Marathon in Gummistiefeln?

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Marathon in Gummistiefeln?
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

edition lichtland

© edition Lichtland

Stadtplatz 4, 94078 Freyung

Deutschland

Bilder: tratong/Eric Isselee/tale/Alexander Mak/

Kalabi Yau/Susan Law Cain/Shutterstock.com Gestaltung, Satz: Edith Döringer, Melanie Lehner

1. Auflage 2016

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags

zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,

Übersetzungen und die Einspeicherung und

Verarbeitung in elektronischen Systemen.

eISBN: 978-3-942509-78-7

ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-942509-45-9

www.lichtland.eu

Manuel Stockinger

Marathon
in
Gummistiefeln?

Die Grenzen des konventionellen

Denkens überwinden

Ich widme dieses Buch meinen Söhnen Samuel sowie Jonas und wünsche ihnen, dass sie frei von gesellschaftlichen Zwängen und Meinungen anderer jenes Leben führen, das sie gerne führen wollen.

Jedes System, jeder Mechanismus, jede Meinung und jede Vorgehensweise wurde vom Menschen hervorgebracht und ist daher alles andere als perfekt. Menschen sind eben nicht vollkommen. Und nur weil etwas bequem, gewohnt oder bewährt ist, heißt es noch lange nicht, dass es richtig oder unumgänglich ist.

Ich wünsche ihnen daher die Fähigkeit, alles zu hinterfragen, nichts als gegeben hinzunehmen, mit offenen Augen und vorurteilsfreiem Verstand voranzuschreiten und für sich selbst ihre eigene Wahrheit zu finden. Denn das ist die Wahrheit: subjektiv. Sie hat keine Allgemeingültigkeit.

Probleme, die sich ihnen in den Weg stellen, sollen sie als das betrachten, was sie sind – als Möglichkeit, zu wachsen, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Sie sollen Fehler machen dürfen und aus diesen ihre eigenen Erfahrungen ziehen.

Die Geschichte, die sie schreiben, soll ihre Geschichte sein und nicht die, die ihnen ein anderer vorgibt. Sie sollen ihre eigenen Werte entwickeln, diese in die Welt hinaustragen und sie aus den Fugen reißen.

Inhalt

Kannst Du Dich noch daran erinnern wer Du warst, bevor man Dir erklärt hat, wer Du sein sollst?

Danielle LaPorte

Einleitung

Unser Leben ist einzigartig. Und dennoch verbringen wir unsere Zeit damit, es gewöhnlich zu leben. Wir lernen brav, in der Hoffnung anschließend einen sicheren Job zu ergattern, gehen fortan 8 Stunden täglich unserer Arbeit nach und warten bereits am Montagmorgen sehnsüchtig auf das nächste Wochenende. Wir sparen fleißig, um später unser Haus finanzieren zu können, bekommen Kinder und heiraten, weil man eben heiratet, wenn man Kinder bekommt, mähen fortan den Rasen, waschen das Auto, entspannen bei Zigarette und Alkohol vor dem TV, besuchen die Schwiegereltern, verstricken uns in unwichtige Gespräche und haben nie Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.

So läuft unser Getriebe des Lebens. So haben wir es gelernt, so handhaben wir es und so geben wir es an unsere Kinder weiter. Allerdings bezahlen wir dafür einen Preis. Einen hohen Preis. Wer immer alles macht, wie er es gelernt hat und immer schön in der Norm bleibt, wird nirgends anecken. Doch auf diese Weise werden wir nie erfahren, wie es ist, zu gewinnen, wie Erfolg schmeckt, wie wir unseren Kopf dazu bringen, Dopamin zu produzieren und wie sich Glück anfühlt.

Es ist daher an der Zeit, unser ungenütztes Potential zu entfalten und unsere Einzigartigkeit zu entdecken. Es ist an der Zeit, Dinge zu hinterfragen und so die uns andressierten Gedankenmuster, die uns nur zu Kopien der Gesellschaft machen, zu entlarven.

Genau.

Wir sind Kopien der Gesellschaft. Denn in Wahrheit unterscheidet sich unser Hirn in seiner Funktion nicht von dressierten Hunden. Wir werden vielfach abgerichtet, programmiert, konditioniert, auf ein bestimmtes Denkmuster und eine bestimmte Verhaltensweise gepolt: wie Hunde.

