Loverboys 163: Hart am Ball

Text
Aus der Reihe: Loverboys #163
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

»Bin in der Stadt«

Immer wieder las ich seine Nachrichten. Die alten wohlgemerkt, denn neue waren seit einer Woche nicht eingetroffen. Es war noch nicht einmal 14 Uhr. In der Berufsfachschule war heute früher Schluss. Lehrermangel. Aber ich konnte auf keinen Fall nach Hause gehen. Konnte jetzt nicht allein sein. Nicht bei dem geilen Sommerwetter. In meiner Bude wäre mir die Decke auf den Kopf gefallen, und ich hätte im Minutentakt auf mein Handy gestarrt. Es hatte nicht nur Vorteile mit 18 eine eigene Wohnung zu haben. Aber was dann? Ich konnte wieder mal zum Alexanderplatz fahren, mich ein bisschen an der Weltzeituhr rumtreiben. Checken, wer da so abhing, oder Grindr anschmeißen und ein paar Touristen klarmachen, die mich dann vielleicht noch zum Essen einluden. Schließlich war ich während der drei Jahre an der Berufsfachschule für Masseure und medizinische Bademeister ohne Einkommen. Und da der Unterstützungsscheck meiner Eltern, die mittlerweile in Köln wohnten, auch nicht wirklich üppig war, musste ich kreativ sein. Touristen konnte man bei Grindr immer abgreifen. Spätestens wenn man ihnen nach ein, zwei Messages verklickert hatte, dass man ein echter Berliner Junge war, hatte man sie an der Angel. Dass mein eigentlicher Geburtsort Rüdersdorf war, erzählte ich natürlich nicht.

Irgendwie scheinen schwule Touristen immer mit Einheimischen vögeln zu wollen. In Madrid müssen die rassigen Spanier dran glauben, in Schweden die blonden Hünen, in Prag muss es ein Bengel sein, der aussieht, als käme er gerade von einem Bel Ami-Casting, und in Berlin wollen die Kerle eben einen richtigen Berliner Jung’ mit Basecap und frecher Schnauze. Eine Reise, auf der man nicht einen Einheimischen flachlegt, ist für alle Schwulen ein Flop, der Fick mit einem »Local« hingegen der Höhepunkt. Dafür lassen sie dann gerne mal ein Abendessen springen.

Um mein leibliches Wohl und um mein Sexleben musste ich mir folglich keinerlei Sorgen machen. Eigentlich war also alles schick, wäre da nicht diese Unruhe gewesen, die mit jedem Tag größer wurde, an dem keine Nachricht auf meinem Handy eintraf. Strenggenommen wartete ich seit dem Telefonnummerntausch in den Steffenhagener Büschen sogar auf zwei Nachrichten: eine von Samuel, der mir versprochen hatte ein Treffen zu organisieren, und natürlich die noch heißer ersehnte »Bin in der Stadt«-Meldung von Max. Weder das eine noch das andere kam.

Hatte Samuel überhaupt mit Max gesprochen? Hatte er ihm wie verabredet die Lüge aufgetischt, dass wir uns im Alexa begegnet waren? Wie hatte Max wohl reagiert? War er erstaunt gewesen? Oder verärgert? Fühlte er sich vielleicht sogar bedroht, weil ihm schlagartig bewusst wurde, dass es seinem perfekten Torjäger-Image schaden könnte, wenn er mich in seinen Zirkel hineinließ? War dies etwa der Grund, warum er sich nicht mehr meldete? Ich traute mich weder Max noch Samuel anzuschreiben. Wollte mir keine Blöße geben. Hatte Bammel vor der Antwort. Bammel vor einer Abfuhr. Heute würde es sowieso nichts mehr werden mit Max. Das spürte ich. Vor mir lag einer dieser Nachmittage, an denen ich mir aus Frust einen Typen angelte, nur um hinterher noch sehnsüchtiger auf eine Nachricht aus Steffenhagen zu warten. Solche Nachmittage folgten alle dem gleichen Ablauf. Immer das gleiche Protokoll. Ein sich stets wiederholendes Schema. Das Drehbuch eines Films, der schon hundertmal gedreht worden war. Und ich war unzählige Male Hauptdarsteller gewesen.

Die S-Bahn fährt in den Bahnhof Alexanderplatz ein. Bremst. Heult dabei, fast sirenenartig. Zischend öffnen sich die Türen. Ich lasse mich mit dem Strom treiben. Folge der Masse, als hätte ich ein Ziel. Setze mich auf den Brunnenrand und checke Grindr. Die Nachrichten dort ähneln sich: Hey Sexy! – What’s up dude! – Cute!

