Die Kichererbsen jagen die Wilddiebe

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Die Kichererbsen jagen die Wilddiebe
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Marianne Christmann Fuhr

Die Kichererbsen jagen die Wilddiebe

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Impressum neobooks

Kapitel 1

Die Sommerferien neigten sich ihrem Ende zu. In zwei Wochen sollte die Schule wieder beginnen. Die vier Freundinnen – die Kichererbsen, wie sie sich nannten – saßen in der Grillhütte, ihrem geheimen Treffpunkt im Wald und tauschten Neuigkeiten und Informationen aus. Sie hatten sich etwas zum Essen und Trinken mitgebracht und an ihrem Lieblingsplatz ein Picknick veranstaltet. Nun packten sie die Teller und Becher zusammen und verstauten alles in einem großen Rucksack, den Anne von ihrem Bruder bekommen hatte. Lutz hatte sich einen neuen gekauft und den alten, den er nun nicht mehr brauchte, Anne gegeben, da er wusste, dass sie und ihre Freundinnen solche Dinge immer für ihre Treffen in der Grillhütte verwenden konnten.

Nach dem Empfinden der Mädchen gingen die Sommerferien, wie immer, viel zu schnell vorbei und alle waren ein wenig traurig, dass nun bald wieder die Schule und damit auch die täglichen Hausaufgaben beginnen würden.

Gleich am Anfang der Sommerferien war Tina entführt worden, eigentlich ein Versehen, da es die beiden Männer auf Sara abgesehen hatten und nicht wussten, dass sie stattdessen Tina erwischt hatten. Doch dieses Ereignis war schon wieder in weite Ferne gerückt und nur noch eine Erinnerung.

„Ich habe gar keine Lust, wieder in die Schule zu gehen“, sagte Tina und seufzte.

„Wir auch nicht“, antworteten ihre Freundinnen, „aber leider muss es sein. Auch wenn wir es nicht wollen, können wir nichts daran ändern. Zum Glück bleiben uns ja noch zwei Wochen, die wir genießen können.“

Nach den Sommerferien kamen alle vier in die achte Klasse und sie waren gespannt, ob es neue Schüler oder Schülerinnen geben würde, die in ihre Klasse kamen.

„Lasst uns gehen“, sagte Anne und erhob sich.

Die Mädchen packten ihre restlichen Sachen zusammen, lasen alle Papierschnipsel und Krümel auf und verließen dann die Hütte. Sie schlossen die Tür und hängten das alte Vorhängeschloss davor, dessen Schlüssel sie dann wieder in seinem Versteck verwahrten. Dann machten sie sich auf den Weg zurück in die Stadt.

Kapitel 2

Lachend und schwatzend erreichten sie schließlich das Kino. Sie studierten den Plan über die Filme, der in einem Schaukasten vor der Tür angeschlagen war. Aber es war kein Film dabei, der sie wirklich interessierte.

„Bei dem schönen Wetter habe ich sowieso keine Lust, mich in ein dunkles Kino zu setzen. Das können wir im Winter immer noch machen“, meinte jetzt Anne.

„Richtig“, pflichtete ihr Lena bei, „wir sollten die herrlichen Tage noch genießen, wer weiß, wie lange sie noch anhalten werden.“

„Wollen wir uns noch ein Eis genehmigen?“, fragte Sara und sah in die Runde.

Ihre Freundinnen stimmten ihr begeistert zu. Die Eisdiele war wie immer knallvoll, aber schließlich entdeckten die vier noch einen freien Tisch ganz hinten im Lokal. Sie nahmen ihn sofort in Beschlag.

„Was kann ich den Signorinos bringen?“, fragte Giacomo, der Inhaber, der vor ihnen aufgetaucht war.

Die Mädchen gaben ihre Bestellungen auf. Dann sahen sie sich ein wenig in der Eisdiele um. An einem Tisch weiter vorne saßen Lutz und seine Freunde und jeder hatte einen riesigen Eisbecher vor sich stehen.

„Aber mich immer aufziehen, weil ich angeblich so viel esse“, maulte Tina, als sie ihren Bruder entdeckte, „seine Portion, die er da gerade verdrückt, kann sich auch sehen lassen.“

„Ältere Brüder sind so, das weißt du doch“, tröstete sie Anne, die sich ebenfalls öfter Frotzeleien von ihrem Bruder anhören musste.

