Buch lesen: «Vom Mond aus links - Teil 2: Farbe des Universums»
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Über den Verlag in Farbe und Bunt
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Vom Mond aus links
Teil 2: Farbe des Universums
Lea Baumgart
Das Buch
Aus der Serie WELTENWANDLER präsentiert der Verlag in Farbe und Bunt den zweiten Teil der humorvoll-spannenden SF-Reihe "Vom Mond aus links" von Lea Baumgart.
Ausgestattet mit dem ultimativen Navigationssystem sollte Selene eigentlich in der Lage sein, ihren Traum zu verwirklichen und das Universum zu bereisen. Nur leider hat das Auge der Galaxie ganz eigene Pläne, wohin es die ausgebildete Hair- und Make-up Artistin für intergalaktische Spezies und ihren Begleiter Naajab führt. Der Planet, auf dem sie landen, birgt ganz offensichtlich ein Geheimnis - und könnte nebenbei bemerkt dringend ein Umstyling vertragen. Während sie einer Verschwörung auf die Spur kommen, muss Selene erkennen, dass die aufregendste Frisur des Planeten zu haben auch Nachteile mit sich bringen kann ... vor allem, wenn einen die plötzliche Aufmerksamkeit das Leben kosten könnte.
Die Autorin
Lea Baumgart wurde 1995 in der Nähe von Köln geboren und wuchs in einem Haushalt mit magischen Bücherregalen auf, in denen man jedes beliebige Buch mindestens in zwei verschiedenen Ausgaben findet – aber natürlich immer erst, nachdem man es sich schon selbst gekauft hat. Diesen Bücherregalen ist es wohl zu verdanken, dass sie derzeit Literaturwissenschaft studiert und eigene Geschichten veröffentlicht. Inzwischen stapeln sich die Bücher bereits auf ihrem Schreibtisch, aber davon lässt sie sich nicht abhalten; schreiben kann man schließlich überall.
Impressum
Originalausgabe | © 2020
Verlag in Farbe und Bunt
Am Bokholt 9 | 24251 Osdorf
www.ifub-verlag.de / www.ifubshop.com
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.
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Alle Rechte liegen beim Verlag.
Herausgeber: Björn Sülter
Lektorat & Korrektorat: Telma Vahey
Cover-Gestaltung & E-Book-Erstellung: E. M. Cedes
ISBN: 978-3-95936-244-3 (Ebook)
1 – Hier finden Sie uns
»Sie haben Ihren Zielplaneten erreicht. Er befindet sich auf der rechten Seite. Bitte begeben Sie sich unverzüglich in den Landeanflug«, verkündete das Auge der Galaxie in Selenes Kopf. Dann ergänzte die synthetisch erzeugte Frauenstimme: »Endlich.«
Seit sie das magische Artefakt alias das Navigationssystem alias das blöde Scheißteil (es hing ganz davon ab, wen man fragte) aus dem Tempel der Mondgöttin gestohlen und in ihren Köpfen installiert hatten, hatte das Auge der Galaxie angefangen, ein Persönlichkeitsmuster zu entwickeln. Am besten beschrieb man dieses Persönlichkeitsmuster mit dem Adjektiv »mürrisch«. »Übellaunig« und »unausgeglichen« stellten allerdings passable Alternativen dar. Bei so viel Persönlichkeit konnte die Entwendung aus dem Tempel eigentlich auch nicht als Diebstahl gewertet werden. Selene betrachtete es stattdessen als Befreiung.
Sie trat in die Steuerzentrale des Raumschiffes. Obwohl sie jetzt schon knappe drei Wochen damit unterwegs war, konnte Selene immer noch nicht ganz fassen, dass es sich bei der Liberty tatsächlich um ihr Raumschiff handelte – jedenfalls solange man die Sache mit der Besitzurkunde nicht allzu genau nahm. Sie hatte immer davon geträumt, einmal die Galaxie zu bereisen. In Selenes Vorstellung hatte es dabei allerdings immer sehr viel mehr fremde Planeten und sehr viel weniger Dahindümpeln in der schwarzen Leere gegeben. Sie wünschte, ihre Tagträume hätten sie darauf vorbereitet, für den Notfall ein Kartenspiel einzupacken.
