Die Macht des Wortes

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

DIE INTERAKTION NIMMT IHREN LAUF

Ist die erste Nachricht gesendet, kann es zu einer Interaktion kommen. Der Empfänger wird zum Sender und das Gespräch nimmt seinen Verlauf – jedoch nicht immer wie gewünscht.

Dauerredner lassen den Kommunikationspartner nicht zu Wort kommen. „Dieser Dauerredner spricht ununterbrochen“, heißt die resignierende Aussage. Einer ist somit das Opfer, der andere der Täter. Es könnte sich jedoch auch der Dauerredner als Opfer fühlen: „Der gibt mir überhaupt keine Antwort und lässt mich dauernd reden. Ein schlechter Kommunikationspartner!“

Ich wage nun folgende Aussage: Jeder trägt eine Verantwortung für das Gelingen oder Misslingen von Kommunikation. Die Wissenschaft spricht von Metakommunikation. Wir sollten, indem wir bewusst wahrnehmen, wie wir in diesem Moment kommunizieren, auch die Kommunikation des anderen verstehen. Motto: Was geht nun in mir vor, wie erlebe ich dich und was spielt sich zwischen uns ab?

EXPLIZITE UND IMPLIZITE NACHRICHTEN

Wir kommunizieren explizit und implizit. Explizit heißt: direkt gesagt. Implizit heißt: indirekt gesagt, der Empfänger versteht jedoch die Aussage.


BEISPIELE

explizit: „Bitte hol mir einen Pullover!“

implizit: „Mir ist kalt!“

Manche Menschen sprechen leider nicht direkt aus, was sie wollen. Sie implizieren ihre Aussagen, um gegebenenfalls ihre Aussage zurückziehen zu können: „Das habe ich so nicht gesagt.“ Machen Sie es dem Empfänger einfacher und sprechen Sie Nachrichten direkt aus. Motto: Sagen Sie es so, wie es ist und stehen Sie dazu!

KONGRUENTE UND INKONGRUENTE NACHRICHTEN

Nachrichten können kongruent und inkongruent sein. Wir benutzen für Nachrichten auch den nicht-sprachlichen Kanal: Stimme, Wortmelodie, Mimik, Gestik „sprechen“ für sich. Sind der sprachliche und nicht-sprachliche Kanal stimmig, dann sprechen wir von einer kongruenten Nachricht.

Eine laute Stimme und ein verärgerter Blick würden eher zur Aussage „Ich bin von dir enttäuscht“ passen. Wenn diese Aussage hingegen lächelnd mit einem Lispeln vorgebracht wird, dann ist diese Nachricht inkongruent. Auf den Punkt gebracht: Sprachliche und nicht-sprachliche Signale passen dann nicht zueinander.

Ich beliefere mit meiner Handelsfirma auch ein Hotel mit Gemüse. Der Hotelbesitzer ist für mich in seiner Kommunikation sehr seltsam. Er blickt bei Aussagen wie „Ich freue mich, dass wir wieder so viele Gäste haben. Das Hotel ist gut gebucht“ nicht von seinen Bürodokumenten auf und sagt dies mit steinerner Miene. Ich gebe zu, dass die Gespräche mit ihm sehr herausfordernd sind.

Warum gibt es Menschen, die so inkongruent kommunizieren? Meine Interpretation am oben erwähnten Beispiel des „Hotelbesitzers“:

■ Taktische Komponente: Er will mir nicht zeigen, dass er gute Geschäfte macht. Denn dadurch könnte ich die Preise erhöhen.

■ Doppelbödigkeit: Einerseits möchte er zeigen, dass sein Hotel gut ausgelastet ist, andererseits ist es ihm peinlich, emotional zu sein.

Ich denke, dass es Zweiteres ist, denn ich habe den Hotelier sehr selten emotional gesehen. Jetzt könnte ich dieses Beispiel abschließen mit „Er ist so wie er ist“. Jedoch: Wie wirkt der Hotelier auf seine Gäste? Denn durch diese Unstimmigkeit – oder Doppelbödigkeit – macht er es den Mitmenschen nicht einfach, ihm empfängergerechte Botschaften zu übermitteln. Ich habe auch den Eindruck, dass seine Freundlichkeit gegenüber den Gästen „gespielt“ ist.