Der übliche Mist. Einer schickt ein Schwanzfoto mit. Wenn es echt ist, könnte ich es mir überlegen. Auch der Rest sieht heiß aus, ist aber garantiert mit Photoshop bearbeitet. Junges Gesicht. Braune Augen. Gestutzter Bart. Angeblich 22, aus Frankfurt. Typ Model. Ein bisschen zu brav, aber wenn das Schwanzfoto echt ist …

Was suchst du? – Zeit? – Woher? – Oh, Berlin … Cool! – Komm ins Park Inn. Zimmer 702. Er steht schon.

Bei mir steht noch nichts, aber das Park Inn ist gleich nebenan. Und die Latte auf dem Foto ist echt scharf. Kerzengerade. Pralle Eichel. Für einen schönen Schwanz und ein Abendessen bin ich immer zu haben. Bei jedem Schritt, mit dem ich dem Hotel näherkomme, juckt mein Johnny stärker. Ich husche durch die Aufzugstür, die sich gerade schließt. Man braucht eine Zimmerkarte, um eine Etage drücken zu können.

»Sorry, könnten Sie vielleicht die Sieben drücken? Habe meine Karte vergessen!«

Die Dame zögert. Etwas widerwillig drückt sie die Sieben. Ich weiß genau, dass sie sich fragt, ob ich vielleicht ein Hoteldieb bin.

»Mein Freund wartet im Zimmer auf mich.«

Das scheint sie zu beruhigen. Es kann ihr sowieso egal sein. Sie steigt im fünften Stock aus. Ich checke noch mal mein Handy. Immer noch keine Nachricht von Max. Es gibt also keinen Grund für ein schlechtes Gewissen. Wenn er gewollt hätte, hätte er mich heute haben können. Er hätte nur zu schreiben brauchen. »Bin in der Stadt.« Er hätte mich auch irgendwo hinbestellen können, ich wäre hingefahren. Nach Steffenhagen, nach Potsdam, nach Falkensee, sogar nach Leipzig. Ich hätte einiges auf mich genommen, nur um seinen herrlichen, saftigen Schwanz in den Mund zu bekommen. Ich hätte auch problemlos auf Sex verzichtet, hätte mich beherrscht, wäre ihm bis zu unserer Wiedervereinigung treu geblieben, wenn ich auch nur den Schimmer einer Ahnung gehabt hätte, wie lange ich auf diese Wiedervereinigung warten musste. Eine oder zwei Wochen Enthaltsamkeit? Kein Problem. Wenn ich wusste, dass er kommt, konnte ich warten. Wenn ich sicher wüsste, dass er sicher kommt. Doch warum sollte ich ihm ohne diese Gewissheit treu bleiben?

Im siebten Stock steige ich aus. Zimmer 702 liegt direkt gegenüber des Aufzugs. Hinter dieser Tür befindet sich ein Typ aus Frankfurt mit einem Ständer. Falls er mir ein echtes Foto geschickt hat, mit einem richtig geilen Ständer. Johnny regt sich in meiner Hose. Kaum denkt mein Hirn an Schwänze, kitzelt es in der Nülle. Es kitzelt oft, denn ich denke oft an Schwänze. Genaugenommen bei jedem Kerl, der mir auf der Straße begegnet. Dann stelle ich mir vor, wie er spritzt. Wie er dabei die Augen verdreht. Wie es aus ihm heraussuppt … Ich brauche jetzt einen ordentlichen Riemen. Einen geilen, harten Riemen, der mir das Hirn wegfickt und mich wenigstens für eine halbe Stunde davon abhält, ständig aufs Handy zu starren. Mit der Hand drücke ich durch die Hose meinen Lümmel. Er ist schon halbsteif. Das ist die Vorfreude auf das baldige Spritzkonzert. Auf mein Klopfen gibt es umgehend Antwort.

»Ja?«, tönt es hinter der Tür. Die Stimme ist männlich. Sie klingt ungeduldig, aufgeregt. Freudig. Gierig. Geil. Ich scheine sehnsüchtig erwartet zu werden.

»Komme!«

Kräftige Schritte nähern sich. Johnny wird steif. Megasteif. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass der Typ so aussieht wie auf den Fotos. Die Tür wird aufgerissen. Wow! Da steht ein Kerl, der mich an Kevin Trapp erinnert, das schärfste Geschoss der Bundesliga. Er trägt einen Bademantel, vorne offen. Sein Prachtständer hat ihn gespalten. Bei diesem Anblick kann ich nur inständig hoffen, dass er auch mich bald spalten wird. Tief, hart, rücksichtslos. Seine Beine sind der Hammer. Schenkel wie Baumstämme. Das hübsche, junge Gesicht hat einen frechen, verdorbenen Ausdruck. Ein echter Kerl! Ein richtiges Miststück!

