Benny und Niki zu Besuch beim Zauberschüler

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Aus der Reihe: Benny-und-Niki-Trilogie #2
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Benny und Niki zu Besuch beim Zauberschüler
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Lewis Cowley

Benny und Niki zu Besuch beim Zauberschüler

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Inhaltsverzeichnis

Titel

KAPITEL 1: DER HELD DES TAGES

KAPITEL 2: DER SELTSAME ANRUF

KAPITEL 3: DER AUSFLUG

KAPITEL 4: REISE NACH ENGLAND

KAPITEL 5: DAS GEHEIMNISVOLLE HAUS

KAPITEL 6: Hexenschule

KAPITEL 7: Wer war Michael Reilly?

Kapitel 8: Neue Strategien

KAPITEL 9: MELLIE IST GEFANGEN

KAPITEL 10: ES WAR VERGEBLICH

KAPITEL 11: Ein weiterer Versuch

KAPITEL 12: IN DER ANDEREN DIMENSION

KAPITEL 13: WO IST MELLIE?

KAPITEL 14: EIN NEUER VERSUCH

KAPITEL 15: DRAMA AUF DEM MEER

Benny und Niki in der Unterwasserwelt

Die Rache der Hitmons (Fantasy)

Impressum neobooks

KAPITEL 1: DER HELD DES TAGES

Benny & Niki

*

zu Besuch beim Zauberschüler

Fantasy-Abenteuer für die ganze Familie von Lewis Cowley

DIE STORY:

Niki wird als Held ausgezeichnet. Er hatte den älteren Schüler Ahmet, der mitten im Unterricht durchgeknallt war und die ganze Klasse als Geiseln genommen hatte, zur Aufgabe überredet. Zum einen mit seinem unwiderstehlichen Mundwerk, zum anderen mit seinen berühmten Pfannkuchen. In den Pfingstferien erhält Niki´s Vater Benny einen seltsamen Anruf: Er sollte nach England fliegen, um dort einen alten Bekannten zu befreien. Doch Benny kennt dort nur den alten Jim, der vor einem Jahr im Seniorenheim an Altersschwäche gestorben war. Dennoch reist er zusammen mit seinem 9-jährigen Sohn Niki, dessen Freundin Mellie und dem Piloten Richie nach Großbritannien. Unverhofft begegnen sie dem Zauberschüler Daniel Reilly, Nachfahre des berühmten Michael Reilly, der Bennys Hilfe gut gebrauchen kann, denn ein unheimliches Gebäude, in dem Daniel´s Todfeind herrscht, ist das Ziel der Gefährten. Benny und seine Begleiter folgen ihm. Doch viel zu spät bemerken sie, dass der Anruf in Germany nur zur Irreführung diente und ahnungslos tappt Benny mit seinen Begleitern in eine tödliche Falle, denn sie werden bereits von einem alten Bekannten erwartet...

Helle Aufregung im Werner-von-Siemens-Gymnasium in München: Blaulicht und Sirenen von Polizei und Feuerwehr ertönten, unzählige Erwachsene und Kinder standen vor der Schule. Eine bewaffnete Spezialeinheit der Armee war ebenfalls angerückt. Durch ein Megaphon ertönte eine Männerstimme:

„Räumen Sie sofort das Schulgelände. Bitte entfernen Sie sich von hier!“

Unter den Menschenmassen stand ein Journalist, der neugierig fragte:

„Was ist denn hier los? Hat man eine Bombe gefunden?“

Neben ihm stand ein Armee-Soldat. Nach seiner Uniform zu urteilen war es der Anführer.

„Geiselnahme.“ gab er knapp zur Auskunft. „Mehr darf ich nicht sagen.“ Schnell entfernte er sich und rief durch das Megaphon:

„Achtung an alle. Achtung an alle. Allgemeine Aufstellung nach Plan Alpha. In Bereitstellung so lange bleiben, bis über Funk neue Einsatzbefehle erfolgen.“

Er wandte sich an den Schulrektor, der neben dem Schulkiosk stand.

„General Wanner.“ stellte er sich vor. „Wir sollen den Geiselnehmer zum Aufgeben zwingen.“

„Rektor Lichtl.“ gab der Andere zurück. „Er hat sich mit den Schülern in der Küche verschanzt.“

„Genaue Daten, bitte.“ ertönte der strenge Ton des Oberst.