„Ältere Schwestern sind aber auch nicht ohne“, steuerte nun Lena ihren Teil zu der Unterhaltung bei. „Die können einen auch ganz schön nerven.“

„Sei froh, Sara, dass du keine Geschwister hast, da hast du dir viele Nerven gespart.“

Sara lachte.

„Kann sein“, meinte sie dann, „aber manchmal wäre es doch ganz schön, Geschwister zu haben.“

„Hallo Lena“, vernahm man eine Stimme und als Lena sich umwandte, sah sie in das lachende Gesicht ihres Bruders Lukas.

Er und sein Freund Simon hatten jeder eine riesige Eiswaffel in der Hand.

„Wir haben uns nur schnell ein Eis geholt, weil es so heiß ist“, informierte er seine Schwester.

Die beiden Jungen strahlten um die Wette.

„Wir gehen dann wieder“, meinte Lukas und winkte seinem Freund, „komm, Simon, wir setzen uns draußen an den Springbrunnen, da ist es angenehm.“

Die beiden Freunde verließen die Eisdiele.

„Die halbe Stadt scheint hier zu sein und Eis zu essen“, bemerkte Sara und lachte.

„Die halbe?“, fragte Lena. „Die ganze Stadt trifft es wohl eher.“

Inzwischen hatte Giacomo ihre Bestellungen gebracht und die Mädchen widmeten sich voller Hingabe ihrem Eis. Einige Zeit sprach niemand ein Wort. Nachdem alle aufgegessen hatten, zahlten sie und verließen dann zufrieden und satt die Eisdiele. Nach der angenehmen Temperatur im Eiscafé war es draußen brütend heiß. Schon nach kurzer Zeit waren die Freundinnen wieder nass geschwitzt.

 

„Uff, ist das heiß“, stöhnte Anne, „die ganze Erfrischung durch das Eis ist schon wieder weg.“

Kapitel 3

Die Freundinnen gingen zum Springbrunnen, um sich dort etwas Kühlung zu verschaffen. Aber das Wasser, das aus den verschiedenen Hähnen kam, war lauwarm und nicht wirklich erfrischend.

„Wollten Lukas und Simon nicht hierher zum Brunnen gehen?“, fragte nun Lena und sah sich suchend nach ihrem Bruder und dessen Freund um.

„Wahrscheinlich sind sie schon wieder weg“, meinte nun Anne. „Seht mal, da“, fügte Anne hinzu und zeigte in die Richtung, die sie meinte.

Laura kam mit ihren beiden Freundinnen Jennifer und Ramona auf den Brunnen zu. Lena verzog leicht das Gesicht, denn sie hatte keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit Laura.

„Hallo zusammen“, sagte Laura und nickte den Freundinnen zu.

„Hallo“, erwiderten diese.

„Habt ihr zufällig Olli gesehen, ich suche ihn nämlich?“, fragte nun Ramona und sah die Freundinnen hilfesuchend an.

„Dein Bruder sitzt mit seinen Freunden in der Eisdiele und verdrückt gerade einen riesigen Eisbecher“, sagte Tina.

Ramona war erleichtert und ging schnell auf die Eisdiele zu und verschwand in ihr.

„Sie hat ihren Schlüssel verloren und kann zu Hause nicht rein. Und nun sucht sie Olli, um sich seinen Schlüssel zu leihen“, informierte Laura die Freundinnen.

In diesem Moment erschien Ramona wieder in der Tür der Eisdiele, gefolgt von Olli und seinen Freunden. Alle steuerten auf die Gruppe am Brunnen zu.

„Hallo zusammen“, sagte Olli und seine Freunde nickten den Mädchen zu, „habt ihr hier zufällig irgendwo einen Schlüssel liegen sehen? Ramona vermisst ihren. Sie meint, ihn hier in der Nähe des Brunnens verloren zu haben.“

„Nein, wir haben keinen gesehen“, antwortete Anne.

„Wir waren vorhin schon einmal hier und haben uns auf den Brunnenrand gesetzt, und die Füße ins Wasser gestreckt, um uns ein wenig Abkühlung zu verschaffen“, erzählte Laura.