»Hi, ich bin Kevin«, grinst er. Er heißt also tatsächlich Kevin?

»Milan«, versuche ich zu lächeln. Nicht zu überschwänglich. Wie ein Kerl eben. Wir geben uns die Hand. Er hat eine kräftige Pranke. Und dieses versaute Grinsen. So ein Ich weiß, dass du gerade nach meinem steifen Schwanz schielst-Grinsen. Und ich weiß, dass dich das megageil macht.

»Komm«, fordert er mich mit einer einladenden Kinnbewegung zum Eintreten auf. Auf dem Weg zum Bett lässt er den Bademantel von seinem Körper gleiten. Dabei spannt sich seine Rückenmuskulatur an. Johnny pocht, drückt gegen die Hose, durchfeuchtet den Slip, will raus, will seine Spitze an Kevins Eichel reiben.

»Willst du was trinken?«

Ich spüre, dass er das nur aus Höflichkeit fragt. Eigentlich will er keine Zeit mit Small Talk verplempern.

»Nö.«

»Gut.« Er packt mich im Nacken. »Dann kriegst du eben gleich was anderes in deine kleine Knabenschnute. Du lechzt bestimmt schon danach, he?«

Er drückt mich zu Boden und führt langsam meinen Kopf zu seinem Schritt. Aus dieser Perspektive sieht sein Schwanz noch viel gewaltiger aus. Fest und kräftig steht er vom athletischen Körper dieses Kerls ab. Kevin bringt sich breitbeinig vor mir in Positur. Als meine Lippen seine Schwanzspitze berühren, stöhnt er auf und schließt die Augen. Ich verschlinge seine Eichel. Meine Zunge tanzt über das Bändchen und die Pissritze.

»Oh geil, Milan!« Er packt mich an den Ohren und schiebt meinen Mund wie einen Fleshjack über seinen Bolzen. »Nimm ihn tief, mein Junge!«

Er rammt mir seinen Riemen bis zum Anschlag in den Hals.

»Geil, du verträgst einiges. Bist ein echtes Berliner Drecksstück.«

Ich kann nicht antworten, widme mich voll und ganz dem Prügel, der mich komplett ausfüllt. Schmatzend jage ich über den Prachthammer hinweg. Packe ihn mit der Hand. Presse ihn. Ganz Fest, als wollte ich austesten, was er aushält. Die Adern quellen hervor. Die Eichel schwillt enorm an. Ein Lusttropfen funkelt auf der Ritze.

»Geil«, keucht er. »Gefällt dir mein Schwanz?«

 

Ich nicke. Stürze mich auf den Lusttropfen, lecke die Eichel, kitzele sie mit meiner Zunge, betrachtete den fast berstenden Schaft, die Adern, die sich unter der weichen Haut abzeichnen, verschlinge den Stamm, gierig, bis ich die Spitze dieses Bilderbuchprügels an meinem Zäpfchen spüre. Mein Johnny muss an die frische Luft. Raus damit. Sonst zerreißt er mir noch den Slip. Während ich Kevin weiterblase, winde ich mich aus meinen Shorts und schiebe meine Unterhose nach unten. Johnny schnellt hoch wie eine Rakete. Spätestens jetzt riecht es im ganzen Zimmer nach Schwanz. Aus meiner Eichel dampft Knabengeruch. Nichts riecht geiler als ein suppender Riemen, auch wenn es der eigene ist.

»Boah, du hast einen heißen Bolzen, Milan«, keucht Kevin. »Los, zieh dich aus und leg dich aufs Bett!«

Ich folge seinem Befehl. Im Nu liegen wir nackt auf dem edlen Boxspringbett. Wir umarmen uns, verschlingen die Beine ineinander, reiben die Schwänze zwischen unseren Bäuchen. Ich spüre seine kräftigen Arme, wiege mich darin, lasse mich fallen, während ich mich in seinem Rücken verkralle. Sein gestutzter Bart kratzt an meinen Wangen. Kevin riecht gut. Er verbeißt sich in meinem Hals. Langsam arbeitet sein Mund sich zu meinen Brustwarzen vor, saugt an ihnen, küsst sich tiefer bis zum Nabel. Ein klarer Faden Vorflüssigkeit spannt sich zwischen Bauch und Eichel. Er leckt ihn ab, schließt die Augen. Sein Deckhaar ist ihm in die Stirn gefallen. So muss Kevin Trapp beim Ficken aussehen. Unaufgefordert winkle ich meine Beine an und präsentiere meine Rosette. Er soll es mir besorgen. Er soll mir den Prachtbolzen reindrücken, mit dem er mich auf sein Zimmer gelockt hat. Er soll mich durchvögeln nach allen Regeln der Kunst. Es mir besorgen so wie die Bundesligahengste es ihren Spielerfrauenfotzen nach einem Match besorgen. Deftig. Schwitzig. Wild.