„Ahmet Gülüz, türkischer Staatsangehöriger, 14 Jahre alt.“ berichtete Lichtl. „Er ist vorhin total durchgeknallt. Wir vermuten, dass er wegen einer Klassenarbeit schlecht benotet worden ist. Aber das könnte auch der Tropfen auf dem heißen Stein sein. Dann ist er mit einem MG durch die Schule gestürmt und hat den Lehrer und die Schüler der Klasse 3b als Geiseln genommen.“

„Woher hat er ein MG?“

„Das wissen wir nicht. Er hat sich mit der ganzen Schulklasse anfangs im Chemieraum aufgehalten. Wir haben zunächst vermutet, dass er sich und die Klasse 3b in die Luft sprengen will. Doch dann ist er mit seinen Geiseln in die Schulküche gezogen. Wir wissen nicht, warum.“

„Sind sie noch dort?“ erkundigte sich der Oberst.

„Ja.“ kam die Antwort schnell.

„Um wie viele Geiseln handelt es sich.“ fragte Wanner.

„26 Schüler und der Lehrer Baumgartner.“ sagte Lichtl. „Aber wie ich sagte, ich weiß nicht, warum der Umzug in die Küche.“

„Ich glaube, ich weiß es.“ ertönte eine weibliche Stimme. Es war Frau Gerold, die einst den damals erkrankten Herrn Baumgartner vertreten hatte.

Alle horchten auf und richteten ihre Augen auf sie.

„Es ist doch die Klasse 3b.“ fuhr sie fort. „Ich habe mich damals, als ich Herrn Baumgartner vertreten hatte, selber davon überzeugen können, dass er jeden um den Finger wickeln kann. Er ist äußerst lebhaft und in der ganzen Schule sehr beliebt. Ich kann mir schon vorstellen, dass er Ahmet dazu überredet hat, in die Küche zu ziehen. Schließlich kann er recht gut kochen.“

„Von wem reden Sie eigentlich?“ fragte Wanner.

„Niki.“ gab Frau Gerold zur Antwort. „Er ist auch drin. Ich bin sicher, dass er Ahmet mit seinen Kochkünsten zum Aufgeben überreden will.“

„Das ist doch Unsinn.“ meinte Wanner. „Hier ist militärische Kraft gefragt und meine Jungs schaffen das besser, als jeder Zivilist. Glauben Sie im Ernst, dieser ... dieser Niki könnte etwas, was wir nicht können?“

„Sie kennen ihn nicht.“ sagte Rektor Lichtl im unerschütterlichen Ton. „Es gibt kein Herz, das er nicht erobern kann und niemanden, der sich seiner Fähigkeit entziehen könnte.“

„Hahaha!“ erboste sich einer von Wanners Soldaten, der daneben stand. „Das Kind möchte ich sehen, das einem Soldaten über ist.“

„Was ist mit den Eltern der Schüler?“ fragte Wanner. „Wurden die schon informiert?“

„Noch nicht.“ antwortete Lichtl. „Ich dachte, dass es für sie schonender sein könnte, wenn man es ihnen noch vorenthält. Wissen ist viel schlimmer, als nicht wissen, wenn man hilflos ist. Deshalb darf möglichst nichts nach draußen dringen.“

„Da haben Sie vielleicht recht.“ sagte Wanner. „Aber wenn den Schülerinnen und Schülern etwas zustößt, oder auch dem Lehrer?“

„Da haben wir keine großen Sorgen.“ meinte Frau Gerold zuversichtlich. „Niki ist ein tolles Kind. Wenn jemand Ahmet zur Aufgabe überreden kann, dann er.“

„Niki?“ stutzte Wanner. „Wie heißt er denn richtig?“

„Dominik Fischer.“ ertönte tonlos die Stimme des Rektors. „Er ist wirklich ein besonderes Kind. Von seinem Vater wird er oft `Königliche Frechheit´ genannt. Das passt wirklich zu ihm.“

„Darauf würde ich mich nicht verlassen.“ meinte Wanner streng. „Darf ich jetzt fortfahren?“

„Sie dürfen.“ seufzte Lichtl.

In diesem Moment kam über das Funkgerät, das Wanner an seiner Seite trug, eine Nachricht:

„Alle Mann in Position.“

Wanner schnappte sich sein Funkgerät und befahl:

„In Bereitschaft bleiben!“

Alle Augen waren auf die Schulküche gerichtet, doch nichts regte sich.

Unterdessen war Benny gerade damit beschäftigt, die Wohnung aufzuräumen. Neben dem Wohnzimmertisch erblickte er eine leere Chipstüte. Missmutig packte er sie und stöhnte:

„Oh, dieses Kind.“

Er hatte noch nicht ausgesprochen, als das Telefon läutete.

