Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa



208 Seiten mit 78 Abbildungen und drei Karten

Titelbild:

Simena, antiker Sarkophag in der Meerenge von Kekova.

Patara, Ehrenbogen für den römischen Statthalter Mettius Modestus.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein

ISBN 9783943904871

Gestaltung: Noch & Noch GbR Satz- und Reprotechnik

Lektorat: Carmen Tanzer, Frauke Itzerott

Gestaltung des Titelbildes: Manuela Wirtz, Kommunikationsdesign

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.

1. digtale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

Weitere Titel aus unserem Verlagsprogramm finden Sie unter:

www.na-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Kleiner Streifzug durch Geografie und Geschichte

Lykien

Pamphylien und südliches Pisidien

Kilikien

Die Landschaften der Türkischen Riviera in Mittelalter und Neuzeit

Antike Städte und Monumente

Karien

01 Kaunos (Dalyan) – Antike Ruinen beim Schildkrötenstrand

Lykien

02 Telmessos (Fethiye) – Felsgräber überstehen verheerende Erdbeben

03 Kadyanda – Bilder von Krieg und Frieden

04 Oinoanda – Die epikureische Philosophie des Diogenes von Oinoanda

05 Tlos – Erinnerung an den mythischen Helden Bellerophon

06 Pinara – Felsgräber in schwindelerregender Höhe

07 Xanthos – Pfeilergräber als Herrschaftssymbole

08 Letoon – Ein Heiligtum für Leto, Apollon und Artemis

09 Patara – Hauptstadt des Lykischen Bundes

10 Phellos und Antiphellos (Kaş) – Ein Dynastensitz und sein Hafen

11 Kyaneai – Stadt der Sarkophage

12 Simena und Kekova – Antike Ruinen unter Wasser

13 Tyberissos – Monumentales Felsgrab im Holzbaustil

14 Hoyran – Aus dem Felsen geschlagenes Hausgrab mit Familienreliefs

15 Trysa – Ein verlassener Dynastensitz

16 Soura – Das Fischorakel des Apollon Sourios

17 Myra (Demre) – Stadt des hl. Nikolaos

18 Limyra – Residenz des Königs Perikles

19 Arykanda – Kleinstadt in unberührter Gebirgslandschaft

20 Olympos und Chimaira – Hafenstadt und Feuerheiligtum

21 Phaselis – Über Jahrhunderte ein sicherer Hafen

Pamphylien und südliches Pisidien

22 Attaleia (Antalya) – Das Herz der Türkischen Riviera

23 Termessos – Eine Bergfeste trotzt Alexander dem Großen

24 Ariassos – Kleinstadt bei den Taurosgipfeln

25 Kremna – Eine Anfrage beim Würfelorakel des Hermes

26 Evdir Hanı, Kırkgöz Hanı, Susuz Han und İncir Hanı – An anatolischen Lagerfeuern

27 Perge – Stadt der Artemis Pergaia

28 Sillyon – Ein wehrhafter Tafelberg

29 Aspendos – Perlen römischer Baukunst

30 Selge – „Sparta im Taurosgebirge“

31 Side (Selimiye) – Piraten, Kaufleute und Wissenschaftler

32 Lyrbe – Kleinod im Tauros

33 Alara Hanı – Seldschukisches Hotel mit fünf Sternen

34 Korakesion (Alanya) – Piraten, Seldschuken und Osmanen

35 Iotape und Antiocheia am Kragos – Der schwierige Weg zur Romanisierung

Kilikien

36 Anemourion und Mamure Kalesi – Antike Händler und mittelalterliche Ritter

37 Kelenderis – Ein blühendes Hafenstädtchen

38 Seleukeia am Kalykadnos (Silifke) – Ein spätantiker Wallfahrtsort

39 Apadnas – Bei den Mönchen im Taurosgebirge

