D E B R I S

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Das ist schon alles verlogen, als „Transfrau post OP“ übt man anscheinend nicht mehr den gleichen Reiz auf die Männer aus wie als „Transe pre OP“. Dieselben Männer die vorher nur allzu gerne mit mir in die „Kiste“ gesprungen wären, rümpfen jetzt eher die Nase und sehen in mir etwas „Abartiges“. Mal ganz abgesehen davon was die gleichen Männer denken und auch aussprechen würden wenn wir uns auf der Straße begegneten. Bei manchen dieser Männer die an den besagten Abenden Ihrer Phantasie freien Lauf ließen hätte mich schon einmal interessiert wie wohl die jeweiligen, Partner reagieren würde, wenn sie von dem „treiben“ Ihres Mannes erfahren täten.

Die Erkenntnis daraus hatte ich bereits oben beschrieben, aber jetzt ging ich noch einen Schritt weiter.

<< Marlene, Du musst ein „Monster“ sein!!! >>

Alles geriet also schon wieder in Bewegung und es kam leider noch so Vieles hinzu. Menschen verabschiedeten sich schon wieder einmal aus meinem Leben und zu allem Überfluss brach mir, wie bereits oben erwähnt, meine Ehe weg. Ich konnte mich einfach selbst nicht mehr ertragen und suchte nur noch nach Fluchtwegen. Die Option Lösungen zu suchen war für mich schon gar nicht mehr präsent.

Durch Zufall hörte ich dann wenig später in meinem neuen Hamburger S/M Lieblingsclub, von „DEBRIS“.

Es war eigentlich nur ein belangloses Nebengespräch das sich aber trotzdem verfestigte, eine ernsthafte Möglichkeit sich/mich zu entziehen? So verrückt der Gedanke auch war, umso klarer erschien mir die Möglichkeit der Verwirklichung desselben und der Wunsch endlich aufzugeben und „meinen Untergang zu zelebrieren“.

Ja, und abermals entwickelte sich eine Dynamik, die mich „gefangen“ nahm und die ich irgendwie auch gar nicht mehr stoppen wollte und konnte.

Außerdem baute ich auch, gerade durch die bevorstehende Trennung, einen immensen innerlichen Druck auf, dem ich nicht mehr standhalten konnte und so verfasste in diesem angeschlagenen Gemütszustand die folgenden Zeilen.

Mein Fest“

Heute Abend feiere ich ein Fest.

Der Tisch wird gedeckt sein mit Schmerz, Hilflosigkeit, und Trauer.

Der Weg zu diesem Fest führt durch einen Tunnel.

Ich werde ihn durchschreiten und der Boden besteht aus Schuld, Versuchung und Egoismus.

Dieser Tunnel ist mein Werk und ich werde ihn allein durchschreiten.

Da ist kein Fluchtweg und keine Nische, kein Licht und kein Geräusch. Ich bin in einer Neuen Welt.

Da sind Seen gefüllt von Tränen, Berge geformt aus Angst, Täler geschnitten aus Verzweiflung, Moore gefüllt mit Schuld und ein diffuses Licht der Hilflosigkeit.

Hier feiere ich heute Abend mein Fest.

Nackt, schutzlos und gebunden.

Hier ergebe ich mich im Schmerz.

Hier wird mir eine Wunde ins Fleisch geschlagen.

Wenn das Fest beendet ist, werde ich aufräumen und den Tisch neu decken.

Ich werde Zuversicht, Hoffnung und Stärke bitten an meiner Tafel Platz zu nehmen.

Die Seen der Tränen sollen Quellen der Hoffnung werden. Die Berge der Angst zu Ebenen der Zuversicht.

Die Moore der Schuld zu festem Boden der Vergebung und es soll erhellt sein durch das Licht meiner Klarheit.

