Ulzanas Krieg

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Ulzanas Krieg
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Karl H. Schlesier

Ulzanas Krieg

Die Weißen nannten ihn Josanie

Der letzte Kampf der Apachen

Für Iszánádle-sé und Tóbáshi-scinén, die vielleicht hören, wenn ich ihre Namen nenne. Und für Claire.

Ulzanas Krieg

Die Weißen nannten ihn Josanie

Der letzte Kampf der Apachen

von

Karl H. Schlesier

aus dem Amerikanischen übersetzt von Jana Färber


Impressum

Ulzanas Krieg, Karl H. Schlesier

TraumFänger Verlag Hohenthann, 2015

eBook ISBN 978-3-941485-40-2

Übersetzung: Jana Färber

Lektorat: Kerstin Schmäling

Satz und Layout: Janis Sonnberger, merkMal Verlag

Datenkonvertierung: readbox, Dortmund

Titelbild: James Ayers@2015

Copyright by TraumFänger Verlag GmbH & Co. Buchhandels KG,

Hohenthann

eBook-Herstellung und Auslieferung:

HEROLD Auslieferung Service GmbH

www.herold-va.de

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Dreiundzwanzig

Vierundzwanzig

Fünfundzwanzig

Sechsundzwanzig

Siebenundzwanzig

Achtundzwanzig

Neunundzwanzig

Dreißig

Einunddreißig

Zweiunddreißig

Dreiunddreißig

Vierunddreißig

Fünfunddreißig

Sechsunddreißig

Siebenunddreißig

Achtunddreißig

Neununddreißig

Vierzig

Einundvierzig

Zweiundvierzig

Dreiundvierzig

Vierundvierzig

Fünfundvierzig

Sechsundvierzig

Siebenundvierzig

Achtundvierzig

Neunundvierzig

Fünfzig

Einundfünfzig

Zweiundfünfzig

Dreiundfünfzig

Vierundfünfzig

Fünfundfünfzig

Sechsundfünfzig

Siebenundfünfzig

Achtundfünfzig

Neunundfünfzig

Sechzig

Einundsechzig

Zweiundsechzig

Dreiundsechzig

Vierundsechzig

Fünfundsechzig

Sechsundsechzig

Siebenundsechzig

Epilog

Hinweis

Dokumente

Nachwort Des Herausgebers

Vorwort

Ulzanas Krieg fängt mit einer Verwirrung an, denn im Buch wird Ulzana nicht bei seinem Chihuahua Namen genannt, sondern „Josanie“.

Josanie ist der Name, der in den Militär- und Regierungsberichten seinerzeit erscheint. In Mexiko, Arizona und Neu-Mexiko wurde er aber oft „Ulzana“ genannt. Auf seinem Grabstein auf dem kleinen Friedhof der Chihuahua-Gruppe in Fort Sill, Oklahoma, ist der Name mit Ol-Sanny angegeben, und sein Todesjahr mit 1909.

Die drei Namen sind lediglich Versionen eines Gebrauchsnamen, wie er im Alltag verwendet wurde. Jeder Chiricahua besaß einen eigenen geheimen Namen, der nur in religiösen Zeremonien ausgesprochen wurde und mit dem Tode des Trägers erlosch. Daher ist keiner der echten Chiricahua Namen überliefert.

Karl Schlesier

Der weiße Mann führte zwei Kriege. Einen, um uns zu töten.

Und einen, um die Erinnerung daran auszulöschen.

Black Kettle, Cheyenne-Häuptling, 1867



EINLEITUNG

Am 17. Mai 1885 verließen fünf kleine Gruppen von Chiricahua-Apachen ihre Lager am Turkey Bach, sieben Meilen südwestlich von Fort Apache in Arizona, und flohen aus der Reservation. Drei dieser Gruppen gehörten ursprünglich zu den Chokonen, einem von Chihuahua, Naiche und Geronimo geführten Teil des Stammes. Die anderen beiden Gruppen waren ehemals Chihenne, auch Warm Springs genannt, und wurden von Nana und Mangus angeführt. Zusammen zählten sie 35 Männer sowie acht von Reservationsbeamten als waffenfähig gekennzeichnete Jungen und 101 Frauen und Kinder.

Charles F. Lummis, ein Journalist, der den kommandierenden Offizier der Arizona-Division Brigadier General George Crook, während einiger seiner Versuche, diese Apachen wieder einzufangen oder zu töten, begleitete, nannte sie „die tödlichste Handvoll Kämpfer in der Geschichte der Menschheit.”