40 Olba und Diokaisareia – Im Herzen eines Priesterfürstentums

41 Die Korykischen Grotten und Korykos (Kızkalesi) – Am Eingang zur Unterwelt

42 Elaioussa Sebaste und Kanytela – Grabhäuser, Sarkophage und Felsreliefs

43 Soloi/Pompeioupolis – Ein Spaziergang auf der Kolonnadenstraße

44 Tarsos (Tarsus) – Geburtsstadt des Apostels Paulus

45 Adana – Die moderne Großstadt überlagert ihre antiken Vorgänger

46 Sirkeli Höyük – Felsrelief des hethitischen Großkönigs Muwatalli II

47 Yılan Kalesi – Stützpunkt des Königreichs Kleinarmenien

48 Anazarbos (Anavarza) – Umkämpft von Byzantinern und Arabern, Kleinarmeniern und Mamluken

49 Hierapolis Kastabala – Überwachsen und in Vergessenheit geraten

50 Karatepe – Einzigartige Bilder vom Leben in einer späthethitischen Residenz

Glossar

 

Abgekürzt zitierte Literatur

Abbildungsnachweis


Abb. 1 Antike Städte und Monumente an der Türkischen Riviera – a) Westteil.


Abb. 1 Antike Städte und Monumente an der Türkischen Riviera – b) Ostteil.

Vorwort

Die Türkische Riviera weckt bei vielen in erster Linie die Vorstellung von einem Urlaub an weißen Sandstränden unter der wärmenden Sonne Anatoliens, doch ist das längst nicht alles, was diese abwechslungsreiche, in den letzten Jahrzehnten immer beliebtere Landschaft zu bieten hat. Da gibt es versteckte Buchten an den zerklüfteten Küsten von Lykien und dem Rauhen Kilikien, weite Baumwollebenen in Pamphylien und im Ebenen Kilikien, großartige Landschaftsbilder des Taurosgebirges mit bis weit in das Frühjahr schneebedeckten Gipfeln und weitere Naturschönheiten wie tief eingeschnittene Canyons mit Wildwasserbächen, romantische Wasserfälle und idyllisch gelegene Stauseen. So bietet die Türkische Riviera die Gewähr für einen erlebnisreichen Urlaub mit der Erholung an herrlichen Stränden und vielen anderen Aktivitäten: Von entspannenden Bootsfahrten auf dem Meer bis zu abenteuerlichen Raftingtouren auf reißenden Gebirgsflüssen, von schönen Wanderungen entlang der lykischen Felsküste (Abb. 2) oder zu abgelegenen Bergdörfern bis zu anstrengenden Trekkingtouren in die unvergleichliche Gipfelwelt des Taurosgebirges.

Nicht weniger reich und vielfältig als die Landschaft präsentiert sich das archäologische Erbe der Türkischen Riviera, das an vielen Orten großflächig und systematisch ausgegraben worden ist. Die meisten dieser Plätze sind als Freilichtmuseen mit erläuternden Plänen, Texten und Wegweisern versehen, eindrucksvolle Ruinen und Rekonstruktionen bedeutender Monumente, von denen das Versammlungsgebäude des Lykischen Bundes in Patara und das Hadrianstor in Antalya hervorzuheben sind, vermitteln ein lebendiges Bild der Antike. Viele andere antike Städte befinden sich, von Bäumen und Gebüsch überwachsen, noch in einem naturbelassenen paradiesischen Zustand und üben gerade deshalb einen besonderen Reiz auf die Besucher aus. Diese sehr unterschiedlichen Bedingungen mussten bei der Auswahl der antiken Städte und Monumente ebenso berücksichtigt werden wie deren Erreichbarkeit und ausgewogene Verteilung über die gesamte Türkische Riviera.


Abb. 2 Die lykische Küste zwischen Kaya Köyü und Ölüdeniz.