»Hast du Auxie gehört? Wir sind fast da«, sagte Selene.
»Meine korrekte Kennung lautet Das Auge der Galaxie«, korrigierte Auxie sie. Ihre Stimme klang genau so fröhlich wie die Ansagen, die am Weltraumhafen auf dem Mond immer die Verspätungen der Shuttle-Flüge verkündet hatten.
»Klar, sie redet ja seit zwei Tagen von nichts anderem«, antwortete Naajab und schwenkte den Pilotensitz herum.
Seine Haut glänzte silbrig, und anstelle von Haupthaar verlief eine gehärtete Knochenplatte über seinen Schädel. Davon abgesehen war er humanoid. Nachdem Selene Kriterien wie Wagemut, Abenteuerlust und Orientierungssinn von der Liste gestrichen hatte, hatte Naajab problemlos den einzigen verbleibenden Punkt erfüllt, der ihn für den Posten als Piloten qualifizierte: Er konnte das Raumschiff fliegen.
»Noch können wir es uns anders überlegen. Wir müssen nicht landen«, fügte er hinzu.
Selene trat neben den Pilotensitz. Die Glasfront des Cockpits gab den Blick auf den Planeten vor ihnen frei. Es war kein besonders großer Planet. Eigentlich war es eher ein Planetoid. Seine Oberfläche wirkte eintönig grau.
»Wir haben dort eine Aufgabe zu erledigen«, erwiderte Selene. »Natürlich werden wir landen. Wofür sonst sind wir den ganzen Weg hierher geflogen?«
»Ich denke, hauptsächlich hatten wir Angst, uns für den Rest unseres Lebens Auxies ›Bitte wenden‹ anhören zu müssen«, sagte Naajab trocken.
Selene schnaubte.
»Wir haben doch die Koordinaten abgeglichen. Das hier ist Shin K-T 131. Der Planet ist Teil der intergalaktischen Handelskommission. Außerdem herrscht Frieden. Schlimmstenfalls versuchen sie uns etwas zu verkaufen.«
Selene beugte sich vor, um einen Blick auf das Display neben der Steuerkonsole zu werfen. Ein rotierendes Dreieck wies darauf hin, dass sie sich in der Warteschlange befanden.
»Du hast die Bitte um Landeerlaubnis ja schon abgeschickt«, stellte sie überrascht fest und knuffte Naajab leicht gegen den Oberarm. Der schwarze Stoff seines Raumanzuges federte zurück. Wahrscheinlich hatte er es überhaupt nicht gespürt.
»Ich wusste, dass du nicht mit dir handeln lassen würdest«, sagte Naajab. »Außerdem hast du ewig im Bad gebraucht. Mir war langweilig.«
Selene strich ihr langes Haar zurück, das momentan flammend rot und noch etwas feucht vom Waschen war. Sie trug ebenfalls einen dunklen Raumanzug. Allerdings trug sie, anders als Naajab, darüber hinaus auch noch perfekt sitzendes Make-up.
»Man besucht nicht jeden Tag einen neuen Planeten«, verteidigte Selene sich. »Ich wollte einen guten Eindruck machen.«
Naajab schnalzte mit der Zunge. Er verursachte dabei ein glucksendes Geräusch.
»Außerdem kannst du dich schlecht beschweren«, fuhr sie fort. »Du verbringst jeden Tag mindestens zwei Erdstunden unter der Dusche.«
»Ich stamme von einem nassen Planeten«, verteidigte Naajab sich. »Meine Haut trocknet aus. Mir fehlt das Wasser.«
Da Selene eine Ausbildung zur Hair und Make-up Artist für intergalaktische Spezies hinter sich hatte und sich mit Feuchtigkeitscreme und deren Bedarf bestens auskannte, wusste sie, dass das mit der trockenen Haut gelogen war. Naajabs Haut war fabelhaft. Vermutlich hatte er bloß Heimweh. Trappist-1 e war zu 93% mit Wasser bedeckt. Während ihrer gemeinsamen Reise hatte Naajab genügend Zeit gefunden, das zu erwähnen.