Diese Männer, Frauen und Kinder der Chiricahua waren dieselben, die sich Crook am 20. Mai 1883 in der Sierra Madre in Mexiko ergeben hatten, nachdem sie durch ständige Kämpfe auf beiden Seiten der Grenze aufgerieben worden waren. Zwei Jahre lang hatten sie ohne Todesangst gelebt, mussten aber einen hohen Preis dafür zahlen. Mit ihrer Kapitulation gaben sie jede Hoffnung auf, auch nur einen kleinen Teil des großartigen und reichen Landes, das sie über viele Generationen spanischer, mexikanischer und amerikanischer Herrschaft bewohnt und verteidigt hatten, behalten zu können.

Die Menschen, deren eigentliche Heimat die Berge waren, wurden in sonnenverbrannten, mit Krankheitskeimen verseuchten Wüstengebieten gefangen gehalten, die ihnen fremd waren. Sie waren Regeln unterworfen, die überall außerhalb der Reservationsgrenzen als gesetzwidrig galten. Jeder Aspekt ihrer Kultur und Religion war durch zivile und militärische Instanzen verletzt worden. Korrupte Reservationsbeamte waren durch Betrug reich geworden. Sie hatten mit ansehen müssen, wie viele ihres Volkes an von Europäern eingeschleppten Krankheiten starben oder einfach verhungert sind. Kein einziges, der von der Regierung feierlich gegebenen Versprechen, war gehalten worden. Allmählich wurde das Leben auf der Reservation unerträglich, der menschliche Geist starb.

Als sie noch einmal die Fesseln von Gefangenschaft und Elend abschüttelten, wussten sie, welchen Sturm ihre Flucht auslösen würde. Innerhalb weniger Tage würde jeder Weg diesseits und jenseits der Grenze zu Mexiko von Kavallerie- und Infanterie regimentern und deren Indianerscouts abgesucht werden, um sie zu finden und zu vernichten. Die einzigen anderen Wesen, die im Land der Bergwerke und Rinder einen ähnlichen Hass auf sich zogen, waren der Wolf und der Grizzlybär. Doch ebenso wie die Chiricahua-Apachen gehörten sie zu einer Welt, wie sie der Schöpfer erschaffen hatte und bewahren wollte. So wird die Welt in den heiligen Zeremonien der Chiricahua erklärt.

Dies ist die Geschichte einer dieser Chokonen-Gruppen, geführt von Chihuahua und Josanie. Chihuahua, ein berühmter Krieger und Anführer, war der Häuptling der Gruppe. Sein älterer Bruder Josanie war ihr etablierter Kriegshäuptling.

EINS

Im Osten erhebt sich eine schwarze Wolke.

Dort ist sein Heim, errichtet aus schwarzen Wolken.

Der Große Schwarze Berggeist im Osten

blickt mit Wohlwollen auf mich.

Meine Lieder sind geschaffen.

Er singt die Zeremonie in meinen Mund.

Meine Lieder sind geschaffen.

Das Kreuz aus Türkisen,

die Spitzen seiner Hörner sind bedeckt

mit gelbem Pollen.

Nun können wir in alle Richtungen sehen,

Übel und Krankheit vertreiben.

Meine Lieder werden in die Welt ziehen.

Gahé-Lied, Lied der Berggeister, aufgezeichnet von Jules Henry, 1930


ZWEI

Der Wind war allgegenwärtig. Er wehte aus Südwest über das zerklüftete Hochland südlich des Gila Flusses und strich sanft durch den Canyon des Adler Bachs. Er trug den Rauch von den Feuern der Camps stromaufwärts, die etwa eine Meile von der Bachmündung entfernt hinter zwei scharfen Biegungen versteckt lagen. Auf trockenen Sand- und Kiesstreifen schmiegten sie sich eng an die großen Cottonwood-Bäume.

Die Nacht war kühl und wolkenlos, und ein riesiger Mond stand hoch am Himmel. Er strahlte auf lichtdurchflutete Flecken auf dem offenen Gelände und ließ entlang der Felswände lange, dunkle Nischen entstehen. Es war ungefähr vier Uhr morgens und die meisten Feuer waren erloschen, aber einige glühten noch hell im Mondlicht. Um sie herum lagen schlafende Menschen, in dichten Gruppen zusammengedrängt. Pferde bewegten sich langsam am Ufer des schnell fließenden, schmalen Stroms dahin und weideten das junge Gras ab.