„Dabei muss mir irgendwie mein Schlüssel aus der Tasche gefallen sein“, ergänzte nun Ramona.

„Dann müsste er ja zu finden sein“, sagte Lena und schaute suchend umher.

Auch ihre Freundinnen begannen, den Boden rund um den Brunnen herum abzusuchen.

„Hier ist nichts“, sagte Tina nach einer Weile.

„Vielleicht ist er ja ins Wasser gefallen und liegt nun auf dem Grund des Brunnens“, meinte Sara nachdenklich.

Sofort starrten alle angestrengt ins Wasser. Kurz darauf rief Bernd:

„Da, ich seh‘ was. Ja, da ist er.“

Er zeigte auf eine Stelle in der Nähe des Randes. Dort lag tatsächlich ein Schlüssel.

„Das ist er“, jubelte Ramona, „wie kriegen wir ihn aber jetzt wieder raus?“

„Ich steige rein und hole ihn“, sagte Olli, „so tief ist es nicht.“

Er hatte bereits seine Sandalen ausgezogen und stieg nun über den Rand ins Wasser und watete zu der Stelle, wo der Schlüssel lag. Dann tauchte er seine Hand hinein. Das Wasser reichte ihm bis zur Schulter, als er sich bückte.

„Ich hab‘ ihn“, rief er kurz darauf, hob seine Hand aus dem Wasser und öffnete seine Faust. Darin lag ein silberner Schlüssel.

„Hoffentlich ist es der Richtige“, meinte Lutz.

Olli war inzwischen wieder aus dem Brunnen geklettert und hatte seine Sandalen wieder angezogen. Er kramte in seiner Hosentasche nach seinem Schlüsselbund. Schließlich fand er ihn und hielt nun den soeben geborgenen Schlüssel zum Vergleich neben seinen. Es war ein genaues Duplikat seines eigenen.

„Es ist deiner, Ramona“, sagte er und reichte ihn seiner Schwester.

Diese nahm ihn erleichtert in Empfang.

„Vielen Dank, Olli“, meinte sie etwas verlegen.

„Keine Ursache“, winkte Olli ab, „pass aber in Zukunft besser auf deine Sachen auf.“

Ramona versprach es.

„Hat jemand Simon und Lukas gesehen?“, fragte jetzt Olli und sah sich suchend um.

„Die beiden waren doch vorhin in der Eisdiele und wollten sich hierher an den Brunnen setzen, um sich ein wenig Kühlung zu verschaffen, während sie ihr Eis essen wollten“, sagte Lena.

„Anscheinend sind sie schon wieder weg“, bemerkte Anne.

„Hm“, meinte Olli nun, „haben sie etwas gesagt, wohin sie dann wollten oder was sie sonst vorhaben?“

„Nein.“

Die Freundinnen schüttelten die Köpfe. Auch Laura und ihre Freundinnen wussten nichts über die Pläne der beiden Jungen.

„Vielleicht sind sie wieder nach Hause“, sagte Sara jetzt.

„Möglich. Wenn ihr sie seht, dann sagt bitte Simon, dass er nach Hause kommen soll. Wir wollen heute Abend grillen und meine Mutter meinte, er solle etwas früher zu Hause sein.“

„Ja, gut, wir sagen es ihm, falls wir den beiden begegnen“, versprachen die Mädchen.

Dann verabschiedeten sich Olli und seine Freunde und auch Laura und ihre Freundinnen gingen ihrer Wege.

„Laura war ja direkt freundlich und umgänglich, so kenne ich sie gar nicht. Jedenfalls nicht in letzter Zeit“, meinte nun Lena.

„Es kann nur besser werden“, sagte Sara.

„Hoffentlich. Es wäre schön, wenn ich mich wieder einmal normal mit Laura unterhalten könnte.“

„Das wird wieder. Ganz bestimmt.“

Auch die Freundinnen machten sich nun auf den Weg.

Kapitel 4

Lukas und Simon hatten ihr Eis gegessen und sich anschließend ihre klebrigen Hände im Brunnen gewaschen. Dann hatten sie sich noch etwas Wasser über den Kopf geleert.

„Das bringt nur wenig Erleichterung“, seufzte Simon, „das Wasser ist lauwarm.“

„Besser als nichts“, meinte nun Lukas.

