Gommer Sommer

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Aus der Reihe: Ein Fall für Kauz #1
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»Du darfst doch vor dem Herrn Walpen nicht …«

Da richtete die alte Frau sich auf und fuhr ihren Mann an: »Doch, ich darf! Du vielleicht nicht. Weil du Angst hast. Du kuschst vor ihm. Vor seinem Vater hast du gekuscht, dem Pius. Und jetzt kuschst du vor dem Anton. Wie die meisten im Dorf. Nur weil er einen Haufen Geld hat. Und hundert Häuser. Und ein großes Maul.«

Sie hielt inne. Ihr Mann sah sie mit weit aufgerissenen Augen an und schlug beide Hände vor den Mund.

»Es ist zum Lachen«, fuhr sie bitter fort. »Nein, zum Heulen. Anton Z’Blatten, der Gommer Napoleon!«, sagte sie, zu Kauz gewandt. »So nennen sie ihn. Ja, ja. Aber«, jetzt sah sie wieder ihren Mann an, »ich habe keine Angst. Nicht mehr. Mir kann keiner mehr Angst einjagen. Um unseren Wendel hätte ich Angst haben müssen, nicht um mich. Und jetzt ist er tot.«

Sie sackte zusammen, legte den Kopf auf die Tischplatte und barg ihr Gesicht in den Armen. Ihr Leib zitterte und bebte.

»Ist ja gut«, sagte der Alte und legte seinen Arm auf ihren Rücken. »Beruhige dich. Nimm dich zusammen. Sie sehen ja selbst«, wandte er sich an Kauz. »Es ist der Schmerz. Sie sagt sonst nicht solche Sachen.«

Plötzlich richtete sich die alte Frau wieder auf.

»Kommen Sie mit«, sagte sie. »Ich zeige Ihnen etwas.«

Sie stand auf und ging zur Tür hinaus. Im oberen Stock führte sie Kauz in ein großes getäfertes Zimmer voller Bauernmöbel: Bett, Nachttisch, Schrank, Kommode, Truhe, Tisch und Stuhl.

»Das ist sein Zimmer«, sagte sie.

Sie setzte sich auf den Stuhl, öffnete im Sitzen die Truhe und hob einen dünnen Stapel Papiere heraus. Sie legte die Blätter auf den Tisch.

»Einen Abschiedsbrief haben wir nicht gefunden. Aber das da. Hier, sehen Sie mal«, sagte sie und drückte Kauz das schmale Bündel in die Hand.

Er überflog die Papiere.

Zuunterst war ein Kaufangebot älteren Datums von Z’Blatten-Immobilien für Wendelin Imfangs Speicher und das umliegende Wiesland. Für den Speicher waren ein paar Tausend Franken geboten worden, für das Wiesland ein paar Hundert. Weiter oben lagen zwei, drei jüngere Angebote, zuoberst das allerneuste. Es stammte von Anfang Juni und nannte einen Kaufpreis in rund zwanzigfacher Höhe des allerersten, allein für den Speicher. Für das Land war der Aufpreis nochmals um ein Vielfaches höher. Wendel wäre ein gemachter Mann gewesen, ja er hätte nie mehr arbeiten müssen, wenn er auf den Verkauf eingegangen wäre. Ein paar zum Teil handschriftliche Briefe und auf Notizzettel gekritzelte Mitteilungen oder Zahlen betrafen dasselbe Geschäft. Einer der Briefe stammte von einer regionalen Bank. Ein anderer von der Gemeindeverwaltung. Dieser trug die Unterschrift des Gemeindeschreibers. Einzelne Schreiben waren nur mit Vornamen oder überhaupt nicht unterzeichnet. Der Tenor – mal sachlich, mal drängend, ja beschwörend – war durchweg der gleiche: Verkauf, Wendel, verkauf! Es wäre das Beste für dich.

»Das da hat ihn zur Verzweiflung gebracht«, behauptete die alte Frau. »Man hat ihn regelrecht unter Druck gesetzt. Er hatte finanzielle Sorgen. Und jetzt bot ihm der Z’Blatten einen solchen Haufen Geld an. Aber Wendel wollte gar nicht verkaufen. Er war in der Zwickmühle, das ist mir jetzt klar. Es hat ihn zur Verzweiflung gebracht, sage ich Ihnen. Immer diese Briefe. Bis er sich nicht mehr zu helfen wusste. Mobbing sagt man dem, oder nicht?«

Die Papiere waren in chronologischer Folge aufeinandergelegt, der zugehörige Briefumschlag jeweils darunter. Für Kauz sah es so aus, als ob Wendel die Briefe zwar geöffnet und gelesen, danach aber einfach in die Truhe gelegt hätte, ohne sich weiter damit zu beschäftigen.

Frau Imfang schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf. Dann richtete sie sich auf und sah Kauz hilflos an.