Dies war das zweite Nachtlager. Sie waren vor zwei Tagen an einem ruhigen Sonntagnachmittag vom Turkey Bach losgeritten, während in Fort Apache gerade ein Baseballspiel zwischen zwei Teams der dort stationierten Vierten Kavallerie stattfand. Die Gruppen von Mangus, Naiche und Geronimo brachen zuerst auf, Chihuahua und Nana gingen als Letzte. Auf dem Weg nach Osten in Richtung Black Fluss und Adler Bach waren sie hart geritten.

 

Am ersten Tag schafften sie etwa achtzig Meilen und schlugen spät in der Nacht in der Schlucht nahe Cottonwood Springs ihr Lager auf. Das felsige Terrain hatte die Pferde erschöpft, obwohl sie nach der Ankunft am Adler Bach oft die Gangart gewechselt hatten und zeitweise von Galopp in Schritt gefallen waren.

Bei Tagesanbruch suchten die Männer die Quelle und den Cottonwood Canyon nach Pferden ab, fanden aber keine. Sie trafen auf Rinder, töteten lautlos drei bernsteinfarbene Jungochsen mit Lanzen, schlachteten sie schnell und rösteten einige dünne Scheiben des Fleisches über den Kohlen.

Um die Pferde nicht zu ruinieren, ritten sie am zweiten Tag nur fünfzig Meilen und lagerten nicht weit oberhalb des Gila Flusses. Naiches Scouts, die vorausgeschickt worden waren, um die Strecke stromauf- und abwärts und die grasige Ebene unterhalb der Bergbaustadt Clifton entlang der Eisenbahnlinie zwischen Arizona und Neu-Mexiko zu erkunden, meldeten keine ungewöhnlichen Ereignisse und glaubten, unbemerkt geblieben zu sein. Chihuahuas Scouts, welche die Nachhut bildeten, waren noch nicht zurückgekommen.

Plötzlich war in Chihuahuas Camp das Weinen eines Babys zu hören, schrille Schreie, welche die Stille der Nacht zerrissen. Einige der Schlafenden hoben ihre Köpfe und blickten sich um. Schnell hüllte die Mutter den Säugling ein und legte ihn an die Brust. Noch einige Schluchzer, dann war wieder alles ruhig. Aber von stromaufwärts war nun ein Geräusch zu hören. Ein Pferd bewegte sich in Richtung des Lagers, Hufe auf weichem Untergrund, dann ein Klirren auf Gestein. Ein mit einem Gewehr bewaffneter Reiter kam heran. Chihuahua und Josanie erhoben sich von ihren Decken und gingen ihm entgegen. Es war Zele, einer der beiden Scouts, die den Weg hinter ihnen gesichert hatten.

Sein Pferd war erschöpft und schweißgebadet. „Sie kommen”, sagte Zele.

„Wo ist Galeana?”, fragte Josanie.

Zele glitt vom Rücken des Pferdes. Er nahm die Decke ab, die ihm als Sattel gedient hatte, und löste den Doppelknoten des Zaumzeugs über dem Unterkiefer der Stute. Er tätschelte ihr Hinterteil, und sie ging auf steifen Beinen zum Bach. „Galeana ist noch dort hinten.” Er wies mit dem Daumen rückwärts. „Wir waren etwa eine halbe Meile vor ihnen.”

„Wie weit weg sind sie jetzt?”, fragte Chihuahua.

„Wenn sie weiter so vorankommen, werden sie im Morgengrauen hier sein. Sie sind müde, aber sie kommen.”

„Wie viele?”, wollte Josanie wissen.

„Sechzig, siebzig. Vielleicht mehr. Sie haben einen Maultiertross dabei.”

„Wie viele Scouts?”

„Vielleicht zehn. Sie sind direkt vor den Soldaten. Könnten von den White Mountain-Apachen sein. Ich glaube nicht, dass sie zu unseren Leuten gehören.”

Nana war ebenfalls aus seinem Camp gekommen. „Sie kommen”, wiederholte Josanie. „Sie werden in zwei Stunden hier sein, vielleicht früher.”

Nana nickte. „Wir werden bald aufbrechen. Wir müssen uns kurz mit Mangus und den anderen treffen.”