Wie sieht es bei Ihnen aus, wie sieht es bei Ihren Kommunikationspartnern aus? Als Empfänger dieser „Doppelbödigkeit“ sollten Sie es dem Sender auch rückmelden. Jedoch soll der Sender diese Rückmeldung auch wollen. Sprechen Sie jedoch nicht die Gefühlsebene des Senders, sondern Ihre eigene Gefühlsebene an (Ich-Aussage).


BEISPIEL

„Sie kommen mir etwas durcheinander vor?“

Besser: „Ich fühle, dass ich Sie mit meinen Aussagen nicht richtig anspreche!?“

SELEKTIEREN, SELEKTIEREN, SELEKTIEREN: WAS BLEIBT ÜBRIG?

Jeder Mensch ist täglich einer Flut von Sendersignalen (Reizen) ausgesetzt. Lediglich 2 Prozent aller dargebotenen Informationsreize werden von den Menschen aufgenommen. Deshalb sprechen wir auch häufig von Informationsüberflutung („Information-Overload“). Experten schätzen, dass allein über 2.000 Werbebotschaften an jedem Tag auf uns einwirken.

Die derart überfluteten Menschen reagieren darauf mit den folgenden Strategien:

■ Zum Ersten durch selektive Wahrnehmung, das heißt, ein geringer Teil der Nachrichten wird überhaupt wahrgenommen.

■ Dann als Zweites mit selektiver Verzerrung, das heißt, es wird das aufgenommen, was der Empfänger wahrnehmen möchte.

■ Und schließlich durch selektive Erinnerung, die das Phänomen beschreibt, dass ein sehr kleiner Teil der Nachrichten überhaupt abgespeichert wird.

Überlegen Sie kurz, an welche TV-Werbespots vom Vorabend Sie sich noch erinnern. Wenn überhaupt, dürften das nur ein bis zwei Spots sein. Den Rest hat auch Ihr Gedächtnis als nicht erinnernswert eingestuft. Es ist jedoch nicht nur für die Werbung eine große Herausforderung, den Empfänger zu „erreichen“. Auch wir sollten mit unseren Wörtern unsere Mitmenschen erreichen und in Erinnerung bleiben.

Sehen wir uns im nächsten Kapitel an, wie wir Menschen mit Worten am besten erreichen können.

4 Das Kommunikations­quadrat


Das klassische Sender-Empfänger-Kommunikationsmodell werde ich nun noch etwas verfeinern. Das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun finde ich dazu besonders geeignet. Schulz von Thun ist ein deutscher Psychologe und Kommunikationswissenschaftler. Er hat meiner Meinung nach die Kommunikation einfach und doch tiefgreifend erklärt. Tauchen Sie mit mir ein in die vier Seiten der Kommunikation – garniert mit Beispielen aus meiner Praxis.

Den Sender und den Empfänger haben wir nun schon kennengelernt. Die große Herausforderung ist, dass wir die Botschaft des Senders richtig verschlüsseln, damit der Empfänger diese richtig entschlüsseln kann. Wenn das so einfach wäre ... Wir wenden uns daher dem Verschlüsseln und dem Entschlüsseln zu. Jede Nachricht hat mehrere Ebenen. Wenn ich als Mensch etwas von mir gebe, bin ich vierfach wirksam. Jede meiner Äußerungen enthält – ob ich will oder nicht – vier Ebenen gleichzeitig:

1. Sachinformation (worüber ich informiere) – Daten und Fakten

2. Selbstmitteilung (was ich von mir zu erkennen gebe) – Motive, Werte, Emotionen

3. Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe) – Sympathie, Abneigung

4. Appell (was ich bei dir erreichen möchte) – Aufforderung zum Handeln


4.1 Die Sachebene

Sachlichkeit ist der Austausch von Argumenten und Informationen – frei von Gefühlen, Bewertungen und Appellen. „Sei bitte etwas sachlicher“, heißt es, wenn wir uns beim Gespräch von Gefühlen leiten lassen.