Obwohl wir in der Stunde unserer Geburt sprichwörtlich das „Licht“ der Welt erblicken, verweilen wir zunächst weiter im Dunkeln. Wir wissen nichts. Nacktheit umgibt uns: körperlich und geistig. Lediglich getrieben von unserer Wahrnehmung und unserer Abenteuerlust versuchen wir schon bald die Welt zu erobern, Dinge zu verstehen und in unbegrenztem Bewegungsdrang voranzuschreiten. Und dann kommt die Gesellschaft und drückt uns ihr eigenes Weltbild auf. Sie beginnt, uns mit ihren Informationen zu füttern und sie lehrt uns, zu unterscheiden zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch, Gefährlich und Harmlos und gibt uns vor, was wir denken sollen. Diese Gedanken schleifen sich auf Dauer ein und werden zu Überzeugungen: Überzeugungen, die unser Handeln bestimmen.

Gleich unseren Vierbeinern verlieren wir fortan die Weitsicht, unsere Handlungen zu hinterfragen oder andere Sichtweisen einzunehmen. Wir reagieren einfach:

So, wie wir es gelernt haben.

So, wie es normal zu sein scheint.

So, wie alle anderen reagieren.

Anhand unserer Erfahrungsmuster, Weltsichten und Überzeugungen. Ohne weiter darüber nachzudenken.

Bereits Sigmund Freud erkannte, dass sich unsere Vernunft nur wenig in unser Leben einmischt. Vielmehr steuert uns unser Hirn per Autopilot. Unsere antrainierten Verhaltensweisen und Überzeugungen sind so überwältigend, dass sie uns dazu bringen, ohne Mitspracherecht unseres gesunden Menschenverstandes zu handeln.

So halten wir beispielsweise alles Mögliche – selbst harmlose Dinge – für gefährlich. Wir fragen uns selten, wie man etwas anpacken kann, sondern verlassen uns bei der Verwirklichung unserer Pläne darauf, wie etwas nach Meinung der Anderen funktioniert und was sie von unseren Ideen halten. Aufgrund unserer erlernten Verhaltensmuster und Ansichten wissen wir schließlich, wie das Getriebe unseres Lebens zu laufen hat.

Wozu sollten wir uns selbst Gedanken machen?

Es wurde schließlich schon genug von anderen nachgedacht. Wir neigen dazu, unsere Ziele klein zu halten und lassen in allen Lebensbelangen unseren Verstand außen vor. Wir lösen unsere Probleme, so wie wir sie immer lösen. Wir denken, was wir immer denken und tun, was wir immer tun. Die Art, wie wir Herausforderungen angehen – egal, ob wir damit erfolgreich sind oder nicht – ist durch unsere bisherige Konditionierung vorbestimmt.

Wir leben unter unseren Möglichkeiten, weil wir wissen, dass die wirklich großen Ziele für uns nicht erreichbar sind.

Als Kind wurde uns schließlich oft genug erklärt, was alles unrealistisch ist. Wir verbringen unsere Zeit in unglücklichen Beziehungen, ja sogar manchmal in mehreren davon gleichzeitig, weil wir keinen Schimmer haben, wie Beziehungen funktionieren.

Anstatt uns auf unsere Stärken zu konzentrieren, versuchen wir unsere Schwächen auszumerzen. Schwächen zu haben, gehört sich schließlich nicht. Die Automatik in unserem Gehirn ist verantwortlich dafür, ob wir den Ruf des Lebens ertönen hören und danach handeln, oder ob wir als Opfer der Umstände in die Passivität verfallen. Sie prägt unseren Umgang mit Geld, die Höhe unseres Kontostandes und vieles mehr.

Es ist daher an der Zeit, die Einbahnstraßen unserer Überzeugungen zu erkennen, zu überwinden und unseren Autopiloten mit neuen Routen, Ideen und Ansichten zu füttern.

Erst wenn wir verstehen, dass jedes Problem auf die Qualität unserer Gedanken und dass jede Lösung auf unsere Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen, zurückzuführen ist, werden wir die uns umgebenden Mauern nicht mehr als unüberwindbare Grenzen betrachten. Wir werden anfangen, die Risse darin zu suchen. Erst dann entwickeln wir uns in eine positive Richtung.

Nur wenn wir unsere Umgebung bewusst und mit der erforderlichen Aufmerksamkeit wahrnehmen, machen wir Fortschritte. Nur dann laufen wir nicht Gefahr, dass unser Verstand strikt nach Programmierung vorgeht. Nur dann übersehen wir nicht wichtige Abzweigungen, und vergeben uns keine Chancen und Möglichkeiten, die vor uns liegen. Denn: Unsere Möglichkeiten sind unbegrenzt; wir sind nur zu blind, um sie zu erkennen.

