Überlebt

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Das Schlimmste war das Campieren unter freien Himmel. Wenn es regnete, war das Lager eine Schlammwüste, alles klebte an den Füßen. Schlimmes spielte sich um die hastig ausgeschaufelten offenen Gruben zur Verrichtung der Notdurft ab. Fast jeden Tag mussten Tote aus den mit Fäkalien gefüllten Löchern geholt werden. Später wurden Holzkästen drüber gestellt, so dass keiner mehr hineinfallen konnte. Andere starben in ihren mit der Hand ausgebuddelten Erdhöhlen. Ich hatte das große Glück, noch die dreieckigen Zeltplanen und eine Decke zu besitzen. Die Suche nach ähnlichen Planen war erfolgreich. Mit zwei anderen Lagerinsassen, für mich völlig fremden Menschen, konnten wir jetzt ein Zelt bauen. Ein Stock wurde noch irgendwie organisiert. Jetzt waren wir wenigstens etwas geschützt und konnten nachts einigermaßen schlafen. Hier lernte ich erstmals Kleiderläuse kennen. Sie setzten sich besonders in Stricksachen fest, Jucken und Striemen auf der Haut waren die Folge. Man war den ganzen Tag mit Knacken beschäftigt. Eines schönen, trockenen Tages mussten wir uns alles ausziehen und auf die Erde legen. Anschließend wurden unsere Körper und die gesamte Kleidung mit einem weißen, staubförmigen Pulver eingenebelt. Wir sahen aus wie Mehlmänner.

Ende Juni 1945 übernahmen die Franzosen das Lager. Die Verpflegung wurde wesentlich schlechter, z.B. erhielten 20 Mann ein Vierpfund-Brot. Die Aufteilung mit einer gebastelten Waage führte zu unvorstellbaren Streitigkeiten. Außerdem fand jetzt auch eine weitere Selektierung der Insassen in den einzelnen Camps statt. Die über 16jährigen kamen nach Frankreich oder auch nach Belgien zur Zwangsarbeit in Kohlengruben oder in die Landwirtschaft.

Am 25. Juli 1945 wurde ich als 15jähriger entlassen. Nach Aushändigung des Entlassungsscheins konnte ich zu Fuß das Lager verlassen. Mit einem Kameraden machte ich mich auf den Weg. Mit dem Entlassungsschein konnte man alle Verkehrsmittel frei benutzen. Transporte in die damalige sowjetische Besatzungszone waren allerdings nicht möglich. Als wir aus dem Lager kamen, wurden wir von der Bevölkerung herzlich empfangen. Ich weiß noch, dass wir zu essen bekamen und jede Menge Wein direkt vom Fass. Das war unser Untergang. Völlig betrunken haben wir die erste Nacht im Straßengraben zugebracht. Wir sahen, wie deutsche Kriegsgefangene aus Norwegen in Marschkolonne auf der Straße vorbeigeführt und in das Gefangenenlager gebracht wurden. Die Wehrmachtsangehörigen schrien immerzu den am Straßenrand stehenden Frauen zu: „Poussiert ihr auch mit Negern?“ Wie wir später erfuhren, wurden die meisten von ihnen zu Zwangsarbeiten nach Belgien und Frankreich gebracht.

Vom Bahnhof Bretzenheim fuhren mein Kamerad und ich am 27. Juli 1945 mit der Bahn zunächst nach Frankfurt/Main. Da wir beide aus der besetzten Sowjetzone stammten, versuchten wir einen Zug nach Leipzig zu bekommen. Das war aber nicht möglich. Wir kamen nur bis Homberg in Hessen. Hier standen junge Mädchen am Bahnhof, die uns baten, ihnen bei der Ernte zu helfen. So kamen wir nach Appenrod. Zunächst war ich beim Bauer Leihmeister, später dann aber bei Bauer Büttner. Deren Söhne waren noch nicht heimgekehrt oder im Krieg gefallen.