Vorweg, Sachlichkeit gehört zu einem Gespräch dazu. Jedoch sollten wir auch Gefühle zulassen und die Gespräche nicht wissenschaftlich führen. Manche Menschen mit guter Ausbildung und Sprachfähigkeit fühlen sich auf dieser Ebene sehr wohl. Die Sachebene belässt das Gespräch auf einer rationellen Ebene. Sachkommentare können zur Klärung der Sachlage beitragen. Bitte vermeiden Sie jedoch Rechthaberei!


BEISPIELE

„Es ist so ...“

„Eine Studie hat doch gezeigt ...“

„Das ist doch ganz klar ...“

Bei uns in Österreich sprechen wir bei äußerst sachlichen Menschen von einem „Gscheitwaschl“. „Gscheit“ wird vom Wort „gescheit“ abgeleitet. Als „Waschl“ wird ein großer, stämmiger Mensch bezeichnet.

VERSTÄNDLICHKEIT DER SACHAUSSAGEN

„Ich versteh ihn zwar nicht, der Sender ist jedoch sicher ein kluger Kopf“ – kennen Sie diese Aussage? Ich kann mich noch gut an meinen Statistik-Professor an der Universität erinnern. Seine Vorlesungen waren mit Fachbegriffen gespickt. Ich gebe schon zu, dass Statistik nicht so einfach zu erklären ist, jedoch kann dieses Fach auch auf wissenschaftlicher Ebene sehr lebendig vermittelt werden. Das „Fachchinesisch“ meines Professors war mir zu viel – jedoch noch gut in Erinnerung.

Auf der Sachebene übermittelt der Sender Daten, Fakten und Sachverhalte. Aufgabe des Senders ist es, diese Informationen klar und verständlich zu senden.

Schulz von Thun versuchte, Verständlichkeit in vier Dimensionen zu beschreiben:

 

1. Einfachheit

Verzeihen Sie mir folgende Aussage: „Gebildet ist für mich ein Mensch, wenn er komplexe Themen zu verständlichen, einfachen Aussagen umformen kann.“

„Knapp, klar und kurz gefasst – auf den Punkt gebracht“ – mit diesem Internet-Format erklärt das deutsche Bundesministerium für Finanzen komplexe Themenfelder allgemein verständlich. In einer vierteiligen „Auf den Punkt“-Reihe werden dabei die Maßnahmen zur Stabilisierung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion einfach erklärt. Ein im Prinzip guter Ansatz; doch in der Umsetzung hapert es noch. Einleitend ist da zum Beispiel zu lesen:

„Im Sog der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise gerieten einige Staaten Europas in den vergangenen Jahren in eine finanzielle Schieflage. Ursachen waren mangelnde strukturelle Reformen und fehlende Wettbewerbsfähigkeit, aber auch unvernünftige Haushaltspolitik und eine unzureichende Regulierung der Finanzmärkte. Der Innenwert (die Inflationsrate) wie auch der Außenwert des Euros (die Wechselkurse) blieben während der Krisenjahre stabil, aber die Funktionsfähigkeit der Währungsunion ist stark unter Druck geraten. Um die Stabilität des Euroraums langfristig zu sichern, wurden weitreichende Maßnahmen beschlossen.“

Einfache Sprache sieht meiner Ansicht nach etwas anders aus.

2. Gliederung und Ordnung

Besonders unsere linke, sachorientierte Gehirnhälfte verlangt nach Ordnung und Struktur. Nicht nur beim geschriebenen Wort, sondern auch beim gesprochenen Wort.

3. Kürze und Prägnanz

Weitschweifige Texte, langatmige Sätze überfordern uns und wir verlieren den Blick auf das Wichtigste!

4. Zusätzliche Stimulanz

Dabei steht die gefühlsmäßige Ansprache im Mittelpunkt. Ich meine damit nicht die Verwendung von „Gefühlswörtern“, sondern die Leidenschaft in der Sprache, unterstützende Körpersprache, Sprachmelodie und so weiter.

Sie kennen sicher sehr sachliche Menschen, die immer und überall alles sachlich erklären möchten. Grundsätzlich gut so … oder auch nicht. Denn wenn auch die Gefühlsebene sachlich erklärt wird, läuft die Kommunikation nicht richtig.