Lieber Leser. Dieses Buch ist anders. Es ist randvoll mit ungewöhnlichen und neuen Gedanken, unbekannten Ideen, außergewöhnlichen Sichtweisen, großartigen Geschichten und unrealistischen Zielen, die mit etwas Beharrlichkeit gar nicht mehr so ungreifbar erscheinen.

Dieses Buch bewegt sich fernab der Normalität. Es entfaltet bei konsequenter Anwendung gewisse Risiken und Nebenwirkungen.

Doch genau so soll es sein. Andere Sichtweisen einzunehmen und den bewährten Weg zu verlassen, ist gefährlich. Nur wenn wir die Grenzen des konventionellen Denkens überwinden, die alten Trampelpfade verlassen und in neue Fahrgleise treten, erzielen wir andere Ergebnisse. Bessere Ergebnisse. Es wäre reinster Irrsinn, alles wie gewohnt zu handhaben und zu hoffen, dass sich daraus etwas Herausragendes ergibt.

Wir würden nur dort landen, wo die Masse landet. Im Mittelmaß.

Bei auftretenden Risiken und Nebenwirkungen frage daher lieber nicht Deinen Arzt oder Apotheker. Oder Deinen Nachbarn, Deinen Lehrer, Deinen Chef usw.

Höre einfach nur auf Dein Bauchgefühl. Es zeigt Dir schon die Richtung. Dann geht es beherzt und mit Hirn, und vor allem mit Anlauf, hinein in das Abenteuer.

In diesem Sinne viel Spaß beim Lesen, denn den wird es garantiert machen ;)

Westfield, Sidney. Wir schreiben das Jahr 1983. Mehr als einhundert Sportler befinden sich mitten unter der brennenden Morgensonne. Einhundert perfekt vorbereitete Topathleten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, die noch ein letztes Mal konzentriert durchatmen, bevor sie an die Startlinie drängen und ihre Herausforderung antreten.

 

Ein kleiner, um deren Oberkörper befestigter Stofffetzen flattert leicht im Wind. Darauf befindet sich eine groß gedruckte Nummer. Darüber ist zu lesen „Ultramarathon“.

Die Herausforderung, die es zu bestehen gilt, nennt sich also Ultramarathon; einer der brutalsten Laufbewerbe der Welt. Die Ziellinie befindet sich im 900 Kilometer entfernten Melbourne. 900 000 Schritte, die in den nächsten paar Tagen zu bewältigen sind. 900 000 Schritte, und bei jedem einzelnen Tritt werden die Füße der Läufer nur Wüstenboden, Schotter und Kies spüren.

Die ausgefeilte und bis ins kleinste Detail geplante Strategie der Profiathleten, um diese Tortur zu überstehen: 16 Stunden laufen und 6 Stunden Pause für Massagen, Schlaf und Regeneration.

Plötzlich gesellt sich ein älterer Herr unter die Sportler. Sein Äußeres gleicht dem eines Bauern. Seine Statur wirkt alles andere als sportlich. Er trägt Gummistiefel und Arbeitskleidung. Klarer Fall, dieser Mann muss wohl versehentlich unter die Läufer geraten sein. Man bittet ihn daher, beiseite zu treten. Er teilt jedoch mit, am Rennen teilnehmen zu wollen und löst zur Belustigung seiner Konkurrenten und der Zuschauer seine Startnummer. Der Name des 61-jährigen Rennläufers: Cliff Young

Die Wahrheit hat nichts zu tun mit der Zahl der Leute, die von ihr überzeugt sind.

Paul Claudel

Die Welt ist so, wie wir sie sehen

Denken ist irgendwie dumm. So dumm, dass uns unsere Gedanken nur zu gerne eine Welt vorgaukeln, die nicht real ist. Eine Wahrnehmungstäuschung folgt der nächsten. Denn die Dinge um uns herum, all die Ereignisse, sind nicht wirklich so, wie sie sind. Sie sind genauso, wie wir sie betrachten, so, wie wir sie interpretieren. Unsere Wahrnehmung ist nämlich situationsabhängig, einzelfallbezogen und stark von unseren angelernten Erwartungen, Wertvorstellungen und unserem Fokus geprägt. Wir erzeugen unsere Wahrheit selbst.

Stell Dir vor, zwei Personen entdecken bei einem Spaziergang durch Wald und Wiese ein niedliches, kleines Tierchen. Verdeckt von Gras ist nur das Köpfchen erkennbar. Der eine sagt: Dort drüben im Gebüsch schnattert eine Ente. Der andere starrt auf das gleiche Tierchen: Und sieht einen Hasen.

