Ghost

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Aus der Reihe: Alien Breed Series #32
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Contents

Titel

Copyright

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Epilog

GHOST

Alien Breed Series Buch 32

Melody Adams

Science Fiction Romance

GHOST

Alien Breed Series Buch 32

Melody Adams

Deutsche Erstausgabe 2020


Love & Passion Publishing

www.lpbookspublishing.com

request.lp.publishing@gmail.com

copyright © 2020 by Melody Adams

Melodyadamsnovels@gmail.com

© Cover Art by CMA Cover Designs

cmacoverdesigns@gmail.com

Alle Rechte vorbehalten.

Alle Personen und Gegebenheiten in diesem Buch sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Als Ghost Samira zum ersten Mal begegnet, ist er sich sicher, dass sie seine Gefährtin ist. Und obwohl auch sie durchaus Interesse an ihm zu haben scheint, weiß Ghost dass es schwer werden wird, die zurückhaltende junge Frau für sich zu gewinnen. Zum einen ist da ihre religiöse Erziehung, die sie in ihren Fesseln hält. Zum anderen ihr bestimmender Bruder, der eine solche Beziehung niemals zulassen würde. Gibt es für Samira und Ghost dennoch eine Chance auf Glück?

Ihr ganzes Leben ist Samira hin und her gerissen zwischen ihrem Glauben und dem rebellischen Wunsch nach Freiheit und Normalität wie alle anderen Frauen um sie herum sie zu haben scheinen. Samira weiß, ihr Bruder und seine Männer sind nicht auf Eden, um zu helfen, sondern um einen finsteren Plan auszuführen. Die Alien Breeds sind die Geschöpfe satanischer Experimente. Doch als Samira auf Ghost trifft, stellt er mit seiner sanften Art ihr ganzes Weltbild auf den Kopf. Was tun, wenn man nicht mehr weiß, was richtig und was falsch ist? Was Wahrheit ist oder einfach nur geschickte Manipulation?

Ein Wort von der Autorin

Liebe/r Leser/in

Bevor du dich auf die Reise nach Eden begibst, um Samira und Ghosts Geschichte zu lesen, möchte ich ein paar Worte loswerden. Wenn du die Alien Breeds schon länger verfolgst, wirst du wissen, dass ich in einigen früheren Büchern bereits christliche Extremisten hatte, die es auf die Alien Breeds abgesehen hatten. Nun, ich dachte, es wäre nur fair, auch einmal islamistische Extremisten in einem meiner Bücher zu haben. Nun weiß ich, wie empfindlich viele heutzutage bei diesem Thema sind. Dies ist KEIN politisches Buch. Doch wie schon erwähnt, habe ich zuvor christliche Extremisten in meinen Büchern gehabt und nun sind es eben islamistische Extremisten. Ebenso wie es jedem klar sein sollte, dass nicht alle Christen Extremisten sind, nur weil welche in meinen Büchern vorkamen, sollte hoffentlich auch jedem klar sein, dass nicht alle Moslems extremistisch sind, nur weil diesmal Moslem als Extremisten in meinem Buch eine Rolle spielen. Ich hoffe, alle meine Leser sind in der Lage, diese einfache Logik zu verstehen. Falls du jedoch wider Erwarten zu denen gehörst, die gerne mit Worten wie Islamophobe, Brauner, Rechter, Rassist etc um sich schmeißen, wenn immer jemand das Thema Islamisten anspricht, dann lese bitte nicht weiter. Erspare dir und mir die Unannehmlichkeiten. E-Books können binnen 7 Tagen nach Erwerb zurückgegeben werden.

Allen anderen wünsche ich viel Spaß mit Samira und Ghost und natürlich mit all den anderen bunt gemischten Bewohnern von Eden.