„Fischer!“ meldete er sich.

Schon gleich darauf verfinsterte sich sein Gesicht. In seinen Augen stand Todesangst, als er rief:

„Ich komme!“

Sofort sauste Benny zu seinem Wagen und startete ihn. So schnell war er noch nie aus der Garage gefahren.

Der 30-jährige Benjamin Fischer war Witwer und ein unscheinbarer Typ Mann, der wesentlich jünger wirkte, als er eigentlich war. Er lebte allein mit seinem Sohn in einer Eigentumswohnung. Seine Frau Maria war vor drei Jahren an einem Verkehrsunfall verunglückt. Auch sonst hatte er keine Verwandten mehr. Seine Eltern waren schon lange tot und seine Großeltern väterlicherseits hatte er nicht mehr gekannt.

Als Internetpromoter warb er für viele Firmen. Einst hatte er zusammen mit seinem Freund Alexander Hauser dieses Unternehmen aufgebaut, das zwar anfangs etwas schleppend blieb, später aber besser lief. Allerdings konnte man damit keine Reichtümer machen, zum Leben aber genügte es schon. Sonst widmete Benny seine ganze Aufmerksamkeit dem kleinen Niki, denn der Junge war alles, was er noch hatte.

 

Niki war ein sehr temperamentvolles Kind, bei allen sehr beliebt und in der Schule so etwas wie ein Boss geworden. Er dachte sich die besten Spiele aus, war die Kummertante für andere Schülerinnen und Schüler, konnte jeden Streit schlichten, war ein Musterschüler und auch ein Sprachgenie, das trotz seiner erst 9 Jahre Englisch besser beherrschte, als viele Lehrkräfte. Das hatte er wohl von seinem Vater gelernt, der schon aus beruflichen Gründen mit vielen Kunden englisch sprechen musste. Außerdem hatte Niki damals bei seinem Abenteuer mit den Hitmons in Amerika seine Sprachkenntnisse wieder etwas auffrischen können.

Überhaupt schien Niki von seinen Eltern nur positive Eigenschaften geerbt zu haben. Benny und Maria hatten sich einst als Nachbarskinder kennen gelernt. Seitdem waren sie unzertrennlich.

Niki war eine Kombination seiner Eltern. Das Gesicht vom stillen Vater, nur die schwarzen Augen hatte er von seiner Mutter. Dazu auch das Temperament, das Benny oft zur Weißglut brachte.

Und der brauste jetzt in Richtung Schule, um seinem Sohn beizustehen.

Inzwischen hatten alle Soldaten die Schulküche von allen Seiten abgeriegelt. Jede Waffe, jedes Auge war auf die Tür gerichtet, denn der Küchenraum hatte keine Fenster und auch sonst keine Ausgangsmöglichkeiten. Ein Entkommen war also ausgeschlossen. Wanners Leute waren auf alles gefasst.

Auf alles? Nein. Gleich darauf senkte sich die Klinke der Küchentür. Diese ging auf und man konnte beobachten, wie ein Junge seinen Kopf durchstreckte. Es war Niki Fischer.

Auch jetzt konnte man es feststellen: Der Junge sah tatsächlich so aus, wie Benny in seinem Alter. Nur die tiefschwarzen Augen waren der einzige Unterschied. Er hielt das MG in der einen Hand, mit dem Ahmet die Klasse bedroht hatte. An seiner anderen Hand zog er den Täter aus dem Zimmer, der an einem Pfannkuchen mampfte.

Die Soldaten, die an der Tür lagerten, trauten ihren Augen nicht. Langsam senkten sie ihre Gewehre und starrten ungläubig auf Niki, der Ahmet an der Hand hielt. Sofort war Wanner zur Stelle, der mit seinem Teil hier gewacht hatte. Er näherte sich Niki und nahm ihm das MG aus der Hand. In seinen Augen stand viel Bewunderung, als er fragte:

„Bist du Dominik Fischer?“

„Ja, der bin ich.“ antwortete der Kleine mit seinem üblich frechen Unterton. „Ist etwas gefällig?“

„Du redest ja wie ein Verkäufer aus dem 19. Jahrhundert.“ lachte Wanner.

Während Ahmet abgeführt wurde wandte er sich noch an Niki.

„Und du bringst mir wirklich welche mit?“ fragte er.

„Klar, mach´ ich!“ rief Niki.

Unterdessen waren auch die anderen Schüler aus der Küche gekommen und schlichen leise zu Niki. Einige Sekunden lang herrschte Stille, dann aber brach es los, ein riesiges Jubeln, das die Fensterscheiben zu zerbersten drohte.

