soll. Danach zog er seine Pistole, um sich in den Kampf zu stürzen. Vier der fünf Kinder konnten am Ende befreit werden und Ben hatte damit seine erste Feuertaufe als Indianerkämpfer bravourös bestanden.

Im Jahre 1860 lernte Ben den 47-jährigen Buchbinder Samuel Webster Slater kennen und nahm die Einladung an, in seinem Verlag in New Orleans erneut als Drucker zu arbeiten. Es entwickelte sich sogar eine Freundschaft zwischen den beiden Männern.

Auch in New Orleans geriet Ben bald in einen weiteren Schusswechsel, als er, während Slaters Abwesenheit, einen Ladendieb dabei ertappte, wie er einige Sachen aus dem Bücherladen mitgehen ließ. Er stellte diesen daraufhin zu Rede und befahl ihn, die Sachen sofort wieder zurückzulegen. Der Dieb ignorierte ihn jedoch und nahm stattdessen weitere Dinge an sich, woraufhin Ben am Ende seine Pistole zog, schoss und den Räuber dabei leicht verwundete, woraufhin dieser schnell seine Beine in die Hand nahm und Hals über Kopf das Weite suchte. Erneut landete Ben vor Gericht, doch als alle Fakten dieser erneuten Schießerei auf dem Tisch lagen, wurde die Anklage gegen ihn schließlich fallengelassen.

Als Typensetzer arbeitete Ben u. a. beim „True Delta“, eine der zu der Zeit prominentesten Zeitungen in New Orleans, die auf eine ihrer Seiten von Kalifornien und den dortigen Goldfunden berichtete. Ben ließ sich daraufhin ebenfalls vom Goldfieber anstecken und er beschloss, New Orleans in Kürze wieder zu verlassen, um nach San Francisco zu ziehen. Er sparte einige Monate lang einen Teil seines Lohnes und kaufte sich damit eine Fahrkarte auf einem Dampfschiff der „Pacific Steamship Company“, um in den Westen zu gehen. Dieses Unterfangen kam jedoch am Ende nicht zustande, denn durch irgendeinen Umstand verpasste Ben sein Schiff und er bestieg eine Pferde- oder dampfbetriebene Straßenbahn, die es seit dem 13. Januar 1835 bereits in New Orleans gab, um zu seiner alten Arbeitsstätte zurückzukehren.

Während dieser Fahrt kam es - wieder einmal, ist man geneigt an dieser Stelle zu sagen - zu einer Auseinandersetzung zwischen seiner Person und einer Gruppe junger Franzosen und nachdem einer von ihnen, ein Mann namens Emil de Tour, der an diesem Tage bereits zu tief ins Rotweinglas geschaut hatte, eine junge Frau belästigte und sie dabei unsittlich berührte, kam Ben der Frau schließlich zur Hilfe und stellte de Tour zur Rede. Ein Wort gab schließlich das andere, bis de Tour Ben schließlich ins Gesicht schlug. Ben zückte daraufhin sein Messer und stach es de Tour in dessen Seite. Nun floss Blut, woraufhin de Tours Freunde ihre bis dahin versteckt gehaltenen Messer hervorholten, um Ben damit zu attackieren. Ben selber sah sich angesichts dieser Übermacht genötigt aus der Bahn zu springen und davonzueilen, womit die Sache für ihn vorerst erledigt war. Doch es sollte nicht dabei bleiben, denn de Tour erholte sich bald darauf wieder und er forderte Ben zu einem Duell heraus, wobei er als Waffe das Messer wählte. Ben akzeptierte das, doch er bestimmte seinerseits, dass der Kampf in einem abgedunkelten Raum stattfinden sollte. De Tour erklärte sich am Ende damit einverstanden und der Kampf fand tatsächlich so statt. Als sich die beiden Kontrahenten alleine in dem Raum befanden, fragte Ben in die Dunkelheit hinein, ob er bereit wäre? De Tour reagierte sofort und stach mit seinem Messer in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, doch Ben war da bereits zur Seite getreten, sodass de Tours Stoß ins Leere ging und er durch seinen eigenen Schwung dabei ins Straucheln geriet. Ben konterte sofort mit seinem eigenen Messer und fügte dem Franzosen eine tödliche Stichverletzung zu. Danach verließ er den Raum, um sich mit seinen Freunden zu treffen. De Tours Anhänger riefen nach Rache und die Polizei von New Orleans begann wenig später nach Ben zu suchen, der sich bald darauf im sizilianischen Teil der Stadt versteckt hielt. In der Nacht überquerte er den Mississippi River und fand zunächst Unterschlupf in Algiers, einem Hafengebiet für Flusspiraten und andere Kriminelle, wohin selbst die Polizei von New Orleans sich nicht hinein getraute. Bald darauf hatte sich Ben dort ein Maultier organisiert, um auf ihm reitend, die Stadt und Louisiana zu verlassen und nach Austin zurückzukehren.