Danke

Eure Melody

Prolog


Samira

5 Monate zuvor

Ahmed und seine Männer gaben sich keine Mühe, leise zu sein. Warum auch? Ahmed glaubte, seine kleine Schwester würde brav im Bett liegen, wie er es befohlen hatte. Und selbst wenn ich etwas hören sollte, so wusste er, dass ich meinen Mund halten würde. Widerworte waren mir nicht erlaubt. Eigene Gedanken, eine eigene Meinung? Nicht erlaubt. Ich hatte zu tun, was mein Bruder sagte. Er war das Oberhaupt der Familie und ich war – nur eine Frau. Dass ich studiert hatte, dass ich einen wachen Verstand besaß, war nicht relevant. Ich war und blieb – nur eine Frau. Ich hasste es, dass ich als Frau geboren war. Männer hatten alle Vorteile. Nun, zumindest in meiner Welt. Ich wusste, nicht alle muslimische Familien waren wie meine. Doch das waren schlechte Muslime. Männer und Frauen, die das Wort des Propheten nicht ernst nahmen. Das war zumindest, was mir beigebracht wurde. Ich musste an meiner Demut arbeiten und glücklich sein mit dem Platz, der mir in der Welt gegeben wurde. Ich musste zufrieden sein, dass mein Bruder für mich sorgte und mich beschützte vor dem Übel in dieser Welt. Es war nur manchmal so schwer. Mein cleverer Kopf war manchmal ein Fluch, denn er ließ mich von der Wahrheit abschweifen und ich bekam unsinnige Ideen, die verwerflich waren. Ich betete oft, dass Allah mich ignorant machte, dass ich es einfacher hatte, mich in meine Rolle zu fügen. Wenn es nur nicht so hart wäre. Wie jetzt. Hier saß ich, auf den Stufen der Treppe und lauschte, was Ahmed und die anderen Männer in der Küche beredeten, wenn ich wusste, dass ich dem Wort meines Bruders gehorchen, und in meinem Zimmer schlafen sollte. Doch ich wusste, dass etwas Großes in Planung war und die Neugier fraß mich seit Tagen auf. Ich musste wissen, was mein Bruder und die Männer planten.

„Dies ist unsere Chance, etwas dazu beizutragen, diese gottlosen Tiere zu zerstören“, sagte Ahmed hitzig. Selbst ohne ihn zu sehen, wusste ich, dass seine Augen mit einem irren Licht funkelten, als er sprach. „Jetzt, wo die Tiere Öl auf ihrem Planeten gefunden haben, werden sie Experten für die Förderung brauchen. Wir müssen nur sicherstellen, dass WIR für diese Aufgabe angeworben werden.“

„Aber wie willst du Waffen nach Eden schmuggeln?“, warf Ali ein.

„Lass das nur meine Sorge sein“, bellte Ahmed, wütend, dass Ali seinen großen Plan infrage gestellt hatte.

