Der Mensch und das liebe Vieh

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Der Mensch und das liebe Vieh
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Martin M. Lintner

DER
MENSCH
UND DAS
LIEBE
VIEH

ETHISCHE FRAGEN IM

UMGANG MIT TIEREN

Mit Beiträgen von

Christoph J. Amor und Markus Moling



Gedruckt mit Unterstützung der Südtiroler Landesregierung / Abteilung Deutsche Kultur


Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“

2017

© Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck

Umschlaggestaltung: stadthaus 38, Innsbruck

Layout und digitale Gestaltung: Tyrolia-Verlag

Druck und Bindung: FINIDR, Tschechien

ISBN 978-3-7022-3634-2 (gedrucktes Buch)

ISBN 978-3-7022-3635-9 (E-Book)

E-Mail: buchverlag@tyrolia.at

Internet: www.tyrolia-verlag.at

INHALT

VORWORT

EINFÜHRUNG

1.Zielsetzung und Aufbau dieses Buches

a) An wen wendet sich das Buch?

b) Warum ein weiteres Tierethikbuch?

2.Von der Selbsterkenntnis des Menschen durch das Tier

3.Von Tierethik, Tierschutz, Tierwohl und Tierrechten

a) Was ist Ethik?

b) Die Moralfähigkeit als „anthropologische Differenz“

c) Tiere als Mitglieder der moralischen Gemeinschaft

4.„Weh dem, der vor dem Leid eines Tieres die Augen verschließt …“

TEIL 1: GRUNDFRAGEN ZUM VERSTÄNDNIS DER NATUR UND DER STELLUNG DES MENSCHEN IN IHR

1.Der Mensch – weder Mittel- noch Höhepunkt der Schöpfung Ein verantwortungsethisches Verständnis der Gottebenbildlichkeit

1.1 Gottebenbildlichkeit als Repräsentationsfunktion

1.2 Der Herrschaftsauftrag über die Erde und über die Tiere

a) Die Hypothek, die auf dem Herrschaftsauftrag in Gen 1,28 lastet

b) Eine exegetische und bibeltheologische Erschließung von Gen 1,28

c) „Macht euch die Erde untertan und herrscht über …“

1.3 Die Stellung des Menschen in der Schöpfung aus verantwortungsethischer Perspektive

a) Freiheit macht verantwortlich

b) Der Eigenwert aller Geschöpfe

c) Die Verwundbarkeit von Tieren und Menschen

d) Eine verantwortungsethische Anthropozentrik

1.4 Ergebnissicherung und Ausblick

2.Ist die Schöpfung gut? Zum Problem der Übel und des Leidens in der Natur (Christoph J. Amor)

2.1 Stellenwert und Bedeutung des christlichen Schöpfungsbegriffs

2.2 Die Evolutionstheorie

a) Moderne Naturwissenschaft und Physikotheologie

b) Infragestellung klassischer Deutungsmuster

2.3 Vorbehalte und Öffnung des Christentums gegenüber dem Darwinismus

2.4 Das evolutionäre Weltbild und das Problem des Übels

TEIL 2: PHILOSOPHISCHE GRUNDFRAGEN DER TIERETHIK

1.Der schwere Stand der Tierethik in der abendländischen Tradition

1.1 Tierethik: ein „blinder Fleck“ in der Geschichte des Abendlandes

a) Tierschutz: ein folgenschweres Defizit in der christlichen Tradition

b) „Tiere lieben? Ja, aber …“ – das Tier im christlichen Mittelalter

1.2 Die „Entdeckung“ der Tierrechte im 18. und 19. Jahrhundert

a) René Descartes und der tierethisch verhängnisvolle Dualismus

b) Immanuel Kant und das „Verrohungsargument“

c) Arthur Schopenhauer und die Mitleidsethik

d) Jeremy Bentham und der Beginn des organisierten Tierschutzes in England

e) Die beiden Grundkonzepte von Tierschutzgesetzen

2.Tierethische Grundpositionen in der gegenwärtigen Philosophie (Markus Moling)

