Bär und Hund und Kirschenmund

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Bär und Hund und Kirschenmund
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Jörg-Ulrich Nagel

BÄR UND HUND
UND
KIRSCHENMUND

50 fantasievolle Geschichten zum Vorlesen und Selberlesen

Impressum

Bär und Hund

und Kirschenmund

Jörg-Ulrich Nagel

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de Copyright: © 2014 Jörg-Ulrich Nagel ISBN 978-3-7375-1978-6

Inhaltsverzeichnis

A) Prosageschichten

FRIEDA UND FREDDY, DIE KANALRATTEN

EIN NILPFERD WILL ZUM NIL

DER GARTENSCHLAUCH

DER BOCK UND DIE WINDMÜHLE

BISSI

FRANK, DER FRÖSCHEFREUND

STORCH ADI AUS AFRIKA

DAS BÜGELEISEN

DETLEF UND DIE ZOOTIERE

NEUES VOM OSTERHASEN

DER OSTERIGEL

DAS MONDEI

DER BART VON ZWERG SEPPL

DER VERRÜCKTE TANNENBAUM

DAS SCHNEEMÄNNCHEN

DER WEIHNACHTSMANN HAT KEINE LUST

PETER UND SEIN PUDEL

KALLE UND DER MOND

DER KIEPENKERL

QUABBEL WIRD FROSCHKÖNIG

GRILLE FIDELIA

WILLI UND SEINE BORKENKÄFER

KNUT UND JAN

DER REGENBOGENWURM

SUSI UND WOLLI

GABI´S ZAUBERBREI

DAS FAHRRAD – MUSEUM

RISSI UND MAUNZI

DAS VÖGELCHEN TIRILI

DAS ZIEGENHAUS

DER TURMBLÄSER

FIPP, FOPP UND DIE RÜBE

BÄR UND HUND UND KIRSCHENMUND

DER AUSFLUG DER PUTEN

HOPSI, DAS BEUTELBABY

KUDDL UND DER BÖSE GEIST

DIE MARZIPANMÖWE

ALLFRESS UND DER BLAUE PLANET

DAS FENSTER IM HIMMEL

B) Reimgeschichten

ADI AUS DEM EI

BÄR BRUMMEL UND DIE KÖNIGSKINDER

EIN FISCH IM AQUARIUM

HEINZ UND TRINE

DER EINSAME HANSI

MAUS IM HAUS

MAX UND DAS KRANKENHAUS

TONI UND DIE ZÄHNE

DIE SCHLAGERSTARS VON VERDEN

DIE WACKELPUDDINGS

DER WETTERFROSCH

FRIEDA UND FREDDY, DIE KANALRATTEN

Wenn morgens Opa und Oma Naschke aufwachen und sich die Augen reiben, wenn ihr Nachbar Herr Lausemann gähnt und sich reckt und streckt – dann steht tief unter ihnen, unter ihrer Straße, noch jemand auf!

Das sind Frieda und Freddy, die Kanalratten! Die wohnen in den Abwasserkanälen! Das sind sehr große mit Steinen gemauerte Röhren. Die verlaufen unter der Erde. Und in ihnen fließt das Schmutzwasser zum Klärwerk. – Und da, wo ein paar Steine aus der Mauer gefallen sind, in einem Mauerloch, haben Frieda und Freddy ihre Wohnung.

Auch heute stellen sie sich Punkt sieben Uhr vor ein Rohr, das aus dem Badezimmer von Herrn Lausemann führt: und schon können sie sich in schönem warmem Wasser duschen! Mit viel Schaum! Und der duftet! Aah! – Dann sind Herr Lausemann und die Ratten mit dem Duschen fertig, und die Ratten stellen sich schnell vor ein anderes Rohr. Das kommt aus der Wohnung von Opa und Oma Naschke. Die essen immer sehr viel und machen daher eine Menge Abfall. Käsekrümel, Wurstkrümel, Brotkrümel, Möhrenmus, Orangensaft: all das kommt in den Ausguss in der Küche, rutscht durch das Rohr und landet vor den gierigen Mäulchen von Frieda und Freddy! Und heute sprudelt sogar noch Kakaotrunk aus dem Rohr! Der war schon etwas schimmelig geworden. Doch Frieda und Freddy, die trinken auch alten Kakaotrunk! Ratten vertragen alles!