Die entstandene Wunde werde ich versorgen und fürsorglich pflegen. Die Narbe, die ich mir erhoffe wird mein Begleiter werden. Sie wird sich bilden aus Mahnung, Erinnerung und Träumen.

Mit Angst stehe ich vor dem Eingang meines Tunnels und weiß, dass meine Welt auf mich wartet.

Der erste Schritt und alles beginnt. Der erste Schmerz und das Alte zerrinnt.

Meine Traurigkeit wird meine Schönheit sein und der empfangene Schmerz wird mein Schmuck werden.

Heute feiere ich mein Fest.

Doch damit nicht genug, ich setzte es auch um, ich wollte und musste den Druck unbedingt loswerden und bat einen guten Freund um Hilfe und Entlastung, die er mir auch gewährte.

Der anschließende Text beschreibt dieses, mein Erlebnis, das tatsächlich so stattgefunden hat.

Die reale Erzählung zu „Mein Fest“

Ich sitze im Kellergang auf der Couchgarnitur und warte. Warte das der „Bestrafungsraum“ frei wird. Ich warte und lausche, versuche zu erahnen wie lange es noch dauern wird bis die zwei vor mir dort ihre Session beendet haben. Es ist aber noch mehr als warten. Es ist der Versuch mich zu sammeln, zu konzentrieren auf das was vor mir liegen wird in diesem Raum. Was war nicht alles passiert?

Streit, eine Trennung, die im Raum steht und eine Last von Schuld und Vorwürfen, die auf mir lastet. Kein Ventil, keine Bewältigungsstrategie hat bis hierher gegriffen und dann, ja dann habe ich als letzte Alternative einen guten Freund um Entlastung gebeten. Alles ist besprochen, wenn der Raum frei wird, beginnt mein „spanking“, ein ganz spezielles. Eine Narbe soll entstehen, eine Erinnerung an Schuld und Verzweiflung und ja, auch zur Sühne. Ich sitze, warte, lausche und lasse mich gefangen nehmen von meinem Gefühl der Schuld und Bestrafung. Ich tauche ein in meine ureigenste Traurigkeit.

Die Geräusche im „Bestrafungsraum“ verändern sich. Es wird ungezwungen gesprochen, zusammengeräumt und Kleidung raschelt. Gut, es geht also gleich los. Ich schnappe mir mein Handtuch sowie meine Tasche und stelle mich schon einmal vor dem Vorhang, der auch als Sichtschutz dient. Das Paar verlässt den Raum. Man kennt sich und begrüßt sich, tauscht ein paar kurze Worte aus und dann betrete ich den Raum, „meinen Raum der Bestrafung“. Ich bin da, angekommen und weiß, dass Rob und Michaela auch gleich kommen werden. Ich weiß, es wird gleich beginnen. Ich schaue mich um und der Strafbock mit dem roten Kunstlederbezug erscheint mir viel größer, viel wuchtiger als sonst. Überhaupt, alles scheint größer und ja, auch bedrohlicher. Ich beginne das von mir noch schnell in der Stadt besorgte Verbandsmaterial auszupacken, Desinfektionsmittel, Kompressen, Verband, Wundpflaster, Salben... alles da. Meine Hand,- und Fußfesseln, die Halsfessel hatte ich bereits oben an Rob übergeben. Ich ordne meine Utensilien und auch mich selbst, fange an mich langsam zu entkleiden und auch die Bekleidung lege ich sorgsam und geordnet auf einem Stuhl ab.

So stehe ich bereits völlig nackt und schutzlos im Raum als die zwei eintreten. Ein kurzer Blickkontakt, kein Wort, nichts was den Moment zerstören könnte. Es ist alles besprochen und unsere Blicke, gefasst in Anteilnahme und Traurigkeit bestätigen uns noch ein letztes Mal in unserem einvernehmlichen Vorhaben. Rob öffnet seinen Koffer und beginnt mit seinen Vorbereitungen. Er verschiebt den Strafbock so, dass dieser jetzt nicht mehr mittig im Raum steht, sondern mit einem Ende auf das an der Wand befindliche Andreaskreuz stößt. Michaela hält Blickverbindung zu mir und Ihre Augen spiegeln mir Ihre Anteilnahme und ja, auch Sorge wider.

