Buch lesen: «Mord inklusive, Ausflüge optional»
Martin Cordemann
Mord inklusive, Ausflüge optional
Eine Krimikomödie für die Bühne
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Mord inklusive, Ausflüge optional
AKT 1
AKT 2
AKT 3
Mord inklusive, Ausflüge optional - Langfassung
AKT 1
AKT 2
AKT 3
Ablauf des Mordes
Impressum neobooks
Vorwort
Ein Theaterstück, zwei Fassungen. Wir beginnen mit der etwas kürzeren Fassung, aus der etwa 5 Seiten (10 Minuten) herausgekürzt wurden. Das macht es vielleicht etwas spielbarer – aber auf jeden Fall kürzer.
Um Ihnen aber die Möglichkeit zu geben, lieber eine etwas längere Fassung zu spielen, weil sich in ihr Dinge befinden, die Sie lieber beibehalten möchten, gibt es dann die längere Version... oder um sich eine passende Fassung aus beiden zusammenzustricken.
Nach
"Metamordphose"
und
"Möglichkeit für barrierefreies Morden"
ist dies das dritte Stück der lose zusammenhängenden Reihe von
Krimikomödien für die Bühne
Viel Spaß!
Oh, und für alle, die sich fragen, was da eigentlich passiert ist, gibt es am Schluss auch noch einen Tathergang.
PS: Das Stück wurde am 18.9.2017 in Köln uraufgeführt.
HINWEIS: Der Erwerb dieses E-Books berechtigt nicht zur Aufführung des Theaterstückes! Falls Sie Interesse daran haben, das hier vorliegende Stück auf die Bühne zu bringen, wenden Sie sich bitte an den Autor.
Mord inklusive, Ausflüge optional
PERSONEN
KATE MÜLLER, geb. MEIER
MRS. MISSY MISSES, Inspektorin
ELODIE JOLIE, Touristin
HANK FARMER (eigentlich HANS BAUER), Animateur
TONY BRIT, Hoteldirektor
ROBERT R. ROBERTS, Assistent der Inspektorin
Verstorben:
TORBEN MÜLLER, geb. MEYER
AKT 1
Szene 1
(Das Hotelzimmer. Nacht. Alles ist dunkel. Im Badezimmer geht das Licht an. Kurze Pause, dann aus dem Off)
KATE: (schreit)
BLACK
Szene 2
(Ebendort. Es ist Morgen. Es klopft an der Tür. Das Licht im Bad ist aus – und bleibt es auch.)
KATE: (kommt aus dem Bad, geht durch das Zimmer und öffnet die Tür) Ja?
MISSES: Sie hatten eine Beschwerde.
KATE: Ich weiß nicht, ob ich es so formulieren würde.
MISSES: Aha. Aber es ist etwas, das Ihren Urlaub hier negativ beeinträchtigen könnte?!
KATE: Ich denke, da können wir sicher sein.
MISSES: Wo ist es?
KATE: (deutet Richtung Bad)
MISSES: Spinne in der Dusche?
KATE: Leiche in der Badewanne.
MISSES: Oh...
KATE: Ich nehme nicht an, dass das ein besonderer Service des Hauses ist?
MISSES: Äh...
KATE: Oder ein Special diese Woche?
MISSES: Nnnnei...
KATE: Eine Überraschung für langjährige Gäste? Ein besonderer Bonus? Eine kleine Aufmerksamkeit des Hotels?
MISSES: Ähhhh…
KATE: Ich habe das auch nicht bestellt.
MISSES: Bitte?
KATE: Ich meine, nicht, dass das Hotel hinterher einen Aufpreis verlangt.
MISSES: Ich bin sicher, das wird nicht... darf ich hereinkommen?
KATE: Aber bitte, gern. (lässt MISSES herein)
MISSES: (tritt nun ganz auf) Im Bad, sagten Sie?
KATE: Ja.
MISSES: Wenn es Ihnen nichts ausmacht...
KATE: Wenn es mir nichts ausmachen würde, hätte ich wohl kaum die Hotelleitung informiert!
MISSES: Ich meine, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich mich gerne mal...
KATE: Oh, ja, selbstverständlich.
MISSES: (geht ins Bad – schreit)
KATE: Ja, das war auch meine erste Reaktion.
MISSES: Wissen Sie, wer das ist?
KATE: Es wäre schon ziemlich dreist, mir eine unbekannte Leiche ins Bad zu legen, oder?
MISSES: Nun...
KATE: Ja, der Tote ist mir bekannt... (ihr fällt etwas auf) Im Gegensatz zu Ihnen.