„Niki ist unser Held! Niki ist unser Held!“ ertönte es von allen Seiten.

Auch die Soldaten, die sich eingefunden hatte, jubelten mit. Ein Blitzlichtgewitter von den Reportern leuchtete ringsherum auf. Niki wurde von allen Seiten abgelichtet. Einige wollten sich ihm nähern, doch die Soldaten hielten sie zurück.

Da wurde Niki von seinen Mitschülern emporgehoben und das Jubeln ging weiter. Unter ihnen war auch die kleine Julia Schneider, die besonders von Niki schwärmte.

„Lasst mich auch mal hin!“ rief sie.

In diesem Moment tauchte Benny in der Schule auf. Abrupt bremste er seinen Wagen ab und stürmte in das Schulgebäude. Dort vernahm er bereits das Rufen vieler Kinderstimmen:

„Niki ist unser Held! Niki ist unser Held!“

Benny blieb reglos stehen. Er erinnerte sich an das Abenteuer in den USA, als sein Sohn entführt worden war. Niki hatte zuvor mit vielen der berühmten Hitmon´s Freundschaft geschlossen und diese hatten geschworen, ihn zu befreien, wobei sie schrieen:

„Niki ist unser Freund! Niki ist unser Freund!“

„Da ist Nikis Papa!“ rief ein Mädchen.

Der lief schnurstracks auf seinen Sohn zu.

„Papa!“ rief Niki laut, durchbrach den Ring seiner Mitschüler und sauste zu seinem Vater. Eine innige Umarmung folgte. Benny war unfähig, auch nur ein Wort herauszubekommen. Inzwischen war es total still geworden.

„Mein Kind.“ war alles, was Benny hervorbrachte. Niki kuschelte sich an ihn. Es dauerte ein Weilchen, bis sich Rektor Lichtl an die Beiden wagte. Alle anderen hielten sich zurück.

„Na, Herr Fischer.“ begann er. „Da können Sie aber wirklich stolz auf Ihren Sohn sein.“

Wortlos schaute ihn Benny an. Bis sein Kind ihn am Ärmel zog und auffordernd rief:

„He, Papa, sag doch was.“

Alle lachten.

Der Unternehmer stand auf und erwiderte:

„Das dürfen Sie laut sagen, Herr Lichtl. Und was noch wichtiger ist, Niki kann auch stolz auf sich sein.“ Er wandte sich wieder zu seinem Sohn und sagte:

„Du musst mir nachher alles erzählen, Niki. Aber jetzt habe ich mit den Lehrern etwas zu besprechen. Du kannst ja so lange mit den anderen Kindern spielen.“

„Kannst du Mellie Bescheid sagen?“ bat sein Sohn.

„Ich will sehen, was sich machen lässt.“ antwortete Benny.

Mellie hieß eigentlich Melanie und war Nikis beste Freundin, knapp neun Jahre alt und die Tochter von Bennys Freund und Ex-Partner Alex Hauser. Schon als Kleinkinder spielten die beiden zusammen. Mit vier Jahren gaben sie sich den Verlobungskuss, das Benny einst auf Foto festgehalten hatte.

Benny folgte dem Rektor ins Sprechzimmer. Auch Wanner und der Lehrer Baumgartner waren dabei. Unterdessen hatte sich die kleine Julia Niki genähert und sagte voller Bewunderung:

„Mein Held.“

Innig umarmte sie ihn und fuhr fort:

„Ach Niki. Bei dir fühle ich mich so sicher. Alle Kinder hier sind glücklich, wenn sie dich zum Freund haben. Hast du noch die Rauruk-Spardose?“

Wortlos öffnete Niki seinen Schulranzen, griff hinein und zog ein braunes Etwas hervor. Es war tatsächlich die Rauruk-Spardose, die Julia ihm zu seinem 9. Geburtstag geschenkt hatte. Man konnte eine Menge Münzen klimpern hören.

„Ich trage sie immer bei mir.“ erklärte er. „Und sie wird auch fleißig gefüllt, denn Rauruk hat viel Hunger.“

Beide lachten, als er die Spardose wieder in seinen Ranzen steckte.

Julia blickte wieder auf und sagte leise:

„Niki, ich möchte dir etwas sagen.“

Der Junge horchte auf. Er kannte seine Mitschülerin, doch diesen Ausdruck hatte er noch nie an ihr gesehen.

„Bitte, ich hör´ dich an.“ gab er bestimmt zurück. Doch sein frech-süßes Lächeln gab seiner Mitschülerin etwas Mut.