Das Hauptproblem aber war die große Zahl sehenswerter Plätze, sodass schon die Aufnahme von nur 50 antiken Stätten manche schwierige Entscheidung erforderte (s. die Karten Abb. 1 a. b, 21). Die Ausführungen zu zahlreichen Orten, die vom Autor bereits in dem Band „Türkei. Südküste. Von Kaunos bis Issos“, 2. Auflage, München 1997, veröffentlicht wurden, konnten für das vorliegende Buch aktualisiert und überarbeitet werden.

Die Palette der für diesen Band ausgewählten antiken Städte reicht von Xanthos, das vor allem dank seiner einzigartigen dynastischen Pfeilergrabmäler in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen worden ist, über die großen römischen Provinzhauptstädte Patara, Attaleia und Tarsos sowie die reichen pamphylischen Handelsstädte Perge, Aspendos und Side bis zu abgelegenen Orten im Taurosgebirge wie Oinoanda, Arykanda, Selge, Diokaisareia und Karatepe. Alle diese Städte verfügen über eine eindrucksvolle archäologische Hinterlassenschaft; davon wurden in erster Linie die Städte und Monumente der Hethiter, Griechen, Römer und Byzantiner berücksichtigt, aber auch die bemerkenswerten mittelalterlichen Bauten der Kleinarmenier, Seldschuken, Mamluken und Osmanen nicht übersehen. Letztere beschränken sich an der Türkischen Riviera aber nur auf Antalya, Alanya, Silifke, Tarsus und Adana sowie auf die seldschukischen Karawansereien, die an den Handelsstraßen von Antalya in das anatolische Hochland und an der Küstenstraße von Antalya nach Alanya liegen.

Ergänzt werden die Ausführungen zu den antiken Städten und Monumenten durch Hinweise auf die zuständigen Archäologischen Museen, die sich in den türkischen Provinzhauptstädten oder anderen regional bedeutenden Städten befinden, und auf ihre wichtigsten Exponate, die aufgrund der ausgedehnten Zuständigkeitsbereiche dieser Museen von weit voneinander entfernten Fundorten und Grabungsplätzen kommen können. Lediglich das antike Side (Selimiye) verfügt über ein ausgezeichnetes eigenes Museum, das gegenüber der Agora im historischen Ambiente der kaiserzeitlichen Thermen eingerichtet ist.

Kleiner Streifzug durch Geografie und Geschichte

Wie im westlichen Kleinasien finden sich auch an der Türkischen Riviera zahlreiche Denkmäler und Zeugnisse verschiedener eigenständiger Kulturen, die von der Einwanderung erster griechischer Siedler um 1200 v. Chr. bis zur seldschukischen bzw. osmanischen Eroberung und Neugestaltung (12./​15. Jh.) reichen und über die Jahrhunderte ein vielfältiges kulturelles Spektrum bieten. Von den Landschaften und Städten der Südküste ging aber bei Weitem kein so bedeutender politischer, geistiger und kultureller Einfluss aus wie vom westlichen Kleinasien, dessen geografische Brückenlage zwischen Ost und West bis zu den Schlachten des türkischen Unabhängigkeitskrieges gegen die Griechen (1920 – 1922) immer wieder das politische Schicksal ganz Kleinasiens bestimmte. Demgegenüber lagen die Landschaften der türkischen Südküste, deren geistige und kulturelle Ausstrahlung von Perge, Side und vor allem von Tarsos mit seiner berühmten Philosophenschule ausging, nie im Zentrum, sondern immer an der Peripherie von den Großreichen der Hethiter, Lyder, Perser, Römer, Byzantiner, Seldschuken, Mamluken und Osmanen. Das führte, verstärkt durch die geografisch voneinander abgegrenzte Lage der Teillandschaften Lykien, Pamphylien und Kilikien, immer wieder zur Entwicklung von autonomen und halbautonomen Randstaaten, denen im gleichen Maße wie den wechselnden Großreichen die kulturelle Vielfalt an der Türkischen Riviera zu verdanken ist.