MISSES: Oh, (kommt aus dem Bad) habe ich mich noch nicht vorgestellt?
KATE: Nicht mir, wenn Sie das meinen.
MISSES: Wie unhöflich.
KATE: Jetzt, wo Sie es selbst sagen.
MISSES: Ich arbeite nicht für das Hotel.
KATE: Sollte ich Sie dann nicht auffordern, zu gehen? Ich glaube nicht, dass die Polizei besonders angetan davon wäre, wenn hier die Presse ein- und ausgeht, bevor sie mit ihren Untersuchungen fertig ist.
MISSES: Da kann ich Sie beruhigen, ich bin die Polizei.
KATE: Die ganze?
MISSES: So ziemlich.
KATE: Und wo waren Sie dann, als Sie gebraucht wurden?
MISSES: Aber wir sind doch hier.
KATE: Ja, aber wo waren Sie, als der werte Herr ermordet worden ist. Wäre das nicht der Zeitpunkt gewesen, an dem er Sie mehr gebracht hätte als jetzt? Ich meine, fällt es nicht auch in Ihren Aufgabenbereich, Verbrechen zu verhindern?
MISSES: Das sollte es, oder?
KATE: Da bin ich völlig Ihrer Ansicht.
MISSES: Apropros Ansicht. (geht zurück ins Bad) Das ist kein schöner Anblick.
KATE: Das war er vorher auch nicht.
MISSES: Woher wissen Sie das?
KATE: Ich war mit ihm verheiratet.
MISSES: (steckt den Kopf zur Tür heraus) Ach, wirklich?
KATE: Meinen Sie nicht, dass es sonst unschicklich wäre, wenn er in meiner Badewanne liegen würde?
MISSES: Sie meinen...
KATE: Ein fremder Mann. Was würde man denn dann von mir denken?
MISSES: Und was glauben Sie, wird man jetzt von Ihnen denken?
KATE: Dass ich... dass ich... da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht.
MISSES: Ich sage es ja nur ungern, aber für Sie wäre es tatsächlich besser gewesen, wenn dies hier ein fremder Mann wäre.
KATE: Und wie sollte ich dann bitte seine Anwesenheit erklären?
MISSES: Nun...
KATE: Und glauben Sie nicht, dass mein Mann da vielleicht Einwände gehabt hätte?
MISSES: Tja...
KATE: Außerdem, wie hätte ich den bitte hierher bekommen sollen? Und, fast noch wichtiger, warum hätte ich bitte einen völlig Fremden ermorden sollen?
MISSES: Und Ihren Mann?
KATE: Ich bin sicher, da würden sich Gründe finden.
MISSES: Genau das meine ich.
KATE: Bitte?
MISSES: Wäre die Leiche in der Badewanne ein Fremder, dann würde man Sie unter Umständen gar nicht verdächtigen.
KATE: Und jetzt?
MISSES: Schon eher.
KATE: Wie meinen Sie das, „eher“?
MISSES: Sie sind die Hauptverdächtige!
KATE: ICH???
MISSES: Bei Verbrechen dieser Art, immer!
KATE: Was soll das denn bitte heißen, „Verbrechen dieser Art“? Wenn irgendein Toter in einer Hotelbadewanne gefunden wird? Sollte man da nicht eher das Personal verdächtigen?
MISSES: Ich meine bei Verbrechen zwischen Ehemann und Ehefrau. Wobei...
KATE: Ja?
MISSES: Für gewöhnlich trifft es da eher die Frau. Ich meine als Opfer.
KATE: Na, dann darf ich mich ja glücklich schätzen. Ich wurde zwar nicht ermordet, auch wenn das eher Ihrer Statistik entsprechen würde, aber dafür bin ich verdächtig. Na vielen Dank auch!
MISSES: Das klingt ein wenig…
KATE: Ungehalten? Undankbar? Unverhohlen?
MISSES: Äh… ja!
KATE: Tut mir leid, ich wollte nicht so resolut wirken. Aber ich habe eine Leiche in meiner Badewanne gefunden und ich bin verständlicherweise nicht besonders erfreut darüber.
MISSES: Weil es Ihr Mann war.
KATE: Und weil es nicht im Prospekt stand. (unsicher) Oder?
MISSES: Nein.
KATE: Das beruhigt mich ein wenig, Miss… oder Mrs.?
MISSES: Inspektor, um genau zu sein. Inspektor Misses, aber da ich auch verheiratet bin, bin ich privat Mrs. Misses. Und Sie?
KATE: Oh, ich bin ebenfalls verheiratet. Oder… (deutet Richtung Bad) …war!
MISSES: Das dachte ich mir schon, aber das war nicht ganz das Ziel meiner Frage.