Julia senkte wieder ihre Augen.

„Weißt du, Niki, du bist mein Freund.“

Niki nahm ihre Hände in die seinigen und sprach:

„Natürlich bin ich dein Freund, Julia. Wenn du einmal Kummer hast, dann kannst du immer zu mir kommen.“

Julia hörte diese Worte und fuhr fort:

„Niki, ich möchte immer bei dir bleiben. Mein ganzes Leben lang. Ich will dich heiraten. Willst du das auch?“

In diesem Moment verfinstere sich das Gesicht des beliebten Jungen. Er ließ die Hände seiner Mitschülerin los und wandte sich ab.

„Niki!“ rief Julia. „Was ist denn?“

Der Junge ging wieder auf den Schulhof, wo er von seinem Vater beobachtet wurde, der gerade im Lehrerzimmer aus dem Fenster schaute. Dort gab es eine Besprechung.

„Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass Dominik das beliebteste Kind der Schule ist.“ begann Lichtl. „Und dass er sich die Sympathie der Eltern anderer Schüler erworben hat, dürfte wohl auch jedem bekannt sein. Sind Sie derselben Meinung, Herr Fischer?“

Der Unternehmer blickte auf und antwortete leise:

„Ja.“

„Herr Fischer.“ fuhr Rektor Lichtl fort. „Dominik ist seit den Osterferien noch beliebter geworden. Was ist denn passiert? Er hat nie darüber erzählt.“

„Das hatte ich erwartet.“ meinte der junge Unternehmer bestimmt. „Er hat sich sehr verändert seit seinem Abenteuer in den USA.“

General Wanner hatte etwas ungläubiges in seinen Augen, als er sprach:

„Ich habe in meiner ganzen Laufbahn noch nie einen Menschen erlebt, der so viel Macht über andere ausüben kann. Noch dazu ein Kind.“

Benny schaute aus dem Fenster und beobachtete seinen Sohn, der gerade von vielen Kindern umjubelt wurde. In seinen Augen spiegelte sich etwas, das noch nie jemand an ihm gesehen hatte.

„Herr Fischer.“ ertönte Lichtl´s Stimme.

Benny zuckte auf.

„Was?“ stieß er hervor.

„Wir sprechen von Ihrem Sohn.“ klärte ihn der Rektor auf.

„Ach so, ja.“ meinte Benny verwirrt.

„Haben Sie etwas dazu zu sagen?“ erkundigte sich Wanner. „Sie müssen doch stolz auf Ihr Kind sein.“

Benny schaute wieder aus dem Fenster, als er sagte:

„Ja. Niki hat etwas, um das ich ihn wirklich beneide.“

Kurz darauf ging Benny aus dem Lehrerzimmer und erblickte ein Mädchen, das zusammengesunken auf einer Bank der Halle saß. Das Mädchen weinte bitterlich und das war auch anderen aufgefallen.

„Das ist doch Julia.“ entfuhr es Benny.

„Sie hat wohl noch einen Schock von der Sache vorhin.“ hieß es aus verschiedenen Mündern.

„Das glaube ich nicht.“ dachte sich Benny. „Da muss etwas anderes passiert sein.“

Er näherte sich dem Kind und fragte:

„Hallo Julia. Was ist denn?“

Das Kind blickte auf.

„Ach, hallo Herr Fischer.“ stieß sie traurig hervor, dann sank sie zusammen und schluchzte:

„Niki hat mich nicht lieb!“

„Was?“ hauchte der Unternehmer. Nachdem er sich etwas gefangen hatte, wollte er wissen:

„Was ist denn passiert?“

Etwas später saß Benny bewegungslos auf der Bank. Julia war verschwunden. Rektor Lichtl, der Lehrer Baumgartner und die Lehrerin Gerold waren inzwischen erschienen.

„Nun, was ist?“ bohrte Frau Gerold. „Hat sie etwas gesagt?“

Benny erhob seinen Kopf und sagte leise:

„Ich habe manches vermutet, aber das nicht. Das niemals.“

„Wieso, was ist denn?“ fragte Lichtl.

Benny wandte sich an Baumgartner.

„Julia hat meinem Sohn einen Heiratsantrag gemacht.“

„Tatsache?“ entgegnete dieser. „Das ist mir neu.“

„Mir nicht.“ entgegnete Benny.