Die unterschiedliche politische Entwicklung ließ es ratsam erscheinen, zumindest für die Zeit der Antike die Geografie und Geschichte der einzelnen Landschaften getrennt darzustellen, wobei das historische Gerüst mit weiteren Einzelinformationen aus den Ortsbeschreibungen aufgefüllt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die Grundzüge der Geschichte der römischen Provinzhauptstädte Patara, Attaleia und Tarsos sowie anderer wichtiger Städte wie Kaunos, Xanthos, Myra, Limyra, Termessos, Perge, Aspendos, Selge, Side und Anazarbos auch für die jeweiligen kleineren Nachbarstädte Gültigkeit haben.

Lykien
Geografie

Östlich von Kaunos, das noch zur südwestkleinasiatischen Landschaft Karien gehört, beginnt am Indos (Dalaman Nehri) das antike Lykien – ein bewaldetes Bergland, das sich mit wunderbaren Stränden, von denen sich die von Ölüdeniz (Abb. 3) und Patara größter Beliebtheit erfreuen, und mit zahlreichen verschwiegenen Buchten, die man vielfach nur mit einem Motor- oder Segelboot erreicht, bis zum Golf von Antalya hinzieht. In Antike und Mittelalter – ja sogar bis zu dem erst 1975 erfolgten Ausbau der landschaftlich grandiosen, aber auch kurvenreichen Küstenstraße – war das gebirgige Lykien, dessen höchste Gipfel in den Ak Dağlar und den Bey Dağları auf über 3.000 m ansteigen und das von wasserreichen Flüssen durchzogen wird, nur schwer zugänglich. In dieser Landschaft gab es keine brauchbare Ost-West-Straßenverbindung, denn wie die Küstenstrecke war auch die Hochlandverbindung über die Ebene von Elmalı sehr schwierig zu begehen. Zwar verzeichnet die Tabula Peutingeriana, die mittelalterliche Kopie einer im 4. Jh. n. Chr. angefertigten Karte der antiken Welt, von Patara über Antiphellos, Korydalla und Phaselis nach Attaleia eine durchgehende Küstenstraße, doch scheint es sich wohl eher um die Stationen einer Schiffsroute zu handeln.


Abb. 3 Der Strand von Ölüdeniz. Ein Hauch von Karibik.

Unter diesen geografischen Voraussetzungen konnten sich Städte überregionaler Bedeutung wie Xanthos, Patara, Myra und Limyra nur in den fruchtbaren Mündungs- und Schwemmlandgebieten entwickeln, die die Flüsse Xanthos (Esen Çayı), Myros (Demre Çayı) und Arykandros (Aykır Çayı) in Jahrtausenden geschaffen haben. Die ansonsten felsige Küste wird von kleinen Häfen bestimmt, die in tief eingeschnittenen Buchten oder hinter vorgelagerten Inseln Schutz fanden wie Telmessos, Patara, Antiphellos, Teimiousa, Andriake und Phaselis. Kleinstädte, Dörfer und Gehöfte des Hinterlandes liegen entsprechend der kleinräumigen Gliederung auf den Anhöhen dieser Berglandschaft und sind in ihrer Entwicklung von der Größe der fruchtbaren, aber meist kleinen Hochtäler und der umliegenden Wälder abhängig (Abb. 4).

Insgesamt muss das antike Lykien erhebliche Überschüsse erwirtschaftet haben, wie anders sind die beiden monumentalen hadrianischen Kornspeicher in Patara und Andriake zu erklären. Bis auf den heutigen Tag sieht man in den landwirtschaftlich geprägten Siedlungen kleinere und größere Speichergebäude, die interessanterweise in ihren Konstruktionsmerkmalen Imitationen alter lykischer Holzhäuser sind: Eine Pfostenkonstruktion mit Längs- und Querbalken, die in den Eckpfosten miteinander verzahnt sind und mit ihren Enden über die Außenwände hinausragen; zwischen den Holzbalken sind die Wände kassettenartig verkleidet. Diese Holzbauweise wurde bei den lykischen Felsgräbern und Sarkophagen bis in die Details imitiert; gleiches gilt wohl auch für das von Rundhölzern getragenen Flachdach vieler Grabhäuser, noch heute in vielen Gebieten die Dachkonstruktion des anatolischen Bauernhauses aus Pappelstämmen. Interessant ist, dass sich die Übernahme der traditionellen Holzbauweise im an Felsgräbern reichen Anatolien auf Lykien beschränkt, wenn wir vom benachbarten karischen Kaunos einmal absehen.