Ich habe das Gefühl irgend etwas machen zu müssen, mich in den bereits beginnenden Ablauf und das Erlebnis zu integrieren, ein Teil mit alldem zu werden. In diesen Gedanken lege ich mir meine Hand,- und Fußfesseln an, mein hochwertiges Fesselset, ein Geschenk meiner Frau zu meinem letzten Geburtstag, das sie mir mit den Worten überreichte

<< Damit die etwas länger halten >>

Das waren Ihre damaligen Worte. Welche Ironie, wenn ich daran denke was ich gerade vorhabe und warum ich es vorhabe.

Rob ist zwischenzeitlich wohl fertig geworden und steht an seinem Koffer. Sein Blick ruht auf mir. Ich beeile mich fertig zu werden und stelle mich wortlos vor den Strafbock. Mein ganzer Körper ist entspannt, ich atme ruhig und halte die Augen fest geschlossen. Entschlossen und mutig fühlt es sich an. Endlich spüre ich wieder diese Gefühle wie schön, „alte Bekannte“ geben sich die Ehre.

<< Seid willkommen und bleibt heute Nacht noch ein wenig bei mir. >>

Mein Kopf wird zur Brust geneigt und meine bereits übergebene Halsfessel schmiegt sich sanft um meinen Hals, fast zärtlich und behutsam. Zwar auf festen Sitz bedacht aber äußerst vorsichtig wird sie schließlich angezogen. Wenn Du wüsstest, was ich mit dieser Halsfessel bisher schon alles erlebt habe. Wenn Du wüsstest, was mir diese Fessel bedeutet. Wenn ich wirklich wüsste, was sie mir eigentlich tatsächlich bedeutet.

Robs Hände greifen in meine Hüfte und schieben mich näher an den Bock. Er richtet mich aus und seine flache Hand ruht nun auf meinem Rücken. Er drückt meinen Oberkörper leicht aber bestimmend in die Beuge und damit auf das rote Kunstleder. Meine Arme werden gestreckt, eng zusammen gebunden und auf Zug am Andreaskreuz fixiert. Die Hände sind nun ähnlich gefaltet wie zu einem Gebet, sollte ich beten. Um Zuspruch bitten oder mir Beistand erhoffen? Warum eigentlich nicht? Ich bitte und ich hoffe..., nur ein kleines stilles Gebet. Nun werden meine Beine im gleichen Winkel wie die Füße des Strafbock angestellt und ebenso wie zuvor die Arme, eng gebunden an dem Strafbock fixiert. Es fühlt sich an wie auf einer Streckbank. Niemals zuvor bin ich so fixiert worden, der ganze zu „bespielende“ Bereich ist unter Spannung. Das ist die totale Bewegungsunfähigkeit, lediglich die Handflächen kann ich leicht öffnen oder schließen.

 

<< Wir fangen an Marlene, ist das OK für Dich? >>

<< Ja bitte >>,

flüstere ich und hoffe ab jetzt nicht mehr sprechen zu müssen. Lediglich ein Gedanke,

<< „Herr Kapellmeister, ... Musik Bitte“ >>,

ein Lächeln huscht über mein Gesicht, „Hmmm“ wie schön“.