„Dominik ist sehr beliebt.“ kam es von Baumgartner zurück. „Da fällt für ihn eine einzelne Person wohl nicht auf. Warum? Hat Niki den Antrag abgelehnt?“

„Julia weiß nicht, dass Niki schon eine Freundin hat, die er heiraten möchte.“ erklärte Benny.

„Wen denn?“ erkundigte sich Lichtl.

In der Strehlerangerschule war gerade Unterrichtsschluss. Einige Kinder der Klasse 3h waren schon draußen im Gang, als ein Mädchen aus dem Klassenzimmer lief und schrie:

„Mellie! Schnell, hör mal, was da im Radio kommt, da reden sie von deinem Freund Niki!“

Das blonde Mädchen sauste schnell zum kleinen alten Radio, das im Klassenzimmer stand. Dort kam gerade durch:

„Unblutig endete eine Geiselnahme im Münchner Werner-von-Siemens-Gymnasium durch das beherzte Eingreifen des 9-jährigen Schülers Dominik Fischer. Er hatte den 14-jährigen Ahmet Gülüz, der mitten im Unterricht völlig durchgedreht war, durch seine unbeschreibliche Art zur Aufgabe überredet. Dominik Fischer gilt deshalb als Held des Tages und soll am kommenden Samstag vom Münchner Oberbürgermeister dafür mit der Tapferkeitsmedaille belohnt werden. Der Schulrektor Lichtl lässt mitteilen, dass der weitere Unterricht für den heutigen Tag ausfällt.“

Mellie strahlte vor Glück und Stolz, als sie das hörte. In diesem Moment kam durch den Schullautsprecher eine Durchsage:

„Die Schülerin Melanie Hauser bitte zum Rektorat kommen.“

Mellie horchte auf und blickte ihre Lehrerin Frau Kerner an. Die nickte lächelnd und sagte:

„Ich komme mit. Es ist bestimmt wegen deinem Freund.“

Schon gleich darauf war Mellie mit ihrer Lehrerin im Rektorzimmer angekommen.

„Ein gewisser Benny Fischer hat uns angerufen.“ berichtete Rektor Roedel. „Kennst du ihn?“

„Das ist Nikis Papa.“ gab Mellie zur Auskunft. „Was hat er denn gesagt?“

„Er erwartet dich im Werner-von-Siemens-Gymnasium.“ antwortete Herr Roedel. „Weißt du, warum?“

 

„Niki ist in dieser Schule.“ antwortete Mellie.

Herr Roedel grinste.

„Aha.“ gab er von sich. „Dein Freund Dominik.“

„Ich will zu Niki.“ rief Mellie.

„Da sollte dich jemand hinfahren.“

„Ich werde es selbst erledigen.“ bot Frau Kerner an. „Mein nächster Unterricht beginnt erst in zwei Stunden. Da habe ich genug Zeit.“

Schon kurz darauf brauste der Wagen mit der vor Glück strahlenden Mellie am Rücksitz durch die Straßen und kam etwa 10 Minuten später am Ziel an. Wortlos sprang Mellie aus dem Wagen und sauste auf die Schule zu. Sofort erkannte sie im Schulhof ihren Freund, der von vielen Kindern umringt neben dem Eingang stand, und lief ihm aufgeregt entgegen.

„Niki!“ schrie sie.

„Mellie!“ ertönte die glückliche Stimme ihres Freundes. Alle Kinder machten Platz. Beide liefen aufeinander zu und fielen sich in die Arme. Alle anderen Kinder jubelten und umringten die beiden. Zum ersten Mal konnten sie Nikis Freundin sehen, von der er des Öfteren erzählt hatte. Nur Julia, die in der Halle geblieben war, wirkte sehr traurig.

Es dauerte einige Minuten, bis Benny aus dem Schulhaus trat. Er hatte Mellie bereits gesehen, wollte aber sie und seinen Sohn bei der Begrüßung nicht stören. Langsam näherte er sich den beiden Kindern. Der Ring öffnete sich ehrfürchtig und schon erkannte auch Mellie den Vater ihren Freundes.

„Hallo, Onkel Benny.“ begrüßte sie ihn fröhlich.

„Hi, Mellie!“ Der Promoter nahm das Kind in seine Arme. „Na, wie fühlst du dich als Freundin eines Helden?“

Mellie blieb still, doch ihre Augen sagten mehr als alle Worte. Sie schmiegte sich an Niki und strahlte ihn an.

Danach stiegen sie in den Wagen und brausten zu Alex, der sie bereits erwartete. Mit Niki an der Hand flitzte Mellie nach oben und sprang zu ihrem Vater. Nur ein dickes Küsschen, und schon wandte sich der hagere Alex dem Jungen zu.