Wer hat jetzt Recht? Beide starren auf ein und dieselbe Sache. Also muss doch einer falsch liegen. Es können doch nicht beide Recht haben. Naja. Überzeug Dich selbst.


„Hasenente“ gezeichnet von Joseph Jastrow,

Psychologe († 1944)

Irre, oder? Je nach unserer Wahrnehmung sehen wir eine Ente oder einen Hasen. Zwei Menschen blicken auf ein und dasselbe und sehen dennoch zwei verschiedene Dinge. Und beide haben Recht!

Gut, dieser Enten-Hasen-Vergleich ist doch recht banal und die Auswirkungen dieser subjektiven Interpretation auf unser Leben sind relativ gering.

Allerdings funktioniert unser Hirn nicht nur bei simplen Bildern so, sondern auch bei der Beurteilung alltäglicher Situationen und unserer Umgebung. Situationen und Umgebung können aus völlig verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden.

Stell Dir vor, Du produzierst und verkaufst Schuhe. Und da im europäischen Raum die Konkurrenz groß ist, suchst Du nach neuen Märkten. Tansania zum Beispiel. Du begibst Dich auf Erkundungsreise. Vor Ort angekommen musst Du allerdings ziemlich schnell und mit Schrecken feststellen, dass dort kein Mensch Schuhe trägt. Wer bitte soll Dir hier also etwas abkaufen? Die Chance Deinen Absatz zu maximieren, ist aussichtslos: Also nichts wie weg hier.

Kurze Zeit später wird der afrikanische Markt von einem anderen Schuhhersteller ins Visier genommen. Auch er nimmt 9 Stunden Flugreise in Kauf, um zu sehen, ob sich seine Produkte fernab seiner Heimat verkaufen lassen. Schon kurz nach der Ankunft verfällt er in Begeisterung. Kein Mensch in Tansania trägt Schuhe. Genial, welche Absatzmöglichkeiten und welcher riesige Markt sich hier bietet!

Komisch.

Zwei Personen finden exakt dieselben Bedingungen vor, bewerten sie allerdings völlig unterschiedlich. Je nachdem, durch welche Brille sie sehen. Und je nachdem, welche Brille wir tragen, nutzen wir unsere Chancen.

Oder wir übersehen sie.

Vermutlich sehen die Zuschauer des Ultramarathons in Cliff Young nur einen alten Mann, der sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet, die falsche Kleidung trägt und ein falsches Ziel verfolgt. Die Kontrahenten sehen ihn nicht als Konkurrenz.

Warum ist das so? Ganz einfach, weil uns diese Glaubenssätze weitgehend von der Gesellschaft vorgegeben werden. Es ist eben so, dass man für ein Rennen jung und fit sein muss und Turnschuhe zu tragen hat. Eine reine Scheinwahrheit. Warum soll das so sein? Es muss nicht so sein. Es ist nur so, weil es bis heute so gehandhabt wurde, weil es bislang so der Fall war. Wer hinterfragt, gewinnt.

In einem Stamm von Ureinwohnern würde man auf Cliff Young wohl ganz anders reagieren. Die Zuschauer würden ihn aufgrund seines Alters und der damit einhergehenden Weisheit respektieren. Seine Kontrahenten würden ihn als Gegner schätzen und ernstnehmen.

Es ist also zunächst eine Frage des Blickwinkels. Eine Frage, wie wir gelernt haben, die Welt wahrzunehmen. Jede Veränderung unserer Sichtweise verändert unsere Welt. Und jeder neue, bislang nicht gedachte Gedanke verändert unsere Sichtweise. Und plötzlich kennt jede Wahrheit mindestens eine zweite Wahrheit.

Es ist eine Frage unseres Wissens.

Unsere Wahrheit und die Grenzen des Machbaren gestalten sich nach unserem Wissen. Wir glauben nur, was wir kennen. Und einen in die Jahre gekommenen Marathonläufer hat es eben noch nicht gegeben. Aber nur weil etwas bislang von niemandem gewagt wurde, bedeutet das noch lange nicht, dass es unmöglich ist. Einmal schnell zur Venus fliegen? Bestimmt.

Aber wurde nicht auch der Traum, einmal zum Mond und zurück zu fliegen, einst belächelt? Und irgendwie war die Reise zum Mond dann plötzlich doch möglich.

Ist es also wirklich so, wie es zu sein scheint? Befindet sich vor uns tatsächlich eine unüberwindbare Hürde oder haben wir uns diese Grenze selbst gesetzt?

Ist etwas wirklich nicht machbar, nur weil es vor uns noch niemand versucht, gewagt oder geschafft hat, oder gaukelt uns unser Hirn wieder etwas vor?

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?