2.1 Sentientismus bzw. Pathozentrismus

2.2 Peter Singer – Befreiung der Tiere

2.3 Tom Regan – Tierrechte

2.4 Martha Nussbaum – Fähigkeitsansatz

3.Der Ansatz einer verantwortungsethischen Tierethik

3.1 Gibt es eine Mensch-Tier-Differenz?

a) Die evolutionsbiologische und genetische Nähe zwischen Mensch und Tier

b) Emotionale und kognitive Fähigkeiten von Tieren

c) Was unterscheidet den Menschen von den Tieren?

d) Menschliche Moralfähigkeit und tierliches moralanaloges Verhalten

e) Tierliche Agency

3.2 Zur ethischen Relevanz von Differenz und Ähnlichkeit zwischen Mensch und Tier

a) Die Formulierung eines tierethischen kategorischen Imperativs

b) Empathie gegenüber Tieren: eine Ethik des Hinschauens und die Pflicht der Schmerzvermeidung

c) Gerechtigkeit gegenüber Tieren: eine Ethik der Fairness

3.3 Eine kritische Würdigung unterschiedlicher Aspekte von tierethischen Ansätzen

a) Zu den Stärken und Grenzen von biozentrischen Ansätzen

 

b) Zu den Stärken und Grenzen von sentientistischen bzw. pathozentrischen Ansätzen

c) Zu den Stärken und Grenzen von anthropozentrischen Ansätzen

4.Von der Würde des Tieres

4.1 Kommt dem Tier Würde zu?

a) Von der Würde des Menschen

b) Die Differenz von bonitas und dignitas

c) Die Achtung der tierlichen als Erfordernis der menschlichen Würde

d) Tierwürde als Anerkennung des Eigenwertes der Tiere

e) Tierwürde als Ausdruck der Rechenschaftspflichtigkeit von Handlungen und Eingriffen, die Tiere betreffen

f) Abschließend: Zu den Chancen und Grenzen der Rede von der „Würde des Tieres“

4.2 Eine abgestufte Schutzwürdigkeit von Tieren

a) Den Tieren gerecht werden

b) Die Berücksichtigung von artspezifischen und individuellen Bedürfnissen, emotionalen Vermögen und kognitiven Fähigkeiten

4.3 Zur Problematik des Tötens von Tieren

a) Zur religiösen Praxis des Schächtens

b) Der ambivalente Umgang in unserer Gesellschaft mit dem Töten von Tieren

c) Dürfen Tiere getötet werden?

d) Zum Tötungsverbot von Tieren, die zu einem Selbstverhältnis in der Lage sind, das über einen rein situativen Gegenwartsbezug hinausreicht

TEIL 3: KONKRETE HANDLUNGSFELDER

1.Haus- und Nutztierhaltung

1.1 Eine kurze kulturgeschichtliche Hinführung

1.2 Tierschutzrechtliche Unterteilung der Tiere

1.3 Ethische Grundüberlegungen in der Tierhaltung

a) Positive Auswirkungen auf den Menschen

b) Positive Aspekte für das Tier

c) Mindestanforderungen an eine artgemäße und individuengerechte Haus- und Nutztierhaltung

d) Nutztierrechtliche Verordnungen für eine artgemäße Tierhaltung

e) Leistungsoptimierung in der Nutztierhaltung

f) Ethische Aspekte

1.4 Zusammenfassend: Keine „Alles-oder-nichts“-Mentalität im Bereich der Tierhaltung

1.5 … und schließlich: die Frage des Tötens

1.6 Exkurs: Ethische Aspekte der Tierhaltung in Zirkussen und Zoos

a) Zirkusse

b) Zoos und Tierparks

c) Zum Dilemma Tierschutz versus Artenschutz

2.Tierversuche

2.1 Zur Situation der Verwendung von Versuchstieren

a) Einige statistische Daten

b) Die Differenzierung von Tierversuch und Versuchstier sowie die Verwendungszwecke von Versuchstieren

c) Der Schutz des Tierwohls bei Tierversuchen in den Richtlinien der EU sowie in der Helsinki-Deklaration des Weltärztebundes

2.2 Ethische Aspekte

a) Die Berücksichtigung artspezifischer und individueller Bedürfnisse und Fähigkeiten

b) Der Forschungsnutzen

c) Kriteriologie für eine ethisch verantwortbare Güterabwägung

d) Tierversuche und Gentechnik

e) Ein Schritt in die richtige Richtung: Replacement – Reduction – Refinement

2.3 Politische Maßnahmen gegen Tierversuche

3.Jagdethik (Markus Moling)

