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Buch lesen: «Der Neger»

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Der Neger hob Balken, hämmerte, bäumte.
Hobelte Tische: saum-selig.
Särge, werdend, quietschten wie junge Ferkel.
Hochsprung und Abfall der Späne beglückte ihn: wie junge Schwalben schwingend, kaum flügge, dann stürzend: weicher Flaum, darauf er schlief.
Falter flogen quer durch sein Herz.
Nachts schnitt ein schwarzes Messer in die Schale seines Schädels: warf das Gehirn in Wind und Duft, wo es mit seinen Schwestern, den schwarzen, schaukelte.
Ein kleiner Vogel, Kolibri, saß morgens vor Sonnenaufgang im Geäst seiner Finger. Zart, zart: ihn nicht zerdrücken: denn er sang.
 
* * *
 
Vogelschwärme stießen, zu einem Pfeil gespitzt, in seine Brust.
Wald wanderte, aus Schlinggewächsen männlich sich entreißend, dicht Baum an Baum übers Meer zu ihm.
Brach in die Knie. Zersplitterte liebend. Weinte mit den Blättern, seinen Tränen.
Ein goldner Schwarm von Käfern fiel aus einer Wolke.
Der Heimat Ungeziefer selbst besuchte ihn nachts: und brüderlich entbot er seinen Leib zum Fraße: Skorpion und Floh, Termite oder Laus.
 
* * *
 
Roger, der Herr, schnellte den Fuß nach ihm.
Sandale strich striemend über seine Wange.
Er küßt die lederne Sandale.
Sie riecht wie Gurt am Leibe seiner dunklen Frau.
Viel helle Leute lachen.
Er ahmt den Schrei des Esels nach.
Den Lockruf der Gazelle.
Sie schweigen.
Roger räuspert: rauh: ein leiser Fluch.
Ein helles Weih senkt seitwärts leicht den Kopf und seufzt.
 
* * *
 
Der Tag ist so voll Weiße, daß ihn friert.
Weil? das Kastell weil? Stein. Weiß Himmel Meer und Mann und Frau.
Am Strand, da es Ebbe, liegt ein toter Fisch, schwarzschuppig.
Er jauchzt, tut ihn an seine Brust, nimmt ihn in seinen Stall.
Vergräbt ihn unter Heu und Decken.
Mit offenen Nüstern zieht er des Verwesenden Geruch in sich.
 
* * *
 
Als er schläfrig in der Sonne glänzt, kommen Kinder ihn zu betasten.
»Ein Tier,« sagt eines, »und zu fürchten fast.«
»Sein Haar ist wie von Lämmern.«
»Seine Stirne edel: wie eine kupferne Schale.«
»Er hing wohl lange in der Räucherkammer; die rußte ihn.«
»Er riecht wie Rauch.«
»Die Sonne ist ihm gut.«
»Schlank seine Beine: spränge er.«
»Ein Hirsch, den Götter plötzlich menschlich machten.«
– Der Neger blinzelt durch die Augenlider. Dann stößt er Atem stürmisch durch die Zähne.
Die Kinder schreckts.
Sie laufen. Taumeln. Mückenschwarm.
Eins stolpert über seine Beine.
Die kneifen es wie Scheren eines Seekrebses.
Es will weinen, sieht in seine braunen Augen, fühlt seine Hände, die es schweben lassen.
Und lächelt.
 
* * *
 
Aus feuchter toniger Erde fertigt er sich seinen Gott: braunes Gedächtnis Afrikas.
Steif Beine, Hände, Bauch. Der Kopf ein riesig Überwölbendes. Mit Kieselaugen, Muschelmund, Tanghaar. Das ihm auf eckige Schultern rieselt.
Schmerzlich, daß Haar nicht wollig, fett, sich kräuselt
Trotzdem ihn Sonne trocken brennt und röstet, zerfällt der Gott.
Als Regen ihn benetzt, zerfließt er weich. Ist nur ein Schlamm! Ein widerlich Gegorenes.
Nun wetzt der Neger das Messer an Bäumen, schneidet hölzernes Fleisch aus ihnen, und schnitzt sich Unvergänglichkeit.
Jetzt erst gewinnt der Gott Bedeutung.
Sein.
Ihn dörrt nicht Sonne.
Regen streichelt und strichelt nur.
Er steht, besteht aus sich.
Zum größten Gliede, überragend, wuchs das Männliche.
Stolz stößt es in die Wolke. Befruchtet täglich, stündlich Himmels Schoß.
 
* * *