»Wissen Sie was, Frau Imfang«, sagte Kauz ruhig und legte die Papiere auf den Tisch. »Wenn die Polizei kommt, um den Jeep zu untersuchen, dann zeigen Sie dem Inspektor diese Briefe.«

»Gut«, sagte die alte Frau, »wenn Sie es sagen.«

Sie gingen in die Stube zurück und Kauz blieb noch eine kleine Weile sitzen. Er erkundigte sich nach dem Begräbnis. Das würde am Mittwoch in Münster stattfinden. Es sei aber auch höchste Zeit. Man dürfe einen Toten doch nicht so lange warten lassen. Ein Toter gehöre unter den Boden, so bald als möglich, das sei man ihm schuldig.

Ob er noch etwas für sie tun könne, fragte Kauz.

Er solle gut auf den Speicher aufpassen, war die Antwort. Er wisse ja, wie sehr Wendel an ihm gehangen habe.

Der Hund stand sofort auf, als Kauz herauskam, trottete neben ihm her und schaute immer wieder zu ihm auf. Ganz unvertraut war Kauz der Umgang mit Hunden nicht: Seine Großeltern in Reckingen hatten einen gehabt, den hatte er als Ferienkind ins Herz geschlossen. Und als Xaver klein war, hatte Chantal unbedingt einen Spaniel gewollt. Bei der Scheidung hatte sie dann beides beansprucht und zugesprochen bekommen: den Hund und das Kind.

Kauz staunte, wie diszipliniert sich das zugelaufene Tier verhielt. Offensichtlich hatte der Hund ihn, Kauz, als Herrn und Meister ausersehen und schien fest entschlossen, ihn von den neuen Verhältnissen zu überzeugen. Nicht nur, indem er ihm aufs Wort gehorchte, sondern auch, indem er ihm in vorauseilendem Gehorsam alles recht zu machen versuchte. Er wich, wenn sie unterwegs waren, nicht von seiner Seite, und wenn Kauz ihn irgendwo warten hieß, wartete er geduldig und begrüßte ihn nach seiner Rückkehr enthusiastisch, ganz gleich, ob Kauz ihn länger oder bloß ein paar Minuten hatte warten lassen.

Auf dem Rückweg schaute Kauz beim Gemeindehaus vorbei. Auf der Tafel beim Eingang stand, der Schalter sei erst ab 15 Uhr geöffnet.

Das passt, dachte er und ging weiter.

»Zu verkaufen. Bewilligung vorhanden«, las er an einem schönen alten Holzhaus mitten im Dorf. Plakat und Logo waren ihm vertraut, aber dass dieser prächtige Stadel zum Verkauf angeboten wurde, war ihm neu.

Er zückte sein Handy und wählte die Nummer.

»Z’Blatten Immobilien«, meldete sich eine Frauenstimme.

»Walpen«, stellte sich Kauz vor. »Ich habe gesehen, dass Sie einen Stadel an der Mittleren Gasse in Münster anbieten. Ich wollte …«

»Herr Walpen? Jaa – va hiä?«, fragte die Frau.

»Nein, aus Zürich«, antwortete Kauz, nicht zum ersten Mal.

»Ach so! Herr Walpen aus Zürich?!«, rief sie. Es klang, als freue sie sich. Als habe sie seinen Anruf erwartet. »Sie haben schon einmal angerufen, nicht wahr?« Darauf sagte Kauz nichts und die Stimme fragte weiter: »Sind Sie im Goms?«

»Ja, in Münster.«

»Dann schauen Sie doch bei uns herein. Wir zeigen Ihnen das Objekt gern.«

»Gut«, sagte Kauz. »Ist Herr Z’Blatten da?«

Die Dame bat ihn kurz zu warten. Es klickte in der Leitung. »Sie haben Glück«, sagte sie nach wenigen Augenblicken, »Herr Z’Blatten ist noch da. Wenn Sie gleich jetzt kommen können, empfängt er Sie gern.«

Z’Blatten-Immobilien residierte im Obergeschoss eines vor vielleicht dreißig Jahren von Z’Blatten senior erbauten und kürzlich von Z’Blatten junior renovierten, überdimensionierten Gebäudes im Pseudo-Chaletstil. In Wirklichkeit war es nämlich ein Betonbau, dessen Fassade mit hässlichen, orangefarben gestrichenen Holzbrettern verkleidet war. Im Erdgeschoss war ein Architekturbüro einquartiert. In den oberen Geschossen des Großraumchalets gab es luxuriöse Wohnungen mit Blick auf das Weisshorn.

Die junge Dame am Empfang bat Kauz, einen Augenblick zu warten. Kaum hatte sich Kauz gesetzt, da stand Z’Blatten auch schon vor ihm.