„Ja hallo, Niki. Herzlichen Glückwunsch.“ begrüßte er ihn. "Ich hab´s gerade in den Nachrichten gehört."

Kurze Zeit darauf erzählte Niki, was sich in der Schule ereignet hatte. Mellie klammerte sich fest an ihren Freund, die anderen lauschten. Niemand unterbrach Niki, als er wie ein Wasserfall die Einzelheiten berichtete.

Die Szene zeigte den Geiselnehmer und die anderen Schüler zusammen im Klassenzimmer.

"Wehe, einer rührt sich!" schrie der Geiselnehmer.

"Aber Ahmet, warum tust du das?" fragte Niki.

"Das geht dich nichts an!" brüllte dieser. "Und jetzt sei ruhig. Sonst werde ich sauer!"

"Das bist du doch schon." lachte Niki. "Hast du eine Zitrone gefressen?"

"Was fällt dir ein!" schrie Ahmet.

"Ach, mir fällt viel ein." überlegte Niki. "Zum Beispiel, wie ich dich zum Aufgeben bringen kann."

"Das kannst du dir abschminken." entgegnete Ahmet. "Glaubst du vielleicht, nur weil du Niki bist, dass du dir alles erlauben kannst?"

"Darum geht´s doch gar nicht." sagte Niki. "Aber sag mir, wie kann ich dir helfen?"

"Was soll dieser Psycho-Blödsinn!" schrie Ahmet.

"Das ist kein Psycho-Blödsinn." erklärte Niki. "Ich will wissen, wie ich dir helfen kann."

Niki hatte sich langsam auf einen Stuhl gesetzt. Die anderen Schüler und auch der Lehrer Baumgartner wagten nicht die geringste Bewegung. Doch alle ahnten, dass Niki es schaffen würde.

"Du kannst doch kochen, soviel ich weiß." sagte Ahmet.

"Na klar." rief Niki. "Soll ich dir Pfannkuchen machen?"

Kaum merklich leckte Ahmet seine Zunge über die Lippen. Niki hatte es aber bemerkt und sagte:

"Aber dazu müssen wir in die Schulküche gehen."

"Dann gehen wir rüber!" rief Ahmed. "Los vorwärts, miteinander, und keine Sperenzchen."

„Und dann wollte Ahmet etwas zu Essen.“ fuhr Niki fort. „Und weil er weiß, dass ich kochen kann, sollte ich ihm etwas machen.“

„Und da hast du ihm natürlich gleich deine berühmten Pfannkuchen serviert.“ lachte Benny. „Na hoffentlich hat er sich daran nicht den Magen verdorben. Wie viele hat er denn gegessen?“

„Alle zwölf!“ sagte Niki knapp. „So schnell, wie der gegessen hat, konnte ich sie gar nicht machen. Naja, und das hat ihn so abgelenkt, dass Herr Baumgartner das Gewehr in der Hand hatte. Hat nur noch die Patronen raus und dann bin ich zuerst mit Ahmet raus, dann die anderen. Den Rest kennst du ja.“

„Na, das muss gefeiert werden!“ jubelte Alex.

"Das finde ich auch." lachte Benny. "Die Frage ist nur, wer alles dabei sein soll."

"Natürlich Mellie." meint Alex. "Und vielleicht noch ein paar andere Kinder."

Kaum hatte er das gesagt, läutete es an der Tür. Alex öffnete und traute seinen Augen nicht. Über 60 Kinder standen draußen. Allen voran Julia.

"Ist Niki da?" fragte sie. Dabei erblickte sie Mellie.

Benny schaute ungläubig auf die ganzen Kinder. Was die hier wollten, war ihm sofort klar. Sie wollten ihren Helden feiern.

"Kommt rein, Kinder." sagte Benny. "Er ist da."

"Niki Niki Niki!" ertönte er durch den Hausgang. Schon stürmten all die Kinder in Alex´ Wohnung. Die war zwar recht groß, und sie konnte auch all die Kinder fassen, doch Benny wusste nicht so recht, was er machen sollte.

Inzwischen waren die Kinder alle bei Mellies Zimmer angelangt. Niki rief:

"Es ist lieb von euch, dass ihr gekommen seid. Und ich bin so froh, dass nichts passiert ist. Du, Onkel Alex. Hast du genug da für Pfannkuchen?"

"Leider nicht." gab dieser zurück. "Aber die Kinder können sich Pizza bestellen. Ich habe den Flyer da."

"Jaaa! Pizzaaa!" schrieen die Kinder voller Vergnügen.