Kevin versteht sofort, spuckt sich in die Pranke und reibt mir die Möse ein. Ich bin offen wie das sprichwörtliche Scheunentor. Er reibt seine fette, pralle Eichel an meiner Rosette, die glüht wie ein Kitzler, und schiebt das lange, dicke Rohr bis zum Anschlag in mich hinein. Schon beim ersten Stoß bin ich im Fickhimmel. Gib’s mir! Fick mich! Nimm mich! Besitz’ mich! Kevin hat anscheinend Übung beim Zureiten junger Stuten. Gekonnt sticht er zu und findet auf Anhieb den perfekten Rhythmus. Seine Eichel und sein strammer Schaft toben sich kräftig aus in meinem Knabenpopo, der sich in eine saftige Möse verwandelt hat. Schmatzend treibt Kevin seinen Bolzen in mich rein. Es kommt mir vor, als würde ich jede Ader des Prachtriemens in meinem feurigen Schacht spüren. Schweiß tropft auf meine Brust. Mein Orgasmus kündigt sich in den Zehenspitzen an und schießt durch meine Adern bis er mir schließlich das Hirn wegknallt. Die Wangen zittern, die Lippen beben, während meine zuckende Röhre vollgepumpt wird. Vollgepumpt mit warmem Frankfurter Sperma. Kevin lässt sich erschöpft auf mich drauffallen. Er legt seinen Kopf auf meine Brust: »Ihr Berliner seid so geil. Wahnsinn!«

Ich weiß, dass er das auch in Barcelona, Paris und New York zu den Einheimischen gesagt hätte. Tourist eben.

Mein Handy vibriert. Eine Message ist eingegangen. Endlich. Lass es eine Nachricht von Max sein! Mit ein bisschen Recken und Strecken gelingt es mir, das Handy aus der Tasche meiner Shorts zu fischen, die zerknüllt vor dem Bett liegt, ohne dabei aufzustehen. Ich möchte Kevin nicht wegschubsen, möchte seine Nähe noch einen Moment genießen. Er streichelt meinen Arm.

»Nicht aufs Handy schauen, Milan!« Seine Stimme ist schläfrig, klingt enttäuscht. Ich antworte nicht. Lege ihm meinen Finger auf den Mund. Schweige Kevin! Schlaf mein Kind!

Mit der anderen Hand öffne ich WhatsApp. Ich traue meinen Augen nicht: »Bin in der Stadt.« Da steht tatsächlich »Bin in der Stadt«. Doch in die Freude über die vier heißersehnten Worte mischt sich ein Wehrmutstropfen. Die Nachricht ist nicht von Max. Sie ist von Samuel.

Verteidigung

Das ist ja echt ’ne Überraschung!«, meinte ich verblüfft.

Ich weiß nicht, worüber ich mich mehr wunderte. Darüber, dass Samuel sich tatsächlich gemeldet hatte, oder darüber, dass er ein Auto besaß? Ein kleines, flottes Audi-A1-Cabrio, mit dem er mich am Alex abholte.

»Klar, wie du weißt, bin ich immer für ’ne Überraschung gut«, griente Samuel. »Kaum pisst man mal hinter einem Strauch, schon tauche ich als Überraschung auf!«

Wir bogen in die Karl-Marx-Allee ein.

»Wenn du willst, können wir zu mir fahren«, schlug ich vor. »Ich wohne gleich da vorne, in der Nähe vom Strausberger Platz.«

»Dazu haben wir leider keine Zeit, Milan.«

Dazu betonte er ein wenig schelmisch, mit einem Anflug von Bedauern in der Stimme. Es bestand also Hoffnung, dass es durchaus mal wieder dazu kommen konnte.

»Wieso, was haben wir denn vor?«, fragte ich.

»Wir fahren nach Strausberg zu einer kleinen Gartenparty. Und heute bin nicht ich die Überraschung, sondern du.«

Party? Strausberg? Überraschung? Samuel schien meine Verwunderung zu bemerken.