Anton Z’Blatten war ein quirliges Männchen mit großem Ego. Zwar stutzte er einen Augenblick, als Kauz sich in seinem nicht gerade eleganten Outfit erhob, doch dann begrüßte er ihn überschwänglich:

»Monsieur Walpen«, rief er, den Monsieur betonend, und streckte die Hand aus. Obschon klein von Gestalt, verfügte Z’Blatten über eine raumfüllende Stimme. Nicht sehr tief, aber umso penetranter. Eine Stimme, dachte Kauz sofort, wie sie einen im Restaurant oder im Eisenbahnwagon nervt, weil man genötigt wird zuzuhören, auch wenn man gar nicht will.

»Éxcusez, dass ich kürzlich nicht abkömmlich war«, entschuldigte sich Z’Blatten. Er war Mitte fünfzig, braungebrannt, sportlich-drahtige Figur, die dritten Zähne etwas allzu weiß. Die Wangen waren glatt, der Schädel kahl rasiert. Er trug jugendlich-schicke Jeans mit cognacbraunem Flechtgürtel, ein graues Leinenjackett. Der Kragen seines weißen Hemds mit dem Logo einer bekannten Luxusmarke auf der Brusttasche stand weit offen. Die Füße steckten in cognacbraunen, rahmengenähten Schuhen, die farblich perfekt zum Flechtgürtel passten.

Golfer, dachte Kauz.

Dass Z’Blatten ihn für einen anderen Walpen aus Zürich hielt, einen wichtigeren, das war Kauz schon klar gewesen, als er die Empfangsdame am Telefon gehört hatte. Aber es eilte ihm nicht damit, den Irrtum aufzuklären. Es gab im Raum Zürich ein paar bekannte und ein paar weniger bekannte, dafür aber einflussreiche Walpen. Der bekannteste war Moderator einer Talkshow beim Fernsehen. Ein anderer Präsident eines großen internationalen Sportverbands; der stand im Verdacht, durch und durch korrupt zu sein. Zu den weniger bekannten Walpen gehörte ein Physikprofessor, Prorektor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, zu den einflussreichen der oberste Boss einer Großbank, ein Zeitungsverleger und ein Multimillionär, der sich auch als Investor, namentlich im Hotel- und Wellnessbereich, betätigte. Mit keinem von ihnen war Kauz persönlich bekannt oder näher verwandt. Einzelne Walpen – alle stammten ursprünglich aus dem Goms – hatten es, im Gegensatz zu ihm, in der Üsserschwiiz, einige auch im Ausland ganz nach oben geschafft. Und einer dieser nach Zürich ausgewanderten Walpen musste sich für eines von Z’Blattens Objekten interessiert haben.

 

»Sie waren wandern, wie ich sehe«, sagte Z’Blatten mit einem Blick auf Kauz’ nicht ganz staubfreie Klamotten. »Da sind Sie bei uns im Goms genau richtig. Kommen Sie«, forderte er ihn auf und lud ihn ein, sich in einen Clubsessel zu setzen. »Café? Digestif?«

»Danke. Nein.«

»Lieber gleich zur Sache, nicht wahr?«, meinte er jovial. »Gut, soll mir recht sein. Das Objekt, nach dem Sie sich erkundigten, ist ein echtes Bijoux. Sehen Sie es sich an«, sagte er, nahm eine Fernbedienung zur Hand und zielte damit auf einen Flachbildschirm an der Wand. Ein professionell gemachtes Video wurde abgespielt. Anhand von allerlei virtuellem Schnickschnack wurde Kauz vor Augen geführt, wie der Stadel nach dem Umbau aussehen würde. Innen wie außen Luxus der Extraklasse, stellte er fest.

»Sehr schön«, machte Kauz und lehnte sich zurück. Er versuchte den Anschein zu erwecken, nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Im Augenblick kam ihm sein vermeintlich hochmütiger Gesichtsausdruck gut zustatten.

»Wir warten mit dem Umbau zu, bis wir einen Käufer haben. So können die individuellen Wünsche berücksichtigt werden. Aber keine Sorge, danach geht es ruckzuck. Der Umbau würde noch diesen Sommer in Angriff genommen. Wenn alles gut geht, können Sie Weihnachten dann schon in Ihrem Gadä feiern. Ganz sicher aber nächste Ostern.«

»Wissen Sie«, sagte Kauz betont bedächtig. »Es eilt gar nicht so. Wichtiger ist mir, dass ich das richtige Objekt finde.«

»Selbstverständlich«, beeilte sich Z’Blatten. »Verstehe, das richtige Objekt. Da kann ich Ihnen nur beipflichten.«

Er wirkte etwas aufgedreht. Für einen Augenblick fragte sich Kauz, ob er unter Drogen stand. Kokain?, dachte er. Aber er verwarf den Verdacht rasch. Das gibts im Goms praktisch nicht, sagte er sich.

Z’Blatten beugte sich zu Kauz hinüber und hielt eine Hand an den Mund, als ob er ihm ein Geheimnis verraten wolle.

»Dann hätte ich vielleicht etwas, was Sie interessieren könnte«, raunte er in vertraulichem Ton. Doch sein Raunen füllte den ganzen Raum. Er richtete sich wieder auf. »Wird aber erst in drei, vier Jahren fertig«, sagte er, fast entschuldigend.