Hier lernte ich erstmals das Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof kennen. Als erstes kam die Getreideernte. Da wurden auf den Feldern sogenannte Puppen, bestehend aus 8-10 Garben, aufgestellt. Wegen ungünstigen Wetters verzögerte sich die Abfuhr zum Bansen in der Scheune. Manche Ähren waren schon grün geworden und schlugen aus. Dann kam Grummet-Ernte. Mit Gabeln wurde das Heu auf Leiterwagen aufgeladen. Anschließend musste mit großen Rechen die Wiese geharkt werden. Es durfte nichts liegen bleiben. Dann ging es auf den Rübenacker. Die schwarzen Hände waren über Wochen nicht mehr sauber zu kriegen. In den Monaten Oktober/November wurden die in der Scheune liegenden Garben gedroschen. Hierzu wurde die von einer Dampfmaschine angetriebene Dreschmaschine von Bauernhof zu Bauernhof gefahren. Für das Dreschen wurden die Garben von Hand in Etappen zur Dreschmaschine befördert und eingegeben. Die angehängten Säcke an der Dreschmaschine, die jetzt voll mit Getreide waren, mussten auf den Boden des Wohnhauses getragen werden. Das war Schwerstarbeit. Das anfallende Stroh wurde zu Ballen gepresst und in der Scheune gestapelt. Bei dieser Drescharbeit gab es eine unheimliche Staubentwicklung. Für das Dreschen waren bis zu 25 Leute nötig, wobei sich die Bauern gegenseitig halfen. Beim Bauern Büttner war ich während der gesamten Zeit von September bis zu meiner Rückkehr Ende November nach Finsterwalde neben der Hilfe bei der Ernte für die Betreuung seiner etwa 15 Kühe und mehrerer Stück Jungvieh zuständig. Hierzu gehörten das Misten, Einbringen von neuer Streu, die Pflege der Kühe und vor allen Dingen das Melken. Ich habe viele bäuerliche Arbeiten gelernt, wollte aber trotzdem nie Landwirt werden.

Im Laufe des November 1945 bekam ich die erste Post von meiner Mutter aus Finsterwalde. Sie teilte mir mit, dass mein Vater am 8. November verstorben war. Ich versuchte, nun bald nach Hause zu kommen. Die Angst vor den Verhältnissen in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone war immer noch vorhanden. Trotz allem trat ich am 27. November 1945 die Heimreise vom Bahnhof Homberg mit der Bahn über Leipzig nach Finsterwalde an. Die Bahn fuhr damals in diese Richtung nicht sehr häufig. Mit dem Pferdefuhrwerk brachte man mich zum Bahnhof. Bauer Büttner, bei dem ich die ganze Zeit tätig war, gab mir ausreichend Verpflegung für unterwegs und als Geschenk für daheim mit.

In Finsterwalde bin ich gut angekommen, trotz der Kontrollen durch die Russen an der Grenze zur Zone. Die Freude bei meiner Mutter und den Verwandten war groß. Von dem Mitgebrachten konnten sich alle mal richtig satt essen. Am 1. Dezember 1945 begann meine Lehrzeit als Bau- und Möbeltischler beim Tischlermeister Karl Marx.

Eigentlich kannte ich meinen Vater nicht

Irene Hein *1930 Hausfrau

1936 bis 1946

Am 1. September 1930 wurden ich und mein Bruder Harry in Doberlug-Kirchhain geboren. Bis zu meinem 6. Lebensjahr wohnten wir in einem für damalige Verhältnisse schönen Zweifamilienhaus im 1. Stock. Mit ungefähr 4 Jahren kam ich gemeinsam mit meinem Zwillingsbruder in den Kindergarten. In Erinnerung ist mir geblieben, dass der Kakao immer angebrannt war, aber er musste getrunken werden.

1936 wurde ich eingeschult, ein halbes Jahr später zogen wir nach Finsterwalde. Mein Vater war als Postbeamter nach dort versetzt worden. In Finsterwalde ging ich bis 1945 in die Mädchenschule, ein für damalige Verhältnisse modernes Schulgebäude. Meine Klassenlehrerin war erst Fräulein Engelbrecht, in weiteren Schuljahren dann Fräulein Hoffmann. Sie war etwas korpulent und steckte ihre Hände immer zwischen Gürtel und Bauch. Handarbeitslehrerin war Frl. Bartsch. Bei schlechtem Benehmen oder Abgucken wurde man in die Ecke gestellt. Ich war eine gute Schülerin und hatte mit den Lehrern keine Probleme. Trotzdem war der Besuch einer höheren Schule nie ein Thema, da wir uns das nicht leisten konnten. Im letzten Kriegsjahr fiel oft der Unterricht aus, weil viele Lehrer an der Front waren. Der Pausenhof war mit vielen Bäumen bewachsen und sehr schön. Zur Schule gehörte eine große einstöckige Turnhalle, im Obergeschoss sogar mit einer kleinen Bühne. Turngeräte waren reichlich vorhanden. Neben der Turnhalle war ein großer, freier Platz, eingezäunt wie die ganze Schule. Er wurde als 2. Pausenhof genutzt oder für Turnübungen im Freien.