Als Indianerkämpfer

Sicher nach Austin zurückgekehrt, nahm Ben seine alte Tätigkeit wieder auf und erhielt eine Arbeit als Schriftsetzer beim „Southern Intelligencer.“

Es waren harte Zeiten für Texas gewesen, denn immer wieder überfielen die Comanchen weiße Ansiedlungen, wobei sie mordend und brandschatzend durch das Land zogen, während die Texaner als Vergeltung Dörfer der Comanchen angriffen und wahllos deren Bewohner - ob Mann, Frau oder Kind - töteten bevor sie anschließend deren Behausungen niederbrannten. So drehte sich die Spirale der gegenseitigen Gewalt stetig weiter, während die texanischen Siedler, die nur wenig Schutz von der Regierung erwarten durften, frustriert ihren amtierenden Gouverneur Hardin Richard Runnels abwählten und ihn am 21. Dezember 1859 durch den ehemaligen Freiheitskämpfer und Präsidenten der Republik Texas Samuel „Sam“ Houston ersetzten.

Um erfolgreich gegen die Indianer vorgehen zu können, stellte Houston drei neue Ranger-Verbände auf, wovon eines von dem ehemaligen Indianerkämpfer Edward Burleson Jr. befehligt wurde. Am 04. Januar 1860 trat er sein Kommando an und begann sogleich damit, Freiwillige zu rekrutieren, um gegen die Comanchen vorgehen zu können. Als Ben davon erfahren hatte, kündigte er seinen Job beim „Intelligencer“ und meldete sich bei Burlesons Kommando.

Der Captain führte seine Männer zunächst nach Süden und suchte dort das Gebiet entlang des Nueces River nach feindlichen Indianern ab, fand dort aber keine Spur von ihnen. Danach führte Burleson seine Armee rund 320 km weit nach Norden, wo er zwischen dem nördlichen Arm des Concho und dem Red Fork des Colorado River ein provisorisches Basiscamp errichtete, damit sich sein Bataillon dort die nächsten zehn Tage lang erholen konnte. Am dritten Tag nach ihrem Aufbruch, nahm Burleson Ben beiseite und trug ihm auf, sich mit einem weiteren Kundschafter auf dem Weg zu machen, um das Gebiet, was noch vor ihnen lag, zu erkunden. Ben wählte dafür den 21-jährigen Samuel Stone Hall aus, der auch als „Buckskin Sam“ bekannt gewesen war. Jeweils mit einem Henry-Gewehr, einem Hinterlader-Unterhebelrepetiergewehr mit einem 44er Kaliber, das 16 Patronen im Magazin fasste, sowie jeweils zwei Revolvern ausgerüstet, machten sich die beiden Männer auf den Weg, um das Terrain zu erkunden. Ben berichtete später, dass er und Sam dabei auf eine riesige Bisonherde mit Tausenden von Tieren trafen, und mitten unter ihnen befanden sich an die 100 Comanche-Krieger. Ohne es zu ahnen, waren die beiden Männer plötzlich in eine indianische Bisonjagd geraten und als die Krieger die beiden Weißen bemerkten, ließen sie von der Jagd ab und beschlossen kurzerhand, den beiden die Pferde und ihre Waffen abzunehmen. Sie begannen mit der Verfolgung, während Ben und Sam nun gezwungen waren, um ihr Leben zu reiten. Ihre Chancen zu entkommen verschlechterten sich noch dadurch, dass einer der Bisons Bens Pferd touchierte und es in Folge langsamer werden ließ. Als sich ein halbes Dutzend Comanchen gefährlich nahe auf ihren schnellen Pferden genähert hatten, saßen die beiden ab und nahmen ihre Henry-Gewehre in die Hand. Sie jagten eine Kugel nach der anderen in Richtung der Angreifer, die über diese Feuerkraft sichtlich irritiert waren. Sie parierten ihre Pferde und Ben und Sam nutzten dieses aus, um sich wieder in ihre Sättel zu schwingen und die Flucht weiter fortzusetzen. Bens Pferd war so gut wie am Ende und schließlich strauchelte es und stürzte zu Boden. Sam stieg daraufhin ebenfalls von seinem Pferd und beide Männer verteidigten ihre Position auf einer kleinen Anhöhe, wobei sie sich die weiterhin angreifenden Indianer dank ihrer Henry-Gewehre vom Leibe hielten. Pfeile flogen über sie hinweg oder bohrten sich gefährlich nahe ihrer Position in den Prärieboden. Als alles so aussah, als ob sie am Ende doch noch von den Kriegern überrannt würden, kam ihnen zum Glück Captain Burleson mit einigen seiner Männer zur Hilfe. Die Comanchen wandten sich daraufhin endgültig zur Flucht und taten danach das, was sie vorher auch bereits getan hatten - weiterhin die Bisons jagen. Sam war am Arm und am Bein verwundet worden, während Ben dadurch, dass er sich zu oft nach den Indianern hinter sich umgesehen hatte, eine Überdehnung seines Nackenmuskels erlitten hatte, sodass er während der nächsten zwei Monate seinen Kopf nicht mehr richtig in alle Richtungen bewegen konnte. Ansonsten war Burlesons Feldzug eher ein militärischer Reinfall gewesen und nach seiner Rückkehr wurde sein Kommando am 07. September 1860 offiziell wieder aufgelöst.