»Kein Problem. Ich hab Zeit.«

»Sehen Sie«, sagte Z’Blatten und griff nach einer Dokumentationsmappe. Er schlug sie auf und blätterte sie in Windeseile durch. Was Kauz zu sehen bekam, verschlug ihm fast den Atem. »Um ehrlich zu sein: Wir sind erst in der Planungsphase. Aber weit fortgeschritten.« Z’Blatten sprach wie ein Maschinengewehr, in raschen Salven. »Eine Frage von einigen Monaten, dann sind die letzten Details geklärt, und wir schießen los. Verlassen Sie sich drauf: In spätestens drei, vier Jahren steht das Gommer Highland Resort mit allem Drum und Dran. Einzelne Bauten, ein paar der Villen und Eigentumswohnungen sind in zwei Jahren bezugsbereit, der Golfplatz – Sie sind doch Golfer, nicht wahr? – ist schon früher fertig. Das Spa wird ein Jahr später in Betrieb genommen, und das Gommer Grand öffnet seine Tore in spätestens vier Jahren.«

»Gommer Grand?«, staunte Kauz. »Alle Achtung!«

Z’Blatten sah, dass sein potentieller Kunde diesmal beeindruckt war. Er rieb sich die Hände.

»Wissen Sie«, erklärte er, »was dieser Ägypter in Andermatt kann, das können wir im Goms auch.« Und damit lehnte er sich selbstzufrieden in seinen Clubsessel zurück.

Gommer Napoleon!, dachte Kauz. Passt genau.

»Ich kann Ihnen eine Dokumentation im Kleinformat mitgeben«, fuhr Z’Blatten fort, zog einen Hochglanzprospekt aus der Schublade und überreichte ihn Kauz mit übertriebener Geste. »Frisch ab Presse«, verkündete er stolz. Seine Augen glänzten. »Eigentlich noch vertraulich. Sie sind der Erste, dem ich das überreichen darf. Ist natürlich kein Verkaufsprospekt, so weit sind wir noch nicht. Erst eine Projektbeschreibung für Investoren und potentielle Käufer. Früh Entschlossene können sich Rosinen herauspicken und einen Vorvertrag abschließen. Sie verstehen, dass wir diesen Prospekt nicht breit streuen, sondern nur im persönlichen Kontakt überreichen.«

Kauz spürte, dass Z’Blatten Dankbarkeit dafür erwartete, dass er ihn in den illustren Kreis von potentiellen Käufern und Investoren aufgenommen hatte.

»Nun, Monsieur Walpen …«, kam Z’Blatten jetzt zur Sache. Sein Ton ließ erkennen, dass er, selbst für einen solventen Kaufinteressenten, nicht unbegrenzt Zeit hatte.

»Eine Frage hätte ich noch«, warf Kauz ein.

»Ja? Bitte?«, machte Z’Blatten und lehnte sich vor, als wäre er schon auf dem Sprung.

»Das ist Landwirtschaftszone, nicht wahr?«, fragte Kauz, ohne jeden Vorwurf in der Stimme, schlug den Prospekt auf und zeigte auf die Planübersicht von Münster, auf welchem das zukünftige Gommer Highland Resort eingezeichnet war. Um Z’Blatten nicht schon jetzt zu verärgern, schob er scheinheilig nach: »Wie werden Sie dieses Problem lösen?«

»Ach, das lassen Sie bitte meine Sorge sein, Monsieur Walpen. Wissen Sie, als Gommer Unternehmer kennt man sich in diesen Dingen aus. Man weiß genau, was möglich ist und was nicht. Und wie man damit umgeht, wenn es einmal Hindernisse gibt. Keine Sorge, das kriegen wir hin.«

»Und die Zweitwohnungsinitiative? Macht die Ihnen keine Sorgen?«

»Die Zweitwohnungsinitiative?«, lachte Z’Blatten laut heraus. »Die hat keine Chance. Nicht nur im Wallis nicht. Die fliegt beim Schweizervolk garantiert durch. Verlassen Sie sich drauf. – Aber wie wollen wir nun verbleiben?« Er lehnte sich erneut vor. »Sie sind hier in den Ferien, nicht wahr? Wie lange bleiben Sie, wenn ich fragen darf?«

»Zwei, drei Wochen. Vielleicht länger.«

»Oho! Urlaub open end? Kann sich nicht jeder leisten. Wo logieren Sie? In der Auberge, nehme ich an.«

»Nein, in der Alpenrose.«

Dass er ab heute in Tat und Wahrheit in Wendelin Imfangs spartanischem Speicher wohnte, wollte er ihm nicht unter die Nase reiben.

Z’Blatten fiel die Kinnlade herunter.

»In der Alpenrose?«, wiederholte er ungläubig.

Erneut musterte er Kauz’ Kleidung, seine abgetretenen Schuhe, sein unrasiertes Gesicht und seinen Haarschnitt. Plötzlich schien ihm ein Licht aufzugehen.