Die beiden Jungen überlegten, wo sie hingehen konnten, um nicht der prallen Sonne ausgesetzt zu sein.

„Am kühlsten und angenehmsten ist es im Wald“, sagte Lukas, „lass uns dorthin gehen. Wir könnten ein wenig herumstreifen und vielleicht auch etwas sammeln.“

„Was denn?“, fragte sein Freund.

„Das sehen wir dann, wenn wir dort sind“, antwortete Lukas. „Im Wald gibt es immer interessante Dinge.“

„Okay.“

Die Freunde machten sich nun auf den Weg und hatten bald den Waldrand erreicht. Dort war es schön schattig und angenehm.

„In welchem Teil des Waldes sind wir hier eigentlich?“, fragte Simon, „hier war ich noch nie.“

„Ich auch nicht“, entgegnete Lukas.

Die Jungen waren vom nördlichen Teil her in den Wald gegangen, das war nicht der Weg, den Lena und ihre Freundinnen immer gingen. Der war vom Kino aus leicht zu erreichen.

Im nördlichen Teil des Waldes standen die Bäume ein wenig dichter zusammen aber es gab auch baumlose Flächen, wo nur Sträucher und Büsche wuchsen.

Lukas und Simon fanden alles sehr interessant. Ohne auf den Weg und die Richtung zu achten, gingen sie immer weiter, bis das Unterholz so dicht wurde, dass sie nicht mehr durchkamen.

Jetzt sahen sie sich um, konnten aber nirgends etwas Vertrautes entdecken.

„Weißt du, wo wir sind?“, fragte Lukas und sah seinen Freund an.

„Nein, ich kenne mich hier nicht aus. Komm, lass uns zurückgehen.“

Doch keiner der beiden wusste, welche Richtung sie einschlagen sollten.

„Wir sind von da gekommen“, sagte Lukas und zeigte mit dem Finger in die Richtung, die er meinte.

„Nein“, meinte nun Simon, „wir sind von dort gekommen.“

Er zeigte etwas weiter nach links. Ratlos sahen sich die Freunde an.

„Wir müssen in jedem Fall hier raus. Am besten gehen wir in die Richtung, aus der wir noch die Sonne sehen können. Dann müssten wir zum Waldrand kommen.“

Sie liefen eine Weile immer den Sonnenstrahlen nach und kamen bald auf eine Lichtung, die im hellen Sonnenlicht lag.

„Also hier sind wir ganz verkehrt“, meinte nun Simon, „ich weiß überhaupt nicht mehr, wo wir eigentlich sind. Du?“

„Ähh … nein, ich auch nicht. Jedenfalls sind wir mit Sicherheit nicht von hier gekommen.“

Sie sahen sich um. Aber alles sah für die beiden völlig fremd aus. In welche Richtung mussten sie denn nun gehen?

„Was machen wir jetzt?“

Lukas zog sein Handy aus der Tasche und starrte auf den Bildschirm.

„Mist, hier im Wald haben wir keinen Empfang“, schimpfte er dann.

Auch Simon hatte sein Handy hervorgeholt, aber auch seines zeigte keinen Balken, was bedeutete, dass er ebenso keinen Empfang hatte.

„Lass es uns da drüben versuchen.“

Die Jungen gingen nun in die Richtung, die sie sich ausgesucht hatten, aber auch hier sahen sie keinen vertrauten Weg. Nachdem sie eine Weile kreuz und quer gegangen waren, mussten sie sich schließlich eingestehen, dass sie sich verlaufen hatten.

„Der Wald muss doch irgendwo zu Ende sein“, sagte Lukas nachdenklich. „Wir sind von der Stadtmitte aus hierher gegangen und somit in den nördlichen Teil des Waldes gelangt, denn der schließt sich unmittelbar ans Zentrum an. Allerdings waren wir hier noch nie.“

„Ja, und?“, fragte nun Simon, „das hilft uns auch nicht weiter.“

„Wir müssen den Waldweg finden, der in den Feldweg übergeht, dann kommen wir am Kino raus“, überlegte Lukas.

„Und welche Richtung ist das?“, fragte Simon hoffnungsvoll.