 

Während Ben, dem das Schicksal eines einsamen Holzkreuzes inmitten der Prärie an jenem Tage erspart geblieben war, unter Burlesons Kommando diente, beschloss Vater William, die Familie und Texas für immer zu verlassen, um wieder nach England zurückzukehren. Die Gründe dafür kennt man nicht genau. Möglicherweise trieben ihn geschäftliche Angelegenheiten, die geregelt werden mussten, wieder zurück ins Königreich, vielleicht wollte er in Knottingley seine jüngeren Brüder besuchen oder aber die Sehnsucht nach dem Meer trieb ihn von seiner Familie fort. Seine Tochter Mary Jane sprach in ihren späteren Jahren einmal davon, dass ihr Vater nach England zurückkehrte, um sich dort um irgendwelche Eigentumsverhältnisse zu kümmern und sich erneut ein Schiff zu kaufen, auf dem er als Kapitän Handelsreisen zwischen Liverpool und Pensacola in Florida unternahm. Dort erkrankte er dann am Gelbfieber, verstarb daran (1865?) und wurde auf hoher See bestattet. Tatsächlich weiß man nichts Genaueres über seine wahren Beweggründe, außer dass er wieder zur See fuhr und nie wieder zu seiner Familie nach Austin zurückkehrte.

Ben, als Ältester war nun für seine Mutter und seine jüngeren Geschwister verantwortlich. Nachdem er sich entschieden hatte, erneut als Drucker zu arbeiten, ging er daneben weiter seinem Spieltrieb nach, riskierte dabei aber zumeist nur kleinere Einsätze. Doch er spielte sehr gut und er gewann Geld, was ihn ermutigte, in dieser Form weiterzumachen. Nicht nur als Spieler, sondern auch als Bankhalter oder Monte-Dealer außerhalb des eigenen Spiels, was ihm aber ein sicheres, weiteres Gehalt einbrachte. Ben wandelte sich von der Zeit an mehr und mehr zu einem professionellen Gambler und er vereinte alle Fähigkeiten, die einen erfolgreichen Spieler am Ende ausmachten. Er spielte diszipliniert, hatte vor nichts und niemanden Angst, war fair, auch wenn er verlor, hatte Humor, war höflich und zuvorkommend und was besonders wichtig war, er trank keinen Alkohol, wenn er spielte. Ben hatte also das Glücksspiel für sich entdeckt und das Glücksspiel hatte am Ende ihn entdeckt. Es sollte ihm für den Rest seines Lebens ein treuer Begleiter bleiben.

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