Umfang 470 seiten
Lord Byron - Gesammelte Dramen
Über das Buch
Diese Sammlung vereint fünf zentrale Bühnenwerke des englischen Romantikers, die bis heute durch ihre existenzielle Tiefe, politische Brisanz und poetische Kraft beeindrucken. In Manfred entwirft Byron eine düstere alpinen Tragödie, in der der gleichnamige Held – ein von Schuld und Wissen gezeichneter Titan – in metaphysischen Monologen gegen Götter, Geister und sich selbst rebelliert. Das Drama spiegelt Byrons Faszination für das Übermenschliche und seine romantische Idee des einsamen, leidenden Genies.
"Manfred" ist ein metaphysisches Drama, das die innere Qual seines Titelhelden in den Mittelpunkt rückt. Manfred, ein Gelehrter von titanischer Größe, ruft Geister der Natur, um seine Schuld zu tilgen – eine Schuld, die sich um eine angedeutete verbotene Liebe dreht. Er weigert sich, sich Gott oder dämonischen Mächten zu unterwerfen. In seinem selbstgewählten Untergang offenbart sich das zentrale Motiv: der tragische Stolz des autonomen Individuums.
"Cain" dagegen verlegt das Drama in den mythischen Urgrund der Menschheit. Cain lehnt die göttliche Ordnung ab, nachdem er die Endlichkeit des Lebens erkennt. In seinem Dialog mit Luzifer erhebt er Zweifel zum Akt der Freiheit. Der Brudermord wird so zur metaphysischen Rebellion, zum Ausdruck tiefer moralischer Ambivalenz.
"Marino Faliero, der Doge von Venedig", steht im Zentrum eines politischen Dramas über Verrat, Ehre und gescheiterte Revolution. Der greise Faliero plant aus enttäuschter Liebe zu seiner Stadt einen Staatsstreich – und scheitert tragisch. Byron entlarvt hier die Risse in republikanischer Selbstdarstellung und die Einsamkeit politischer Verantwortung.
"Die beiden Foscari" führen erneut nach Venedig. Der Dogen Francesco Foscari muss über das Schicksal seines Sohnes richten, der politischer Umtriebe beschuldigt wird. Die Familiensaga wird zum Sinnbild eines Systems, das das Persönliche dem Staat opfert – eine tieftraurige Meditation über Pflicht, Loyalität und seelische Zerrüttung.
"Sardanapal" erzählt vom letzten assyrischen König, der in dekadenter Selbstversunkenheit dem Untergang entgegenlebt. Zwischen Hedonismus und Pflicht schwankend, verkörpert Sardanapal das Ende eines Weltreichs – aber auch den Traum vom friedlichen Herrscher, der sich gegen Krieg und Grausamkeit stellt.
Byron (1788–1824), nicht nur Dichter, sondern auch Abenteurer und Freiheitskämpfer, galt als Inbegriff des romantischen Genies. Seine Dramen verbinden klassische Tragödienform mit revolutionärem Geist, persönlicher Verzweiflung und scharfer Zeitkritik. Sie beeinflussten europäische Autoren wie Victor Hugo, Puschkin oder Büchner und prägten die Idee des «Byronic Hero» – zerrissen, rebellisch, faszinierend.