Abb. 4 Phellos, Blick über das Taurosvorland auf die Küste bei Antiphellos (Kaş).

In seiner Gesamtheit bildete Lykien eine in sich geschlossene, nach außen abgeschottete Kulturlandschaft, deren Reiz in der eindrucksvollen Verbindung von rauher, urwüchsiger Natur mit einem großen Reichtum an historischen Monumenten und Ruinenstätten liegt. Die geografisch bedingte Unzugänglichkeit dieser Landschaft war die Voraussetzung dafür, dass Lykien trotz des Druckes auswärtiger Mächte wie der Perser und der hellenistischen Reiche bis zur Integration in das Römische Reich (43 n. Chr.) immer wieder die Kraft zu einem kulturellen und politischen Eigenleben fand. Sichtbarer Ausdruck dafür sind die eigenständige Kunst und Sprache Lykiens, die Bauten und Münzen unabhängiger lykischer Dynasten und der Lykische Bund, ein föderativer Zusammenschluss der lykischen Städte.

Geschichte

Nach antiker Überlieferung sind die Lykier mit dem Volk von Lukka identisch, das mit dem hethitischen Großreich (15. – 12. Jh. v. Chr.) Handelsbeziehungen unterhielt; auf den Amarna-Tafeln erscheinen sie als Lukki unter den „Völkern des Meeres“, die im 13. Jh. v. Chr. das pharaonische Ägypten bedrohten. Herodot nimmt an, dass die Lykier, die unter der Führung von Sarpedon und Glaukos im Troianischen Krieg auf Seiten der Troianer kämpften, von der Insel Kreta eingewandert sind. Weitere literarische Nachrichten aus der Frühzeit der Lykier liegen nicht vor, doch konnten im Hochland bei Elmalı Siedlungen einer einheimischen Bevölkerung aus der frühen Bronzezeit (Mitte 2. Jt. v. Chr.) freigelegt werden.

 

Jahrhunderte haben die Lykier erfolgreich fremden Einflüssen widerstanden, nur an der Ostküste konnten im 7. Jh. v. Chr. Griechen mit der Gründung von Phaselis Fuß fassen. Doch sollte es noch ein weiteres Jahrhundert dauern, bis in den lykischen Hafenstädten neben phönikischen Elementen auch griechische Einflüsse spürbar wurden, die sich an Münzen und Reliefs ablesen lassen. Das ist umso erstaunlicher, als das waldreiche Lykien schon früh einen starken Reiz auf die Griechen ausgeübt haben muss. Wie anders wäre zu erklären, dass sie einige ihrer schönsten Mythen wie die Flucht der Leto mit den göttlichen Zwillingen Apollon und Artemis von Delos zum Letoon und die Heldentaten des korinthischen Helden Bellerophon in die lykische Bergwelt verlegten.

Historisch greifbar werden die Lykier erst wieder Mitte des 6. Jhs. v. Chr., als sie einen Angriff des lydischen Königs Kroisos abwehrten, der mit Ausnahme von Kilikien ganz Kleinasien unter seiner Herrschaft zusammengeführt hatte, sein Reich aber schon 546 v. Chr. an den persischen Großkönig Kyros II. verlor. Die Unterwerfung Lykiens gelang im folgenden Jahr dem persischen Feldherrn Harpagos nach Eroberung von Xanthos, allerdings scheint die persische Herrschaft recht gemäßigt gewesen zu sein. Es blieb keine Besatzung zurück, lykische Dynasten wurden zu Gouverneuren ernannt, die in Grabinschriften als „zweite Befehlshaber“ hinter dem persischen Satrapen in Sardeis betitelt wurden. Auch empfand man die zu zahlenden Tribute nicht als drückend, für die Flotte von Xerxes I., die 480 v. Chr. in der Seeschlacht von Salamis vernichtet wurde, stellten die Lykier nur 50 Schiffe.