Jetzt sind sie satt und wollen gerade ihr kleines Abschluss-Rülpserchen machen, das immer so hübsch durch die Kanalröhren hallt – da – hören sie eine Stimme! Aus dem Rohr von Naschkes! Wo eben noch der Kakao rauskam!

„Huhu, mein Bebiss is futsch, mein Bebiss is weg!", ruft Opa Naschke mit weinerlicher Stimme. Und dann hören sie Oma Naschke: „Wo hast du denn dein Gebiss verloren?" „Das is mir ins Klo gefalln, das Bebiss, beim Wegspülen! Huhu!"

Frieda und Freddy zupfen sich an ihren Schnurrhaaren. Offensichtlich handelt es sich um ein Gebiss aus Kunststoff, das der Opa Naschke braucht, um richtig beißen zu können. Und das hat er verloren und liegt nun irgendwo in dem Kanalwasser. – „Wir müssen dem Opa helfen!", rufen Frieda und Freddy gleichzeitig. „Also suchen wir!"

Und schon springt Frieda in das schmutzige Wasser und taucht nach unten. Sehen kann sie in dieser braunen Brühe nichts. Aber sie kann tasten. Also tastet Frieda und tastet – und findet einen Regenschirm. Dann taucht Freddy. Und als er wieder auftaucht, hat er eine Brille in der Hand. „Ist das ein Gebiss?" Nein, natürlich nicht! Dann springt wieder Frieda ins Wasser, sucht – und findet einen Kugelschreiber und dann ein goldenes Halskettchen. – Sie suchen und suchen.

Aber da hören sie plötzlich hallende Schritte und eine singende Männerstimme, die immer lauter wird! Wer kommt da? Es ist Kanalarbeiter Nachtigall! In den Händen trägt er einen dicken Schlauch. Er stoppt, hält den Schlauch in die Wasserrinne, und dann springt ein Motor an. Es entsteht ein unangenehmes Geräusch: „Vruuuuh!“ – wie von einem lauten Staubsauger – und der Schlauch fängt an zu vibrieren. Und mit diesem Schlauch saugt nun Kanalarbeiter Nachtigall aus dem Wasser Schlamm ab. Und feste Gegenstände, die in diesem Schlamm liegen! Und dazu singt er Schlager aus der Hitparade.

Frieda und Freddy kriegen einen Schreck! Wenn er ihnen nun das Gebiss weg saugt?! Nun tauchen beide Ratten mit doppeltem Tempo und pusten und keuchen! Und dabei kommen sie dem Schlauch immer näher. Immer näher. Und dann taucht Freddy mit etwas Rosa-Weißem in den Pfoten auf: „Ist das ein Gebiss?" „Ja!", schreit Frieda, die gerade aus dem Wasser gestiegen ist, „das ist es! Komm, bring es raus!" Doch Kanalarbeiter Nachtigall ist mit seinem Saugeschlauch so nahe an Freddy herangekommen, dass Freddy plötzlich davon angezogen wird! Er strampelt und strampelt, aber unaufhaltsam zieht es ihn in Richtung Schlauchöffnung! Und Kanalarbeiter Nachtigall merkt gar nichts! Der guckt nach oben und singt! „Hilfe!", ruft Freddy, „Hilfe!" und verschwindet schon mit seinem Hinterteil im Schlauch! „Hilfe!", schreit auch Frieda, springt auf den Schlauch zu, packt Freddy und zieht ihn mit aller Kraft heraus!

Freddy ist völlig fertig mit den Nerven! Doch er hat das Gebiss festgehalten! Und nun laufen sie schnell davon!

Sie laufen zurück durch die Röhren, rechts, links, rechts, links, bis sie zu einer Stelle kommen, an der sie hoch klettern können und zu einer Öffnung gelangen, wo sie auf die Straße schlüpfen können. Sie huschen zu einem Hauseingang, hinein in einen Flur und bis zu einer Tür, an der der Name >NASCHKE< steht. Sie kratzen mit ihren Krallen an der Wohnungstür, legen das Gebiss vor die Tür und laufen flink zurück in ihre Kanalröhre! – Und als Opa Naschke die Tür aufmacht, guckt er, stutzt er und ruft lachend: „Mein Bebiss, mein Bebiss! Wer hat mir mein Bebiss bebracht?"