Gummihandschuhe werden übergestülpt. Ich kenne das Geräusch und weiß es einzuordnen, eindeutig. Ein Startpunkt. Die ersten Schläge kommen auch sofort, geführt mit der flachen Hand, in rascher Folge und immer wechselnd in ausgleichender „Gerechtigkeit“ zwischen linker und rechter Pobacke. Sie sind hart und klatschend. „WOW“, das tut schon heftig weh. Die Aufwärmphase? Wie wird das noch? Der gesamte „bespielbare Bereich“ wird klatschend vorbereitet, erst mit der Hand sowie einem Paddel (vermute ich zumindest) und ich beginne die Flächen zu erkennen die mich besonders in Anspruch nehmen werden. Noch wollte ich nicht stöhnen und nicht jammern. Alles Quatsch, das tut jetzt schon richtig weh und ich gebe meinem Schmerz seine ihm gebührende Stimme.

Noch nie habe ich eine solch schnelle Abfolge von Schlägen mit wechselnder Intensität auf ständig unterschiedlichen Körperpartien gespürt. Vom Po zum Oberschenkel zurück zum Po, Oberschenkel Innenseite zum Schulterblatt und dann alles immer im ausgleichenden Wechsel links und rechts, alles seitengleich, alles identisch. Ich versuche die einzelnen Schmerzreize zu spüren. Es ist sinnlos, die stetigen Wechsel sind zu schnell, ich komme nicht hinterher und gebe es auf. Meine Hände suchen Halt und zerren an der Fixierung. Aber da ist keine Entlastung möglich, einzig mein Kopf in seinen Bewegungen lässt neben meinem Stöhnen den Schmerz sichtbar werden.

<< Du Irre, was hast Du Dir da vorgenommen? >>

denke ich, aber schnell ist auch der zweite Gedanke da,

<< Leiden als Bestrafung! >>

und ich verbiete mir endgültig selbst den Mund, sowie diese ganzen unnötigen, überflüssigen Gedanken!

Es hört so plötzlich auf, wie es begonnen hat, einfach so. Stattdessen werden die malträtierten Körperteile von den vorher schlagenden Händen sanft ausgestrichen, ähnlich einer Massage mit sanftem, leichtem Druck aber auch nicht zu fest. Angenehm eben und ich entspanne alle Muskeln und genieße es. Es ist eher schon ein „Aufsaugen“ der Berührungen. Robs Hände streichen symmetrisch über die Arme bis zu meinen Händen, öffnen diese und greifen ineinander. Ein Händedruck, eine Geste, eine Symbolik der Verbundenheit des Gebenden zur Empfangenden. Eine Verbindung und Bestätigung über unser einvernehmliches Handeln.

<< Geht es Dir gut? >>, ich nicke stumm.

Das Beißstück eines Knebel schiebt sich vor meinen Mund und es bedarf keiner weiteren Worte. Ich nehme nur allzu gern das weiche Lederkissen zwischen meine Zähne auf und schiebe es passend in meinem Mund zurecht, bis es mittels seiner Lederriemen geschlossen wird. „Es fängt also jetzt erst an, aber wann ist jetzt?“. Jegliches Zeitgefühl ist mir abhanden gekommen. Kein Anhalt ...und dann die beruhigende Erkenntnis „völlig egal, es dauert so lange wie es dauert“ und ausreichend Zeit erscheint mir jetzt unendlich wichtig. Sie ist vorhanden die „ausreichende Zeit“. Es ist, als schöpften wir aus einem unendlichen Reservoir, als schenkte uns diese Nacht zusätzliche Stunden.

Quer über das Gesäß, mit Kraft geführt und ein stechendes Brennen über beide Pobacken!

<< Schei.... ein Rohrstock! >>

Trotz Knebel schreie ich unartikulierte Laute über den plötzlich auftretenden Schmerz. Durch den Rohrstock soll auch die Narbe auf dem Oberschenkel entstehen, zum Schluss, quasi als Krönung des Festes. Und trotz eigen auferlegtem Verbot wieder der Gedanke,