KATE: Bitte? Oh, natürlich, Verzeihung. Ganz ehrlich, da Sie zu meinem Zimmer gekommen sind, habe ich natürlich angenommen, dass Sie wissen, wer ich bin. Aber Sie haben natürlich recht, es wäre nur höflich, wenn ich mich Ihnen auch vorstelle. KATE Müller. Darf ich Ihnen etwas anbieten?
MISSES: Bitte?
KATE: Nun, ich bin ja so eine Art Gastgeberin. Außerdem werden die Sachen in der Minibar langsam warm, also vielleicht sollte man das ausnutzen.
MISSES: Danke, aber nicht im Dienst.
KATE: Stimmt ja, Sie müssen ja arbeiten.
MISSES: Und Sie…
KATE: Trauern.
MISSES: Bitte?
KATE: Ich muss trauern. Ich denke, das erwartet man von mir. (holt sich etwas aus der Minibar und mixt sich daraus ein Getränk)
MISSES: Also, wo Sie es selbst ansprechen…
KATE: Wirke ich Ihnen zu gefasst?
MISSES: Ein bisschen. Ich frage mich, warum?
KATE: Warum fragen Sie sich das und nicht mich?
MISSES: Wa…rum?
KATE: Das ist einfach. Haben Sie schon einmal eine unerfreuliche Ehe geführt?
MISSES: Äh…
KATE: Oder sollte ich sagen freudlos? Lieblos? Enttäuschend? Die Art Ehe, bei der Sie sich wünschen würden, Sie könnten in eine Zeitmaschine steigen und Ihrem jüngeren Ich ausreden, an einem bestimmten Abend in eine bestimmte Bar zu gehen und sich von einem bestimmten charmanten jungen Mann einen Cocktail ausgeben zu lassen?
MISSES: Nuuun…
KATE: Natürlich nicht, denn niemand denkt für gewöhnlich so weit. Die meisten denken eher: „Hätte ich dieses Arschloch doch nie kennengelernt!“ Und: „Ist es eigentlich unvermeidlich, dass ich anschließend was mit meinem Scheidungsanwalt anfange?“
MISSES: Und, ist es?
KATE: Ist es nicht, aber es ist offensichtlich die Art und Weise, wie sich diese Spezies fortpflanzt.
MISSES: Ah.
KATE: Nur bin ich kein Freund von Anwälten.
MISSES: Eher von Zeitreisen? (holt aus ihrer Tasche ihre Plastikhandschuhe und versucht, sie anzuziehen)
KATE: Man wird doch noch träumen dürfen. Aber, um auf die Frage zurückzukommen, die Sie nicht gestellt haben, die aber seit Ihrer Ankunft über uns im Raume schwebt: Das Verhältnis zwischen mir und meinem Mann war mit unerfreulich noch sehr höflich umschrieben. Da Sie sich ja wahrscheinlich erkundigen werden, werden Ihnen die Wörter „Streit“ und „angeschrieen“ bestimmt unterkommen.
MISSES: Werden sie?
KATE: Garantiert. Mehrmals!
MISSES: Also keine gute Beziehung?
KATE: Eine Untertreibung.
MISSES: War Hass im Spiel?
KATE: Sind Sie schon mal von jemandem so richtig enttäuscht worden?
MISSES: Ja.
KATE: Ich denke, dann kennen Sie die Antwort.
MISSES: Das war…
KATE: Mehr als Sie wissen wollten?
MISSES: Sehr informativ.
KATE: Ich freue mich immer, wenn ich helfen kann.
MISSES: Ihnen ist doch aber klar, dass Sie sich damit selbst verdächtig machen, oder?
KATE: Ich glaube, ich würde mich eher verdächtig machen, wenn Sie diese Dinge von jemand anderem erfahren. Und außerdem…
MISSES: Ja?
KATE: (lächelt) Ich habe den Mord ja nicht begangen, also was hab ich zu befürchten?
Szene 3
(Es klopft an der Tür.)
KATE: Entschuldigen Sie mich bitte.
MISSES: (verschwindet im Bad)
KATE: (öffnet die Tür) Ah, Tony.
TONY: (tritt auf) Darf ich reinkommen?
KATE: Es ist gerade etwas ungelegen.
TONY: Oh.
KATE: Wegen der Leiche. Im Badezimmer!
TONY: Oh. Ja. Dafür möchte ich mich im Namen des Hotels, der Hotelkette und des Unternehmens, dem wir angehören, aus tiefstem Herzen entschuldigen.
KATE: Darf ich mit einem Rabatt rechnen?
TONY: Nein.