Mein Vater war seit 1940 in Dresden und später in Aussig (Sudetenland) bei der Post. Ich bin mit meiner Mutter und meinem Bruder in Finsterwalde geblieben und habe meinen Vater kaum gesehen. Er kam nur alle 2 Monate für ein Wochenende nach Hause. Meine einziger Urlaub war 1942 eine Bahnfahrt, um ihn in Aussig zu besuchen. Wir sind an der Elbe entlang gefahren und ich habe es sehr genossen. Mein Bruder durfte im Jahr zuvor diese Fahrt machen. Meine Mutter fuhr während des gesamten Krieges fast täglich etwa 15 km auf den Bauernhof Ihres Bruder in Krausnick. Ihr Bruder war als Soldat früh eingezogen worden und sie fühlte sich verpflichtet, in der Landwirtschaft zu helfen. Wir waren also tagsüber auf uns alleine gestellt. Sie brachte immer was zu essen mit und wenn es belegte Brote waren. Der Vorteil war also ein gute Verpflegung auch während der späteren Kriegswochen. Außerdem ging ich 2 Mal die Woche zu Studienrat Lemke, um im Haushalt zu helfen und mir ein bisschen Taschengeld zu verdienen.

Ab meinem 9. Lebensjahr war ich bei den Jungmädchen, einer Naziorganisation. Ich bin gerne hingegangen, weil wir schöne Ausflüge gemacht haben und gerne zusammen waren. Ein Bewusstsein über die Folgen des Krieges bekam ich eigentlich erst in den letzten Monaten des Krieges. Es gab häufiger Luftangriffe und über Berlin konnte man nachts die Christbäume (Brandbomben) sehen. Während der Luftangriffe mussten wir in der Schule in Gänge gehen, die sich unter dem Pausenhof befanden. Zu Hause sind wir in den Luftschutzkeller gegangen. Wir hatten immer Angst getroffen zu werden, denn dann wären wir verschüttet worden.

Mein Vater war noch im Januar 1945 eingezogen worden und befand sich an der Front. Anfang März 1945 feierten wir meine Konfirmation. Die Lebensmittel kamen von der Verwandtschaft aus Krausnick. Meine Mutter hatte ein wunderschönes Kleid für mich genäht. Im März 1945 kamen die Russen. Wir saßen im Keller und hatten ein weißes Tuch zum Fenster rausgehängt, ein Zeichen, dass wir uns ergeben wollten. Es passierte uns nichts. Die Uniform meines Vaters, der bei der SA war, hatten wir vorsorglich schon vorher im Garten vergraben. Im Mai 1945 mussten wir für unbestimmte Zeit unsere Wohnung den Russen überlassen. Wir sind dann 2 Straßen weiter bei einem Stiefbruder meiner Mutter untergekommen. Nach einigen Wochen konnten wir in unserer Wohnung zurück. Die Wohnung war verwüstet, alles war zerstört, nicht nur die Toilette war verschmutzt. Es sah aus, als wäre nach einem wüsten Gelage nichts aufgeräumt worden.

 

In dieser Zeit versteckte mich meine Mutter für einige Wochen gemeinsam mit 2 Nachbarsmädchen bei einem Kommunisten. Sie wollte mich vor Vergewaltigungen schützen. Die Kommunisten wurden von den Russen weitestgehend in Ruhe gelassen. Wir saßen in einem Stallgebäude unterm Dach und die Eltern brachten uns heimlich etwas zu essen. Wie wir das durchgehalten haben und wo wir auf die Toilette gegangen sind, weiß ich nicht mehr.

Viele arbeitsfähige Bürger von Finsterwalde mussten sich jeden Morgen auf dem Marktplatz einfinden und wurden einer Arbeit zugeteilt. Ich fuhr in einem zugigen, offenen Lastwagen einige Orte weiter. Dort mussten wir beim Abbau der Bahnschienen helfen, immer unter Aufsicht der Russen. Die Arbeit war sehr hart und schwer und ich hatte schnell Blasen an den Fußsohlen. Eines Tages wollte ich gemeinsam mit ein paar anderen Mädchen heimlich weglaufen. Wir kamen aber nicht weit, denn es wurde schnell bemerkt. Gemeinsam mit meiner Freundin Gerda konnte ich mich unerkannt wieder unter die Arbeitenden mischen. Alle, die erwischt wurden, wurden bestraft und mussten anschließend noch härter arbeiten.

