Buch lesen: «Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung»
Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung
Die Genehmigung der
Vorteilsannahme und der
Vorteilsgewährung
von
Marius Leven
eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH
Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung › Herausgeber
Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht
Herausgegeben von
Prof. Dr. Mark Deiters, Münster
Prof. Dr. Thomas Rotsch, Gießen
Prof. Dr. Mark Zöller, Trier
Impressum
Impressum
Erster Berichterstatter: Prof. Dr. Mark Deiters
Zweiter Berichterstatter: Prof. Dr. Ulrich Stein
Dekan: Prof. Dr. Thomas Hoeren
Tag der mündlichen Prüfung: 26.11.2013
D 6
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
ISBN 978-3-8114-3861-3
E-Mail: kundenservice@hjr-verlag.de
Telefon: +49 6221/489-555
Telefax: +49 6221/489-410
(c) 2014 C.F. Müller, eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH
Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg
Zugl.: Münster (Westf.) Univ., Diss. der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, 2012
www.cfmueller.de www.hjr-verlag.de
Hinweis des Verlages zum Urheberrecht und Digitalen Rechtemanagement (DRM) Der Verlag räumt Ihnen mit dem Kauf des ebooks das Recht ein, die Inhalte im Rahmen des geltenden Urheberrechts zu nutzen. Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag schützt seine ebooks vor Missbrauch des Urheberrechts durch ein digitales Rechtemanagement. Bei Kauf im Webshop des Verlages werden die ebooks mit einem nicht sichtbaren digitalen Wasserzeichen individuell pro Nutzer signiert. Bei Kauf in anderen ebook-Webshops erfolgt die Signatur durch die Shopbetreiber. Angaben zu diesem DRM finden Sie auf den Seiten der jeweiligen Anbieter.
Vorwort
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2013 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Die Arbeit wurde im Wesentlichen in den Jahren 2010 bis 2013 fertiggestellt und bezieht Rechtsprechung, Literatur und Rechtsnormen bis Dezember 2012 ein.
Angeregt wurde das Thema dieser Arbeit durch meinen Doktorvater Herrn Prof. Mark Deiters, der das Projekt in der Folge nicht nur hervorragend betreut, sondern mir wie selbstverständlich zahlreiche Chancen und Möglichkeiten eröffnet hat. Ihm gilt deshalb mein besonderer Dank.
Danken möchte ich auch Prof. Frister für die Zeit am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Juristischen Fakultät der HHU Düsseldorf, auf dessen Unterstützung ich ebenso selbstverständlich zählen konnte. Prof. Ulrich Stein danke ich für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Ebenso bedanke ich mich sehr herzlich bei Prof. Mark Deiters, Prof. Thomas Rotsch und Prof. Mark Zöller für die Aufnahme in diese Schriftenreihe.
Daneben gilt ein großer Dank meinen Freunden aus Essen, Münster, Düsseldorf und dem Rest der Welt, die mich bei alledem begleitet und bedingungslos unterstützt haben (besondere Hervorhebungen wären an dieser Stelle ungerecht).Widmen möchte ich diese Arbeit aber den übrigen Levens und da besonders meinen Eltern, Thomas und Marianne Leven, die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Einfach „Danke“ dafür!