KATE: Wie schade.
TONY: Es ist ja nicht so, als wären wir für diese Leichen verantwortlich.
KATE: Nicht?
TONY: Nicht... immer.
KATE: Aber manchmal schon?
TONY: Wir sind nicht besonders stolz darauf, das dürfen Sie mir glauben. Aber... sagen wir, es ist nicht das erste Mal, dass sich eine Leiche in einem unserer Badezimmer findet.
KATE: Sollte mich das beunruhigen?
TONY: Aber nein... (denkt nach) Obwohl, jetzt wo ich darüber nachdenke…
KATE: Liegt es am Hotelpersonal?
TONY: Ich möchte das nicht pauschal so sagen.
KATE: Dann bin ich ja froh.
TONY: Worüber.
KATE: Dass ich keine Pauschalreise mache.
TONY: Das gefällt mir.
KATE: Wäre da die Leiche denn im Preis inbegriffen?
TONY: Ich glaube, wir sind noch nicht so weit, für ein solches Angebot zu werben.
KATE: Das klingt aber fast so, als wäre es nicht ganz ausgeschlossen.
TONY: Die Urlaubsbranche ist hart umgekämpft, da muss man irgendwann über Leichen gehen, wortwörtlich.
KATE: Es klingt so, als wäre das schon passiert.
TONY: Sie meinen die... Zwischenfälle?
KATE: Ja.
TONY: Die waren sehr... unangenehm.
KATE: Für die Opfer.
TONY: Ja, für die auch. Besonders beim ersten. Der Ermordete sollte gar nicht sterben.
KATE: Ist das bei Mordopfern nicht immer so?!
TONY: In diesem Fall kam noch eine besondere Tragik dazu. Denn... wie sich herausgestellt hat, befand sich der Mann im falschen Hotel.
KATE: Der Ermordete.
TONY: Der Mörder.
KATE: Bitte?
TONY: Komisch, oder? Also auf eine sehr tragische Weise. Er sollte den Herrn in Zimmer 216 ermorden.
KATE: Und das hat er nicht?
TONY: Doch. Aber im Park Hotel. Sein eigentliches Opfer befand sich allerdings im Park Motel. Es war also nicht unser Fehler.
KATE: Hat man den Mann entschädigt?
TONY: Weil er sich im Hotel geirrt hat?
KATE: Ich meinte nicht den Killer.
TONY: Das Opfer? Natürlich nicht!
KATE: Hat er sein Opfer denn bekommen?
TONY: Das ist nicht bekannt, er wurde erschossen, bevor er verhört werden konnte.
KATE: Gab es Blut im Badezimmer?
TONY: Diesmal nicht.
KATE: Wann denn dann?
TONY: Neapel 2015. Das war eine waschechte Tragödie!
KATE: Welcher Art?
TONY: Mit tödlichem Ausgang.
KATE: Das sind oft die besten.
TONY: Nicht, wenn sie den Begriff Blutbad im Badezimmer wörtlich nehmen. Wissen Sie, wie traumatisch das jedes Mal für das Reinigungspersonal ist?
KATE: Ich kann es mir in etwa vorstellen. Aber immerhin ist es gefliest.
TONY: Das ist aber auch der einzige Vorteil. Und so leicht lässt sich Blut auch nicht von Fliesen waschen, falls Sie das denken.
KATE: Ich habe nicht vor, es auszuprobieren.
TONY: Das ehrt Sie. (öffnet die Minibar) Darf ich... oh. Wann?
KATE: Wenn die Polizei fertig ist, nehme ich an.
TONY: Das... klingt vernünftig. (schließt die Bar wieder) Natürlich berechnen wir Ihnen nichts, wenn Sie sich in dieser schweren Stunde aus der Minibar bedienen.
KATE: Wie großzügig. Haben Sie der Person in Neapel etwas berechnet?
TONY: Die hat die Minibar gar nicht angerührt.
KATE: Das muss Sie erleichtert haben.
TONY: Nicht ganz. Ihr Mörder hat zwar alles in der Minibar gelassen, aber leider hat er die Minibar selbst dann benutzt, um damit sein Opfer... auf brutale Weise... (macht eine Geste, wie man jemandem etwas Schweres auf den Kopf haut) Er hat drei Anläufe gebraucht. Die Minibar konnten Sie dann natürlich wegschmeißen.
KATE: Und das Opfer?
TONY: Das auch.
KATE: (sieht ihn mit schiefem Kopf an)
TONY: Also tot.
KATE: Bessere Formulierung.
TONY: Ich weiß, danke.
KATE: Und das Badezimmer.