»Lennart, ein Typ aus unserer Mannschaft, hat heute spontan ein paar Spieler zum Grillen eingeladen, und da dachte ich, ich bringe dich als Überraschungsgast mit. Max kommt auch. Der wird bestimmt Augen machen.«

Max kommt auch? Das Blut schoss mir in die Birne. Der wird bestimmt Augen machen? Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Vermutlich würde er nicht nur Augen machen, sondern eine Flappe ziehen, und aus Angst, unsere heimlichen Blas-Sessions könnten aufliegen, die Flucht ergreifen. Und zwar für immer. Ich musste Samuel diese Schnapsidee unbedingt ausreden.

»Ich weiß nicht so recht«, stammelte ich. »Vielleicht ist das Max gar nicht recht. Ich denke, wir sollten uns lieber erst mal zu dritt treffen.«

Samuel strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, versuchte seine Frisur in Form zu bringen. Ein nutzloses Unterfangen, denn der Fahrtwind zerzauste seine blonde Mähne sofort wieder.

»Max wird sich freuen, da bin ich mir sicher. Wir haben vor einiger Zeit mal über dich geredet.«

»Ihr habt über mich geredet?«

Das überraschte mich.

»Na ja, geredet ist vielleicht zu viel gesagt.« Samuel schien ein wenig verlegen. »Ein paar Typen hatten dumme Witze gemacht. Du weißt ja, wie Kerle sein können, wenn sie ein paar Bier zu viel haben.«

Ich hatte keine Ahnung, worauf Samuel hinauswollte.

»Nun … «, druckste er herum. »Du warst als Junge ja immer ein bisschen anders als die anderen. Hast dich nie für Fußball interessiert, mehr so für Mädchensachen, wenn du weißt, was ich meine.«

Natürlich wusste ich, was Samuel meinte, tat aber so, als hätte ich nicht den blassesten Schimmer.

»Na ja«, stammelte er weiter. »Einer meinte eben, dass du bestimmt eine Schwuchtel geworden bist!«

Eine Schwuchtel! Mein Atem stockte, mein Herz galoppierte. Für einen Moment war ich drauf und dran, aus dem Cabrio zu springen. Mit einem eleganten Satz, einem Sprung, der eines James Bonds würdig war, behänd, beherzt, kraftvoll und vor allem männlich. Ein Sprung, wie ihn nur echte Kerle beherrschten. Der Alle in Erstaunen versetzte, sie beschämte und Reue spüren ließ, weil sie mich verdächtigt hatten, eine Schwuchtel zu sein. Wut stieg in mir auf. Wut auf diese dummen Kerle und ihr dummes Gerede. Ja, ihre blöden Witze sollten ihnen peinlich sein. Sie sollten sich in Grund und Boden schämen. Allerdings war ich auch wütend auf mich selbst. Denn ich musste mir eingestehen, dass auch ich mich schämte. Weil sie recht hatten. Ich war eine Schwuchtel. Und dafür schämte ich mich. Obwohl ich keinen Grund dafür sah. Deshalb machte mich meine Scham wütend. Wie sollte ich mich jemals akzeptieren, wenn ich mich für mich selbst schämte? Wie sollten mich andere akzeptieren? Und wie um Himmels Willen konnte ich darauf hoffen, dass Max sich jemals zu mir bekennen würde, wenn nicht mal ich selbst mich zu mir bekannte? Ich wusste keine Antworten auf diese Fragen. Ich wusste nur, dass ich an dieser Situation etwas ändern musste – dringend und gründlich.

Samuel schien zu bemerken, dass mich unser Gespräch aufwühlte.

»Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Max hat dich verteidigt.«

»Max hat was?« Ich glaubte, mich verhört zu haben.

»Max fuhr dem Typen sofort über den Mund. ›Beleidige meinen alten Schulfreund Milan nicht‹, hat er ihn angefaucht. Das hättest du sehen müssen. Der Typ hat keinen Mucks mehr von sich gegeben. Max ist nicht nur ein guter Stürmer, sondern auch ein guter Verteidiger. Vor allem aber ist er ein guter Freund.«

Max hatte mich also verteidigt. Ich wusste nicht recht, ob ich mich über diese Art der Verteidigung freuen sollte. Beleidige meinen alten Schulfreund Milan nicht. Diese Worte konnten keine echte Freude in mir erzeugen, denn sie verteidigten nicht die Wahrheit. Im Gegenteil. Sie leugneten sie. Ja, mein Freund Milan ist eine Schwuchtel und ich bin es auch. Das wären Worte gewesen, über die ich mich gefreut hätte. Aber diese Worte würde ich wohl niemals aus seinem Mund hören.