 

Ja, Opa Naschke: das waren Frieda und Freddy, die Kanalratten!

EIN NILPFERD WILL ZUM NIL

Es gab einmal ein Nilpferd. Das lebte in einem Zoo. Auf engem Raum, von Mauern umgeben, auf hartem Betonboden! Und war gar nicht froh! Jeden Tag träumte es von seiner Heimat: vom Nil, einem großen Fluss in Afrika. Es stellte sich vor, wie es im Nil schwimmen und planschen könnte und danach im Schatten der Palmen zufrieden schlummern würde! Aber – es war ja hier, im Zoo! Und traurig! Manchmal fielen sogar ein paar Tränen auf den Betonboden!

Das sah auch Hans, der Tierwärter. Und der dachte sich: „Ist ein Tier im Zoo nicht froh, darf man es auch nicht festhalten!“ – Doch was sollte er tun? Sollte er es frei lassen? Wenn raus käme, dass er das war, würde der Zoodirektor sehr böse sein!

Aber schließlich wagte es Hans! Eines Nachts schloss er das Gehege auf und schlich mit dem Nilpferd ganz leise, damit niemand aufwachte, durch die Stadt.

Am Rande der Stadt kamen sie zu einem großen Fluss. „Ist das der Nil?", fragte das Nilpferd. „Nein, nein, das ist ein anderer großer Fluss", sagte Hans. „Du kannst aber in diesem Fluss bis zum Meer schwimmen. Und wenn du dann noch durch das Meer schwimmst, kommst du zum Nil, zu deinem Fluss."

„Danke, Hans!", sagte das Nilpferd.

Und schnell schwamm es los und freute sich auf den Nil. – Als die Sonne aufging und die Hähne krähten und die Hunde bellten, wurde es von den Menschen bemerkt. Die wollten gar nicht glauben, was sie da sahen! Ein Nilpferd in diesem Fluss! Das musste doch ausgebrochen sein!

Bald kam ein Motorboot angeflitzt. Darin waren Reporter von der Zeitung und vom Fernsehen. Die fuhren mit dem Boot neben dem Nilpferd her, riefen: „Hallo, warten Sie mal!" und versuchten, es auszufragen: „Wo kommen Sie her?", „Wo wollen Sie hin?", „Wer hat Ihnen bei der Flucht geholfen?"

Das Nilpferd sagte nichts. Es wollte doch seinen Retter Hans nicht verraten und auch nicht in den Zoo zurückgebracht werden! – Die Reporter brausten ärgerlich davon.

Doch kaum waren sie verschwunden, schwoll in der Luft ein Motorengebrumm an! Das war der Zoodirektor! In einem kleinen Flugzeug und mit einem großen Fernglas suchte er nach dem Nilpferd! Ob er es entdeckte?! Ob er seinen Nilpferd-Rücken sah, der aus dem Wasser guckte!?! Aber im selben Augenblick schwamm ein schnatterndes Entenvolk heran, setzte sich von vorne bis hinten auf den Rücken, putzte sich die Federn und schnatterte. Und der Zoodirektor hielt das Nilpferd für einen schwimmenden Baumstamm und flog woanders suchen. Das war aber knapp!

Die Enten hüpften vom Rücken runter und das Nilpferd – bekam Hunger. Es schwamm ans Ufer und ging in einen Garten. Dort fraß es Salat und Kohlrabi und Äpfel. Da sprangen zwei große Hunde heran und bellten und knurrten! Das Nilpferd sprang in den Fluss und schwamm so schnell es konnte davon!

Dann kam es durch eine Stadt. Dort wurde gerade Schützenfest gefeiert. Und die Menschen riefen freundlich: „Komm raus, du nasses Pferd!" „Feiere mit uns!" Das Nilpferd schüttelte den Kopf. Aber der Schützenkönig schenkte ihm seinen Hut, an dem viele Orden hingen! Und mit dem Hut auf dem Kopf schwamm das Nilpferd weiter.