»Was für ein Objekt suchen Sie wirklich?«, fragte er mit kaum verhohlenem Ärger. »Bewegen wir uns überhaupt im richtigen Preissegment?«

»Wohl eher nicht«, gestand Kauz.

»Wissen Sie was«, sagte Z’Blatten und schoss aus seinem Sessel auf. Sein Blick flog zum Beistelltischchen neben dem Clubsessel, in dem Kauz gesessen hatte. Er schien den Hochglanzprospekt wieder an sich nehmen zu wollen, aber Kauz hatte den wohlweislich in die Jackentasche gesteckt. »Versuchen Sie es beim Schreiner Imoberdorf. Der macht schlichte, preisgünstige Umbauten. – Auch Mietobjekte. Die kann sich jeder leisten«, schob er nach. Damit komplimentierte er ihn aus seinem Büro und warf die Tür hinter ihm ins Schloss.

Anstatt auf die Straße zu gehen, läutete Kauz beim Architekturbüro im Erdgeschoss.

Rödelmann & Partner Architekten stand an der Tür.

Er hatte keine Ahnung, ob er an der richtigen Adresse war – auf dem Prospekt wurde kein Architekturbüro genannt –, aber er wollte es versuchen. Ein sehr junges Mädchen öffnete die Tür.

Auf den ersten Blick sah das Büro nicht wie die Arbeitsstätte von Architekten aus, eher wie ein Beratungs- und Verkaufsbüro. Vielleicht handelte es sich um die Zweigstelle eines großen Architekturbüros aus dem Unterland.

Er verlangte Herrn Rödelmann zu sprechen.

Ein elegant nach Architektenmanier in schwarze Jeans und schwarzes Hemd gekleideter Herr erschien.

»Keel«, stellte er sich vor und blieb vor ihm stehen.

Ach so, der Partner, dachte Kauz. Oder einer der Partner.

»Mein Kompliment zu diesem Projekt«, ließ er seinen Versuchsballon steigen, zog den Prospekt aus seiner Jackentasche und faltete ihn auseinander.

Herr Keel erbleichte.

»Wo haben Sie das her?«, fragte er perplex. Dann realisierte er seinen Fauxpas und sagte lächelnd: »Wissen Sie, das ist noch nicht ganz spruchreif. Erst ein Projekt. Eine Studie eigentlich. Aber danke für das Kompliment. Ja, es wird eine gute Sache. Wir geben uns große Mühe. Schön, dass es Ihnen gefällt. Mich wundert bloß«, sagte er, quasi entschuldigend, »dass Herr Z’Blatten es Ihnen schon ausgehändigt hat. Wir wollten das Projekt eigentlich erst in zwei, drei Monaten im kleinen, handverlesenen Kreis vorstellen, wenn alles …, wenn alle Eckdaten definiert sind.«

»Die Finanzierung, meinen Sie?«

»Oh, nein. Die Finanzierung ist gesichert. Nein, der ganze Behördenkram, wissen Sie. Notariat. Grundbuch. Vorentscheide, Baubewilligungen von Kanton und Gemeinde. Auflagen von Heimat-, Natur- und Landschaftsschutz. Wenn Sie selbst Bauherr sind, wissen Sie ja, wovon ich rede. Sind Sie Eigenheimbesitzer?«

»Nein, noch nicht. Aber ich möchte liebend gern einer werden«, sagte Kauz. Er wandte sich zum Gehen. »Entschuldigen Sie, dass ich unangemeldet einfach so hereinplatzte. Ich wollte wirklich nur …«

Er klopfte mit dem Zeigefinger auf den wieder zusammengefalteten Prospekt, steckte ihn ein und reckte den Daumen, als wolle er dem Projekt viel Erfolg wünschen.

Es blieb noch Zeit für den Besuch auf der Gemeindeverwaltung. Kauz beschloss, den Hund diesmal mit hineinzunehmen. Auch das ging mit dem wundersamen Tier problemlos. Langsam imponierte ihm dieser Hund. Drinnen händigte man ihm ohne Weiteres den Ortsplan aus, mit allen von ihm gewünschten Details. An der Theke stehend, legte er den Plan vor sich hin und umkreiste mit dem Zeigefinger den Bereich zwischen Kantonsstraße, Minstigerbach und Bahngleise. Salzmattä, war der Flurname.

»Hier ist das Gommer Highland Resort geplant, oder?«, fragte er arglos die Frau hinter dem Schalter.

Sie zuckte zusammen.

»Darüber … weiß ich nicht Bescheid«, sagte sie, als sie sich gefasst hatte. »Da ist der Gemeindeschreiber zuständig.«

»Kann ich kurz mit ihm reden?«, fragte Kauz.