Wenige Wochen später wurde ich einer kinderreichen Familie im Nachbarort als Haushaltshilfe und zur Kinderbetreuung zugeteilt. Der Vater war Kommunist, deshalb erhielt die Familie Unterstützung. 6 Monaten lang habe ich mit 5 Kindern gemeinsam in einer Kammer geschlafen. Es war für mich ganz schrecklich, die Unterkunft und das Essen waren sehr einfach. Freie Zeiten gab es nicht. Alle 14 Tage durfte ich am Sonntag einen halben Tag nach Hause, das war jedesmal ein Fußmarsch von 1 Stunde. Einmal hatte ich beim Einkauf die Zuckermarken der Familie verloren und meine Mutter musste unsere Marken für die Leute opfern. Das habe ich bis heute nicht vergessen.

Mein Vater war nach Kriegsende in russischer Gefangenschaft. Im Frühjahr 1946 kam er nach Hause. Er war für mich ein fremder Mann, da er im Krieg in Aussig und später an der Front war. Im Juni 1946 wurde meine Mutter von einem Auto angefahren und verstarb an den Folgen des Unfalls. Für mich und meinen Bruder brach eine sehr schwere Zeit an. Meine Vater holte eine frühere Arbeitskollegin aus der Tschechei, die ihm den Haushalt führte. Mein Bruder kam mit meinem Vater nicht zurecht und zog zu den Verwandten nach Krausnick. Auch die Haushaltshilfe verließ uns bald wieder. Also musste ich ab jetzt den Haushalt führen. Eigentlich wollte ich Kindergärtnerin werden, aber diesen Wunsch durfte ich nicht äußern, das hat meinen Vater nicht interessiert. Mein Vater durfte nicht mehr bei der Post arbeiten, weil er Beamter gewesen war. Er fand aber eine Stelle bei den Wasserwerken.

1947 bis 1951

Zwischenzeitlich hat meine Kusine Ausschau nach einer passenden Frau für meinen Vater gehalten. 1948 kam Gertrud zu uns und es klappte gut mit den beiden, da sie sich aus ihrer Kindheit kannten. Gertrud war Witwe und 1949 heirateten sie. Damit war ich im Haushalt entlastet.

1947 lernte ich Gerhard, meinen späteren Mann, kennen. Durch ihn kam ich an eine Arbeitsstelle, verdiente das erste Mal eigenes Geld und lernte nebenbei Stenografie und Schreibmaschine. Bis zu meiner Heirat 1952 lebte ich noch bei meinem Vater, fühlte mich aber nicht mehr wohl. Meinem Vater war mein Wohlergehen egal, ich fühlte mich in dieser Zeit bei Gerhard und seiner Mutter heimisch und aufgehoben. Ich habe bis zu meinem Umzug in den Westen 1956 bei der Kreisverwaltung in Finsterwalde im Amt für Jugendhilfe und Heimerziehung gearbeitet.

Acht geschenkte Jahre

Hans-Eberhard Weiss *1930 Dr. re r. nat. Physiker

Finsterwalder Flugtage 1938

Vom 29. bis 31. Juli 1938 veranstaltete der Hansa-Flugdienst in Verbindung mit der NS (Nationalsozialisten ) - Gemeinschaft Kraft durch Freude und dem Nationalsozialistischen Fliegerkorps Flugtage auf dem Schacksdorfer Flugplatz. Neben der Besichtigung von allerlei flugtechnischem Gerät hatten Besucher dieser Veranstaltung die Möglichkeit, gegen einen angemessenen Unkostenbeitrag, mit einem großen Messerschmitt-Hochdecker zu einem Flug über die Heimat aufzusteigen.

Schon Wochen vorher hatte der Niederlausitzer Anzeiger mit einem Preisausschreiben für Kinder und Jugendliche seine Leser auf dieses Ereignis eingestimmt und für die Gewinner, die zehn Fragen richtig zu beantworten hatten, 60 Freiflüge gestiftet. Die Antworten konnten aufmerksame Leser des Anzeigers kurz vor und nach der Veröffentlichung der Preisfragen in ihrer Zeitung finden. So war es nicht verwunderlich, dass weit mehr als sechzig Teilnehmer die Fragen richtig beantwortet hatten und über die Verteilung der Freiflugscheine per Los entschieden werden musste. In der Wochenend-Ausgabe vom 16./17. Juli erschien dann die Liste der glücklichen Gewinner.