Schweigen herrschte. Keiner der Männer würde es wagen, ihr Wort zu erheben, solange mein Bruder nicht gesprochen hatte. Sie warteten. Mein Herz klopfte schneller. Ich hatte eine Vorstellung, wovon Ahmed gesprochen hatte, seit er Eden, den Planeten der Alien Breeds, erwähnt hatte. Ich wusste, wie sehr mein Bruder die Alien Breeds hasste, denn sie waren Geschöpfe Satans. Mein Bruder hasste alle, die nicht fromme Muslime waren. Doch die Breeds hasste er mehr als alle anderen. Sogar mehr als die Juden und das wollte etwas heißen. Ich würde niemals zugeben, dass ich die Alien Breeds auf eine unerklärliche Weise faszinierend fand. Es war Sünde, so etwas zu denken. Ich sollte den Hass meines Bruders teilen. Die Erschaffung der Hybrids war eine Sünde. Nur Allah konnte erschaffen. Es stand uns Menschen nicht zu, Gott zu spielen. Da mein Bruder alles was mit den Breeds zu tun hatte, genauestens verfolgte, war auch ich stets im Bilde, was vor sich ging. Ich wusste, dass viele menschliche Frauen Gefährtinnen von Breeds geworden waren. Es sollte Widerwillen in mir erzeugen, dass diese Frauen sich mit diesen Tieren paarten. Doch ein kleiner Teil von mir war neidisch auf das, was diese Frauen hatten. Die Breeds behandelten sie wie Prinzessinnen. Diese Frauen genossen eine Freiheit, die ich niemals haben würde. Und ihre Partner taten alles für sie und beschützten sie. Ich bezweifelte, dass ein Breed jemals die Hand gegen seine Gefährtin erheben würde. Ich wünschte, ich hätte solch einen Mann in meinem Leben. – Nein! Ich durfte so nicht denken. Das war Sünde. Nicht nur, dass es gegen meine Rolle als Frau verstieß, wenn ich mir diese Art von Beziehung und Freiheit wünschte, die Breeds waren keine Menschen und sie waren Ungläubige. Mein Bruder würde mich mit einem Mann nach seiner Vorstellung vermählen. Ein Mann, der wie Ahmed, in festem Glauben war. Kein Ungläubiger, nicht einmal ein gemäßigter Moslem, würde als mein Gatte infrage kommen. Ich musste mich glücklich schätzen, wenn der Mann, den Ahmed für mich erwählen würde, mich weiter arbeiten ließ und mich nicht zu brutal behandelte. Ich wusste, wie Ahmed seine Frau Fatima behandelte. Sie war still und demütig und doch fand mein Bruder immer einen Grund, sie zu schlagen und zu demütigen. Selbst jetzt, wo sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war, verschonte er sie nicht. Ich betete, dass sie diesmal einen Sohn zur Welt bringen würde. Ahmed war nach der Geburt seines ersten Kindes bitter enttäuscht gewesen, dass es nur ein Mädchen war. Er hatte seine Wut und Enttäuschung an Fatima ausgelassen. Wenn er gewusst hätte, dass sie mit einem Mädchen schwanger war, hätte er ihr das Kind wahrscheinlich aus dem Leib getreten. Doch da er gegen Schwangerschaftsvorsorge war, hatte Fatima niemals einen Ultraschall gehabt. Selbst die Geburt hatte hier zu Hause und nicht in einem Krankenhaus stattgefunden. Tante Isa hatte Fatima durch die Geburt geholfen. Männer hatten bei einer Geburt nichts zu suchen. Auch nicht, wenn es ein Arzt war. Eher würde Ahmed seine Frau und sein Kind sterben lassen, als dass er zulassen würde, dass ein Arzt seine Frau anfasste. Selbst eine weibliche Ärztin würde er anlehnen, wenn sie ungläubig war. Dies waren Dinge, die ich nur schwer verstehen konnte. Verhalten wie dieses brachte mich immer wieder dazu, meinen eigenen Glauben infrage zu stellen. Oder zumindest, was Ahmed und seine Anhänger aus dem Glauben gemacht hatten. Ich hatte niemals einen vollständigen Koran in die Hände bekommen. Die Alte, welche mich unterrichtet hatte, hatte nur von meinem Vater – und später von Ahmed – abgesegnete Verse benutzt, um mir beizubringen, was von mir als Frau erwartet wurde. Ich konnte nicht einmal sagen, ob diese Verse wirklich so im Koran standen. Ich hatte nie Arabisch gelernt. Ich hätte einen Koran in Englisch in der Universitätsbücherei lesen können, doch Ahmed hatte mich gewarnt, dass die Übersetzungen falsch waren. Nur ein arabischer Koran beinhaltete die richtigen Verse in reiner Form. Dies könnte ich natürlich nur nachprüfen, wenn ich beide Versionen vergleichen könnte. Was ich nicht konnte. Also musste ich hinnehmen, was man mich gelehrt hatte. Doch manchmal fiel mir das unendlich schwer. Da war ein rebellischer Geist in mir. Entweder würde dieser rebellische Geist mich eines Tages von den Fesseln der Familie erlösen oder es würde mich zu ewigem Höllenfeuer verdammen. Ich hatte Angst, mein Bruder könnte recht haben. Dass meine Zweifel und meine unreinen Gedanken mich verdammen könnten.

 

„Wir besprechen den Plan, wenn wir die Zusage für den Job bekommen haben“, sagte mein Bruder schließlich und riss mich aus meinen Gedanken. „Bis dahin macht weiter damit, gute Muslime anzuwerben, und für unsere Sache zu interessieren.“

Die Männer murmelten ihre Zustimmung und ich wusste, sie würden jeden Moment die Küche verlassen. Es war Zeit für mich, von hier zu verschwinden, ehe Ahmed herausfand, dass ich gelauscht hatte.