TONY: Versaut. Es war genau das Szenario, das man als Hotelbediensteter nicht erleben möchte.
KATE: Als Hotelgast auch nicht!
TONY: So hab ich das noch gar nicht betrachtet. Ja, vermutlich haben Sie recht. Vielleicht möchte man so etwas als Gast in einem Hotel wirklich nicht erleben.
KATE: Hat man den Mörder gefasst?
TONY: Natürlich. Und mit gefasst meine ich erschossen – und natürlich haben wir ihm die komplette Minibar in Rechnung gestellt, obwohl das gar nicht sein Zimmer war.
KATE: Das wird ihn sicher sehr geärgert haben.
TONY: Das denk ich auch. Außerdem hat man in seinem Koffer drei Handtücher und zwei Bademäntel aus dem Hotel gefunden.
KATE: Also Mörder und Dieb.
TONY: Da fragt man sich, was schlimmer ist.
KATE: Tut man das?
TONY: Wenn man in meiner Branche arbeitet, schon. Ich meine, wie oft finden Sie schon eine Leiche – aber wie oft wird was geklaut?!
KATE: Ich verstehe, was Sie meinen. Gab es noch andere Zwischenfälle?
TONY: Mit diesem Gast?
KATE: Mit Leichen!
TONY: Mehr als Sie sich vorstellen können. Wo auch immer ich arbeite, es gibt immer Blut und Tränen… und Leichen!
KATE: Da haben Sie ja eine ganze Menge erlebt.
TONY: Oh ja, das hab ich. Ich scheine das Pech anzuziehen.
KATE: Oder die Mörder.
TONY: Oder die. Und gerade, als ich gehofft hatte, es würde endlich aufhören… (wird aufmerksam) Ist jemand im Bad?
KATE: Sie meinen, außer meinem Mann?!
TONY: Äh…
KATE: Die Inspektorin.
TONY: Der Zimmermädchen?
KATE: Der Polizei!
TONY: Inspektor Misses?!
KATE: Ja.
TONY: Oh! (erhebt sich) Dann… möchte ich nicht weiter stören. (geht zur Tür) Ach, sagen Sie ihr doch bitte, dass ihre Rechnung an der Rezeption auf sie wartet.
KATE: Ihre Rechnung?
TONY: Von gestern Abend. Für ihre Getränke. Bis später. (geht ab)
Szene 4
(Fliegender Wechsel: Während TONY abgeht, drängt sich ELODIE an ihm vorbei und kommt herein. Sie ist sehr fröhlich.)
ELODIE: (tritt auf) Wunderschönen guten Morgen, KATE!
KATE: Morgen, Elodie.
ELODIE: Ist das nicht ein wundervoller Tag?
KATE: Das hängt ein bisschen davon ab.
ELODIE: Wovon?
KATE: Ob man meinen Mann gemocht hat.
ELODIE: (ihr fällt es wieder ein) Ach, meine Güte, das hatte ich ganz vergessen. Dein Mann! Ist er immer noch…
KATE: Tot? Ja.
ELODIE: Oh.
KATE: Ich denke, da wird sich wohl auch nichts mehr dran ändern.
ELODIE: Meinst du nicht?
KATE: Die Medizin hat noch kein Mittel gegen Totheit gefunden, fürchte ich.
ELODIE: Da könnte man bestimmt Millionen mit verdienen.
KATE: Ja. Aber es würde Mord sehr unbefriedigend machen.
ELODIE: Da ist was dran. Mord? Meine Güte, war es denn Mord?
KATE: Hattest du den Eindruck, er wäre eines natürlichen Todes gestorben?
ELODIE: Ich hab gar keinen Eindruck, ich hab ganz schnell weggeguckt. Wie er da gelegen hat… Ich werd seinen Anblick wohl nie vergessen.
KATE: Du kommst schon darüber hinweg.
ELODIE: Meinst du?
KATE: Da bin ich sehr optimistisch.
ELODIE: Danke. Ich hab ja schon viele Männer gesehen.
KATE: Das glaub ich.
ELODIE: Auch in der Badewanne.
KATE: Das glaub ich auch.
ELODIE: Auch tot.
KATE: Das… Wirklich?
ELODIE: Doch. Ich bin nicht stolz drauf. Aber…
KATE: Du bist so gut im Bett, dass dir die Männer haufenweise wegsterben?
ELODIE: Nein, ich hab mal im Altenheim gearbeitet.
KATE: Oh.
ELODIE: Ich wollte immer einen alten, reichen Mann kennenlernen, den ich dann heiraten kann und der dann stirbt und mir alles vererbt.
KATE: Und?