<< Marlene, du musst völlig irre sein. >>

Ähnlich wie beim Aufwärmen und Vorbereiten der Körperoberfläche erfolgt erneut ein Stakkato von Schlägen der verschiedensten Schlaginstrumente. Vom Rohrstock über die Gerte, Paddel, Flogger und Peitsche und noch soviel anderes, das ich nicht mehr erkannt habe und zum Teil auch gar nicht kenne. Immer unterbrochen von kleinen Pausen, mit der gezielten Ansprache meine Atmung zu kontrollieren, den Schmerz zu „atmen“, Kontrolle abzugeben um dann im Rhythmus des Leidens fortzufahren, fast prüfend, aber immer steigernd. Wie oft habe ich jetzt schon versucht zu schlucken, mich des Speichels zu entledigen? Völlig sinnlos.... er rinnt mir einfach aus den Mundwinkeln. Ich sabbere und es ist mir egal. Unglaublich...es ist mir echt egal!

Dann ist er da! Der Moment, den ich für heute eigentlich nicht wollte und auch gar nicht eingeplant hatte. Es ging mir schließlich um Strafe, Leid sowie Sühne und trotzdem stellt er sich ein. Auf einmal war es eine Peitsche die schlug, links, rechts, Gesäß, Rücken immer über Kreuz geführt, seitengleich belastend und einen heftigen Schmerzreiz auslösend. Unglaublich, es entweicht mir sämtliche Muskelspannung, ja ich werde sogar weich und empfange ohne den Ansatz einer Gegenwehr. Mein Körper nimmt nur noch auf und der Schmerz verändert sich. Ich tauche ein in den „Subspace“, meine Trance nimmt mich vollends und ganz in Besitz.

Die Atmung verliert ihre Spitzen, alles verändert sich, ich fühle mich unendlich entspannt und befreit. Rob scheint mich zu „lesen“. Seine Schläge und die ganz kurzen Pausen der Berührungen und des Zuspruchs sind sensibel gesteuert, Er hält mich in dieser Entspannung und Trance. Er steuert mich, aber noch einmal... das wollte ich gar nicht heute und jetzt... es ist einfach unglaublich schön.

Aber leider leider nicht ewig. Die letzten Schläge sind heftiger, ich schreie trotz Knebel ziemlich laut auf und winde mich in dem kleinen Rahmen, der mir zur Verfügung steht. Dann... Ruhe.... kein Schlag trifft mich mehr.

Doch der Schmerz wirkt nach. Körperregionen glühen förmlich und mein Atem beruhigt sich nur langsam. Hände streichen über meinen Rücken und versuchen mich zur Ruhe zu bringen, doch dieses Mal dauert es länger und ich brauche Zeit, viel Zeit. Die Fixierungen werden gelöst und mein Körper nimmt dankbar die Entspannung an. Ich glaube es waren tiefe Seufzer, die ich in diesem Moment ausgestoßen habe. Zu Ende ist es aber noch nicht. Das Highlight fehlt noch... die Krönung meines Festes... eine dauerhafte Narbe auf der Oberschenkel Außenseite. Meine Erinnerung, Mahnung und auch ein stilles Versprechen an mich selbst.

> Marlene, setze Dich auf! <

Wir nehmen uns Zeit. Zeit um einigermaßen den Kreislauf wieder zu stabilisieren, Zeit um die Atmung zu kontrollieren, ja einfach die Zeit um den „letzten Gang“ vorzubereiten.

> Kannst du Dich auf den Rücken legen? <, Ich kann.

> Rutsch etwas höher, die Oberschenkel müssen fest aufliegen. < Ja das müssen sie.

Ich spüre die Feuchtigkeit meines Speichel auf der Haut. Es müssen Unmengen sein die mir so, in dieser Position fixiert, etwas Kühlung verschaffen. Mein Kiefer zittert vor Erschöpfung angesichts der vielen vorher ausgestoßenen Laute. Und wieder meine stille Aufforderung,

<< Herr Kapellmeister, das nächste Stück bitte!!! >>.