»Leider nein. Herr Trapper ist … ist heute nicht im Büro.«

»Wann kann ich mit ihm reden?«

»In der nächsten Zeit gar nicht. Er ist … er ist krank. Sie müssten sich an seinen Stellvertreter wenden. In der Nachbargemeinde.«

Da Ria ihm im Vertrauen gesagt hatte, um wen es sich beim Unfallopfer von der Furkastraße handelte, den Gemeindeschreiber von Münster nämlich, konnte er den im Gommereggä aufgeschnappten Vornamen einsortieren: Hubert Trapper hieß der Gemeindeschreiber.

Kauz mimte den Naiven. »Ich mache jedes Jahr in diesem Speicher hier Ferien, wissen Sie«, erklärte er der Frau treuherzig und zeigte auf Wendel Imfangs Parzelle. »Darum interessiert mich das natürlich.«

Die Frau beugte sich über den Plan.

»Ach so, in Wendel Imfangs Speicher«, sagte sie, als sie die Parzelle identifiziert hatte. »Ja, das ist aber ein Problem.«

»Ich glaube auch. Aber wieso?«

»Nur so«, wich die junge Frau aus. Dann schien ihr einzufallen, was das Problem war: »Er ist kürzlich verstorben.«

»Das weiß ich. Eine tragische Geschichte, nicht wahr? Er war halt kein einfacher Mensch«, klopfte Kauz auf den Busch, »ein richtiger Querkopf.«

»Allerdings«, bestätigte die Frau.

Sie erschrak erneut, wohl in der Furcht, ein Amtsgeheimnis verletzt zu haben.

»Er machte der Gemeinde oft Schwierigkeiten, nicht wahr?«

»Darüber darf ich Ihnen leider keine Auskunft geben.«

Das war für Kauz Auskunft genug. »Kein Problem«, beruhigte er die Frau. »Ich hätte gar nicht fragen sollen. Danke für den Ortsplan.«

Er ging zum Speicher. Der Hund folgte ihm widerspruchslos, ja geradezu freudig. Das Kripo-Team hatte seine Arbeit inzwischen erledigt, der Schlüssel war am zuvor vereinbarten Ort deponiert. Kauz ließ den Hund durch den Speicher streunen. Dann stieg er mit ihm in den Oberbau hinauf.

Im Schlafzimmer gab es ein Fensterbrett, an dem man lesen, schreiben oder in die Weite schauen konnte. Er setzte sich ans Fenster, der Hund legte sich zu seinen Füßen auf den Bretterboden. Er breitete den Ortsplan und den Hochglanzprospekt des Gommer Highland Resorts vor sich aus und schaute auf das Wiesland hinaus.

Wendel Imfangs Speicher auf der einen, Ziegenstall und Stadel auf der andern Seite der Langen Gasse waren klein, die zugehörige Landparzelle auch nicht gerade riesig. Sie war schmal, aber lang gezogen und reichte, anders als die noch kleineren Nachbarparzellen, bis zum Bahngleis hinunter. Sie bildete also einen Korridor mitten durch das geplante Resort. Das Bauvorhaben war ohne den Erwerb von Imfangs Land gar nicht umsetzbar. Einmal abgesehen davon, dass für die Realisierung des Projekts das gesamte Wiesland in Bauland umgezont werden musste. Z’Blatten schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Sonst wäre er beim Planen wohl kaum so forsch vorgegangen. Zweifellos hatten dafür schon einige Scheine den Besitzer gewechselt. Andere, beispielsweise der Architekt, schienen zu wissen, dass dem Projekt noch Hindernisse im Weg standen.

 

Kauz versuchte sich vorzustellen, wie sich die Überbauung auf das Dorf und die Landschaft auswirken würde. Auf dem Prospekt sah das Resort auf den ersten Blick nicht einmal übel aus: etwa zwei Dutzend Bauten unterschiedlicher Größe im Chaletstil, bei den kleineren musste es sich um Einzelvillen für Gutbetuchte handeln, bei den größeren um solche mit luxuriösen Eigentumswohnungen. Die Häuser schienen wohlproportioniert zu sein, waren aber alle deutlich größer als die bestehenden alten Häuser im Dorf. Das Gommer Grand mit dem angegliederten Spa schien punkto Dimensionen gar mit der Pfarrkirche konkurrieren zu wollen. Mit einer virtuellen Luftaufnahme des Resorts machte einen der Prospekt glauben, die ganze Überbauung sei nichts anderes als eine organische Erweiterung des Dorfes, bestehend aus lauter Holzbauten nach Gommerart. Nur das Gommer Grand hatte eine Fassade aus Stahl und Glas, ein futuristisch anmutender turmartiger Bau von beträchtlicher Höhe. – Kauz wurde allein bei der Vorstellung schon ganz anders. – Auf dem Hochglanzprospekt war der Hotelturm als quasi luftiger, durchsichtiger Bau entworfen, eine geschickte Verschleierung seiner wahren Dimensionen. Die alten Ställe, Stadel und Speicher an der Langen Gasse waren in das Projekt mit einbezogen. Ganz im Stil der Maiensässhotels, wie es sie in der Schweiz andernorts gab. Ein paar von Wendels Nachbarn waren Auswärtige, die an der Langen Gasse einen umgebauten Stadel oder Speicher ohne zugehöriges Land besaßen. Denen würde durch das Bauvorhaben die Aussicht für immer versperrt. Die würden mit Sicherheit Einsprache gegen die Baueingabe erheben. Es sei denn, Z’Blatten würde sie großzügig entschädigen …