Aus dem griechischen Sieg über die persische Großmacht resultierte für die lykischen Städte eine Zwangsmitgliedschaft im Delisch-Attischen Seebund; allein die griechische Kolonie Phaselis schloss sich freiwillig an und diente im Jahre 469 v. Chr. dem Athener Kimon vor der entscheidenden Schlacht am Eurymedon als Flottenstützpunkt. Mit der Abhängigkeit von Athen verstärkte sich der ionische Einfluss auf die lykische Kunst, der besonders deutlich auf Münzen und Reliefs zum Ausdruck kam. Aber schon 429 v. Chr. entlud sich die lykische Reaktion gegen das vordringende Griechentum. Vom Sieg des Dynasten Kherẽi über eine athenische Flottenexpedition unter Melesandros berichtet der berühmte Inschriftenpfeiler von Xanthos, der in lykischer Sprache und unter Verwendung eines griechischen Epigramms die Taten dieses Fürsten verherrlicht.

Eine zweite Phase des griechischen Einflusses ist ab 400 v. Chr. mit dem Nereidenmonument von Xanthos anzusetzen, als attische und peloponnesische Künstler nach der politischen Katastrophe Athens im Peloponnesischen Krieg (431 – 404 v. Chr.) sich in Karien und Lykien ein neues Betätigungsfeld suchten. Skopas, Leochares und Timotheos standen in Diensten des Maussolos von Halikarnassos, weitere Künstler arbeiteten in den lykischen Residenzen von Xanthos, Trysa und Limyra. Sicher waren es griechische Künstler, die nach den lykischen Münzen mit einem Eber auch die ersten Münzen mit Herrscherporträts schufen: das Bild des Kherẽi von Xanthos (430/​420 v. Chr.) und das eindrucksvolle Porträt des Perikles von Limyra (380 – 360 v. Chr.).

Perikles von Limyra war der letzte autonome Dynast, der mächtig genug war, einen Zusammenschluss aller lykischen Städte unter seiner Herrschaft ins Auge zu fassen. Zur Erreichung dieses Zieles belagerte er Phaselis und besiegte 372 v. Chr. den persischen Unterstatthalter Arrtum˜ para, der über das Xanthostal und Telmessos herrschte. Nach diesem Sieg nahm Perikles den Königstitel an, wurde aber 366 v. Chr. wegen seiner Teilnahme am unglücklich verlaufenen Satrapenaufstand gegen den persischen Großkönig auf seine Residenz Limyra zurückgeworfen. Die neue Doppelsatrapie „Karien und Lykien“ wurde fortan von Maussolos verwaltet. Die von ihm in Lykien erhobenen Steuern flossen sicher nicht nur in die persische Staatskasse, sondern förderten auch den prunkvollen Ausbau seiner Residenz Halikarnassos. Den Einfallsreichtum des Maussolos belegt die Einführung einer „Bartsteuer“, die der lykische Adel zahlen musste, solange er seine Vorliebe für wallende Haare und wilde Bärte beibehielt.