In der Ausgabe vom 1. August beschrieb ein Reporter den Ausflug:

„Ach, war das schön, so und ähnlich hörte man die Aussteigenden sagen, und die vorher etwas ängstlichen Augen glänzten vor Freude über das Erlebte. Einen Jungen sah ich stolz eine sorgfältig zusammengelegte bräunliche Tüte aus der Tasche ziehen mit der Aufschrift Nicht aus dem Fenster werfen, schließen und auf den Boden stellen. Er nahm sie zum Andenken mit. Erwachsene und Kinder, die auf unsere Stadt und die Umgebung herabschauten, werden verstehen, wo das Glück der Flieger liegt, woher ihre Frische und die zuversichtliche Art, das Leben und die Welt zu sehen kommt.“

Die Fragen und die richtigen Antworten

Wer ist der Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe?

Generalfeldmarschall Hermann Göring

Wer führt das Nationalsozialistische Fliegerkorps?

Generalleutnant Christiansen

Wer war der Rote Kampfflieger? Manfred Freiherr von Richthofen

Seit wann besteht die Deutsche Lufthansa?

Seit 1926

Wie heißt Deutschlands größtes Landflugzeug?

Der "Große Dessauer"

Wieviel Stundenkilometer beträgt der deutsche Flugschnelligkeitsrekord?

634 Stundenkilometer

Wer stellte diesen Rekord auf?

General Udet

Wer ist deutscher Kunstflugmeister?

Feldwebel Falderbaum

Wie heißt Deutschlands erster weiblicher Flugkapitän?

Hanna Reitsch

Welcher Tag wurde zum Tag der deutschen Luftwaffe erklärt? Der 1. März

Der einmotorige Hochdecker vom Typ Messerschmitt M20 hatte einen wassergekühlten 12-Zylinder-BMW-Motor mit einer Leistung von 700 PS und beförderte mit 2 Mann Besatzung 10 Passagiere bis zu 1170 km weit. Er flog 190 km/h schnell, die maximale Flughöhe betrug 4800 m und die Fluggäste konnten während des Fluges, wie in einem Auto, die Fenster öffnen! Ein besonderer Luxus war die Bord-Toilette.

Mein selbstgebasteltes Radio 1940 bis 1944

Ich habe mich schon im Alter von knapp zehn Jahren für technische und naturwissenschaftliche Dinge interessiert. Meine Eltern schenkten mir zu Weihnachten mehrmals das technisches Jahrbuch Das Neue Universum, das ich mit viel Begeisterung las. Dann kamen alte Physikbücher mit Anweisungen für die Durchführung einfacher physikalischer Experimente dazu. Wie man mit einer rotierenden Schallplatte Hochspannung erzeugen oder mit zwei Pappbechern und einer langen Schnur telefonieren kann. Wie man eine Blechplatte zum Schwingen brachte, so dass sich daraufgestreutes Korkmehl zu wunderlichen Figuren arrangierte oder wie man mit einem Bleiglanzkristall, einer Drahtspule und einem aus Glimmerblättchen und Silberpapier gefertigten Kondensator Radiowellen empfangen konnte.

Später erstand mein Vater für mich ein dickes dreibändiges Lehrbuch der Rundfunktechnik, das ich gründlich studierte. Dabei lernte ich eine Menge und es war ein unbeschreibliches Erlebnis, als ich es zum ersten Mal schaffte, mit Hilfe von ein paar zusammengebettelten Bauteilen und mit Draht- und Blechstücken, die auf eine Zigarrenkiste montiert waren, eine Rundfunksendung zu empfangen. Dazu brauchte man keinen Netzanschluss und nicht einmal eine Batterie!

Mein Zimmer verwandelte sich bald in eine Werkstatt und die Empfangsqualität wurde immer besser, nicht zuletzt dank einer riesigen Antenne, die ich vom Giebel unseres Hauses bis zu einem benachbarten hohen Baum gespannt hatte. Der simple Kristalldetektor, mit dem man Radio hören konnte, wurde bald durch Besseres ersetzt. Ich lernte, wie man Rundfunkgeräte und Verstärker mit Vakuumröhren baut, gläsernen, glühlampenähnlichen Gebilden, aus denen die Luft abgepumpt war und in denen ein feiner Glühdraht und etliche passend geformte Bleche und Drahtnetze dafür sorgten, dass Musik und Sprache, die über die Rundfunkwellen vom fernen Sender ins Haus kamen, hörbar gemacht wurden. Eine faszinierende Sache. Heute haben Radios und andere elektronische Geräte keine Röhren mehr, deren Aufgabe haben Transistoren übernommen. Sie arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie mein alter Kristalldetektor funktionierte. Bald unternahm ich auch Sendeversuche, was streng verboten war. Ich war überglücklich, als mein Klassenkamerad Günter ein paar Häuser weiter die von mir ausgesandten Signale empfangen konnte.