Doch – es fühlte, dass es schwächer wurde! Wie lange konnte es noch schwimmen?

Das Nilpferd schwamm und schwamm. Bis es den Hafen am Meer erreichte. – „Jetzt muss ich nur noch durch das Meer schwimmen, dann bin ich in meinem Fluss, dem Nil", flüsterte es. Aber das Nilpferd hatte keine Kraft mehr! Es fühlte, gleich würde es untergehen!

Aber da – sprangen zwei Matrosen ins Wasser, schlangen ein dickes Seil um seinen Körper, und ein Kran, der zu ihrem Schiff gehörte, zog es nach oben! Und die Matrosen und der Kapitän von diesem Schiff: – die nahmen das Nilpferd mit! Über das große Meer, hin zu seinem Fluss, dem Nil! Wo es nun immer mit den anderen Nilpferden fröhlich schwimmen und planschen konnte!

DER GARTENSCHLAUCH

Es war ein wunderschöner Sommertag. Herr Müller-Thurgau stand in seinem Garten, hatte einen Schlauch in der Hand und spritzte mit leichtem Strahl seine Blumen. „Bald bin ich fertig", sagte er sich, „dann gehe ich Kuchen essen und Kaffee trinken." Denn er sah, wie seine Frau auf der Terrasse den Kaffeetisch deckte. Und sein Hund Pinschi kam von dort freudig auf ihn zugesprungen.

Herr Müller-Thurgau drehte den Wasserhahn nun viel stärker auf, um schneller fertig zu werden. Doch was passierte da?! Der Gartenschlauch drehte sich um – und spritzte Herrn Müller-Thurgau ins Gesicht! Und der konnte sich vor Überraschung gar nicht bewegen! Und wurde triefend nassgespritzt! Endlich ließ er den Schlauch los und lief schnell zu seiner Frau auf die Terrasse! Und Pinschi, der gleich angefangen hatte, den Schlauch anzubellen, wurde von dem prompt auch nassgespritzt! Das konnte Pinschi gar nicht haben und lief in großen Sprüngen zu Herrchen und Frauchen.

Der Schlauch hatte großes Vergnügen und spritzte in jede Richtung, kreuz und quer, nach oben und nach unten! Und weil er stark unter Druck stand und ein großer Teil von ihm noch auf der Schlauchtrommel aufgerollt war, beschloss er, sich die Welt anzugucken.

Unter hohem Wasserdruck schwebte der Schlauch auf die Straße, wobei er sich zugleich von der Schlauchtrommel abrollte. Ein Fahrradfahrer kam heran gebraust, klingelte heftig und rief: „Ich glaub, mein Schlauch spritzt"! „Ich bin doch nicht dein Schlauch!", dachte der Schlauch und spritzte den Fahrradfahrer nass. Und der trat ordentlich in die Pedale, um schnell von hier wegzukommen.

Als der Schlauch an einem Cabriolet vorbeikam, das ist ein Auto ohne Dach, guckte er neugierig hinein. Denn solch ein Auto hatte er noch nie gesehen. Und weil das Wasser immer weiter lief, war das Auto bald voll Wasser und sah mehr wie eine überlaufende Badewanne aus!

Bald darauf erreichte er einen Blumenladen. Die Besitzerin von diesem Laden war dabei, mit einer Gießkanne die vielen im Freien aufgestellten Blumen zu gießen. Der Schlauch dachte sich: „Da kann ich doch gut helfen." Das war ja nett gemeint, aber der Wasserdruck vom Schlauch war viel zu stark! Die Blumen wurden nicht nur gegossen, die Blumentöpfe kippten auch um! Und die Blumenfrau rief: „Hilfe! Hilfe!"

Dann schwebte der Schlauch an einem Eis-Cafe vorbei. Und die Leute dort fingen sofort an zu schreien und versuchten, ihre Eisbecher und Eiswaffeln vor dem Wasser zu schützen! Sie versteckten sich unter den Tischen oder ergriffen sogar die Flucht!

Als der Schlauch aber dann einige Kinder traf, wurde er mit Jubel begrüßt! Die Kinder ließen sich gerne von ihm nass spritzen! Es war doch warmes Sommer-Wetter!