BEISPIEL

Zwei Ehepartner streiten. Die Frau wirft dem Mann vor, dass er schon lange nicht mehr „Ich liebe dich“ gesagt habe. „Magst du mich noch? Die Wörter ,Ich liebe dich‘ habe ich schon so lange nicht mehr von dir gehört.“ Der sachlich reagierende Mann sagt: „Nein, das stimmt nicht. Bei unserem letzten Hochzeitstag – am 29. April – habe ich diese Worte gesprochen. Übrigens, ich habe vor Kurzem in der Zeitung gelesen, dass nur fünf Prozent der Männer in der Partnerschaft mehrmals in der Woche ,Ich liebe dich‘ sagen. Somit ist es statistisch erweisen, das ich keine Ausnahme bin.“

Die Gefühlsebene wird auf die Sachebene reduziert. Sie können verstehen, dass Frauen, die grundsätzlich gefühlsbetonter sind, auf solche Zahlenspiele wenig Wert legen.


BEISPIEL

Nach der Präsentation des Kommunikationsquadrates kontaktierte mich bei einem Seminar die Chefsekretärin eines Technologieunternehmens. „Ich werde kündigen“, war ihre lapidare Antwort auf meine Präsentation. Nach meiner Frage „Warum wollen Sie kündigen?“ erzählte mir die Dame über ihre täglichen Herausforderungen. Ihr Chef war ein Sachtyp stärkster Ausprägung. Bei der Weihnachtsfeier sprach er von Krankenstandtagen, Umsätzen, Margen und Betriebsergebnissen. Keine Worte des Dankes für die gute Arbeit, einfach keine „sprachliche“ Nähe zu den Mitarbeitern. „So ist er auch in der Arbeit. Er soll mir seinen Ärger mitteilen, wenn ich etwas nicht gut gemacht habe, er soll mich aber auch loben, wenn ich etwas gut gemacht habe. Es kommt einfach nichts Persönliches von ihm – auf Dauer für mich nicht tragbar“, teilte mir die Mitarbeiterin mit. Einige Wochen später erfuhr ich, dass sie gekündigt hat.

Hier sind zwei Extreme aufeinandergetroffen. Ein Sachtyp hat mit einem Beziehungstyp eng, jedoch nicht gut zusammengearbeitet.

4.2 Die Selbstmitteilungsebene

In jeder Nachricht stecken auch Informationen über die Person des Senders. Bei der Selbstmitteilung zeigen wir unsere Persönlichkeit. Diese besteht aus einer bewussten, gewollten Selbstdarstellung und gleichzeitig einer nicht bewussten Selbstenthüllung. Jede Nachricht wird somit zu einer Information über die Persönlichkeit des Senders. Immer wenn Sie sprechen, sprechen Sie also auch über sich – unbewusst oder bewusst. Die reine Form der Selbstdarstellung gibt es bei wenigen Gesprächen, zum Beispiel bei Bewerbungs- und Vorstellungsgesprächen. Daher sind besonders solche Situationen mit Herzklopfen verbunden: Ja, hier sagen wir etwas über uns selbst! Daher wird diese Ebene auch als „Ich-Ebene“ bezeichnet.

Die Ich-Botschaft sagt etwas über mich aus, was zunächst mit dem anderen zu tun hat, von ihm vielleicht nur ausgelöst wurde. In Beziehungen, in denen man befürchtet, dass sich der Gesprächspartner leicht angeklagt fühlt, kann die „Ich-Botschaft“ zum Türöffner werden.

Statt: „Warum sind die Unterlagen noch nicht fertig? Du bist einfach zu langsam.“ (= Du-Botschaft)

Besser: „Bitte sende mir die Unterlagen rasch zu! Ansonsten schaffe ich es nicht. Denn ich brauche diese zum Meeting.“ (= Ich-Botschaft)

In Konfliktsituationen enthält eine ausführliche Ich-Botschaft folgende Aussagen:

■ Verhaltensaussage: Beschreibung des Verhaltens, das einen stört

■ Gefühlsaussage: das Verbalisieren des Gefühls, das man empfindet

■ Wirkungsaussage: die Aussage, welche Wirkung das Verhalten des Partners auf mich hat und weshalb ich ihn um die Änderung seines Verhaltens bitte!