Kapitel 1


Samira

Gegenwart

Eden war wirklich das Paradies. Alles war so unberührt. Keine Hochhäuser, keine überfüllten Straßen und Abgasgerüche. Ja, wir hatten moderne Technologien hier, doch sie waren unauffällig. Irgendwann würde es sicher auch hier mehr industrialisiert und stärker bevölkert werden, doch für den Moment fühlte es sich beinahe an wie eine Reise zurück in die Zeit. Ich musste aufpassen, mir vor Ahmed und seinen Männern nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich Eden und ihre Bewohner beeindruckten. Alle hier waren so freundlich und offen. Ich hielt meinen Blick stets gesenkt und gab mir Mühe, keinem Mann in die Augen zu sehen. Ahmed würde es mich bitter büßen lassen. Doch ich zeigte auch den Frauen die kalte Schulter. Ich durfte keine Freundschaft mit Ungläubigen schließen. Zudem würde es meinen Teil des Plans noch schwerer machen, wenn ich mir erlauben würde, auch nur eine Person hier zu mögen. Wenn Ahmed seinen Plan ausführte, dann würde es Tote geben. Mein Bruder würde versuchen, die Zahl so hoch wie möglich anzuvisieren. Ich hatte Ahmed vor meiner Abreise gefragt, wie er plante, uns heil hier raus zu bringen, wenn alles vorbei war, doch er hatte mir keine Antwort gegeben. Er hatte nur gesagt, alles läge in Allahs Hand. Das hatte mir deutlich gemacht, dass er nicht damit rechnete, dass wir jemals lebend hier rauskommen würden. Wir würden als Märtyrer sterben. Nicht, dass mich jemand gefragt hatte, ob ich mein Leben für die Sache geben wollte. Ich war ohnehin nur eine Frau. Wenn Ahmed nicht einmal seinen Männern eine Wahl gab, warum sollte er mir eine geben? Nun, ein Gutes hatte es zumindest. Ich würde niemals an einen Mann vermählt werden, der mich wie ein Stück Vieh behandeln würde. Ich würde als Jungfrau sterben. Rein und unberührt und hoffentlich das Paradies sehen. Ein Teil von mir wünschte, ich könnte wenigstens einmal erleben, wie es sich anfühlte, mit einem Mann zusammen zu sein, ehe ich starb. Aber es müsste ein sanfter, zärtlicher Mann sein, der mich als eine Partnerin sah und nicht als ein Stück Fleisch, welches seiner alleinigen Befriedigung diente. Ich seufzte. Als wenn das jemals geschehen würde. Selbst wenn Ahmed uns irgendwie heil zurück zur Erde bringen würde, so würde ich mit einem Mann verheiratet werden, der genauso dachte und handelte wie mein Bruder. Er würde keine zärtliche Liebe machen. Er würde sich ohne Rücksicht nehmen, was ihm zustand. Laut Ahmed und meiner Koranlehrerin war es für Frauen eine Sünde, Lust zu empfinden. Lust war nur für einen Mann bestimmt. Frauen sollten Schmerz empfinden, denn Eva hatte mit ihrer Sünde alle Frauen auf Ewigkeit verdammt. Wir mussten schmerzhafte Regelblutungen, schmerzhaften Sexualverkehr und schmerzhafte Geburten aushalten, um uns von der Sünde rein zu waschen. Und wenn ein Mann uns schlug, dann war es nur zu unserem Besten. Das Problem war, dass es schwerer und schwerer wurde, diese Lehren als Wahrheit zu akzeptieren. Was für ein Gott verdammte ein ganzes Geschlecht? Was konnte ich für die Sünden einer Frau, die vor Tausenden von Jahren gelebt hatte? Es erschien so unfair.

Denk nicht so, sagte eine ängstliche Stimme in meinem Kopf. Du versündigst dich mit diesen Gedanken.

Wer sagt, dass es wirklich Sünde ist? Wer sagt mir, dass Ahmed mir die Wahrheit gepredigt hat? Ist es nicht eher unwahrscheinlich, dass die Mehrheit der Menschheit verdammt sein soll? Können so viele Menschen falsch liegen? Was, wenn Gott von uns Frauen gar nicht verlangt, dass wir uns so behandeln lassen? Was, wenn er uns Frauen genauso liebt wie die Männer?

Das ist Blasphemie! Stopp! Du riskierst deine Seele mit diesen Gedanken.