»Max wird sich riesig freuen, wenn er dich sieht.«

Samuel wirkte gelöst und glücklich. Er strahlte diese diebische Freude und Ungeduld aus, die man hat, während ein Geburtstagkind ein Geschenk auspackt und man kaum noch abwarten kann, seine großen überraschten Augen zu sehen. Samuel war sich sicher, dass Max sich freuen würde, mich zu sehen. Aber ich war es nach diesem Gespräch noch weniger als zuvor.

Party, Party!

Der Wildrosenweg lag in einer der gepflegteren Gegenden Strausbergs. Schmucke Einfamilienhäuser im Grünen prägten hier das Bild. Samuel bremste den Wagen vor einem mit gelben Klinkern verkleideten Bungalow. Der große offene Carport war mit vier aufgemotzten Autos zugeparkt. Heckspoiler, Sportfelgen, Auspuffblenden, Klebefolien. Alles, was die Tuning-Welt zu bieten hatte, drängte sich hier auf engstem Raum. Auf jeder der glänzenden Karosserien prangte ein Aufkleber des FC Steffenhagen. Max’ Auto war nicht dabei.

»Er ist noch nicht da. Sehr gut.« Samuel wirkte zufrieden. »Komm, ich stelle dich den anderen vor.«

Ich folgte ihm in den Garten. Mein Herz schlug bis zum Hals. Warum hatte ich mich nur auf diese verdammte Party eingelassen? Und wie würde Max reagieren? Es kostete mich größte Mühe, mir meine Aufregung nicht anmerken zu lassen.

»Hi Jungs«, sagte Samuel, um dann in einem nahezu triumphierenden Tonfall hinzuzufügen: »Ich habe jemanden mitgebracht.«

Mein Blick fiel auf drei Kerle, die entspannt auf der Terrasse saßen. Sie trugen Shorts und enge T-Shirts. Breitbeinig fläzten sie sich in weißen Stapelstühlen, die nackten Füße in Adiletten, Bierdosen in den kräftigen Händen. Auf dem Rasen stand ein Weber-Grill, an dem sich ein großer, schlaksiger, weißblonder Typ als »Barbecue Master« versuchte. So stand es zumindest weithin sichtbar in roten Lettern auf seiner langen Schürze. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Keines der überraschten Gesichter kam mir bekannt vor.

»Das ist Milan«, stellte Samuel mich vor. »Er hat als Kind mal in Steffenhagen gewohnt und ist mit Max und mir zur Schule gegangen. Ich habe ihn neulich zufällig im Alexa getroffen und wir wollten Max heute überraschen.«

Ich war erleichtert, dass Samuel wie verabredet die Alexa-Geschichte auftischte.

»Oh, cool«, meinte der Barbecue Master und kam mit der Grillzange in der Hand strahlend auf mich zu. »Ich bin Lennart, und das sind Robert, Jakob und Ole.«

Die drei Kerle in den Stühlen grinsten etwas verlegen.

»Jakob spielt Linksaußen, Ole Mittelfeld und Robert ist unser Mannschaftstrainer. Sozusagen unser Boss.«

Erst jetzt bemerkte ich, dass Robert etwas älter aussah als Ole, Jakob und Lennart. Ich schätzte ihn auf Anfang dreißig.

»Bei uns gibt es keinen Boss«, korrigierte Robert. »Wir sind ein Team.«

Ich merkte, wie er mich taxierte. Seine Augen wanderten über meinen Körper. Wie ein Schadensprüfer beim TÜV checkte er mich ab, langsam und eindringlich, als könnte er durch meine Kleidung hindurchblicken. Er prüfte meinen Oberkörper, verweilte einen Moment in meinem Schritt und begutachtete schließlich meine Beine. An seiner Mimik war nicht abzulesen, ob ihm gefiel, was er sah. Ich hoffte es allerdings. Denn er sah scharf aus. Megascharf sogar. Sein weit ausgeschnittenes Tanktop gestattete einen großzügigen Blick auf seine kräftige, unbehaarte Brust. Die sonnengebräunten, muskulösen Arme und Beine waren von einem goldenen Haarflaum überzogen. Unter der engen roten Sporthose konnte ich die Linie seines Schwanzes ausmachen. Deutlich zeichnete sich die Eichel unter dem dünnen Stoff ab. Wie gebannt starrte ich auf die fette Beule. Es machte mich ganz geil, mir vorzustellen, von diesem Kerl beim Training so richtig gedrillt und rangenommen zu werden. Von den verschwitzten Übungen in der Umkleidekabine danach ganz zu schweigen.