Am Himmel wanderte der weiße Mond gemächlich gen Westen und ließ die Schatten in der Schlucht länger werden. Die Menschen an den Feuerstellen standen auf und spürten, dass etwas vorging. Josanie befahl einem der Männer leise, die anderen Gruppenführer zu holen.

Sie ließen sich an Chihuahuas Feuer nieder, Chihuahua und sein Bruder Josanie Seite an Seite, dann Nana, Naiche, Geronimo und Mangus. Hinter ihnen bildeten die Männer aus ihren Gruppen einen engen Kreis. Chihuahuas Blick suchte Zele und mit dem Rucken seines Kinns erteilte er ihm das Wort.

„Ich bin gerade angekommen”, sagte Zele. „Sie sind dicht hinter uns. Vielleicht zwei Trupps Kavallerie. Ein Maultiertross. Wahrscheinlich zehn Scouts. Galeana und ich denken, dass es White Mountain-Leute sind. Ein weißer Mann ist bei ihnen, Gatewood. Sie bleiben in der Nähe der Soldaten. Sie sind die ganze Nacht durchgeritten.”

Schweigen. Dann sprach Mangus: „Ich gehe nach Süden, in die Sierra Madre. Wir werden nördlich der Grenze niemals in Sicherheit sein. Sie werden uns überall jagen.”

„Wir haben schon beschlossen, dasselbe zu tun”, sagte Naiche. Er nickte Geronimo zu, der neben ihm saß. „Wir sollten alle dorthin gehen. Uns trennen und dort in den Blauen Bergen, wieder treffen. Einander beistehen. Dort zusammen bleiben.”

Wieder Schweigen.

Dann sagte Nana langsam: „Ich will meine alte Heimat wiedersehen, die Black Range. Mich dürstet danach. Mein Herz sehnt sich nach ihr. Ich weiß, dass ich dort nicht bleiben kann, aber ich möchte wenigstens für eine Weile dorthin gehen.” Er machte eine Pause. „Wir gehen nach Norden, den San Francisco Fluss hinauf. Ich habe ein gutes Vorratslager in den Bergen östlich der Straße nach Silver City. Dort will ich ein paar Sachen holen.”

„In Mexiko kannst du mehr bekommen”, erwiderte Geronimo.

„Wir gehen mit Nana”, sagte Chihuahua. „Dann zu den Bergen am Quellfluss des Gila. Dort warten wir ab, was passiert. Das da oben ist unser Land, wo wir geboren wurden.” Er berührte den Arm seines Bruders und blickte über das Feuer hinweg in Geronimos Augen. „Auch du”, sagte er. „Auch du wurdest dort geboren.”

Geronimo nickte. Er öffnete seine Hände in einer hilflosen Geste. Sie wirkten wie die Flügel eines Vogels, der verzweifelt flattert. „Das ist wahr”, sagte er. „Aber dort ist es nicht sicher. Sie werden euch finden. Nicht die Soldaten, sondern die Apachen-Scouts. Kommt mit uns.”

Sie saßen schweigend da. Der dunkle Kreis der Männer stand ebenfalls regungslos. Alle hatten zugehört. Jetzt war es an der Zeit zu sprechen, aber niemand sagte etwas.

Endlich sagte Chihuahua: „Also ist es beschlossen.” Er blickte in die Gesichter der Männer, die sich für den Weg nach Süden entschieden hatten. „Wenn wir später nachkommen, wo in der Sierra Madre werden wir euch finden?”

„In den Bergen östlich von Nacori Chico”, sagte Naiche. „Wenn wir uns von dort entfernen, werden wir euch Zeichen hinterlassen, euch sagen, wohin wir gegangen sind.”

Wieder sprach Nana: „Mein Herz ist schwer”, sagte er. Und nach einer Pause: „Wir müssen hier weg. Vielleicht treffen wir euch dort.”

Sie verließen den Canyon in derselben Anordnung, wie sie gelagert hatten. Die drei nach Süden ziehenden Gruppen übernahmen die Führung, Nana und Chihuahua folgten. Sie ließen die Pferde im Schritt gehen, bis sie die Ebenen des Gila erreichten. Als sie sich stromaufwärts wandten, trieben sie die Tiere zu einem langsamen, raumgreifenden Galopp an.