Selene fragte sich, ob sie selbst den Mond vermisste. Die engen Straßen der Wohngegend, in der sie aufgewachsen war, ihre Familie, der sie statt eines richtigen Abschieds nur eine Videobotschaft und während eines kurzen Zwischenstopps eine Postkarte geschickt hatte, die auf dem offiziellen Weg vermutlich erst in der nächsten Generation zugestellt werden würde. Ihr Leben war nicht schlecht gewesen, aber eintönig. Vielleicht würde es ihr später fehlen. Im Augenblick war noch alles zu neu und aufregend. Sie fühlte sich wie auf ihrer allerersten Klassenfahrt, als sie so aufgeregt gewesen war, die Nächte mit ihren Freunden zu verbringen, dass sie ganz vergessen hatte, ihre Eltern zu vermissen.
Selene betrachtete Naajab von der Seite.
Wahrscheinlich war er das unbeliebte Kind in der Klasse gewesen, das schon in der ersten Nacht in Tränen ausbrach. Erst hatte sie sich gefragt, was ausgerechnet ihn dazu bewogen hatte, Polizist zu werden. Aber später hatte er ihr erklärt, dass 93% Ozean auf einem Planeten eine Menge internationaler Gewässer lieferte. Für die meisten jungen Leute auf Trappist-1 e lauteten die Ausbildungsmöglichkeiten entweder Polizei oder Piraterie. Bei der Polizei war man krankenversichert. Die Entscheidung war Naajab wohl nicht weiter schwergefallen.
Die Anzeige auf dem Display veränderte sich. Statt des rotierenden Dreiecks präsentierte sich dort nun ein nach oben gereckter Daumen.
Selene runzelte die Stirn.
»Die Anzeige könnte missverständlich sein, je nachdem, mit welcher Spezies man es zu tun hat«, bemerkte sie. Viele Spezies besaßen überhaupt keine Daumen.
»Traxy 35 hat mir auf eine Anfrage zur Landeerlaubnis mal die Grafik eines Wurms geschickt, der eine Art gelber Flüssigkeit erbrach. Das hier ist verhältnismäßig eindeutig«, sagte Naajab.
»Und was hat der Wurm bedeutet?«, fragte Selene.
»Keine Ahnung. Ich bin sicherheitshalber weitergeflogen.«
Selene gab ihr Bestes, um ein Prusten zu unterdrücken. Die Situation zwischen Naajab und ihr war nicht direkt angespannt, aber sie hatten sich dennoch als eine Zweckgemeinschaft zusammengefunden. Selene hatte ein Raumschiff gebraucht und Naajab ein Navigationsgerät. Sie hatten sich gegenseitig geholfen, und obwohl es dem Trappisten erschreckend leicht fiel, sie zum Lachen zu bringen, hatte Selene doch den Eindruck, vorsichtig sein zu müssen. Naajab war nicht direkt hinterhältig, aber von Opportunismus auch nicht gänzlich freizusprechen. Es wäre ihr lieber gewesen, die Beziehung vorerst professioneller zu halten, bis sie mit Sicherheit wusste, in welchem Maße sie sich auf ihn verlassen konnte.
»Kann ich den Landeanflug versuchen?«, bat Selene und beobachtete, wie Naajab einige Hebel in Position rückte.
Er hatte sie das Raumschiff probeweise steuern lassen, während sie in der Leere trieben und keine Gefahr liefen, andere Schiffe, kleinere Meteoriten oder größere Planeten zu rammen. Da ihre Crew insgesamt nur aus zwei vollwertigen Mitgliedern bestand, war es vernünftig, im Notfall nicht vollkommen unvorbereitet dazustehen. Natürlich war da noch Kas, aber der Zeitgobble war nur etwa zehn Zentimeter groß und physisch nicht in der Lage, das Schiff zu steuern. Außerdem verfügte er über das erstaunliche Talent, gerade in den Momenten, in denen er hätte nützlich sein können, ein Nickerchen zu halten. Zugegebenermaßen traf das allerdings auch auf alle anderen Momente zu.
»Kommt nicht in Frage«, widersprach Naajab vehement.
Sein Blick ging zwischen Konsole, Display und Frontscheibe hin und her. Selene sah er dabei nicht an.
»Irgendwann muss ich es lernen«, protestierte sie, trat aber einen Schritt zurück in Richtung des Kapitänssitzes.