Vielfach wird angenommen, dass der Lykische Bund, ein föderativer Zusammenschluss aller lykischen Städte, schon bald nach Absetzung der letzten lykischen Dynasten zur bestimmenden politischen Kraft wurde. Dieser Bund hielt sich unter Alexander dem Großen ebenso wie unter den wechselnden hellenistischen Herrschaften von Antigonos Monophthalmos (ab 323 v. Chr.), Lysimachos (ab 301 v. Chr.), den Ptolemäern (ab 288 v. Chr.), den Seleukiden (ab 197 v. Chr.) bis zu den Rhodiern (ab 188 v. Chr.). Den Höhepunkt seiner Macht erreichte der Bund, als er nach zwei vergeblichen Aufständen im Jahre 167 v. Chr. trotz Catos „Rede für die Rhodier“ deren Herrschaft abschüttelte und Rom ihm den Status einer civitas libera zuerkannte.

Im Lykischen Bund konnten die Städte demokratische Einrichtungen verwirklichen, die in der Antike einzigartig waren. Von dem athenischen Redner und Staatstheoretiker Isokrates (436 – 338 v. Chr.) bis hin zu Montesquieu in seinem 1748 erschienenen Werk „De l’esprit des lois“ fand die lykische Repräsentativverfassung einhellige Anerkennung und wurde auch von den Vätern der amerikanischen Verfassung (1787) als Denkmodell herangezogen. Dennoch darf man die „demokratischen Tendenzen“ der lykischen Bundesverfassung nicht überbewerten, denn es gab keine Primärversammlung und in die Bundesversammlung wurden als Vertreter der Städte natürlich nur Mitglieder der soziopolitischen Elite entsandt.

Über die Anzahl der Mitgliedsstädte liegen in den Quellen widersprüchliche Angaben vor: 23 Städte bei Strabon, 36 Städte bei Plinius. Nach Bedeutung und Einwohnerzahl der Städte verfügten diese in der Bundesversammlung über drei, zwei oder nur eine Stimme. In diesem Verhältnis hatten sie am politischen Entscheidungsprozess Anteil, waren aber auch im gleichen Verhältnis an der Finanzierung der Bundeskasse beteiligt. Drei Stimmen hatten die reichen Städte Xanthos, Tlos, Pinara, Patara, Myra und Olympos, das nach dem Seeräuberkrieg durch Limyra ersetzt wurde, die anderen Städte mussten sich mit zwei oder einer Stimme begnügen. Daneben gab es einige Sympolitien, Zusammenschlüsse von mehreren kleineren Städten, die gemeinsam über eine Stimme verfügten wie Aperlai, Apollonia, Isinda und Simena.

Der Lykische Bund war der Garant für die Selbstständigkeit und die Wahrung eines lykischen Nationalcharakters, doch kündigte sich im Verlauf der römischen Bürgerkriege, als Brutus im Jahre 42 v. Chr. Xanthos zerstörte und Rom immer mehr in die innerlykischen Verhältnisse eingriff, das Ende dieser Tradition an. Im Jahre 43 n. Chr. richtete Kaiser Claudius die Provinz Lycia ein, die von Vespasian (69 – 79 n. Chr.) mit dem benachbarten Pamphylien zur Doppelprovinz Lycia et Pamphylia zusammengelegt wurde. Diese hatte Bestand bis in die Regierungszeit von Diokletian (284 – 305 n. Chr.), der die Doppelprovinz mit ihren landschaftlich so unterschiedlichen Teilgebieten, die einem Zusammenschluss in einer gemeinsamen Provinz eher entgegenstanden, wieder in zwei selbstständige Provinzen aufteilte. Unter dieser direkten römischen Herrschaft beschränkten sich die Aufgaben des Lykischen Bundes auf die Pflege des Kaiserkultes, die Verehrung der dea Roma und von Leto, Apollon und Artemis sowie auf die vielfältigen kommunalpolitischen Angelegenheiten, zu denen im Kontakt zum römischen Statthalter in Patara auch Funktionen in der Steuer- und Finanzverwaltung gehörten. Zudem galt der Bund als Schlichtungsinstanz bei Konflikten, insbesondere Grenzstreitigkeiten, zwischen seinen Mitgliedsstädten und konnte durch Gesandtschaften gemeinsame Anliegen dem Kaiser direkt vortragen.