3.1 Jagd und Werte

a) Schadensminimierung in der Forst- und Landwirtschaft und in der Kulturlandschaft

b) Hochwertige Nahrungsmittel

c) Gewährleistung der Verjüngung und der Schutzfunktion des Waldes

d) Berücksichtigung der Lebensraumkapazität durch Populationssteuerung

e) Nachhaltige Nutzung von selbst reproduzierenden Wildtierpopulationen

f) Pflege und Erhaltung eines gesunden Wildbestandes

g) Biodiversität

h) Habitatpflege und Artenschutz

i) Kulturelle Werte und Tradition

j) Die Rückkehr von Raubtieren wie Bär und Wolf

3.2 Welche Werte sollen die Jagdpraxis prägen?

3.3 Ethische Reflexion der Jagdpraxis

3.4 Die Folgen des Jagens

3.5 Absichten des Jägers

3.6 Haltungen des Jägers

a) Ehrfurcht und Achtung

b) Fairness statt Neid und Streit

c) Tierökologische Kenntnis

4.Ethische Aspekte beim Konsum von Tierprodukten

4.1 Von Veganern, Vegetariern, Pescetariern und Freeganern

4.2 Das Prinzip der Mitwirkung an einer unrechten Handlung

4.3 Ethische Kriterien für den Konsum von tierischen Produkten

a) Die Mitverantwortung des Konsumenten

b) Von der Pflicht, sich zu informieren

c) Zum Prinzip der Nachhaltigkeit bzw. der Verflochtenheit von ökologischen, ökonomischen und sozialen Fragen

4.4 Von der Macht und Ohnmacht des Konsumenten

a) Die unterschiedlichen Handlungsebenen

b) Einige notwendige Maßnahmen

c) Zur „Politik mit dem Einkaufswagen“

TEIL 4: EINE ETHIK DER MITGESCHÖPFLICHKEIT

1.Tier und Mensch als Gefährten

1.1 Sind Tiere die besseren Menschen – und Menschen die schlechteren Tiere?

1.2 Das Tier Tier, den Menschen Mensch sein lassen

a) Tier und Mensch als Gefährten und Freunde

b) Die Tiere als Mitgeschöpfe

c) Kurzer Exkurs: zur Bedeutung von Tieren im Leben von Heiligen

d) Tiere als Ersatz für menschliche Beziehungen?

e) Zur Problematik der Zoophilie

1.3 Abschließend: Aspekte einer christlichen Spiritualität der Mitgeschöpflichkeit

2.Kommen Tiere in den Himmel? (Christoph J. Amor)

2.1 Bestattungs- und Trauerkultur im Wandel

2.2 Die Stellung der Tiere in der Gesellschaft heute

a) Umweltkrise und ökologische Sensibilität

 

b) Herrschafts- und Bewahrungsauftrag

c) Schöpfungsspiritualität

d) Evolution des Menschen

2.3 Eschatologie der Tiere

a) Klassische Anthropologie auf dem Prüfstand

b) Bibeltheologisches Argument aus dem Tier-Mensch-Verhältnis

c) Schöpfungs- und bundestheologisches Argument

d) Anthropologisches Argument

e) Argument aus dem Leid der Tiere

2.4 Offene Fragen und Ausblick

ANMERKUNGEN

LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS

VORWORT
Erinnerungen und prägende Erlebnisse

Auf einem Bergbauernhof in den südlichen Dolomiten in Südtirol aufgewachsen, wurde mir die Liebe zur Natur und zu den Tieren in die Wiege gelegt. In meinen frühen Kindheitserinnerungen tummeln sich viele Tiere des elterlichen Hofes. Es sind dies nicht einfach Rinder oder Schweine, Katzen oder Hühner …, sondern ganz konkrete Tiere: eine Kuh, die besonders gutmütig war, sodass wir Kinder sie gerne streichelten oder das Ohr an ihren Bauch hielten, um den Verdauungsgeräuschen zu lauschen; eine andere, vor der wir gehörigen Respekt hatten, weil sie leicht reizbar war und ihre Drohgebärden, wenn wir ihr zu nahe kamen, uns sehr einschüchterten. An eine der vielen Katzen erinnere ich mich noch sehr lebendig, einen wunderschön getigerten Kater, den ich nach seinem plötzlichen Verschwinden tagelang in der Umgebung des Hofes suchte und miauend durch die nahen Wälder streifte, in der Hoffnung, ihn zu locken – bis ich ihn in einem Gestrüpp fand: erschossen. Oder an ein kleines Kätzchen, das wenige Wochen nach der Geburt verendet war – aufgrund eines Geburtsfehlers, sein Kopf war überdimensional groß und es konnte kaum laufen – und das ich in einem Wäldchen oberhalb des Hofes begraben habe. Noch heute weiß ich, bei welchem Baum das kleine Katzengrab liegt.