Ich stand von meinem Bett auf und ging in dem kleinen Raum auf und ab. So viele Jahre des Zweifelns. So viele Gedanken, die mich um den Verstand zu bringen drohten. Ich wünschte, ich wäre einfacher gestrickt und könnte mein Schicksal einfach hinnehmen. Wie Fatima. Ich blieb vor dem Fenster stehen und starrte sehnsüchtig nach draußen. Es war bereits dunkel, doch die Lichter von den Häusern und ein paar Laternen gaben genügend Licht, um die Umrisse der Siedlung auszumachen. Ahmed und seine Männer waren in ihren Zimmern. Sie gingen meist frühzeitig zu Bett. Sie würden nicht zu dem Clubhouse gehen, wo sich die Breeds und hier lebenden Menschen abends auf einen Drink trafen. Alkohol war verboten. Und Bars waren ein Ort der Sünde und der Laster. Ich war niemals in einer Bar gewesen. War niemals zu einer Party gegangen. Alles, was ich kannte, war studieren und dann direkt nach Hause. Nach dem Studium war es Arbeit und dann nach Hause. Ich hatte nie die Freiheit gehabt, auszugehen wie die anderen jungen Leute an der Uni. Es war ein Wunder, dass Ahmed mir überhaupt erlaubt hatte, zu studieren. Doch er hatte einen Nutzen in meinem Interesse für Geologie gesehen und da keiner seiner Männer den Intellekt hatte, zu studieren, hatte er mir erlaubt, meinem Traum nachzugehen.

Ein paar Leute kamen den Weg vor dem Gebäude entlang. Sie unterhielten sich angeregt, auch wenn ich durch das Fenster keine Worte ausmachen konnte. Sie lachten und hatten offenbar viel Spaß. Wie ich sie beneidete. Im Gegensatz zu mir genossen sie ihr Leben. Wenn mein Glaube recht hatte, dann war dies kurze Leben auf der Erde unbedeutend und all die Jahre des Leidens waren es wert, danach in Ewigkeit im Paradies zu leben. Doch was, wenn all das nicht stimmte? Was, wenn es gar kein Leben nach den Tod gab? Dann würde mein ganzes Leben, das ich in Unglück und Schmerz verbrachte, mein einziges Leben sein. Dann würden Schmerz und Unglück alles sein, was ich jemals erwarten konnte. Verspielte ich meine Chance auf ein glückliches Leben, wenn ich auf das Paradies hoffte, dessen Existenz vielleicht nur ein Märchen war?

Erneut ging mein sehnsüchtiger Blick nach draußen. Ich wollte wenigstens ein wenig Freiheit genießen. Sicher konnte es nicht so schlimm sein, wenn ich ein wenig draußen spazieren ginge. Es waren ja kaum noch Leute unterwegs. Ich wollte nur die Ruhe und die Nachtluft genießen. Ich konnte ohnehin noch nicht schlafen. Entschlossen öffnete ich das Fenster und kletterte auf das Fensterbrett. Mit meinen langen Röcken war das nicht so einfach, doch ich schaffte es, meine Beine aus dem Fenster zu schwingen und die kurze Entfernung hinab zu springen. Mein Herz klopfte wild, als ich vor den Gebäude stand, und zu meinem Fenster hinauf sah. Ich hatte nicht bedacht, wie ich später wieder zurück ins Zimmer klettern sollte. Angst vertrieb die Freude über meine Freiheit und ich biss mir auf die Unterlippe. Eine Träne rollte über meine Wange. Wenn Ahmed herausfand, was ich getan hatte, dann würde er mich bitter büßen lassen. Schritte näherten sich, und rissen mich aus meinen Gedanken. Mein Herz galoppierte noch schneller. Ich wandte mich panisch um. Ein Mann kam den Weg entlang. Es war einer der Alien Breeds. Ich hatte ihn heute Nachmittag von Weitem gesehen. Er war ein Albino. Ich hatte mich zwingen müssen, ihn nicht anzustarren. Hatte hastig meinen Blick gesenkt. Auch jetzt senkte ich den Blick und versuchte einen Ausweg aus meiner Situation zu finden. Ich sollte wieder zurück in mein Zimmer, doch wie? Das Fenster lag nicht hoch, doch hoch genug, dass ich Schwierigkeiten haben würde, mit meinen langen Röcken zu klettern.