ANGST VOR DER SELBSTMITTEILUNG

Sehr oft spielt bei der Selbstmitteilung die Angst eine Rolle. Sie kennen diese sicher von Vorträgen oder Diskussionen. Sie haben Angst, Ihre Meinung öffentlich vor einer großen Zuhörerschaft preiszugeben. Frei nach dem Motto: „Hättest du geschwiegen, dann würde man dich weiterhin für weise halten.“

Woher kommt diese Scheu? Schon als Kinder merken wir, dass bestimmte Eigenschaften und Aussagen mit Lob oder Belohnung verbunden sind, andere mit Strafe: „Im Museum spricht man nicht“, „Beim Essen sitzt man still“ ... Die Angst vor Strafe führt zu einer gesellschaftlichen Anpassung. Ausschließlich ein angepasstes Verhalten ist gesellschaftsfähig. Der Richter ist plötzlich in uns und wir verhalten uns automatisch so, wie die Umgebung es für richtig hält.

Somit wird die eigene Meinung oft als nicht gesellschaftsfähig abgetan – wir schweigen und öffnen uns nicht. Leider, denn jede perfekte Kommunikation ist mit der Fähigkeit verbunden, sich selbst mitzuteilen, sich angstfrei und unverstellt darzustellen. Jedoch ist nicht jede Selbstmitteilung offen und authentisch. Manche Menschen setzen Techniken ein, die ihre Persönlichkeitsmerkmale verbergen:

1. Imponiertechnik

2. Fassadentechnik

IMPONIEREN UM JEDEN PREIS

Das Imponieren hat den Zweck, seine positiven Seiten in den Vordergrund zu rücken: mit Statussymbolen, elitärem Wortgebrauch (Fremdwörter), Versuch, das Gespräch auf Themen zu lenken, die ein Imponieren gestatten. Solche Imponierer wollen zeigen: „Seht, wer ich bin, was ich habe und was ich kann!“

Eine Bekannte von mir ist Meisterin der Imponiertechnik. Sie schmückt sich gerne mit bekannten Namen, mit denen Sie auf Du und Du ist. Während des Gesprächs wechselt sie plötzlich das Thema und verweist auf Gespräche mit diesen Persönlichkeiten.

EINE FASSADE BILDEN

Aus Furcht vor Misserfolg verhalten sich diese Menschen unauffällig und ruhig. Sie bauen eine Fassade auf, hinter der sie sich verstecken. Zum Beispiel: Freundlichkeit ohne Herzlichkeit, keine Gefühle zeigen, kalte Sachlichkeit, nicht fragen, keine Diskurse führen, die Meinung anderer annehmen ...

Rupert Lay beschreibt in seinem Buch „Führen durch das Wort“, dass Fassadenmenschen mitteilen wollen: „Schau, ich bin ganz harmlos, meine Gefühle belästigen dich nicht, ich bin ganz unauffällig, tue mir also nichts, denke nicht schlecht über mich.“

Sie haben sicher in Ihrem Bekanntenkreis beide Menschentypen. Merken Sie auch, dass Gespräche mit solchen Menschen sehr mühsam sind? Jedoch nicht nur für uns als Gesprächspartner, sondern auch für diese Menschen selbst. Die ständige Verleugnung der eigenen Persönlichkeit verstärkt Ängste, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle und ist auf Dauer sehr herausfordernd. Die psychische Gesundheit ist dadurch gefährdet.

Wie erkennen wir, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich sprachlich hinter einer Fassade verstecken?

1. „Man-Sätze“ werden formuliert

Statt die eigene Meinung zu benutzen, wird die Aussage in der Man-Form gesendet.

Beispiel: „Man wird wütend, wenn jemand so spät heimkommt“,

statt: „Ich bin traurig, dass du nicht früher heimgekommen bist.“

2. „Es-Form“ wird eingesetzt

Ähnlich wie der Man-Form wird das „Ich“ durch ein „Es“ ersetzt.

„Es sollten die Zahlen verbessert werden“,

statt: „Ich möchte, dass sich die Unternehmenszahlen wieder verbessern.“

3. Fragen werden gestellt

Fragen werden aufgeworfen und der Ball weitergespielt.

Beispiel: „Warum fliegst du nicht mit dem Flugzeug?“,

statt: „Ich finde, dass du mit dem Flugzeug fliegen solltest.“

4. „Du-Botschaften“ werden gesendet

Eine Technik, die weit verbreitet ist. Dabei wird die eigene Meinung zu einer wertenden Beziehungsbotschaft oder „Du-Botschaft“.

