Immer um Mitternacht

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Immer um Mitternacht

1  Titel Seite

Um Mitternacht

Die Musik pulsierte durch die Kopfhörer und sorgte mit ziemlicher Sicherheit dafür, dass er in ein paar Jahren taub sein würde, aber bis dahin konnten seine Mitschüler im Bus wenigstens auch etwas davon haben.

Daniel kümmerte sich nicht um seine Trommelfelle. Das Wichtigste für ihn war, die hirnlosen Kommentare, das Gekicher und Gekreische der Kinder und Jugendlichen auszuschalten, die sich im Bus drängten wie Sardinen in ihrer Dose.

Eine Hand grapschte nach seinem Ohr und riss etwas unsanft die Kopfhörer zur Seite, erwischte dabei eine Strähne seiner Haare und entlockte ihm einen erschrockenen Aufschrei. „Hey!“, doch Isa brüllte ihm zeitgleich mit einer solchen Lautstärke ins Ohr, dass sie ihn vollkommen übertönte – und dadurch wohl zum Grund des Tinnitus wurde, der daraufhin in seinem Kopf wütete.

„DANNY!“ Er zuckte zusammen und seine Schwester ließ unsanft die Kopfhörer mit dem Totenkopf gegen seinen Hals schnalzen. „Aussteigen“, fügte sie in normaler Lautstärke hinzu. Daniel ordnete die Kopfhörer um seinen Hals, rieb sich das schmerzende Ohr und funkelte die drei Jahre jüngere Isabelle wütend an.

„Hast du sie noch alle?“, knurrte er, doch sie lächelte ihn einfach spöttisch an und drängelte sich durch die Schülermasse. Daniel warf einen Blick aus den Busfenstern und erkannte, dass sie noch mindestens zwei Minuten von ihrer Haltestelle entfernt waren. Das entlockte ihm ein gemurmeltes „Biest“, dennoch stand er auf und folgte ihr.

„Das wirst du mir büßen, Schwesterherz“, knurrte er in ihrem Rücken, doch sie lachte nur.

Wenig später liefen sie schweigend nebeneinander auf ihre Haustür zu. Isa kramte in ihrer Tasche nach dem Hausschlüssel, während Daniel den Eisengriff des Gartentürchens herunterdrückte.

Mit einem erschrockenen Fluch riss er die Hand von dem Eisen, als ein scharfer Schmerz seine Finger durchzuckte, als hätte er sich an dem kalten Eisen verbrannt. Er starrte auf seine Handfläche, die sich langsam rötete.

„Bist du bescheuert?“, fragte Isa, drängte sich an ihm vorbei und öffnete das Tor selbst. Daniels offener Mund klappte wieder zu und sein Blick sprang von Isa zu dem Eisentörchen. Mit dem Daumen rieb er sich die Handfläche, die immer noch schmerzte. Vorsichtig streckte er die Finger aus, berührte erneut die eisige, spröde Eisenfläche des Türchens. Und wieder zuckte ein Schmerz durch seine Finger. Er zuckte seinen Arm entlang, in seine Schulter, um sich dort zu einem schmerzhaften Ball zu formen, der im nächsten Moment explodierte und in seinem gesamten Körper zu der leisen Technomusik tanzten, die aus den Kopfhörern drang, die immer noch um seinen Hals hingen.

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