„Hey“, erklang eine tiefe Stimme. „Samira, hab ich recht?“

Oh nein! Nein! Nein! Bitte geh weiter. Ignorier mich.

„Bist du okay?“, fragte der Albino Breed und fasste mich sanft beim Arm. Seine Berührung löste ein seltsames elektrisches Kribbeln aus und ich wimmerte leise. Oh mein Gott! Was sollte ich tun?

Ghost

Das Mädchen zitterte und ich hörte ihr leises Wimmern. Irritiert runzelte ich die Stirn. Ich konnte ihre Angst riechen und ich fragte mich, was sie hier machte und warum sie so aufgelöst war. Mein Beschützerinstinkt regte sich und ich wollte sie in meine Arme ziehen und ihr sagen, dass alles gut war. Dass sie keine Angst haben musste. Doch ich wusste, dass sie dies nicht willkommen heißen würde. Easy hatte mir erklärt, dass sie, ihr Bruder und seine Männer strenge Muslime waren und dass Samira sich deswegen in lange Kleidung und Kopftuch einhüllte. Selbst ihr Gesicht hatte ich bisher nicht wirklich zu sehen bekommen, denn sie hielt den Blick stets gesenkt. Es erschien mir so falsch, dass eine junge Frau sich so versteckte und kauerte. Sie sollte mit gerecktem Kinn durch die Straßen gehen und die Sonne auf ihrer Haut spüren. Sie sollte die Freiheit haben, jedem, Mann oder Frau, in die Augen zu sehen. Ich hatte mit den Irakern bisher kein Wort gesprochen, doch sie waren mir schon allein dafür unsympathisch, wie sie Frauen behandelten. Leute wie sie passten nicht in unsere kleine Gemeinde. Wir hielten zusammen, waren füreinander da und niemand stand über einem anderen. Ja, Easy war der Leiter dieser Siedlung, doch abgesehen davon war er mein Freund, mein Bruder. Und ganz sicher machten wir keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, versuchte ich erneut zu der verängstigten jungen Frau durchzudringen.

„Ich... ich glaub, ich hab einen Fehler gemacht“, sagte sie schließlich. Ihre Stimme war melodisch, sanft. Wäre ich kein Breed mit gut ausgeprägtem Gehör, hätte ich wahrscheinlich Schwierigkeiten gehabt, die Worte auszumachen, so leise hatte sie gesprochen.

 

„Was für einen Fehler? Ich bin sicher, es kann alles nicht so schlimm sein.“

„Ich bin aus dem Fenster geklettert. Ich dachte... ich wollte...“

„Aus dem Fenster geklettert?“, fragte ich verwirrt. Mein Blick ging zu dem offen stehenden Fenster nicht weit von uns. „Warum bist du nicht einfach durch die Tür nach draußen gegangen? Und warum war es ein Fehler?“

„Wenn Ahmed – wenn mein Bruder mich dabei erwischt, dass ich... dass ich aus meinem Zimmer...“

Ich spürte Wut in mir brodeln. Ihr Bruder. Sie hatte Angst vor ihrem Bruder und offensichtlich war es ihr verboten, ihr Zimmer ohne seine Zustimmung zu verlassen.

„Ich wollte doch nur ein wenig frische Luft schnappen“, schniefte Samira.

„Dann lass uns frische Luft schnappen“, erwiderte ich. „Ich begleite dich, dann brauchst du keine Angst zu haben. Ich würde nie zulassen, dass dir etwas geschieht. Und wenn wir wieder zurück sind, dann helfe ich dir zurück in dein Zimmer.“

Samira hob langsam ihren Kopf, bis unsere Blicke sich trafen. Es war, als wenn ein Blitz mich treffen würde. Mein Herz setzte für einen Moment aus und mein inneres Biest knurrte leise. Samiras Augen waren so dunkel wie zwei Kohlen und da stand so viel Schmerz und Verwirrung in ihnen geschrieben. Doch auch Intelligenz. Neugier. Ihre Lippen öffneten sich zu einem geschockten Keuchen. Spürte sie es auch? Hatte ich dieselbe Wirkung auf sie, wie sie auf mich?