Beispiel: „Der Vorschlag von dir ist nicht durchführbar“,

statt: „Ich finde, dass dieser Vorschlag nicht gut ist!“

EIN PLÄDOYER FÜR DIE SELBSTMITTEILUNG

Machen Sie sich und anderen nichts vor, seien Sie authentisch. Zeigen Sie Offenheit und teilen Sie Ihre Meinungen und Gefühle den anderen mit.

Vorteile:

■ Solche Botschaften sind klarer und eindeutiger.

■ Der Empfänger hört intensiver zu, da er nicht zur Selbstverteidigung aufgefordert ist.

■ Der Empfänger wird selbst aufgefordert die Ebene der Selbstmitteilung zu wählen.

Authentizität setzt ein Mindestmaß an Selbstwert voraus. Daher ist Kommunikation eng mit dem Selbstwertgefühl verbunden. Auch darf zwischen den Menschen keine Rivalität aufkommen, denn dadurch werden Aussagen berechnender und nicht mehr ehrlich. Denken Sie an Biografien und Briefe großer Menschen der Geschichte: Meist sind es nicht die Informationen, die diese Literatur interessant macht, sondern die Selbstmitteilung ihrer Verfasser.

4.3 Die Beziehungsebene

Während sich die Sachbotschaft überwiegend an den Intellekt des Empfängers richtet, sprechen die Beziehungsbotschaften die Gefühle an. Bei der Selbstmitteilung ist der Empfänger ein Unbeteiligter, der diagnostiziert: „Aha, so einer bist du.“ Bei der Beziehungsebene ist er persönlich betroffen.

Die Beziehungsbotschaft hat zwei Botschaften:

■ Du-Botschaft: Was ich von dir halte

■ Wir-Botschaft: Wie wir zueinander stehen

Auf der Beziehungsebene kommt zum Ausdruck, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält. Je nachdem, wie er ihn anspricht (Art der Formulierung, Körpersprache, Tonfall ...) drückt er Wertschätzung, Respekt, Wohlwollen, Gleichgültigkeit, Verachtung oder Ähnliches aus.

Abhängig davon, welche Botschaft im Beziehungs-Ohr des Empfängers ankommt, fühlt er sich entweder akzeptiert oder herabgesetzt, respektiert oder bevormundet. Eine gute Beziehung ist gekennzeichnet durch Kommunikation „von Gleich zu Gleich in gegenseitiger Wertschätzung“. Sehr gefühlsbezogene Menschen haben ein ausgeprägtes Ohr für Beziehungsbotschaften. Besonders bei nahestehenden Menschen wirken Beziehungsbotschaften besonders intensiv. Ehetherapeuten können davon ein Lied singen.

 

Ich kann mich noch gut an eine Begebenheit erinnern, bei der ein Bekannter zu mir meinte: „Kannst du dich noch erinnern, hier genau am 15. August 1999 hast du mir gesagt, dass ich der beruflichen Aufgabe nicht gewachsen bin.“ Ich schaute ihn verdutzt an und fragte: „An das kannst du dich noch so genau erinnern?“ Ich hatte mit diesen Worten seine Aufgabe als Firmenchef bewertet und ihn mitten ins Herz getroffen.

Die Du/Sie-Botschaften wirken

■ nachhaltig: stark emotionalisierend und meist sehr eindringlich,

■ verhaltensändernd: Der Empfänger erfährt, wie er gesehen wird. Die Folge kann sein, dass er sein unerwünschtes Verhalten ändert oder ein gewünschtes Verhalten bekräftigt wird. Sehr oft führen jedoch Du-Botschaften nicht zum Gespräch, sondern zu einer Auseinandersetzung!

Nicht in jeder Lebenslage ist eine Aussprache über die Beziehungsebene angebracht. Besonders von sachlich orientierten Menschen wird die Beziehungssprache als distanzlos gesehen. Die Du/Sie-Botschaft kann aber ganz gezielt für einen sehr positiven Gesprächsverlauf eingesetzt werden – beim positiven Bewerten des Gesprächspartners, sprich dem Lob!