Josanie wies mit acht Kriegern seiner eigenen und Nanas Gruppe den Weg. Nana und einige Männer ritten mit den Frauen und Kindern, während Chihuahua mit einer Handvoll weiterer Männer die Nachhut bildete. Bei Tagesanbruch durchquerten sie die weite Flussebene an der Mündung des San Francisco Flusses, platschten durch das kalte Wasser des Stroms, das zwischen Kiesbänken dahin floss. Als sie den Weg nach Hot Springs erreichten, bemerkte schließlich einer der Männer, die die Nachhut bildeten, einen einzelnen Reiter weit hinter ihnen.

Sie verlangsamten ihre Pferde bis zum Schritt und ließen Galeana herankommen. Sein Pferd war mit Schaum bedeckt. Über einem blauen Kalikohemd hing ein Feldstecher an seiner Brust, und er trug eine .44-40er Winchester an einem Rohlederriemen auf dem Rücken. Sein Gesicht, auf dem ein weißer Streifen über den Nasenrücken bis zu den Wangenknochen verlief, wirkte müde, die Augen glitzerten in tiefen Höhlen. Seit zwei Tagen hatte er nicht geschlafen. Er wurde ernst gegrüßt und schloss sich den anderen an.

„Ich brauche ein frisches Pferd”, sagte er. „Sie sind fünfzehn Meilen hinter mir, aber sie werden uns nicht einholen. Ihre Pferde sind auch erschöpft. Sie können kaum noch laufen.”

Als die Reiter an der Spitze schließlich in der welligen Ebene die Straße nach Safford erreichten, brachte Josanie sein Pferd zum Stehen und stieß einen Ruf aus. Die Gruppen vor ihm blickten zurück und hielten an. Er hob seinen Arm, und die Männer dort erwiderten den Gruß. Dann drehten sie sich um und ritten weiter, nach Südosten in Richtung des Gila, auf den langen Weg nach Mexiko.

Josanie und seine Begleiter zügelten ihre Pferde und schauten den anderen nach, wie sie einen Höhenzug überquerten und plötzlich verschwunden waren. Als die Sonne über den Rand des Gebirges im Osten spähte, lag die Ebene wieder unberührt da. Josanie schwenkte sein Pferd nach Norden, und die letzten beiden Gruppen folgten ihm auf der Straße nach Clifton. Eine Eisenbahnlinie musste überquert, eine Telegrafenleitung gekappt und mindestens zwei Ranches wegen frischer Pferde heimgesucht werden. Josanie und seine Begleiter trieben 18 Tiere zusammen, ließen ihre eigenen entkräfteten Pferde zurück und zogen weiter, vorbei an der verrußten Bergbaustadt und ihren dreckigen Abraumhalden oberhalb des Flusses. Die Männer schlüpften in das Flussbett des San Francisco, das sich tief in die Berge gegraben hatte. Als sie in einer Biegung im grünen Gras unter Cottonwood-Bäumen eine weitere Pferdeherde einfingen, wurden sie von zwei Reitern auf einem Felsvorsprung bemerkt, die sie aber ziehen ließen, ohne einen Schuss abzufeuern.

An der Stelle, wo der Ash Spring vom hohen Gipfel im Osten herunter in den Strom fließt, verlangsamten die Gruppen ihren Ritt, und als sie den Blue erreichten, schwenkten sie in die Schlucht ein und ritten durch die Cottonwood-Wälder entlang des gewundenen Flusses nach Norden, in die Mündung des Horse Canyon, wo sich ein versteckter Platz befand. Zweimal hatten sie Grizzlyfährten gesehen, und die Spuren von Deer, Wapiti und Wölfen waren im feinen Sand und auf den Kiesstreifen zu erkennen.

Außerdem befanden sich dort einige müde Rinder mit einem Triple-X-Brandzeichen. Nitzin, ein Meister im Umgang mit der Lanze und einer von den drei Männern innerhalb der Gruppen, die eine solch lautlose Waffe alten Stils trugen, tötete zwei fette junge Ochsen. Nun gab es genug Fleisch für ein paar Tage.