Auf einem Bergbauernhof lebt man nicht nur eng eingebunden in den Rhythmus der Natur und der Jahreszeiten, sondern auch in einer engen Gemeinschaft mit den Tieren. Sie sind der Obhut der Bauernfamilie anvertraut. Das Wohlbefinden und Gedeihen des Viehs hängt davon ab, wie es behandelt wird. Tiere sind aber auch die Lebensgrundlage der Bauern, eben Nutztiere. Das Wohlergehen der Bauern hängt deshalb auch vom Gedeihen der Tiere ab. Tier und Mensch bilden eine Art Schicksalsgemeinschaft. Die Tiere werden deshalb nicht nur als Nutztiere behandelt, sondern wie Individuen, die zum weiteren Familienkreis dazugehören. Die einzelnen Tiere haben einen Namen, man kennt ihr Temperament, man redet ihnen gut zu. Ist eines von ihnen krank, steht man auch in der Nacht regelmäßig auf, um nach seinem Befinden zu schauen. Wird ein Kälbchen geboren, herrscht freudige Aufregung; verendet ein Vieh, aufgrund einer Krankheit oder weil es vom Blitz erschlagen wurde, ist die Stimmung gedrückt. Es ist mehr als ein bloß wirtschaftlicher Verlust.

Schmerzlich war immer, wenn ein Kälbchen tot zur Welt kam oder während der Geburt verendet ist. In meiner Kindheit wurde es dann im Wald unter dem Hof an einer unwegsamen Stelle abgelegt, den Füchsen zum Fraß. Abends vor dem Einschlafen dachte ich an das tote Kälbchen, wie es allein im dunklen Wald lag, und stellte mir die Füchse vor, die an ihm zerrten und fraßen. Heute würde dies als „unkontrollierte Entsorgung von Tierkadavern“ und „mögliche Umweltverschmutzung“ geahndet. Mitleid hatte ich oft mit den Kälbchen, die nach damaligem Standard konventioneller Tierhaltung gleich nach der Geburt in eine Kälberbox gegeben wurden. Diese war zwar mit frischem Stroh ausgebettet, aber das Neugeborene lag allein und einsam darin, wie mir schien, noch nass und zitternd vor Kälte. Manchmal stieg ich zum Kälbchen in die Box, um es zu streicheln und seine Wärme zu spüren. Die zur Mast bestimmten Stierkälbchen verbrachten ihr ganzes kurzes Leben in einer solchen Box. Mittlerweile wurde die Viehhaltung auf dem Heimathof nach den Richtlinien der biologischen Landwirtschaft auf die tierfreundliche und artgerechte Muttertierhaltung umgestellt, wo die Kälber bei der Mutterkuh und in der Herde verbleiben.