„Keine Ahnung, das ist ja das Problem.“

„Zielloses Herumrennen bringt uns nichts, wir müssen das systematisch angehen. Hast du einen Vorschlag?“

Aber beide Jungen wussten nicht, welche Richtung die richtige war.

„Ich würde sagen, wir müssen noch weiter nach links“, meinte nun Simon.

„Wieso?“

„Einfach so. Das ist so ein Bauchgefühl.“

Da Lukas auch keinen besseren Vorschlag hatte, wandten sich die beiden nun nach links und stapften durch das Unterholz. Nach einer Viertelstunde legten sie eine Pause ein.

„Irgendwie kommt es mir hier ein wenig bekannt vor“, meinte Lukas und sah sich um.

„Schau mal, da vorne ist ein Pfad, eine Art Trampelpfad, der führt bestimmt zu einem Weg. Ist vielleicht eine Abkürzung oder so. Den sollten wir nehmen“, schlug Simon jetzt vor.

„Versuchen wir es“, stimmte ihm Lukas zu.

Die Jungen machten sich auf den Weg und hatten kurz darauf den Trampelpfad erreicht.

Kapitel 5

Gerade als die Freundinnen aufbrechen wollten, sahen sie Axel Rademacher auf die Eisdiele zusteuern. Er hatte sie bereits gesehen und kam nun auf sie zu.

„Hallo ihr vier“, sagte er salopp, „wart ihr schon in der Eisdiele oder wollt ihr noch rein?“

„Wir haben bereits ein Eis gegessen und uns jetzt hier am Brunnen noch etwas abgekühlt“, antwortete ihm Lena.

„Ich hole für das Polizeirevier und für den Kommissar und mich eine Ladung Eis. Das ist das Beste, das man bei der Hitze machen kann.“

„Die Eisdiele ist brechend voll, da müssen Sie wahrscheinlich etwas warten“, informierte ihn nun Sara.

Axel grinste.

„Das macht nichts“, sagte er dann, „dort ist es wenigstens angenehm kühl. Bei uns sind die Ventilatoren kaputt und man kommt sich vor wie in einem Treibhaus.“

„Warum beantragen Sie denn keine neuen Ventilatoren?“, wollte nun Tina wissen.

„Das haben wir schon, aber es dauert eine Weile, bis sie geliefert werden. Kommissar Gerber meinte, im Winter bräuchten wir sie nicht mehr.“

Die Mädchen lachten. Sie konnten sich lebhaft vorstellen, wie Kommissar Gerber über den defekten Ventilator wetterte.

„Ach übrigens, gut, dass ich euch hier treffe. Momentan solltet ihr nicht in den Wald gehen“, sagte Axel.

„Warum denn?“, fragte Anne.

„Wir haben vorhin eine Meldung bekommen, dass sich ein paar Wilddiebe im Wald herumtreiben. Sie haben einige Fallen gestellt, um Tiere zu fangen, Kaninchen und Rehe. Zum Glück hat der Förster die meisten davon gefunden und entschärft. Aber es kann durchaus sein, dass immer noch welche vorhanden sind.“

„In unserem Wald? Hier in Laubheim?“, fragte Tina entsetzt.

„Ja, der Förster hat sogar zwei von ihnen gesehen, aus der Ferne und nur ganz kurz. Seid also vorsichtig und geht nicht in den Wald“, sagte Axel noch einmal mit Nachdruck.

 

Dann verabschiedete er sich und betrat die Eisdiele. Die Mädchen blieben am Brunnen zurück und sprachen einige Minuten nicht.

„Wir müssen herausfinden, ob das stimmt“, meinte jetzt Anne.

„Ja, genau, sonst können wir uns nicht mehr in der Grillhütte treffen“, fügte Lena hinzu.

„Vielleicht haben die ja schon unser Hauptquartier entdeckt und in Beschlag genommen“, sagte Sara nachdenklich.

„Das wäre ja katastrophal“, warf Tina ein.

Während die Mädchen noch über diese Neuigkeiten nachdachten, klingelte Lenas Handy. Sie schaute nach, wer es war.

„Meine Mutter“, sagte sie.

„Hallo Mama, was gibt es?“

„Hast du Lukas gesehen?“, fragte Frau Schilling.