Das letzte und endgültige. Es trifft mich nur rechts, denn nur das Stück Fleisch wird gebraucht. Nur rechts und mittig des Oberschenkels. Vorbereitung, feste, harte Schläge, die mir bereits die Tränen in die Augen treiben. Von den begleitenden Schreien ganz abgesehen, explodiere ich in Schmerzen. Rob ist gut zu mir und behält das Tempo bei.

<< Nur jetzt keine Pause bitte! >>

Den Einstieg bekäme ich nicht mehr hin. Der erste Schlag mit dem Rohrstock... nochmals eine Steigerung des Schmerzes. Kurzes Verharren... kurzes Überprüfen des Ergebnisses. Robs flache Hand auf meinem Becken zwingt mich auf die Liegefläche und es wiederholt sich noch VIERMAL. Das Seil an meinen Händen wird gelöst, meine Arme fallen einfach nur der Schwerkraft folgend nach unten. Ich bin fast ohnmächtig und zu keiner Reaktion mehr fähig.

> Ist gut, Marlene. Ist gut, es ist vorbei, sieht gut aus. <

Mein Gott, was beruhigen mich diese Worte. Rob richtet meinen Oberkörper auf und ich sehe das Ergebnis. Ein Lächeln... ich habe es geschafft und ja, was ich sehe gefällt mir. Arme umschließen mich, trösten mich und halten mich. Seine sanften Worte geben mir Halt und loben mich. Eine innere Wärme macht sich breit und ich genieße es aufgefangen zu werden. Fürsorglich versorgt Rob die Verletzungen und ich spüre Freude, Glück, Entlastung und eine unglaubliche Klarheit nimmt Besitz von mir.

Das war es, Alles gut! Drei Tage ist das jetzt her und leider werden die Einblutungen am Oberschenkel immer größer. Trotz aller Pflege und Schonung, sie wachsen und wachsen. Ich spüre keine Reue oder Sorge, nur ein Lächeln und Bestätigung, Zufriedenheit und Klarheit.

Ich stehe wieder alleine im gleichen Raum. Alles ist still und mein Blick durchstreift den Raum. Eine Gänsehaut überkommt mich und unweigerlich ergreift eine tiefe Zufriedenheit Besitz von mir und lässt mich „strahlen“. Noch ein Tag und dann gehe ich zum Arzt. Es ist egal, er wird es zwar leider nicht verstehen, aber egal.

Bei diesem Fest wurde Marlene Ihrer Naivität beraubt und es wird sie wachsen lassen, ankommen lassen in der Realität. Die Musik ist aus, das Licht gelöscht und zurückbleibt ein verwüsteter Festsaal. Aufräumen ist erst Morgen, Scherben zusammen kehren und Spuren beseitigen, morgen. Heute freue ich mich wieder auf Morgen.

So war es wirklich. Das war mein, Marlenes riesiger „Scherbenhaufen“ und ich wollte, konnte und hatte auch gar nicht mehr die Kraft einfach weiterzumachen und eine weitere Lebenslüge an die letzte anschließen zu lassen.

Letztendlich gab es für mich zwei Möglichkeiten:

1 Ich könnte mich weiterhin versuchen zu optimieren um so nah als eben möglich an das Original, nämlich einer „biologischen Frau“ heranzukommen.

2 Ich reduziere mich endgültig auf eine „Transe“.

Und da um mich herum ohnehin schon alles zerbrochen war, entschied ich mich für meinen ureigensten Untergang. Ich entschied mich also in aller Klarheit, meinen Untergang zu zelebrieren!

<< Wenn Du nichts mehr hast, dann kannst Du auch nichts mehr verlieren um das Du nochmals, jemals trauern müsstest.>>

„Jetzt geh einfach los Marlene, los los mache Deine ersten Schritte.“

Die Entscheidung in meinem „richtigen“ Geschlecht zu leben war die beste Entscheidung meines Lebens.

Die Entscheidung in meinem „richtigen“ Geschlecht zu leben war die schlechteste Entscheidung für mein Leben.