Kauz fragte sich, ob alle bäuerlichen Nachbarn Wendels ihren Boden tatsächlich schon an Z’Blatten verkauft hatten. Wenn ja, dann hätte die Realisierung des Projekts von Anfang nur noch an Wendelin Imfangs Bereitschaft gehangen, Speicher und Landparzelle zu verkaufen.

Kauz nahm sich den Prospekt vor und studierte die ausführliche Beschreibung. Zur »Optimierung von Landschaft und Aussicht«, hieß es darin, würde das Gelände diesseits der Gleise aufgeschüttet. Die Bahngleise dagegen würden ab Bahnhof mitsamt den Leitungsmasten tiefer gelegt, galerieartig überdacht oder eingetunnelt und begrünt, sodass freie Sicht auf das Weisshorn gewährleistet sei. Jenseits der Bahngleise bis zur Rhone hinunter würde das Gelände um das Flugfeld herum landschaftsarchitektonisch umgestaltet und entlang des Flusses, talauf- und talabwärts, teilweise trockengelegt. Unter Schonung der wunderbaren Auenlandschaft selbstverständlich würde hier der Golfplatz entstehen. Je nach Ausrichtung des Parcours hätte der Golfer stets entweder das Weisshorn oder den nicht minder imposanten Galenstock vor Augen und das Rauschen der jungen Rhone – im Goms der Rotten genannt – im Ohr, so lehrte einen der Prospekt.

Kauz hätte langsam einen Schluck aus der Flasche mit Drahtbügelverschluss brauchen können. Doch er zwang sich, die Beschreibung zu Ende zu lesen.

Das gesamte Projekt würde strengen ökologischen Grundsätzen gehorchen und ganz im Sinne von Natur-, Landschafts- und Heimatschutz umgesetzt, fuhr der Prospekt fort. Die bestehenden Gommer Holzbauten würden mit Respekt und Sorgfalt umgebaut und in das Resort integriert. Nur ganz nebenbei wurde im Werbetext darauf hingewiesen, dass ein Ausbau des nahen Flugfelds in Zukunft durchaus denkbar sei. So würden dereinst Privatjets für die anspruchsvolle Kundschaft in Münster landen können. Als zarte Vision wurde schließlich die bergbahntechnische Erschließung einiger umliegender Berggipfel skizziert. So könne das obere und mittlere Goms, längst als Wander- und Langlaufparadies beliebt, auch zu einer Destination des alpinen Skitourismus werden. Im klein gedruckten Impressum war nicht Z’Blatten-Immobilien, sondern ein Konsortium Gommer Highland Resort GmbH aufgeführt. Als geschäftsführende Stelle figurierte ein Büro an genau der Adresse in Münster, die Kauz kurz vorher besucht hatte.

*

Während der holprigen Fahrt in Valentin Laggers großem geländegängigen Kombi erfuhr Kauz alles, was er über Z’Blatten hatte wissen wollen. Und noch viel mehr. Valentin, anfangs einsilbig, wurde gesprächiger, je länger die Fahrt dauerte. Auf den letzten Kilometern konnte er sein Mitteilungsbedürfnis kaum mehr in Zaum halten.

Z’Blatten polarisiere wie kein anderer, so lautete Valentins Fazit. Niemand möge den herrsch- und selbstsüchtigen Giftzwerg. Aber es gebe einige, die sich trotzdem von ihm gängeln ließen. Wer ihm zu Diensten sei, der könne, je nach Z’Blattens Laune, großzügig entschädigt werden. Manchmal bleibe die Entschädigung aber auch aus, da sei Z’Blatten unberechenbar. Viele – Gewerbetreibende und Arbeitnehmer, Amts- und Würdenträger und Angestellte im öffentlichen Dienst – seien von ihm abhängig. Oder bildeten sich ein, es zu sein. Nicht nur in Münster, nein, im ganzen Goms. Z’Blattens Einfluss nehme mit zunehmender Distanz von Münster zwar ab, aber selbst in Biel und Niederwald gebe es welche, die nach seiner Pfeife tanzten. Z’Blatten habe das vom Vater übernommene Geschäft zu einem Imperium ausgebaut und alle paar Jahre einen Konkurrenten geschluckt, sodass er im Goms jetzt praktisch eine Monopolstellung habe. Er kaufe alle alten Ställe, Stadel und Speicher auf, die im Goms noch zu haben seien, und baue sie zu Luxusobjekten aus.