„Ja, er und Simon waren vorhin in der Eisdiele und haben sich jeder ein Eis geholt. Sie wollten sich dann nach draußen an den Brunnen setzen. Aber als wir kurz darauf hinauskamen, waren sie nicht mehr da. Wo sie hin sind, weiß ich nicht. Vielleicht bei Simon?“

„Nein, da sind sie nicht. Ich habe bereits mit Monika gesprochen. Sie hat Simon auch schon gesucht. Vielleicht weiß ja Laura etwas.“

Monika war Simons Mutter.

„Laura hat ihn auch nicht gesehen, ebenso wenig Olli. Wir haben gerade vorhin mit ihnen gesprochen. Warum suchst du Lukas denn?“

„Wir haben von Philipp Lindemann erfahren, dass im Wald Wilddiebe sein sollen und ich mache mir einfach Sorgen, ob die beiden vielleicht in den Wald gegangen sind.“

„Nicht dass ich wüsste. Wahrscheinlich stromern sie nur irgendwo herum. Die sind bestimmt bald wieder da.“

„Na gut. Aber wenn du ihn siehst, sag ihm, er soll gleich heimkommen, ja?“

„Ja, mach ich. Mach dir keine Sorgen, Mama.“

Lena beendete das Gespräch. Da sie den Lautsprecher angestellt hatte, hatten ihre Freundinnen das Gespräch mithören können. Nun diskutierten sie darüber, wo die Jungen sein konnten.

„Bestimmt sind sie am Baggersee und sehen den Arbeitern zu“, meinte Anne.

„Oder vielleicht ins Kino“, schlug Tina vor.

Die Freundinnen diskutierten hin und her. Sie waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie nicht bemerkten, wie eine mittelgroße, leicht mollige Frau mit hellbraunem Haar, das schon von einigen grauen Strähnen durchzogen war, auf sie zukam. Sie bemerkten die Frau erst, als sie direkt vor ihnen stand.

„Guten Tag, ihr vier“, sagte diese.

Die Mädchen sahen sie an.

„Guten Tag, Frau Lindner“, grüßte Sara und die anderen sagten ebenfalls ‚guten Tag‘.

„Ich habe euer Gespräch zufällig gehört und den jungen Mann vom Kommissariat in der Eisdiele getroffen. Du suchst deinen Bruder, Lena?“

„Meine Mutter sucht ihn. Er und Simon sind noch unterwegs.“

„Ich habe die beiden vorhin gesehen, als sie hier am Brunnen saßen. Nachdem sie ihr Eis gegessen hatten, sind sie in diese Richtung gegangen“, sagte Leni und zeigte mit der Hand in die Richtung des nördlichen Waldes.

„Ich habe gehört, dass sie in den Wald gehen wollten, weil es dort kühler ist und sie auch etwas sammeln wollten.“

„Was? Sind Sie sicher, Frau Lindner?“, fragte jetzt Lena.

„Ja, natürlich. Ich kenne die zwei Jungen – übrigens sehr reizende und freundliche Buben – und ich höre ausgezeichnet.“

„Hat Ihnen Axel erzählt, dass …“, begann Anne aber Leni unterbrach sie.

„Ja, hat er. Ich habe ihm auch sofort gesagt, dass ich die Jungen gesehen habe und sie in den Wald wollten.“

„Dann gehen wir hin und suchen sie“, sagte Lena entschlossen und ihre Freundinnen nickten.

„Es sollen sich dort einige zwielichtige Gestalten herumtreiben“, meinte Leni, „das ist recht gefährlich, was ihr da vorhabt.“

„Wir sind zu viert, machen Sie sich keine Sorgen. Aber sagen Sie bitte Axel und auch Kommissar Gerber, dass wir in den Wald wollen und die beiden suchen“, sagte Sara.

„Ich muss sowieso noch im Kommissariat vorbei. Bei dieser Gelegenheit werde ich meinem Bruder sagen, dass ihr die zwei Jungen im Wald vermutet und sie suchen wollt. Seid aber bitte vorsichtig.“

„Natürlich, Frau Lindner, wir sind immer vorsichtig“, versicherte ihr nun Anne.

„Nun ja“, meinte diese, „vielleicht solltet ihr von der anderen Seite her in den Wald gehen, vom Kino aus. Dann könntet ihr auch gleich überprüfen, ob eure Hütte noch unentdeckt ist.“