Münster/Essen im Juni 2014 Marius Leven
Meinen Eltern
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Teil 1 Einleitung und Gang der Untersuchung
Teil 2 Die Genehmigung der Vorteilsannahme, § 331 Abs. 3 StGB
A.Die vorherige Genehmigung der Vorteilsannahme, § 331 Abs. 3 1. Var. StGB
I.Die formellen Genehmigungsvoraussetzungen
1.Die Zuständigkeit der genehmigenden Behörde
2.Die weiteren Verfahrens- und Formanforderungen
II.Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen
1.Die genehmigungsfähigen Tathandlungen
2.Handeln der zuständigen Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse
a)Die Einhaltung des dienstrechtlichen Befugnisrahmens
b)Die Überschreitung der behördlichen Befugnisse
aa)Der Stand in der strafrechtlichen Literatur
(1)Die Verwaltungsrechtsakzessorietät des § 331 Abs. 3 StGB
(2)Die Verwaltungsaktsakzessorietät des § 331 Abs. 3 StGB
(3)Der Ansatz Hardtungs
(4)Zwischenergebnis
bb)Die Begründungen in der strafrechtlichen Literatur
(1)Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung
(2)Der Grundsatz der Normklarheit und der Bestimmtheit
(a)Die Aussage der Grundsätze
(b)Die Bestimmtheit des § 331 Abs. 3 StGB
(c)Die Klarheit des § 331 Abs. 3 StGB
(3)Das Vertrauen des Vorteilsnehmers in die Beständigkeit verwaltungsrechtlich wirksamer Genehmigungen
(4)Zwischenergebnis
cc)Der Vorrang der Auslegung
dd)Der behördliche Befugnisrahmen
(1)Die behördlichen Befugnisse im Verwaltungsvollstreckungsrecht
(2)Die Konkretisierung der Genehmigungsbefugnisse durch behördliches Innenrecht
(3)Die strafrichterliche Kontrolle der Genehmigung
(4)Zwischenergebnis
ee)Die allgemeinen Ermessensgrenzen als mögliche Grenze der behördlichen Genehmigungsbefugnisse
ff)Zwischenergebnis
3.Die Konsequenzen der Auslegung
a)„Generalklauselartige“ Beschränkungen der Genehmigungsmöglichkeit in den Richtlinien
b)Konkrete Beschränkungen der Genehmigungsmöglichkeit in den Richtlinien
c)Das Fehlen von Richtlinien
d)Zwischenergebnis
4.Die „generelle Genehmigung“ geringwertiger Zuwendungen
III.Zusammenfassung
B.Die nachträgliche Genehmigung der Vorteilsannahme, § 331 Abs. 3 2. Var. StGB
I.Einwände gegen eine der Vorteilsannahme nachfolgende Genehmigungsmöglichkeit
1.Unvereinbarkeit mit den Vorschriften des öffentlichen Dienstrechts
2.Keine rückwirkende Legalisierung der Vorteilsannahme
II.Die Genehmigungsvoraussetzungen des § 331 Abs. 3 2. Var. StGB
1.Die vorherige Annahme des Vorteils
a)Die Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Begriff der Vorteilsannahme
b)Keine Genehmigung nach der Tatbestandsverwirklichung
c)Zwischenergebnis
2.Die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige des vorläufig angenommenen Vorteils
3.Das Verbot der Verfügung und des Verbrauchs
4.Die Einhaltung der dienstrechtlichen Genehmigungsbefugnisse
5.Zwischenergebnis
C.Die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der „vorläufigen Annahme“ eines Vorteils
D.Die nachträglich erteilte Genehmigung
E.Zusammenfassung
F.Übersicht 1 – Voraussetzungen der Genehmigung der Vorteilsannahme
Teil 3 Die Genehmigung der Vorteilsgewährung, § 333 Abs. 3 StGB
A.Die Spiegelbildlichkeit der §§ 331, 333 StGB
B.Die vorherige Genehmigung der Vorteilsgewährung, § 333 Abs. 3 1. Var. StGB
C.Die nachträgliche Genehmigung der Vorteilsgewährung, § 333 Abs. 3 2. Var. StGB
D.Die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit des Abwartens der Genehmigung für den Vorteilsgeber
E.Zusammenfassung
F.Übersicht 2 – Voraussetzungen der Genehmigung der Vorteilsgewährung
Teil 4 Die Genehmigung des Sichversprechenlassens, des Versprechens und des Anbietens eines Vorteils, §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB
A.Das Verhältnis zwischen den Tatmodalitäten der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB
B.Die Genehmigung des Sichversprechenlassens eines Vorteils, § 331 Abs. 3 StGB
I.Keine „isolierte“ Genehmigung des Sichversprechenlassens eines Vorteils
II.Die Genehmigungsvoraussetzungen im Einzelnen
C.Die Genehmigung des Anbietens und des Versprechens eines Vorteils, § 333 Abs. 3 StGB
D.Zusammenfassung
E.Übersicht 3 – Voraussetzungen der Genehmigung des Sichversprechenlassens, des Versprechens und des Anbietens eines Vorteils
Teil 5 Die rechtsmissbräuchlich erlangte Genehmigung
Teil 6 Fazit
Literaturverzeichnis
A.Verzeichnis unveröffentlichter Quellen
B.Verzeichnis veröffentlichter Quellen
C.Verzeichnis der Internetquellen
Stichwortverzeichnis
Teil 1 Einleitung und Gang der Untersuchung
Teil 1 Einleitung und Gang der Untersuchung
1