An jenem Abend brannten die Feuer hell. Sie errichteten einen kleinen Steinaltar in einem Kreis, und Chaddi, einer der Medizinmänner, betete zu Bikego I’ndan, zu Ihm, dem Herrn des Lebens, sang ein Lied für die Berggeister und dankte ihnen für die Befreiung. Die Erwachsenen standen mit gesenkten Köpfen da, und die Kinder schauten schüchtern zu. Aber dann lächelten sie alle, und der Geruch von geröstetem Fleisch verbreitete sich im Lager. Sie waren zuhause und frei, und an allen Seiten der Schlucht streckten sich die Berge in den Himmel. Die Luft war kühl und erfüllt mit dem Duft von Blumen, Piñons und Kiefern. Am Morgen badeten sie im kalten, klaren Wasser, das aus dem Hochland und von den letzten unter der Frühlingssonne schmelzenden Schneefeldern herunterfloss.

Sie blieben eine Weile und ließen die Kinder spielen, dann zogen sie drei Meilen stromaufwärts, glitten in den Canyon des Little Blue Bachs, der dort von Nordost einmündete, und schlugen sieben Meilen weiter oben an einer Quelle ihr Lager auf. Drei der älteren Jungen gingen mit Bogen fort, um stromaufwärts, wo die Wände der Schlucht von der Alma Mesa abfielen, nach Wild zu suchen. Dort gab es eine niedrige Passage nach Osten, die eine leichte Überquerung in Richtung des San Francisco Flusses und der Bergbaustädte Alma und Cooney in Neu-Mexiko ermöglichte.

DREI

Am Sonntag fand ein Baseballspiel zwischen zwei Postenmannschaften statt. Ich wurde gebeten, Schiedsrichter zu sein, während ich bei der Post auf eine Antwort auf mein Telegramm wartete. Mitten im Spiel, etwa vier Uhr nachmittags, kamen Mickey und Chato zu mir und berichteten, dass eine Anzahl Indianer ihre Lager verlassen hatten und auf dem Weg nach Mexiko waren. Wie viele es waren, wussten sie nicht.

Ich wollte sofort ein Telegramm an Captain Pierce schicken, um ihm dies mitzuteilen, aber der Beamte im Vermittlungsbüro stellte fest, dass die Drähte gekappt worden waren. Erst am Mittag des nächsten Tages wurde der Bruch gefunden. Die Indianer hatten die Leitung in der Astgabel eines Baumes zerschnitten und mit einem Wildlederriemen festgebunden. Wir reparierten es, dann erst kam mein Telegramm durch und wurde an den General weitergeleitet.

Colonel Wade, der Truppenkommandeur in Fort Apache, befahl ihnen sofort, sich marschbereit zu machen, aber sie waren erst nach Einbruch der Dunkelheit bereit zum Aufbruch.

Mit den Truppen von Fort Apache marschierten wir die ganze Nacht. Meine Scouts und ein Dutzend von Gatewoods White Mountain Apachen verfolgten die Spur. Bei Nacht kamen wir nur langsam voran.

 

Am nächsten Morgen erreichten wir kurz nach Sonnenaufgang den Kamm eines Höhenzuges, der an ein fünfzehn oder zwanzig Meilen breites Tal angrenzte. In der Ferne konnten wir an der gegenüberliegenden Seite des Tals die Staubwolke sehen, die von den Indianerponys aufgewirbelt wurde, als sie bereits einen anderen Bergrücken erklommen.

Ich begriff, dass eine weitere Verfolgung durch die Truppen sinnlos war und uns ein langer Feldzug in Mexiko bevorstand, und meldete dem kommandierenden Offizier Captain Smith, dass ich mit meinen Scouts nach Fort Apache zurückkehren und dem General mit der Bitte um weitere Instruktionen erneut telegrafieren würde.

Sofort nach der Ankunft in Fort Apache ließ ich alle Chiricahua und Warm Springs Apachen in mein Lager bringen und zählte sie. Fünfunddreißig Männer, acht gekennzeichnete Jungen (alt genug, um Waffen zu tragen) und 101 Frauen und Kinder fehlten. Im Auftrag des Generals zog ich weitere einhundert Scouts ein. Die eine Hälfte davon waren Chricahuas, Warm Springs und White Mountains, die andere bestand aus den von Captain Pierce geschickten San Carlos, Tontos, Yumas und Mohaves. Mit einem Packtiertross mit Vorräten setzten wir uns wieder in Marsch. Die an dem Ausbruch beteiligten Häuptlinge waren Geronimo, Chihuahua, Nachite (Naiche), Mangus und der alte Nana.

Aussage von Lieutenant Britten Davis, Dritte Kavallerie, der vom Frühling 1884 bis zum Sommer 1885 für die Chiricahua- und Warm Springs-Apachen am Turkey Bach verantwortlich war.