Für das Abhören feindlicher Sender wurden während des Krieges empfindliche Strafen angedroht. Ab und zu kontrollierten Parteifunktionäre unangemeldet die Einstellung der Rundfunkgeräte in den Wohnungen, weshalb wir mit dem Volksempfänger in unserm Wohnzimmer immer nur den Großdeutschen Rundfunk hörten. Aber in meiner Bastelbude, in der sich kein Uneingeweihter zurechtfinden konnte, hörte ich regelmäßig die für Deutschland bestimmten Sendungen des BBC. Sie wurden mit einem Paukensignal angekündigt, das an das Eingangsmotiv von Beethovens Fünfter Symphonie erinnerte Bumm, bumm, bumm – bumm.

Hierbei mischte sich der Reiz, etwas streng Verbotenes zu tun, mit der Freude über das technisch Erreichte. Allerdings glaube ich nicht, dass die politischen Botschaften, die ich hörte, mich sehr beeindruckten. Unter dem Einfluss der pausenlos auf uns einhämmernden Nazi-Propaganda wäre es mir damals schon lieber gewesen, wenn die Deutschen gesiegt hätten! Die Eltern machten bald nachdenkliche Gesichter, aber sie hüteten sich natürlich in unserer Gegenwart vor defätistischen Äußerungen.

Es gab aber auch ganz praktische Nachrichten. Viel präziser als durch die offiziellen Wehrmachtsberichte erfuhr man durch den Feindsender, wie die Front verlief und wie schnell in den Jahren 1944/45 die alliierten Truppen im Osten und im Westen vorrückten.

BBC meldete genau, welche deutschen Städte in den letzten Stunden von englischen und amerikanischen Bombern angegriffen worden waren. Es gab Angst und Aufregung, als ich eines Abends hörte, dass der Stadtkern von Düsseldorf heftig bombardiert worden war. Da unser Vater an diesem Tag dienstlich in Düsseldorf zu tun hatte und in der Innenstadt wohnte, machten wir uns große Sorgen um ihn. Tatsächlich konnte er sich nur mit Mühe unverletzt aus dem zugeschütteten Keller seines völlig zerstörten Hotels retten.

In der HJ, einer politischen Jugendorganisation, musste damals jeder Junge mindestens einmal die Woche Dienst tun, um mit Uniform und militärischem Drill auf das Naziregime eingeschworen und auf das Militär vorbereitet zu werden. Für die Vierzehnjährigen gab es neben der allgemeinen HJ eine spezielle Flieger-HJ für spätere Jäger- und Bomberpiloten und eine Marine-HJ, in der künftige U-Bootfahrer gedrillt wurden.

Ich kam 1944 in die Nachrichten-HJ, wo Funker und Telefonisten für ihren Dienst in der Wehrmacht geschult werden sollten. Hier sah ich endlich all die Technik, von der ich so viel gelesen hatte: Telefone und Funkgeräte, Peilsender und Morsetasten. Erfahrene Fachleute zeigten uns nicht nur, wie man die Geräte bedient, sondern auch wie sie funktionieren. Ich muss gestehen, dass ich immer gern in diesen Dienst gegangen bin. Ich wurde mit einigen anderen im Juli 1944 für drei Wochen in eine Funkerschule der Wehrmacht nach Dievenow an der Odermündung geschickt. Ich beherrsche das Morsealphabet, das man uns dort eingebläut hat, noch heute.

Nach dem Einmarsch der Roten Armee mussten alle Rundfunkgeräte abgeliefert werden. Die Radiobastelei wurde eingestellt, das obere Stockwerk unseres Hauses, in dem ich mein Quartier hatte, wurde vorübergehend mit befreiten Ostarbeitern belegt. Aber das Interesse an der Radiotechnik blieb wach und half später sogar eine Zeitlang beim Aufbessern unserer kärglichen Lebensmittelrationen.