ELODIE: Die sind alle zu früh gestorben. (öffnet die Minibar) Dein Kühlschrank ist kaputt.
KATE: Ich weiß.
ELODIE: (macht die Minibar zu)
KATE: Vielleicht solltest du dir ein neues Jagdgebiet suchen.
ELODIE: Das hab ich mir auch schon gedacht. Außerdem sind die im Altenheim auch selten so richtig reich. Weißt du, wie viele Jahre ich verschwendet hab, bis ich das rausgekriegt habe?
KATE: Ich kann’s mir vorstellen.
ELODIE: Also hab ich mir gesagt, ich muss offenblusiger sein.
KATE: Offenherziger.
ELODIE: Nein. (deutet auf ihren Ausschnitt) Obwohl es in dieselbe Richtung geht. Also, was wollen wir heute machen?
KATE: Ich weiß nicht, was du machen möchtest, aber ich habe schon etwas vor.
ELODIE: Und das wäre?
KATE: Trauern.
ELODIE: Ah. Weswegen?
KATE: (deutet Richtung Bad)
ELODIE: Ach so, ja, sicher. Das vergess ich immer. Mir ist so, als hätte ich ihn erst gestern noch gesehen.
KATE: Das hast du.
ELODIE: Bitte?
KATE: Du hast ihn erst gestern noch gesehen.
ELODIE: Ist ja nicht wahr. Wo?
KATE: Unten. Am Pool. In der Bar. Beim Mittagsessen. In der Bar. Beim Abendessen. In der Bar.
ELODIE: Er war viel in der Bar, oder?
KATE: Ja.
ELODIE: Meinst du, das hat ihn umgebracht?
KATE: Ich glaube, die Badewanne spricht da eine andere Sprache.
ELODIE: Er ist nicht ertrunken?
KATE: Nicht im Alkohol.
ELODIE: Und davon hatten wir eine ganze Menge. Also, wir waren an der Bar… Waren wir nicht alle an der Bar?
KATE: Ja.
ELODIE: Er auch?
KATE: Er auch.
ELODIE: Und dann hattet ihr diesen Streit und er ist aufs Zimmer gegangen, aber wir sind noch unten geblieben, weil die Stimmung so gut war, also abgesehen von eurem Streit und so. Und niemand wusste, dass er… woran ist er gestorben?
KATE: Mord.
ELODIE: Ist das ansteckend?
KATE: Kann man nie wissen.
ELODIE: Und man hat nicht vorher…
KATE: Es gab keine Anzeichen, wenn du das meinst.
ELODIE: Das ist immer am schlimmsten. Wenn so was ganz überraschend passiert. Gut, im Altenheim rechnet man ja mit so was, aber hier…
KATE: Tja, wenigstens erspart es mir, mich scheiden zu lassen.
ELODIE: Warum?
KATE: (seufzt)
ELODIE: Ach so, ja. Und jetzt?
KATE: Bring ich ihn unter die Erde.
ELODIE: Brauchst du mich dafür?
KATE: Nein, ich denke das schaff ich auch so.
ELODIE: Super. Ich bin auch nicht der Typ für…
KATE: Beerdigungen?
ELODIE: Ja. Oder darf man da im schwarzen Bikini hin?
KATE: Das sollte mich sehr wundern.
ELODIE: Schade. Ist bestimmt ne gute Gelegenheit, Männer kennenzulernen. Ledige Männer!
KATE: Ich wusste nicht, dass das für dich einen Unterschied macht.
ELODIE: Manchmal schon. Ich hab schlechte Erfahrungen als Geliebte gemacht.
KATE: Sind es die Arbeitszeiten?
ELODIE: Ja. Und man ist nicht versichert. (springt auf) Darf ich mal dein Bad benutzen?
KATE: Ähm…
ELODIE: Ich brauch auch nicht lange. Danke. (geht ab ins Bad, kurze Pause, schreit, tritt auf) Da ist…
KATE: Eine Leiche in der Wanne?
ELODIE: Eine Frau auf der Toilette!
KATE: Vielleicht seine Geliebte?
ELODIE: Hatte er noch eine?
KATE: Wer weiß?
ELODIE: Ich… nicht! Ich muss los. Auf Toilette. Bis später. (ab)
Szene 5
(Man hört HANK schon von draußen, noch bevor er überhaupt an die Tür klopft.)
HANK: (off) Ah, wie wär’s mit einer Melodie für Elodie? Nein? Gut, wir sehen uns beim Beachvolleyball. Und was ich da von dir sehen will – nein, nicht deinen knackigen Arsch. Ein knackiges Lächeln. Das hier ist ein Ort der guten Laune, und wenn ich’s euch einprügeln muss. (es klopft)
KATE: Herein.