Dann bog der Schlauch um eine Straßenecke und sah: aus einem Wohnungsfenster qualmte es mächtig! Es brannte! Da konnte er gar nicht anders, als voll in das Fenster zu halten! Er spritzte und spritzte und tatsächlich – er löschte das Feuer! Und gerade, als er mit Löschen fertig war, kam die Feuerwehr. Na, und die Feuerwehrleute waren froh, dass sie nicht mehr löschen mussten! Sie ernannten den Gartenschlauch sofort zu ihrem Ehren-Feuerwehrschlauch! Dazu kriegte er eine große Ehrenschleife umgebunden! Und der Feuerwehr-Fotograf machte ein schönes Gruppenbild: Feuerwehr-Mannschaft mit spritzendem Gartenschlauch. „Prima!", dachte sich der Gartenschlauch, „jetzt gehöre ich zur Feuerwehr!"

Doch was zwickte ihn denn da auf einmal? Der Pinschi! Und das Wasser wurde plötzlich auch abgestellt! Und dann nahm Pinschi den Schlauch zwischen seine Zähne und trug ihn zurück zum Garten!

Der Schlauch – wurde wieder ein ganz normaler Gartenschlauch. Mit dem Herr Müller-Thurgau seine Blumen spritzte. „Aber", blubberte der Schlauch vor sich hin, „ich bin der einzige Gartenschlauch mit einer Ehrenschleife!"

DER BOCK UND DIE WINDMÜHLE

Irgendwo im Lande lebte eine Herde von Schafen. Die fraßen den lieben langen Tag das grüne Gras und fühlten sich wohl in ihrer Wolle. Auch der Schafbock, der das Oberhaupt der Schafe war, sagte sich immer wieder: „Mir schmeckt´s, ich bin der Größte, ich bin der Stärkste – und der Schönste bin ich sowieso!"

Aber eines Tages, als er grade wieder: „Ich bin der Größte!" sagen wollte , kam nur noch: „Ich bin der Grrr …" über seine Zunge! Was mussten seine Schafbock-Augen sehen? Da stand ja auf einem Hügel etwas viel Größeres! Eine Windmühle!

„So eine Frechheit!", blökte der Bock. Und voller Wut rannte er auf die Windmühle zu, den Kopf nach unten gesenkt und die Hörner drohend nach vorne gerichtet. Und dann machte es „Wuff!", und eine weiße Staubwolke hüllte den Bock so ein, dass er nichts mehr sehen konnte! Er war mit seinen Hörnern direkt gegen einen Mehlsack gelaufen, der vor der Mühle stand! Mit mehlverklebten Augen-Wimpern stolperte der Bock zurück und blökte: „Das hast du davon! Morgen will ich dich hier nicht mehr sehen, sonst mache ich wieder was kaputt!"

Und als dann am nächsten Tag die Mühle immer noch an ihrem Platz stand, wurde er wieder wütend. – „Ich bin zwar noch der Stärkste und Schönste, aber ich will auch der Größte sein!", blökte er und rannte wieder wie verrückt auf die Mühle zu. Diesmal stand kein Mehlsack im Wege, aber diesmal krachte und klirrte es! Der Bock war mit den Hörnern in ein Fenster der Mühle gerannt. Und mit Scherben auf dem Kopf blökte er: „Das wird dir jetzt wohl reichen, was?"

Doch am nächsten Morgen stand natürlich die Mühle immer noch da. – „Bääh, bääh!", blökte da der Bock. Ohne sich den Schlaf aus den Augen zu reiben, galoppierte er auf die Mühle zu. Er war wild entschlossen, sie kurz und klein zu hauen! Und dann – machte es: „Platsch“! Und: „Quak, quak!“ hörte er von allen Seiten! Denn er war in den Ententeich gefallen, gleich neben der Mühle! – Ganz nass krabbelte der Bock aus dem Teich, schüttelte sich wie ein Hund und musste furchtbar niesen: „Hatschibääh, hatschibääh!" Oh, was war er sauer! Wie eine unreife Zitrone!