 

Acht geschenkte Jahre 1945

Es war das Frühjahr 1945, der Krieg näherte sich seinem Ende. Die Russen standen an der Oder, die Amerikaner und ihre Verbündeten hatten den Rhein überschritten, der Krieg aus der Luft hatte ein unvorstellbares Ausmaß angenommen. Keine größere Stadt war von Bombenangriffen verschont geblieben. Die Zentren der Großstädte waren schon weitgehend zerstört.

Dabei hatte 1939 alles so glorreich angefangen. Deutsche Truppen hatten die überraschten Polen in weniger als drei Wochen überrannt, Frankreich wurde in nicht einmal zwei Monate besiegt und dabei waren Holland, Belgien und Luxemburg gleich mit eingenommen worden. Mit Dänemark und Norwegen wurde kurzer Prozess gemacht, auf dem Balkan und in Griechenland standen deutsche Truppen und die Panzerarmeen des Generalfeldmarschalls Rommel jagten die Engländer durch den nordafrikanischen Wüstensand. Siege allenthalben. Hermann Göring, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, erklärte, er wolle Meier heißen, wenn auch nur ein feindliches Flugzeug in den deutschen Luftraum eindringen sollte. Er schickte dafür seine Bomber nach Holland und England, um Rotterdam und Coventry auszuradieren, wobei Tausende Zivilisten ums Leben kamen.

Doch als die größenwahnsinnigen deutschen Führer 1941 auch noch Russland überfielen und den fernen Vereinigten Staaten den Krieg erklärten, wendete sich das Blatt. Göring wünschte, er hätte sein großmäuliges Versprechen nie gegeben. Denn jetzt nahmen die Alliierten blutige Rache für Coventry. Ihre Bombergeschwader luden Tonnen um Tonnen ihrer tödlichen Fracht auf deutsche Städte ab. Zunächst nur bei Nacht und deshalb galt in Deutschland ein striktes Verdunkelungsgebot. Alle Fenster mussten lichtdichte Läden oder Jalousien haben. Die Straßenlampen wurden gelöscht. Die Autos bekamen schwarze Hauben mit schmalen Schlitzen über die Scheinwerfer gestülpt, durch die nur ein schwacher Lichtschimmer auf die Fahrbahn fiel. Sehr populär wurden Leuchtplaketten zum Anstecken, die ein ganz schwaches Licht verbreiteten und vor unbeabsichtigtem Anrempeln auf den unbeleuchteten Straßen einigermaßen schützten.

Die alliierten Bomber fanden ihren Weg auch ohne Lichter vom Boden mit Hilfe von Funk- und Radar-Signalen. Die deutsche Luftabwehr versuchte sich ihrer mit Jagdflugzeugen und Flugabwehrkanonen zu erwehren. Doch die Übermacht war zu groß. Ab 1944 gab es kaum noch Jagdflugzeuge, und die Flak-Geschütze konnten nicht mehr viel ausrichten. Sie wurden von sechzehn- bis siebzehnjährigen Jungen bedient, weil die erfahrenen Kanoniere an der Front gebraucht wurden.

Es gab ein ausgeklügeltes Warnsystem, dem man folgen musste, um vor den Bomben einigermaßen geschützt zu sein. Zunächst kamen über Drahtfunk Luftlageberichte. Eine monotone Stimme verkündete im Radio, dass zum Beispiel feindliche Verbände im Anflug auf Berlin seien. Nach einer Weile gab es Voralarm, drei lang gezogene Sirenentöne. Wenn das während der Schulzeit passierte, wurde der Unterricht abgebrochen und wir mussten nach Hause rennen. In den Fabriken liefen nur noch die wichtigsten Maschinen, die Menschen flüchteten von den Straßen in die Häuser. Beim Hauptalarm, ein an- und abschwellendes Sirenengeheul, mussten die Schutzräume aufgesucht werden, die in jedem Haus eingerichtet waren. Wenn die Gefahr vorüber war, gab es Entwarnung, drei Minuten lang ein hoher Sirenenton.

Finsterwalde ist bis zum Frühjahr 1945 nie aus der Luft angegriffen worden, aber es gab oft Alarm. Manchmal waren wir neugierig und wagten uns trotz strenger Verbote an die Fenster oder sogar ins Freie. Ich habe die Bomber in den letzten Kriegsmonaten oft gesehen, wie sie in großer Höhe über unsere Stadt flogen, um eine chemische Fabrik im Süden von Finsterwalde zu bombardieren, in der aus Braunkohle Flugbenzin gemacht wurde. In den letzten Kriegswochen griffen tagsüber allerdings nicht nur Bomber die deutschen Städte an, sondern auch schnelle, tieffliegende, einsitzige Kampfflugzeuge. Sie kamen wie der Blitz vom Himmel, schossen auf alles, was sich auf Straßen und Feldern bewegte und donnerten wieder davon.