Zum Leben auf einem Bauernhof gehört auch das Schlachten von Tieren. Wenn eine Kuh alt geworden ist und kaum mehr Milch gegeben hat, wurde sie zum Metzger gebracht. Während die übrige Herde auf die Weide gebracht wurde, blieb sie allein im Stall zurück. Um sie zu beruhigen, wurde ihr Futtertrog mit Heu gefüllt. So manches Mal stand ich als Kind nach einem solchen Abtransport am leeren Platz und sinnierte darüber nach, wo die Kuh nun sei und wie es ihr gehe. Miterlebt habe ich auch das Schlachten auf dem Hof, angefangen bei der Tötung von Kaninchen, die wir Kinder aufgezogen und gepflegt haben, von Hühnern oder von Schweinen. Eingeprägt hat sich mir das Bild eines besonders schönen Hahnes mit einem prächtigen schwarz-gelben Gefieder. Es muss früh an einem Morgen gewesen sein, der tote Hahn lag im noch taunassen Gras einige Meter vom Holzklotz entfernt, auf dem er geköpft worden war. Ich ließ die schönen glänzenden Federn traurig durch die Finger gleiten, während die Katze vom Blut schlecken wollte. Ich verscheuchte sie unsanft; mir war, als müsste ich den Hahn beschützen. In sicherer Entfernung blieb die Katze sitzen, wohl abwartend, dass ich weggehen würde und sie zu ihrer „Beute“ zurückkehren könnte. Ihr Blick zeigte wenig Verständnis für meine harsche Reaktion, wo ich sie doch sonst immer verhätschelt hatte. Verstörend wirkte auf mich jedes Mal die Schlachtung der Schweine. Sie wurde von einem Nachbarn, einem Jäger, fachkundig durchgeführt, aber das Quietschen der todgeweihten Tiere war für mich unerträglich und ich versteckte mich oft in einem fensterlosen Zimmer im Bauernhaus, in das kein Laut von außen hineindrang, und wartete dort so lange, bis ich annehmen konnte, dass die Schlachtung vorüber war.

In der Jugendzeit schließlich verbrachte ich viele Stunden draußen in der Natur, in den Wäldern und auf den Bergen, um Wildtiere zu beobachten. Bis heute gehört die Balz von Auer- und Birkhahn oder die Brunft der Hirsche zu den schönsten und beeindruckendsten Erlebnissen, aber auch das Beobachten von Rehen, Gämsen, Murmeltieren, Bussarden, Adlern und vielen anderen Tieren war und blieb ein Hobby. Wie froh war ich immer, dass niemand in meiner Familie Jäger war, so sehr mich die Jagdtrophäen der Jäger in der Nachbarschaft auch beeindruckten und faszinierten. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ich verdanke befreundeten Jägern, dass sie mir Balzplätze von Auer- und Birkwild oder gute Einstände von Rotwild „verraten“ haben – aber ein Tier zu töten, von dessen Schönheit und Anmut ich fasziniert bin, würde ich nicht über mich bringen.

Die Liebe zu den Tieren und das Interesse an ihnen blieben in mir wach. So wollte ich später Verhaltensforschung studieren, doch mit der Entscheidung zum Theologiestudium nahm mein Leben eine andere Wendung. Während meines Studienbeginns in Innsbruck schätzte ich mich glücklich, mit dem Alpenzoo einen Tiergarten gleichsam „vor der Haustür“ zu haben, der sich dadurch auszeichnet, dass in weitgehend großflächigen Gehegen nur heimische Tierarten aus der Alpenregion gehalten werden. Aufgrund der artgemäßen und tierfreundlichen Haltung sowie der Erfolge in der Nachzucht und bei der Auswilderung von bedrohten und seltenen Tierarten der alpinen Region genießt der Zoo auf internationaler Ebene ein hohes Ansehen. Als Mitglied des Vereins der Freunde des Alpenzoos gehöre ich immer noch zu den regelmäßigen Zoobesuchern. In meiner 1999 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien eingereichten Diplomarbeit zum Thema „Zur wechselseitig kritischen Funktion von Soziobiologie und theologischer Ethik“ habe ich mich mit einigen Fragen der Tier-Mensch-Beziehung auf neue, wissenschaftlich reflektierte Weise auseinandergesetzt. Im Rahmen der Verfassung der Arbeit hatte ich damals die Möglichkeit zu interessanten Diskussionen mit dem Verhaltensforscher Kurt Kotrschal. Eine Vorlesung bei Rupert Riedl in der Konrad-Lorenz-Villa in Altenberg bei Wien über die evolutionäre Erkenntnistheorie bleibt mir als eine der interessantesten Lehrveranstaltungen meiner Studienzeit in Erinnerung. Die damals diskutierten Fragen „über Gott und die Welt“ beschäftigen mich weiterhin. – Des langen Vorworts kurzer Sinn: Mit diesem Tierethikbuch greife ich ein Thema auf, das mich seit jeher begleitet und mir sehr am Herzen liegt.