Einige im Goms würden ihn bewundern, andere hassen. Die meisten aber fürchteten ihn und wagten nicht, gegen ihn aufzumucken, wenn er an einer Gemeindeversammlung das Wort ergreife. Er sei bekannt dafür, dass er einen öffentlich zurechtweisen und mit höhnischen Sprüchen bloßstellen könne. Nur eine Minderheit der Minstiger lasse sich nicht einschüchtern. Wendelin Imfang habe zu dieser Minderheit gehört. Auch der Dorfarzt Doktor Kalbermatten. Ebenso die Gemeindepräsidentin Josy Werlen und zwei Gemeinderäte. Aber die würden leider bei der bevorstehenden Gemeinderatswahl nicht mehr antreten. Denn Z’Blatten werde alles daransetzen, ihm genehme Leute als Kandidaten aufzustellen und in den Gemeinderat zu drücken. Solche, die sein Großprojekt nicht nur abnicken, sondern auch dem Stimmvolk schmackhaft machen würden.

»Und der Gemeindeschreiber?«, fragte Kauz.

»Der? Der Trapper Hubert? Der frisst dem Z’Blatten doch aus der Hand. Er hat ihm ja seinen Posten zu verdanken.«

Trapper sei kein Minstiger. Überhaupt kein Gommer, sondern ein Auswärtiger, einer aus Visp. Vor zehn Jahren sei der alte Gemeindeschreiber von Münster unerwartet gestorben. Man habe einen neuen suchen müssen, weil man es verpasst hatte, einen jungen aufzubauen. Wie immer in solchen Situationen – wenn im Goms eine Arztpraxis leer stand, wenn eine Pfarrei-, Lehrer- oder Geometerstelle vakant war – habe Z’Blatten im Hintergrund die Strippen gezogen und in kürzester Frist Anwärter für den Posten aus dem Hut gezaubert. Meistens Auswärtige: Ärzte aus Tschechien, Priester aus Polen, Lehrer und Geometer aus dem Berner Oberland oder aus St. Moritz. Den jeweiligen Lückenbüßer habe man dann in der Not noch so gern genommen.

»Was Z’Blatten an Trapper hat, ist ja klar«, empörte sich Valentin. »Der hält ihm den Rücken frei. Trapper ist in der Visper Stadtverwaltung groß geworden und kennt sich in allen politischen und juristischen Gepflogenheiten des Wallis aus.« Auch in allen möglichen Ränkespielen sei er mit allen Wassern gewaschen. Er pflege zwar den Ruf eines korrekten Beamten, dem Normalbürger gegenüber bestehe er auch strikt auf der Einhaltung aller Vorschriften. »Wenn es aber um Z’Blattens Anliegen geht, da wird er plötzlich sehr elastisch.« Auf einmal seien Vorschriften, Bau- und Zonenreglemente nicht mehr unverrückbar, sondern großzügig auslegbar. »Zwar ist der Gemeinderat für Baubewilligungen zuständig. Aber Trapper versteht es bestens, den von Z’Blattens Wünschen zu überzeugen. So ist zum Beispiel die Bewilligung für einen Neubau von Z’Blatten-Immobilien sang- und klanglos erteilt worden, der traufständig statt giebelständig im Dorf steht, also quer zu allen anderen Häusern. Das steht eigentlich nur der Kirche zu. Eine Bausünde ohnegleichen, eine wahre Faust aufs Auge«, empörte sich Valentin weiter. »Obschon er das Gegenteil behauptet, interessiert sich Z’Blatten doch einen Dreck für das Ortsbild. Im Übrigen ist es Trapper, der als Gemeindeschreiber die Beschlüsse des Gemeinderats zu Papier bringt. Ihm ist es doch ein Leichtes, dem etwas unterzujubeln, was nicht mehr genau seinen Beschlüssen entspricht.« Und wenn es ausnahmsweise nicht nach Z’Blattens Wunsch ausgehe, sei er ein Meister darin, sich schamlos über Einschränkungen und Auflagen hinwegzusetzen, foutiere sich um Bau- und Gefahrenzonen, Grenzabstände und Wegerechte. Er baue höher als erlaubt, verwende andere Materialien als die deklarierten und umgehe Umweltschutzvorschriften. Nie so massiv, dass es sofort bemerkt würde, sondern immer schön scheibchenweise. Wenn das Gebäude erst einmal stehe, wage es keiner, den Rückbau oder gar Abriss zu verlangen. Falls doch, mache Trapper dem Rekurrenten das Leben schwer und sorge dafür, dass der Rekurs durch alle Instanzen hindurch abgewiesen werde. Wenn die Einsprache ausnahmsweise doch einmal durchkäme, dann mache Trapper im Namen der betroffenen Gemeinde Münster geltend, dass man einen Abriss oder Rückbau für unverhältnismäßig halte, plädiere aber für eine saftige Busse. Die falle dann aber gar nicht besonders saftig aus. Z’Blatten könne sie jedenfalls allemal verkraften und reibe sich noch dazu die Hände.

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