HANK: (tritt auf) Was zieht die denn für ne Fresse?
KATE: Hat wohl was nicht verdaut.
HANK: Dabei war es noch nichtmal ihr Mann. Mein Beileid übrigens.
KATE: Danke, Hank.
HANK: (öffnet die Minibar) Hm. (schließt sie wieder)
KATE: Was führt dich hierher?
HANK: Soll ich ehrlich sein?
KATE: Bist du das sonst nicht?
HANK: Ich bin Animateur, ich sag den Leuten, was sie hören wollen. „Der Sport bekommt Ihnen, Mrs. Hammett.“ „Der neue Badeanzug steht Ihnen, Mrs. Chandler.“ „Seit man Ihr Gesicht geliftet hat, sehen Sie zehn Jahre jünger aus, Mrs. Christie.“ Lügen gehört zum Geschäft.
KATE: Schade.
HANK: Inwiefern?
KATE: Ich dachte eben noch, wie gut du in deinem Beruf bist.
HANK: Der Beste. (er versteht) Oh, du meintest das nicht als Kompliment.
KATE: Kann man nicht sagen.
HANK: Oh, sagen kann man alles, meine Liebe. Und wenn man es richtig macht, dann glauben es einem die Leute sogar,
KATE: Warum verkaufst du dann keine Gebrauchtwagen... oder führst irgendwo Friedensverhandlungen?
HANK: Zu wenig Knete, zu wenig Weiber.
KATE: Das glaub ich dir aufs Wort. Also was führt dich her?
HANK: Hatte ich dir schon gratuliert? Äh, konduliert?
KATE: Nur das letztere. Glaubst du, beides wäre angemessen?
HANK: Du weißt, dass ich deinen Mann kannte.
KATE: Ja.
HANK: Dann... lass ich das einfach mal offen. Bist du denn traurig? Du wirkst nicht traurig.
KATE: Ganz ehrlich, bei all der Hektik hatte ich noch keine Zeit für Trauer.
HANK: Meinst du, die kommt noch?
KATE: Wir haben viele Jahre miteinander verbracht.
HANK: Dann könnte es auch Freude sein. Und Befreiung.
KATE: Ich fang erstmal mit Trauer an und arbeite mich dann langsam da hin.
HANK: Das klingt vernünftig. (holt sein Handy raus) Es stört dich doch nicht.
KATE: Was?
HANK: (geht Richtung Bad) Ich wollte noch ein Abschiedsbild mit ihm machen. Du weißt, wie sehr er Photos geschätzt hat.
KATE: Ich weiß nicht...
HANK: Ich stell’s auch nicht online, wenn du das meinst. Jedenfalls nicht sofort. (geht ins Bad) Na, Alter, hast es dir ja ganz schön gemütlich gemacht. Oh. Hi! Sie müssen die Polizistin sein. Nett, Sie kennenzulernen. Es stört Sie doch nicht, oder? Nur ein kleines Selfie. Selfie mit Leiche. Das wär n guter Titel für nen Kriminalroman. (Klicken) Na, das sieht doch super aus. Ich darf ihn doch anfassen, oder? (Klicken) Super. Und jetzt mit Arm um die Schulter. (Klicken) Er macht das gut, oder? Ähm, wo Sie schonmal hier sind, Sie würden wohl nicht vielleicht... Ah, klasse. Und Cheeeeeese! (Klicken) Besten Dank. Wollen Sie auch mal? Soll ich Sie, mit ihm, für die Akten? Nein? Gut, wenn Sie Ihre Meinung ändern, sagen Sie bescheid. (tritt auf) So hab ich ihn noch nie erlebt.
KATE: So tot?
HANK: So ruhig. Das steht ihm gut, glaub mir. Wär er immer so gewesen...
KATE: Wäre er jetzt noch am Leben?
HANK: Schon möglich. Er sieht so merkwürdig aus.
KATE: Wie meinst du das?
HANK: Dem Anlass.... unangemessen gekleidet.
KATE: Du meinst, weil er in der Badewanne liegt und einen Schlafanzug an hat.
HANK: Ganz genau. Wirkt irgendwie unpassend.
KATE: Ich bin sicher, wäre er noch am Leben, es wäre ihm wirklich unangenehm.
HANK: Wahrscheinlich hätte er sich bei der Mördergewerkschaft beschwert. Also so ginge das nicht. Umbringen wäre ja eine Sache, aber auf eine so unschickliche Weise? Er hätt bestimmt n Rabatt rausgeschlagen.
KATE: Oder darauf bestanden, dass er nochmal umgebracht wird, aber diesmal anständig.