Im März 1945, kurz vor meinem fünfzehnten Geburtstag, standen meine Schwester Anneliese und ich an einem Sonntagmorgen im Garten vor unserem Haus. Plötzlich hörten wir weit in der Ferne Maschinengewehrfeuer. Es kam von Norden, und wir suchten verwundert nach der Ursache, als ein winziges silberglänzendes Ding am fernen Himmel auftauchte. Anneliese rief: „Tiefflieger!“ und riss mich um die Hausecke. Das Ding war wenige Sekunden später schon bei uns und raste in etwa fünfzig Meter Höhe über unser Hausdach. Auf der Wiese, auf der wir gestanden hatten, sprang eine Erdfontäne hoch, dann hörte man nur noch das leiser werdende Geräusch des Fliegers. Im hölzernen Rahmen eines Fensters im ersten Stock unseres Hauses fanden wir später einen Metallsplitter, der stammte von der kleinen Granate, die aus der Bordkanone des Tieffliegers auf uns abgeschossen worden war.

Am 19. April, wenige Tage vor dem Einmarsch der Russen in Finsterwalde, gab es noch einmal Luftalarm. Ich erinnere mich noch genau an den sonnigen Frühlingstag. Bäume und Büsche blühten, die Vögel zwitscherten friedlich. Es war um die Mittagszeit, als meine Schwester und mich Motorengeräusche aus dem Haus lockten. Es kam aus nördlicher Richtung. Und dann sahen wir sie: zehn, zwanzig, fünfzig, vielleicht noch mehr silberne Flugzeuge, die in penibler Ordnung, ohne von Flak oder Jägern gestört zu werden, in großer Höhe über unsere Stadt flogen.

Sie flogen Richtung Südsüdwest, also nicht wie sonst zur Brabag (Braunkohle-Benzin-AG ). Das monotone Geräusch ihrer Motoren wurde immer stärker. Bis plötzlich in der Nähe Bomben einschlugen. Wie sich später herausstellte, riss eine einen gewaltigen Trichter in das Straßenpflaster. Eine Bombe explodierte unterhalb der Gleisböschung und richtete Dach- und Fensterschäden an. Ein Treffer zerstörte das Wohnhaus eines Malermeisters und tötete eine Umsiedlerin. Es blieb bei ein paar Krachern. Offenbar handelte es sich bei diesem Bombardement um einen Irrtum. Gemeint waren Bahnhof und Bahnanlagen im 20 km entfernten Elsterwerda, aber ein eifriger Bombenschütze hatte wohl, als er den Bahnhof von Finsterwalde unter sich sah, ein bisschen zu früh auf den Auslöseknopf gedrückt. Ich habe in Elsterwerda mit Leuten gesprochen, die sich noch nach über fünfzig Jahren mit Schaudern an diesen 19. April erinnern.

1945 ging der Krieg zu Ende, der ganz Europa ins Unglück gestürzt hatte. Die damaligen Führer Deutschlands hatten ihr Volk mit einer teuflischen Propaganda, mit Versprechungen und Drohungen dazu gebracht, gegen die halbe Welt zu Felde zu ziehen. Anfangs recht erfolgreich, aber als der Krieg dann in sein sechstes Jahr ging, standen die Armeen der Alliierten an der Oder und am Rhein. Das Ende war vorgezeichnet. Trotzdem trieben die Regierung und ihre verantwortungslosen Parteigänger die Bevölkerung in einen letzten verzweifelten Widerstand.

Ich war damals gerade fünfzehn Jahre alt geworden und gehörte, wie alle meine Altersgenossen, der Hitlerjugend an. Ende März 1945 wurde auch in Finsterwalde eine kleine Gruppe Hitlerjungen dazu abkommandiert, die Verteidigung des Reiches gegen die anrückenden Feinde und letztlich wohl auch eine Art Partisanenkrieg nach der Besetzung, vorzubereiten. Zu den Auserwählten in unserer Stadt gehörten außer mir noch etwa 20 Jungen im Alter von 14 bis 16 Jahren, worauf ich zu Anfang sogar noch stolz war. Diese Aktion lief allgemein unter der Bezeichnung Werwolf. Mein Vater sah unserem Treiben deutlich missbilligend aber vorerst schweigend zu.