Sie war bereit zu lernen, aber sie musste auch zugeben, dass ihre ersten Versuche am Steuer ein wenig holprig gewesen waren. Die Trappisten gehörten zu den wenigen intergalaktischen Exporteuren, die Raumschiffe mit Gangschaltung produzierten – und darauf auch noch stolz waren.
»Trappistenschiffe sind sehr stabil«, sagte Naajab. »Bei einer Bruchlandung lägen die Chancen für unser Überleben bei ungefähr 62%. Das sind mir mindestens 38% zu wenig.«
»Mindestens«, wiederholte Selene spöttisch und ließ sich in den Kapitänssitz fallen.
Das Polster war weich, und in den letzten drei Wochen hatte sich bereits eine kleine Vertiefung gebildet, die sich ihrem Körper perfekt anpasste. Von diesem Sitz aus hatte sie den besten Überblick sowohl über die Steuerkonsolen wie auch über ihre komplette Mannschaft. Zugegeben, es war nicht schwierig, ihre komplette Mannschaft gleichzeitig im Auge zu behalten.
Selene zog den Gurt des Sitzes hervor und schnallte sich an.
Nur weil Naajab das Raumschiff besser flog als sie, hieß das noch lange nicht, dass er es sonderlich gut machte. 62% war aber keine schlechte Zahl, beruhigte Selene sich.
»Außerdem will ich nicht, dass du mich auf dem nächstbesten Planeten einfach sitzenlässt und mit meinem Raumschiff abhaust, sobald du es alleine steuern kannst. Du hast schließlich schon mal versucht, es zu stehlen«, ergänzte Naajab.
»Ich habe nur den Schlüssel gestohlen«, korrigierte Selene ihn. »Das Raumschiff habe ich mir nur angeschaut. Was soll das überhaupt? Vertraust du mir etwa nicht?«
Beleidigt verschränkte sie die Arme vor der Brust, obwohl sie hinter Naajab saß und er es nicht sehen konnte.
»Kein bisschen«, sagte er.
Dass Selene selbst noch vor wenigen Minuten entschieden hatte, dem Piloten zu misstrauen, spielte keine Rolle. Sie war der Kapitän. Sie verdiente sein Vertrauen. Niemals würde sie ihn auf einem fremden Planeten einfach so zurücklassen. Es sei denn, sie hätte einen wirklich guten Grund. Wenn er ihr zum Beispiel wirklich auf die Nerven ging mit seiner Jammerei. Oder wieder mal den letzten Joghurt aus dem Kühlschrank nahm, ohne vorher zu fragen.
»Starte Landeanflug«, verkündete Naajab.
Selene betrachtete das violette Auge auf seinem Handrücken, während er einen Hebel betätigte. Wie jenes auf ihrem eigenen Handrücken war es derzeit geöffnet und glühte leicht. Auxie war online.
So leicht, dass man es kaum merkte, senkte die Front des Raumschiffes sich nach vorne. Dann gab es einen leichten Ruck, und das Schiff sank ein ganzes Stück schneller. Selenes Magen vollführte einen kleinen Sprung. Das war beim Landeanflug aber nicht weiter ungewöhnlich. Vor allem nicht, wenn Naajab flog.
»Bitte achten Sie auf die Geschwindigkeitsbegrenzung«, sagte Auxie.
»Du hast dich doch beschwert, dass wir zu lange für die Strecke gebraucht haben«, erwiderte Naajab.
Er redete mit Auxie. Etwas an ihrem Tonfall lud dazu ein, mit ihr zu streiten. Selene konnte das verstehen.
»Die berechnete Flugdauer betrug drei Tage, fünf Stunden und 22 Minuten«, sagte Auxie emotionslos. »Die tatsächliche Flugdauer betrug 19 Tage, vier Stunden und 36 Minuten.«
»Auf Tradair mussten wir Raumanzüge mit vernünftigen Lebenserhaltungssystemen für unsere Reise kaufen. Wir können nicht in jeder Atmosphäre atmen«, verteidigte Selene ihre Entscheidung.
»Auf dem Sku-Mond mussten wir tanken«, fügte Naajab hinzu.