Die Bestechungsdelikte der §§ 331 ff. StGB stehen seit jeher im besonderen Interesse der Strafrechtswissenschaft. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung reicht von dem bis heute umstrittenen Schutzgut der §§ 331 ff. StGB[1], über den Amtsträgerbegriff des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, bis hin zu den Voraussetzungen der zwischen Vorteilsgeber und -nehmer zu schließenden „Unrechtsvereinbarung“[2]. Genährt wurden die Diskussionen in der Vergangenheit durch das wiederholte Bestreben des Gesetzgebers nach einer möglichst effektiven und vor allem umfassenden Korruptionsbekämpfung. Die §§ 331 ff. StGB unterliegen deshalb bis heute einer steten gesetzgeberischen Fortentwicklung.[3] Beispielhaft für die letzte Erweiterung der §§ 331 ff. StGB steht das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997.[4] Der Gesetzgeber erweiterte die Straftatbestände der §§ 331-334 StGB auf Tatbestandsebene zunächst um sog. „Drittvorteile“, also um solche Vorteile, die der Amtsträger nicht für sich, sondern für einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Weiter wurden im Rahmen der §§ 331, 333 StGB die Anforderungen an die zwischen Vorteilsgeber und -nehmer zu schließende Unrechtsvereinbarung gelockert. Ein Vorteil muss seitdem nicht mehr für eine bestimmte Diensthandlung, sondern nur noch allgemein für die Dienstausübung bestimmt sein. Zudem stellt § 333 StGB nunmehr spiegelbildlich zu den Tathandlungen der Vorteilsannahme die entsprechenden Formen der Vorteilsgewährung, also neben der Gewährung auch das Anbieten oder Versprechen eines Vorteils für die Dienstausübung unter Strafe. Gleichzeitig wurde der Strafrahmen der §§ 331-334 StGB verschärft. Statt mit bis zu zwei werden die Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung (§§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB) heute mit bis zu drei, im Fall eines Richter oder Schiedsrichters (§§ 331 Abs. 2, 333 Abs. 2 StGB) sogar mit bis zu fünf statt bislang bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Allerdings hat nicht nur der Gesetzgeber die Diskussionen über die §§ 331 ff. StGB lebendig gehalten. So kam dem Bundesgerichtshof mehrfach die Aufgabe zu, die legislatorisch zu weit geratenen Strafbarkeitsgrenzen der §§ 331 ff. StGB neu zu ziehen und ein allgemein für nicht strafwürdig oder -bedürftig erachtetes Verhalten aus dem weit geratenen Anwendungsbereich tatbestandsmäßigen Verhaltens wieder auszuschließen.[5]
2
Angesichts dieser Entwicklungen überrascht es, dass die in den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB geregelte Genehmigungsmöglichkeit bislang wenig Beachtung erfahren hat. Die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB enthalten die einzige gesetzlich geregelte Ausnahme von dem Verbot der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung. Die Vorschriften wurden bereits durch das EGStGB vom 2. März 1974[6] in das Strafgesetzbuch aufgenommen und sind in der Folge nicht wieder in das Interesse des Gesetzgebers gerückt. Im Hinblick auf die in der Zwischenzeit ergriffenen Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen des Gesetzgebers ist dieser Umstand beachtenswert. Überhaupt fällt auf, dass der in den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB statuierte Genehmigungsvorbehalt in der Rechtsprechung sowie in der strafrechtlichen Literatur nur vereinzelt zu Diskussionen geführt hat. Dabei hätte insbesondere die Entscheidung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs[7] in der sog. Poullain Affaire vom 10. März 1983 den Anstoß zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Genehmigungsvorschriften liefern können. Die an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs geäußerte Kritik[8] beschränkt sich jedoch weitgehend auf die rechtliche Behandlung der irrigen Annahme einer erlaubten Vorteilsannahme. Zu einer Debatte über die objektiven Voraussetzungen einer solchen Erlaubnis hat sie – soweit erkennbar – nicht geführt. Mehr Resonanz haben die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB schon im Rahmen der sog. „Drittmittelfälle“ erfahren.[9] In das Zentrum der Diskussion sind sie aber auch hier nicht gerückt, weil § 331 Abs. 3 StGB jedenfalls die Genehmigungsmöglichkeit für den Fall eines durch den Vorteilsnehmer geforderten Vorteils ausschließt, die hochschulrechtlich erwünschte Einwerbung von Drittmitteln jedoch vielfach eine ebensolche Forderung darstellt. Umso größer ist deshalb Hardtungs[10] Verdienst zu bewerten, der die grundlegenden Strukturen der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB erstmals einer umfassenden wissenschaftlichen Analyse unterzogen hat.