"Na, dann schaut rein und bestellt schön." lachte Benny.

Alex schob seinen Freund beiseite und fragte:

"Hast du eigentlich genug Geld dabei?"

"Mehr als genug." beschwichtigte ihn der Promoter. "Daran scheitert´s nicht."

Schon hatten sich alle Kinder verschiedene Pizzen herausgesucht. Benny schaute sich alles an und halbierte die Portionen. Das gelang ihn auch sehr schnell. Schon schwang er sich ans Telefon und rief den Pizzaservice an.

"Hallo! Ich habe eine Großbestellung. Ich brauche 20 Pizza Salami, 5 Pizza Hawaii und zwei Pizza Procciutto. Wann werden die fertig sein?"

Er hörte einen Moment und sagte dann:

"Alles klar. Bringen Sie sie nacheinander, damit sie warm bleiben."

Kurz darauf mampften einige Kinder an den ersten Pizzas. Schon kam die nächste Ladung und die restlichen Kinder aßen. Niki war dabei aufgefallen, dass Julia nicht aß. Er nahm sie in Mellies Zimmer und fragte:

"Was ist denn mit dir, Julia. Hast du denn keine Pizza bestellt?"

"Nein." antwortete sie traurig.

Mellie, die auch im Zimmer war, blickte auf.

"Warum willst du denn nicht essen?" fragte Niki.

"Ich sag es dir nur, wenn sie rausgeht." Dabei deutete Julia auf Mellie.

Diese starrte sie an.

"Ich habe keine Geheimnisse vor Mellie." erklärte Niki. "Also sprich. Warum willst du nicht essen?"

"Du hast doch die Rauruk-Spardose, oder." fragte Julia.

"Ja natürlich habe ich sie noch, die gebe ich doch nicht aus der Hand, das weißt du doch." sagte Niki. "Und sie wird auch fleißig gefüttert, denn Rauruk hat viel Hunger."

"Das hast du in der Schule schon gesagt." meinte Julia und bohrte weiter:

"Weißt du eigentlich, warum ich sie dir geschenkt habe?"

"Ich weiß nicht." gab Niki zurück.

"Weil ich dich heiraten will." sagte sie plötzlich. Mellie starrte das Kind an.

"Aber Julia." begann ihr Mitschüler plötzlich. "Du weißt doch, dass ich schon eine Freundin habe, die ich heiraten will, nämlich Mellie."

"Das weiß ich ja." weinte das Mädchen. "Ich will dich aber trotzdem heiraten."

"Jetzt hör mir mal zu, Julia." sagte Niki und nahm ihre Hände. "Mein Herz gehört Mellie. Ich bin sicher dass du irgendwann einen netten Jungen kennenlernst. Du musst nur abwarten."

"Ich will aber keinen anderen Jungen." sagte Julia trotzig. "Du hast doch heute in der Schule gesagt, du bist mein Freund."

"Das stimmt ja auch." bestätigte der Junge. "Und ich werde auch dein Freund bleiben. Aber heiraten werde ich Mellie, das habe ich so beschlossen."

"Du bist gemein, Niki." motzte Julia.

"Ich bin nicht gemein." gab der Junge zurück. "Aber du solltest eben akzeptieren, dass ich schon eine Freundin habe, die ich heiraten will."

Julia sagte nichts darauf. Mellie hatte das Gespräch mit angehört und wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Aber dann brach sie das Schweigen und schlug vor:

"Ich glaube, du isst jetzt eine Pizza und wir gehen raus zu den anderen."

Dieser Vorschlag wurde angenommen. Julia nahm ein Stück von der Pizza und biss hinein. Gleich darauf gingen die Kinder aus dem Zimmer.

"Na, da seid ihr ja endlich." rief Alex. "Ich dachte schon, ihr wärt verschollen. Na, schmeckt´s euch."

"Prima Papa." rief Mellie. "Das ist fast so gut wie Mama´s Schweinebraten."

Petra lächelte, als sie das hörte. Schließlich war sie in der ganzen Straße berühmt für ihren Schweinebraten.

"Du, Papa." rief Niki. "Warum machen wir so etwas nicht öfter?"

Benny schmunzelte. Sein Sohn hatte ja recht. Der Promoter konnte es sich leisten und der Kleine konnte einige Kinder einladen. Allerdings in die eigene Wohnung.

"Vergiss nicht, dass morgen die Auszeichnung ist." erinnerte ihn sein Vater. "Da müssen wir munter sein."

"Alles klaro, Papa!" lachte sein Sohn.