Kurz herrschte Stille. Auxie schaffte es, auch diese vorwurfsvoll klingen zu lassen.
»Und Dalyss ist bekannt für seine einmaligen Strände, in Ordnung?«, sagte Selene schließlich.
»Du bist immer noch zu schnell«, wechselte Auxie das Thema.
Obwohl sie ein technisches Gerät mit einer automatisierten Sprachsteuerung war, vergaß sie das mit dem Siezen manchmal, sobald man sie reizte. Selene und Naajab hatten ganze Nachmittage damit verbracht, sie zu reizen. Es war unterhaltsamer als Brettspiele.
»Ich bremse ja schon«, sagte Naajab.
Allerdings musste auch Selene zugeben, dass sie nicht das Gefühl hatte, langsamer zu werden. Der graue Planet vor der Frontscheibe wirkte auf einmal überhaupt nicht mehr so klein, und darüber hinaus wurde er schnell größer. Inzwischen füllte er bereits das gesamte Sichtfeld aus. Die Oberfläche sah trocken aus und irgendwie verstaubt, als hätte jemand zu lange die Spinnweben nicht entfernt.
Direkt neben der Steuerung begann ein rotes Licht energisch zu flackern. In gleichmäßigem Takt leuchtete es auf und verströmte eine eindeutige Atmosphäre der Dringlichkeit.
»Naajab«, setzte Selene vorsichtig an. Es fiel ihr schwer, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. Außerdem wusste sie nicht, wie sie fortfahren sollte. Die Antworten auf die Fragen »Soll das da so leuchten?« und »Muss der Planet wirklich so schnell näherkommen?« konnte sie sich denken.
Ein weiterer Ruck lief durch das Schiff, und ein Quietschen erklang. Es war ein Quietschen wie von Bremsen, die endlich griffen. Sie wurden langsamer, aber ob sie auch langsam genug werden würden, war eine andere Sache.
Selene zwang sich, nicht die Augen zu schließen. Sie war der Kapitän. Sie hatte sich ein Abenteuer gewünscht.
Das Schiff wurde endlich deutlich langsamer. Sie näherten sich dem Planeten in normaler Geschwindigkeit.
Selene war froh, dass das Abenteuer vorbei war und sie noch eine Zeit lang Kapitän bleiben würde.
Vor ihnen zeichneten sich die Lichter einer Landebahn ab. Sie leuchteten grellweiß vor einem schmutzig-grauen Untergrund. Eingerahmt wurde der Anblick von der grauen Innenverkleidung des Raumschiffes und dem hellgrauen Steuerpult.
Es ruckelte, und Selene wurde auf ihrem Sitz hin und her geworfen, der sich auf einmal nicht mehr ganz so bequem anfühlte. Holprig setzten sie auf der Landebahn auf und bremsten weiter ab, wodurch ihr Körper erst nach vorne gegen den Gurt gedrückt und dann wieder zurück in den Sitz gepresst wurde. Inzwischen gab es Raumschiffe, die ohne den geringsten Bremsweg eine Punktlandung hinlegten. Die Liberty gehörte nicht zu diesen Raumschiffen. Sie gehörte vielmehr zu der Art, mit der man sich lieber nicht allzu weit vom Heimathafen entfernte.
Zufrieden grinsend drehte Naajab sich um. Dass er eigentlich noch auf die Landebahn schauen sollte, war für Selene im Augenblick jedoch der kleinste Grund zur Beunruhigung. Seine Zähne, die er beim Lächeln zeigte, waren blendend weiß und bildeten einen starken Kontrast zu dem Schwarz seines Raumanzuges. Seine Haut glänzte nicht länger silbrig, sondern wirkte fahl.
»War doch gar nicht so schlimm«, sagte er. »Du siehst aus, als hättest du Todesängste ausgestanden. Du bist ganz blass. Deine Hautfarbe sieht richtig ungesund aus.«
»Ich glaube nicht, dass es an mir liegt«, sagte Selene möglichst ruhig und starrte an ihm vorbei auf das Licht des Alarms, das immer noch blinkte. Statt von Grau zu Rot wechselte es inzwischen allerdings nur noch von Hellgrau zu Dunkelgrau.
Der kostenlose Auszug ist beendet.