3
Im Hinblick auf die in den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB geregelte Möglichkeit einer behördlichen Genehmigung gilt mittlerweile als gesicherte Erkenntnis, dass die Genehmigung sowohl das Verbot der Vorteilsannahme als auch das der Vorteilsgewährung suspendieren kann. Die Genehmigung gestattet nicht bloß die Annahme des Vorteils, sondern entfaltet über ihren Adressaten hinaus zusätzliche („Dritt“-)Wirkung gegenüber dem Vorteilsgeber. Nach wie vor ungeklärt ist jedoch die – vom Gesetzgeber bei Einführung bewusst offen gelassene – Frage nach ihrer Rechtsnatur. Die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB sehen zwei Möglichkeiten einer behördlichen Genehmigung vor. Die „vorherige Genehmigung“ der Behörde (§§ 331 Abs. 3 1. Var. , 333 Abs. 3 1. Var. StGB) erlaubt dem Nehmer die Annahme und dem Geber die Gewährung des Vorteils. Sie wird deshalb überwiegend als ein Rechtfertigungs- oder Tatbestandsausschließungsgrund qualifiziert.[11] Daneben existiert eine „nachträgliche Genehmigungsmöglichkeit“ (§§ 331 Abs. 3 2. Var., 333 Abs. 3 2. Var. StGB). Insoweit gilt es als gefestigte Erkenntnis, dass eine „nachträgliche Genehmigung“ die Strafbarkeit der Beteiligten nicht rückwirkend beseitigen kann. Die der Tatbestandsverwirklichung nachfolgende Genehmigung wird aus diesem Grund überwiegend als ein Strafaufhebungsgrund bewertet.[12]
4
Die Frage nach der Rechtsnatur der Genehmigung wird im Folgenden allerdings keinen Schwerpunkt der Untersuchung bilden. Stattdessen wird der vorherigen Genehmigung der Behörde im Anschluss an die h.M. in der strafrechtlichen Literatur eine rechtfertigende Wirkung unterstellt. Eine tiefergehende Stellungnahme zur Rechtsnatur der Genehmigung soll schon deshalb unterbleiben, weil es in Bezug auf die vorherige Genehmigung vor dem Hintergrund der in der Literatur weithin anerkannten und in der folgenden Arbeit zugrunde gelegten sog. „Lehre vom Handlungs- und Erfolgsunrecht“[13] keinen Unterschied macht, ob die der tatbestandsmäßigen Handlung vorausgehende Genehmigung letztlich als ein Rechtfertigungs- oder aber als ein Tatbestandsausschließungsgrund qualifiziert wird. Zudem wird die Untersuchung im Hinblick auf die nachträgliche Genehmigungsmöglichkeit zeigen, dass die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB – entgegen der weitverbreiteten Ansicht in der strafrechtlichen Literatur – eine der Tatbestandsverwirklichung nachfolgende Genehmigung ausschließen. Die vorliegende Untersuchung wird aufzeigen, dass die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB bei genauer Betrachtung lediglich zwei Varianten einer der Tatbestandserfüllung vorausgehenden Genehmigungsmöglichkeit regeln. Schon deshalb sollen die in den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB aufgestellten Voraussetzungen einer erlaubten Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung in den Vordergrund gestellt werden. Die Analyse der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB wird zeigen, dass die Genehmigung – unabhängig von ihrer Rechtnatur – bereits in ihren Voraussetzungen keinesfalls als geklärt angesehen werden kann.
5
Gemäß der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB ist ein nach den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßiges Verhalten straflos, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils vorher genehmigt oder der Vorteilsnehmer unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt, wobei § 331 Abs. 3 StGB ausdrücklich klarstellt, dass der Vorteilsnehmer den Vorteil nicht gefordert haben darf. Offen bleibt aber bereits, innerhalb welchen „Rahmens“ die Behörde zur Erteilung der Genehmigung befugt sein soll. Ein erstes Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Genehmigungsbefugnisse der Behörde näher zu konturieren und die Bezüge der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB zu den außerstrafrechtlichen Rechtsquellen des öffentlichen Dienst- sowie denen des Verwaltungsverfahrensrechts herauszustellen. Neben der Frage, wie diese zueinander ins Verhältnis zusetzen sind, werden vor allem die in den jeweiligen behördeninternen Richtlinien statuierten Genehmigungsbefugnisse in den Blick genommen (Rn. 15 ff.).