Samira

Ich fühlte mich so seltsam, als ich in die ungewöhnlichen Augen des Alien Breeds starrte. Meine Knie waren ganz zittrig und ein mulmiges Gefühl in meinem Bauch machte mich ein wenig schwindelig. Mein Herz raste aufgeregt in meiner Brust, die sich plötzlich zu eng anfühlte. Ein erschrockenes Keuchen kam über meine Lippen, als die seltsamen Gefühle mich zu überwältigen drohten. Eine warme Hand legte sich unter mein Kinn, als ich versuchte, hastig den Blick zu senken.

„Hab keine Angst vor mir, Samira“, sagte der Breed rau. „Ich würde dir niemals ein Leid antun. Niemand hier würde.“

Ich blinzelte in dem Versuch, die Verwirrung über diese beunruhigende Begegnung abzuschütteln. Sein Blick war so intensiv. Auch wenn da kein Funken von bösen Absichten in ihnen lag, so machte es mich schrecklich nervös. Seine Hand ruhte noch immer unter meinem Kinn. Sein riesenhafter Körper war viel zu nahe. Er war ein Mann. Ein Fremder. Ein Ungläubiger. Diese Nähe zwischen uns war verboten und sündhaft. Doch ich wollte nicht, dass sie endete. Ich mochte unter seinem verwirrenden Einfluss zittern, doch ein Teil von mir genoss dies – was immer es war – zu sehr, um den Bann zu brechen.

„Geh mit mir für ein Stück. Wir sind mitten in der Siedlung. Nichts kann dir hier passieren.“

„Ich... ich kenne nicht einmal dei... deinen Namen“, flüsterte ich.

„Oh! Wo sind meine Manieren?“, erwiderte er mit einem Lächeln. Er trat einen Schritt zurück und hielt mir seine Hand entgegen. Ich vermisste seine Berührung und seine Nähe. Zögernd gab ich ihm meine Hand und Hitze floss durch meinen Leib, als seine große, warme Hand sich um meine zierliche schloss. „Mein Name ist Ghost.“

„Ghost“, murmelte ich, ihn scheu musternd. „Warum?“

„Weil ich so bleich bin wie ein Geist“, erwiderte er mit einem Grinsen. „Aber ich bin harmlos. Versprochen.“

Er entließ meine Hand und erneut vermisste ich augenblicklich seine Berührung. Was war es mit diesem Mann, dass ich ihn ständig berühren wollte? Es war vollkommen unerhört und ich sollte nicht einmal hier stehen und mit ihm reden, geschweige denn ihm erlauben, mich zu berühren oder mich mit seinen blassen Augen so eindringlich anzusehen.

„Nun“, sagte er in leicht amüsiertem Tonfall. „Wo wir unsere Namen kennen, wirst du ein Stück mit mir gehen?“

Ich sollte Nein sagen. Ich wusste, ich durfte nicht mit einem Mann, der nicht zu meiner Familie gehörte, allein durch die dunkle Nacht spazieren. Noch dazu eine Kreatur, die von gottlosen Forschern erschaffen worden war. Ein Werk des Teufels. Doch in diesem Moment waren all diese Gedanken so fern. In diesem Moment war ich keine fromme Muslima, die Angst vor ihrem Bruder hatte. Ich war eine junge Frau mit dem Verlangen, zu leben. Freiheit zu atmend und der Anziehung zu diesem Mann – diesem Wesen – nachzugeben.

„O-okay.“

Ghost lächelte breit.

„Wunderbar. Dann komm.“

Er hielt mir seinen Arm entgegen, wie die Gentlemen in alten Filmen es zu tun pflegten, und ich hakte mich nach kurzem Zögern bei ihm ein. Mein Herz flatterte aufgeregt, als ich mich von ihm den Weg entlang führen ließ. Die Nachtluft war warm. Ein leichter Wind wehte und es war so wundervoll still. Wir waren beide schweigsam, doch es war ein angenehmes Schweigen. Wir kamen an einem Spielplatz und Ghost führte mich zu einer Bank. Wir setzten uns und ich starrte über die im Dunklen liegenden Spielgeräte hinweg zu dem in der Ferne liegenden Gebäude, wo wir unsere Zimmer hatten. Schlief Ahmed bereits? Oder hatte er etwa bemerkt, dass ich verschwunden war. Angst erfasste mich plötzlich und ich versteifte mich.