HANK: Ja, so war er. Bis auf das… Anständig! Schickes Kleid übrigens.
KATE: Ach ja?
HANK: Tut mir leid, Gewohnheit. Ja, du kannst anziehen, was du willst...
KATE: Es steht mir alles?
HANK: Nein, ich meine, du kannst anziehen, was du willst, du bist alt genug. (deutet Richtung Bad) Und du hast niemanden mehr, der dir da reinredet.
KATE: Du hattest wohl keine hohe Meinung von ihm.
HANK: Es gab nur eine Person, die eine wirklich hohe Meinung von ihm hatte.
KATE: Er selbst?!
HANK: Genau! Wirst du ihn vermissen?
KATE: Dafür müsste man ihn erstmal von hier entfernen.
HANK: Stimmt. (deutet Richtung Bad) Gehört die jetzt zur Standardeinrichtung?
KATE: Die Leiche? Oder die Polizistin?
HANK: Beides?
KATE: Ich hoffe nicht.
HANK: Tja, dann. (will zur Tür) Heute gibt es ein paar schöne Ausflüge.
KATE: Ich glaube, ich hab schon was anderes vor.
HANK: Beachvolleyball?
KATE: Trauern. Wenn man mich mal lässt.
HANK: Sei ehrlich, das willst du doch gar nicht. Schätzchen, dein Mann ist tot. Zeit, das Leben zu genießen. Wir sehen uns! (ab)
Szene 6
MISSES: (kommt aus dem Bad.) Hm.
KATE: Wie geht es meinem Mann?
MISSES: Wie geht es Ihrer Ehe.
KATE: Wie lange sind Sie schon verheiratet, Inspektor?
MISSES: 17 Jahre.
KATE: Gab es da nie Schwierigkeiten?
MISSES: Nicht während der Ehe.
KATE: Sondern?
MISSES: Vorher.
KATE: Wie das?
MISSES: Uns fehlte das Geld zum Heiraten.
KATE: Aber?
MISSES: Es... ergab sich eine Lösung. Seitdem sind wir glücklich verheiratet.
KATE: Meinen Glückwunsch.
MISSES: Danke.
KATE: Ich wünschte, meine Ehe wäre auch so verlaufen.
MISSES: Aber das ist sie offensichtlich nicht.
KATE: Kann man nicht sagen, nein. Sonst hätten Sie mehr Trauer von mir erlebt. Vielleicht sogar Tränen – und nicht welche der Freude.
MISSES: Sie wissen, wie Sie das wirken lässt?
KATE: Wie ein kaltherziges Miststück?!
MISSES: Könnte man so sagen.
KATE: Hätten Sie es wirklich vorgezogen, wenn ich Ihnen die trauernde Witwe vorgespielt hätte, und dann hätten Sie Stück für Stück mehr über meinen Mann erfahren, unsere Ehe, unsere Schwierigkeiten? Hätten Sie mich dann nicht erst recht verdächtigt?
MISSES: Oh, ich verdächtige Sie nicht, Mrs. Müller.
KATE: Ach nein?
MISSES: Nein.
KATE: Wie schön.
MISSES: Ich halte Sie für schuldig.
KATE: Oh. Weniger schön.
MISSES: Sie haben von Anfang an davon gesprochen, dass Ihr Mann ermordet worden ist, aber gibt es äußere Anzeichen dafür?
KATE: Naja...
MISSES: Er wurde nicht erschossen, nicht erstochen, nicht stranguliert. Es gibt keinerlei Anzeichen für äußere Verletzungen, kein Blut im Wasser oder im Bad. Er liegt einfach tot in der Wanne. Und wissen Sie was, ich möchte wetten, wenn die Autopsie abgeschlossen ist, wird man feststellen, dass er vergiftet worden ist.
KATE: Vergiftet?
MISSES: Oh ja, Mrs. Müller, vergiftet. Und das ist das, was ich wirklich peinlich finde. Denn Frauen morden immer mit Gift. Und wenn jemand vergiftet wurde, dann war es meist eine Frau. Und bei einem Ehemann seine Frau. Es ist ein verdammtes Klischee und das hasse ich daran am meisten.
KATE: Ähm...
MISSES: Also wenn es keine Anzeichen für einen Mord gibt, wieso sprechen Sie dann die ganze Zeit davon, dass er ermordet worden ist – es sei denn, Sie haben ihn selbst ermordet? (ruft) Roberts!
ROBERTS: (tritt auf) Ja, Inspektor?
MISSES: Verhaften Sie KATE Müller wegen des Mordes an Ihrem Mann.
BLACK
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