 

»Willst du auch eine Wurst?«, riss mich Lennart aus meinen Gedanken. Irritiert blickte ich in sein fragendes Gesicht. Wie er da mit seinen hellblauen, wachen Knopfaugen und süßen Grübchen vor mir stand und mir in der Grillzange stolz eine fette Bratwurst hinhielt, erinnerte er mich an einen zu groß geratenen Lausbub.

»Ja, gerne.«

»Hier, damit hast du’s leichter«, meinte Robert und reichte mir einen Pappteller.

»Guten Appetit«, schaltete sich Jakob ein. »Die Bratwürste in Strausberg sind besonders lecker.«

»Mir schmecken die Krakauer besser als die Bratwürste«, brummte Ole und nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Bierdose.

»Bei Würsten hat eben jeder so seine Vorlieben«, feixte Robert, rückte seinen Pimmel in der engen Sporthose zurecht und zwinkerte mir dabei zu. Lennart schien die zweideutige Situation unangenehm zu sein. Er grinste verlegen und sagte: »Deswegen habe ich auch immer eine reichliche Auswahl an Wurst auf dem Rost: große, dicke, kleine, dünne, deutsche, polnische, würzige und feine. Was darf ich dir denn servieren Samuel?«

»Äh, auch eine Bratwurst, bitte.«

Lennart griff sich einen Pappteller und ging zum Grill. Ich sah ihm hinterher und merkte, dass er unter der Grillschürze nur eine Speedo-Badehose trug. Er hatte einen kleinen, süßen Hintern, der ihm gerade wegen seiner langen, schlanken Beine außerordentlich gut stand.

»Hier in der Wanne neben mir liegt Bier.«

Jakob zeigte mit dem Kinn auf eine mit Eis gefüllte Plastikschüssel, in der Unmengen von Bierdosen lagen. Mit diesem Vorrat hätte sich problemlos die halbe Bundesliga ins Koma saufen können. Ich griff mir zwei Dosen. Dabei berührte ich aus Versehen Jakobs Beine. Seine dunkle Behaarung streifte meine Haut. Die zufällige Berührung verursachte ein sofortiges Kitzeln in meinem Johnny. Ich musste aufpassen, dass ich keinen Ständer bekam. Das hätte leicht passieren können, wenn ich länger auf diese schönen, behaarten Beine gestarrt hätte. Auch darüber hinaus sah Jakob heiß aus. Er erinnerte mich eher an einen Südländer als einen Ostbrandenburger.

Ole war der Kleinste von allen, ein richtiges Jüngelchen mit dem Gesichtsausdruck eines süßen Milchkalbs, das man noch ein paar Jahre auf die Weide schicken müsste, bevor man es ordentlich melken konnte. Hätte ich nicht gewusst, dass er in der ersten Mannschaft spielte, hätte ich ihn für einen minderjährigen Jugendspieler gehalten.

Wir nahmen alle zusammen am Terrassentisch Platz. Auch Lennart gesellte sich zu uns, nachdem er einen Teller mit einer Auswahl an Grillwürsten in die Mitte gestellt hatte. Seit dem Frühstück hatte ich nichts gegessen und biss voller Genuss in meine knackige Wurst. Ich musste Jakob beipflichten. Die Strausberger Metzger schienen tatsächlich wahre Meister ihres Fachs zu sein. Dieses Teil schmeckte besser als die meisten Würste, die ich aus Berlin kannte.

»Spielst du auch Fußball?«, fragte Ole zwischen zwei Schlucken Bier.

»Nö, ich bin nicht so sportlich.«

Meine Antwort schien für Erstaunen zu sorgen. Sowas hörten die Jungs wohl nicht alle Tage.

»Aha«, meinte Jakob. »Und hast du einen Lieblingsverein in der Bundesliga?«

Alle Augen waren erwartungsvoll auf mich gerichtet. Ich wusste, dass ich mich schnell in die Nesseln setzen konnte, wenn ich den »falschen« Verein nannte.

»Nicht wirklich«, erwiderte ich schulterzuckend. »Ich gönne den Sieg immer der besten Mannschaft.«

Ihren ungläubigen Gesichtsausdrücken nach zu urteilen war auch diese Antwort ein Novum für die Mannschaftskameraden.

»Aber du hast doch bestimmt einen Lieblingsspieler, Milan«, warf Robert ein und fixierte mich dabei ein bisschen zu eindringlich. »Erzähl uns nicht, dass du keinen Lieblingsspieler hast!«

»Nun, äh«, stammelte ich. »Mein Lieblingsspieler ist … Nun, ich würde sagen: Kevin Trapp.«

»Kevin Trapp?«, rief die ganze Runde unisono. Auch damit hatte offenbar keiner gerechnet.