„Was ist?“, fragte Ghost, mich sanft aber bestimmt beim Arm fassend. „Hast du etwas gesehen, was dich beunruhigt?“

„Mein Bruder. Was, wenn er meine Abwesenheit bemerkt?“

„Warum hast du solche Angst vor deinem Bruder? Du bist eine erwachsene Frau. Er hat kein Recht über dich zu bestimmen.“

„Du verstehst das nicht“, erwiderte ich verzweifelt.

„Nein. Du hast recht. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, wie ein Mann seine erwachsene Schwester so behandeln kann. Ich verstehe nicht, warum irgendjemand das Recht haben sollte, darüber zu bestimmen, was eine erwachsene Frau zu tun und zu lassen hat!“

„Das ist nun einmal unser Glaube. Unsere Kultur...“

„Unsinn! Wir haben ein anderes muslimisches Paar hier und die verhalten sich nicht so. Mohammed behandelt seine Frau Fatima nicht wie eine Sklavin oder als wäre sie weniger wert als er. Fatima ist eine intelligente und selbstbewusste Frau. Und sie kleidet sich normal. Nicht aufreizend oder so, aber sie versteckt sich nicht von Kopf bis Fuß unter ihrer Kleidung. Du bist eine junge Frau. Eine wunderschöne junge Frau. Warum versteckst du dich?“

„Es ist nur zu meinem Besten“, verteidigte ich mich. „Es gibt Männern nicht die Idee, sie könnten sich – Freiheiten herausnehmen. Es steht auch keinem Mann außer meinem Ehemann zu, mich... mich zu sehen.“

„Hast du einen Ehemann?“

„Nein. Noch nicht, aber...“

Meine Stimme brach, als Ghost erneut mein Kinn umfasste und mich zwang, ihn anzusehen. Angst schürte mir die Kehle zu. Ich hatte einen Fehler gemacht, als ich diesem Wesen vertraut hatte. Ich hätte nicht mit ihm allein hierher kommen sollen. Jetzt würde er sich mir aufzwingen und...

„Samira“, sagte Ghost leise aber bestimmt. „Fuck.“ Er ließ mich los und rückte ein Stück weit von mir ab. „Ich will nicht, dass du Angst vor mir hast. Ich hab nicht vor, dir Gewalt anzutun, doch du siehst mich an, als wäre ich ein wildes Tier, das kurz davor steht, dich in Stücke zu reißen.“

„Ich... ich bin es nicht gewohnt, an... angefasst zu werden.“

„Sorry. Es ist so... Ich bin... Für uns ist es normal. Ich hab dich nicht an Stellen berührt, die ungehörig sind. Nur dein Arm, deine Hand, dein Gesicht. Ich würde nie... Nicht ohne deine...“

„Wir sind verschieden“, sagte ich gequält. „Ich... ich gehe besser.“

Ich sprang auf und eilte so schnell ich konnte den Weg zurück, den wir gekommen waren. Mein Herz raste und ich brach in Schweiß aus. Die Begegnung mit Ghost hatte mich aufgewühlt und so viele verschieden Emotionen rasten auf mich ein, dass mir ganz schwindelig wurde. Es stimmte, was ich zu Ghost gesagt hatte. Wir waren verschieden. Zu verschieden. Wir lebten buchstäblich in verschiedenen Welten. Ich war ein Mensch, er war – nun, nicht menschlich. Ich war eine Frau, er ein Mann. Ich lebte in strengen religiösen Fesseln, die mein ganzes Leben bestimmten, während er keine Glauben besaß. Ich hatte heute Nacht so viele Regeln gebrochen. Ich würde die Begegnung vergessen müssen. Natürlich nachdem ich Allah um Vergebung gebeten hatte. Ich durfte Ghost nie wieder sehen. Die Gefühle, die er in mir ausgelöst hatte, waren sündhaft und gefährlich. Der Teufel war ein Verführer. Er lockte uns mit Sehnsüchten und heute Nacht war ich ihm in die Falle gegangen. Meine Sehnsucht nach Nähe, nach zärtlichen Berührungen war mein Untergang gewesen. Doch ich würde dem Teufel keine zweite Chance geben.

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