6
Sind die formellen und materiellen Voraussetzungen der erlaubten Vorteilsannahme entwickelt, stellt sich im Folgenden die Frage nach dem Zeitpunkt ihrer Erteilung. Besondere Beachtung soll dem Umstand zuteilwerden, dass die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB zwar keine der Tatbestandsverwirklichung nachfolgende Genehmigungsmöglichkeit kennen, die Genehmigung aber gleichwohl im Anschluss an die Entgegennahme des Vorteils ergehen kann (Rn. 142 ff.). Im Anschluss daran bleibt zu erörtern, ob und wenn ja unter welchen Umständen ausnahmsweise auf das in den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB statuierte Erfordernis einer der Tatbestandsverwirklichung vorausgehenden Genehmigung verzichtet werden kann (Rn. 164 ff.).
7
Bis hierhin werden die Genehmigungsvoraussetzungen der Anschauung halber am Beispiel des § 331 Abs. 3 StGB in Bezug auf die tatbestandliche Annahme eines Vorteils entwickelt. In der Folge bedarf es deshalb der Übertragung der gewonnen Erkenntnisse auf die für die Vorteilsannahme unverzichtbare Gewährung des Vorteils. Es gilt zu zeigen, dass nur eine nach § 331 Abs. 3 StGB gegenüber dem Vorteilsnehmer wirksam erteilte Genehmigung der Vorteilsannahme auch zur Straflosigkeit des Vorteilsgebers führt (Rn. 182 ff.). Das Genehmigungserfordernis kann auch hier nur ausnahmsweise entfallen (Rn. 197 f.).
8
Ist das den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB zugrundeliegende Genehmigungskonzept im Hinblick auf die Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung entwickelt, gilt es dieses im Folgenden für die übrigen, in den §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB tatbestandlich erfassten Verhaltensweisen fruchtbar zu machen (Rn. 200 ff.). Die Genehmigung des Sichversprechenlassens, des Versprechens sowie des Anbietens eines Vorteils unterliegt einer gesonderten Betrachtung, weil die Genehmigung auf den ersten Blick unter geänderten Voraussetzungen ergeht. Bezugspunkt der Genehmigung sind nicht mehr allein die Zuwendung und die Annahme des Vorteils durch den Vorteilsnehmer. Gegenstand der Genehmigung ist zunächst ein der „Leistungserbringung“ vorgelagertes Verhalten der Beteiligten. Insoweit gilt es zu untersuchen, ob und wenn ja, wie sich dieser Umstand auf die Voraussetzungen ihrer Erteilung auswirkt (Rn. 200 ff.). Die Arbeit schließt mit der Frage, ob einer nach den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB zustande gekommenen Genehmigung die Anerkennung zu versagen ist, wenn sie im Vorfeld auf „rechtsmissbräuchliche“ Art und Weise erwirkt worden ist. Im Vordergrund steht dabei weniger die Frage, in welchen Fällen die Genehmigung auf „rechtsmissbräuchliche“ Weise erlangt wird. Vielmehr gilt es auch hier klarzustellen, dass die §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB eine befugte Genehmigungserteilung verlangen und die Genehmigungsfähigkeit der Vorteilsannahme im Einzelfall bereits aufgrund der Art und Weise des Zustandekommens der Genehmigung ausgeschlossen sein kann (Rn. 222 ff.).
9
Um das den Genehmigungsvorschriften der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB zugrunde liegende Regelungskonzept entwickeln zu können, muss sich die Arbeit in ihrem Umfang notwendigerweise beschränken. Deshalb wird die Untersuchung nur die objektiven Voraussetzungen der Genehmigungsmöglichkeit in den Blick nehmen. Zu den Anforderungen an den Vorsatz, zu Irrtumskonstellationen und der endgültigen strafrechtlichen Sicherstellung eines hinreichenden Vertrauensschutzes soll deshalb keine vertiefende Stellungnahme erfolgen. Die Arbeit wird sich ferner auf die Erteilung einer Genehmigung gegenüber Beamten beschränken. So lag den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB bei ihrer Einführung durch das EGStGB vom 2. März 1974 die Vorstellung von einer gegenüber Beamten zu erteilenden Genehmigung zugrunde. Allerdings wird sich zeigen, dass sich das Regelungskonzept der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB sinngemäß auf die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 a) 2. Var., Nr. 2 b) und Nr. 2 c) StGB genannten Amtsträger, die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten sowie die Soldaten der Bundeswehr übertragen und für neuartige Organisationsformen staatlicher Verwaltung fruchtbar machen lässt. Von der Untersuchung ausgenommen werden soll zuletzt die Frage, inwiefern der Dienstvorgesetzte seinen Untergebenen mit der Genehmigung zu einer rechtswidrigen Tat im Amt verleitet (§ 357 StGB).