»Ein Torwart«, überlegte Lennart. »Das ist ungewöhnlich.«

»Alle, die ich kenne, haben einen Stürmer als Lieblingsspieler«, meinte Jakob. »Die meisten stehen auf Tempo und Action!«

Wenn du wüsstest, dass ich vor einigen Stunden eine richtig geile Action mit einem Typen hatte, der Kevin Trapp zum Verwechseln ähnlichsah, bliebe dir vermutlich deine gegrillte Polnische im Hals stecken, dachte ich bei mir. Um gleich darauf zu denken, dass auch ich gerne mal in Jakobs Hals steckenbleiben würde.

»Nun, lasst Milan mit eurer Fragerei in Ruhe«, zischte Samuel. »Das ist doch kein Verhör hier.«

Die Ansage wirkte. Schlagartig war Ruhe. Man hörte nur noch das Mampfen von Würsten und das Schlucken von Bier

»Und was machst du beruflich?«, durchbrach Jakob nach einer Weile die Stille und kratzte sich dabei gedankenverloren die behaarten Schenkel.

»Ich bin auf einer Berufsfachschule für Masseure und medizinische Bademeister«, verkündete ich nicht ohne Stolz.

»Bademeister?«, fragte Ole mit weit aufgerissenen Kälbchenaugen und halboffenem Mund. Sein Mund war perfekt dafür, um einen saftigen Riemen reinzuschieben.

»Medizinischer Bademeister«, korrigierte ihn Robert. »Das ist ein richtiger medizinischer Beruf und nicht zu verwechseln mit den Typen, die sich in den Hallenbädern die Eier schaukeln.«

Ich war erstaunt, dass Robert den Unterschied kannte. Er war der erste, der mir begegnete, der einen Bademeister von einem Schwimmmeister unterscheiden konnte.

»Und wo kannst du mit dieser Ausbildung später arbeiten?«, wollte Lennart wissen.

»Nun, die meisten arbeiten in Rehakliniken, Krankenhäusern oder in Arztpraxen.«

Oles Kulleraugen wurden immer größer. Auch die übrigen Jungs schienen beeindruckt.

»Einige arbeiten sogar in Bundesligavereinen«, ergänzte Robert in einem süffisanten Tonfall. »Die verdienen ihr Geld damit, dass sie den Profis an den Schenkeln rumkneten.«

»Das klingt ja nicht gerade wie ein Traumberuf«, warf Lennart ein. »Da werd’ ich lieber Profifußballer, anstatt den ganzen Tag zu massieren.«

»Kommt drauf an«, erwiderte Robert und fixierte mich eindringlich, fast schon bedrohlich. »Für einige ist das schon ein Traumberuf. Es gibt Leute, die reißen sich darum, trainierte Kerle massieren zu können, wenn ihr wisst was ich meine.«

Ihren Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, wussten die Jungs es nicht. Lediglich Samuels Wangen verrieten durch einen Anflug von Röte, dass er ahnte, worauf Robert hinauswollte. Dann fiel auch bei Jakob der Groschen: »Du meinst doch nicht, die Masseure in der Bundesliga sind …«

Er brach den Satz ab. Das entscheidende Wort schien ihm nicht über die Lippen zu wollen. Dieses fürchterliche Wort, das ein echter Kerl nicht einmal auszusprechen wagte, weil schon die bloße Kenntnis dieses Wortes und seine Artikulierung mit der eigenen Stimme, bedrohlich wirkten, verdächtig machten, vielleicht sogar die Gefahr der Kontamination, der Ansteckung, bargen. Bestenfalls umschrieb man es. Aber besser, man sagte es gar nicht.

»Was?«, fragte Ole. »Was sind die Masseure in der Bundesliga?«

Seine Naivität war echt süß.

»Na …«, stammelte Jakob. »So eben.«

»So? Eben?« Ole stand, beziehungsweise saß, wirklich auf dem Schlauch. Wie ein Blick zwischen seine schlanken, unbehaarten Knabenbeine vermuten ließ, sogar auf einem extrem langen. Aber keiner schien den Kleinen aufklären zu wollen. Alle starrten nur verlegen auf ihre Teller. Bis Samuel sich ein Herz fasst und in einem ruhigen, sachlichen Tonfall ansetzte: »Er meint … Er meint, einige Masseure in der Bundeliga sind …«

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?