Und daher ließ er es am nächsten Tag wieder krachen! Der Bock rannte mit seinem harten Schädel einmal, zweimal, dreimal gegen die Mühlentür – die fiel aus dem Rahmen nach innen – und dem armen Müller auf den Kopf! Und der hatte keinen so harten Schädel wie der Bock! Er jammerte und streichelte seine große Beule!

Und für den nächsten Tag hatte der Bock sich wieder was Böses ausgedacht! Er lief zur Mühle, mit böse blitzenden Augen, und – machte viele AA-Kügelchen vor die Tür der Mühle! Um den Müller darauf ausrutschen zu lassen! – Doch hoppla! Er selbst kam plötzlich ins Rutschen und rutschte und rutschte – direkt in einen Flügel hinein! Und von dem wurde er ergriffen, an dem blieb er hängen! Der Flügel drehte sich weiter, von unten nach oben, immer höher, immer höher! Der Bock guckte mit großen Augen, ihm wurde schwindelig, er fühlte, dass er sich gleich übergeben musste! – Aber als der Flügel die höchste Stellung erreicht hatte, fiel der Bock hinunter! Huiii! Direkt in einen Mehlsack hinein! Wuff! Das Mehl puffte aus dem Sack raus, der Bock knuffte in den Sack rein! Nur die Hinterbeine sah man noch! Der Bock war gefangen!

Aber der Müller hat ihn natürlich wieder freigelassen: diesen Super – Bock!

BISSI

In einer großen Stadt gab es einen Bauplatz, auf dem alte Häuser abgerissen wurden. Und dort arbeiteten ein Kran, eine Planierraupe, ein Schaufelbagger und – Bissi. Bissi war auch ein Bagger, aber ein Zangenbagger, der vorne keine Schaufel, sondern eine große langgezogene Zange hatte! Man kann sagen: ein Kopf mit langem Maul. Und damit biss er in die Mauern der Häuser und brach Stück für Stück heraus: „Kracks!", „Knacks!", „Kracks!", „Knacks!“ Stundenlang machte er das!

Irgendwann machte Bissi eine Pause. Er legte den Kopf auf den Boden und schaute sich um. „Immer beiße ich nur Steine!", murmelte er. „Gestern habe ich das gemacht, heute mache ich das – und morgen wieder!"

„Ich will mal Urlaub machen!", rief er plötzlich, „Und das mache ich jetzt!" Und er rollte flink vom Bauplatz. Er rollte auf die Straße und dort immer weiter. Ohne zu wissen, wohin es ging.

 

Plötzlich hörte er, wie jemand über ihm rief: „Oh! Mein Putzlappen!" Und direkt an Bissis Kopf flatterte ein Lappen vorbei. Bissi schnappte ihn mit seinem Zangenmaul und guckte hoch. Ein Hausfrau schaute aus einem Fenster mit offenem Mund und ausgestreckten Armen hilflos zu Bissi hinunter. Bissi reichte ihr den Lappen. Und die Frau konnte die Fenster weiter putzen!

Bissi fuhr durch die Stadt, bis es dunkel wurde. Als er gerade an einer Straßenlaterne vorbeikam, hörte er ein klägliches Miauen. Ein Kätzchen hockte auf der Laterne und wusste nicht, wie es wieder runterkommen konnte! Bissi packte es sanft im Nackenfell und setzte es behutsam auf die Erde. Und das Kätzchen schnurrte ganz laut!

Als er am nächsten Morgen aus der Stadt fuhr, kam er an eine Straßenkreuzung, an der ein großes Gehupe stattfand. Viele Autos standen dort und konnten nicht weiterfahren. Totaler Stau! Von einem Lastwagen waren Baumstämme runtergerutscht und versperrten nun die Straße. „Ach", sagte Bissi, „das haben wir gleich." Und er hob mit seinem Zangenmaul alle Baumstämme wieder auf den Lastwagen. Schnell war wieder Platz auf der Straßenkreuzung. Und alle Autos konnten weiterfahren! Und Bissi auch.

Bald erreichte er einen See. Und in dem Wasser tummelten sich Enten und Schwäne und Wasserhühner. Da bekam auch Bissi Lust zu baden. Er rollte so tief ins Wasser, dass nur noch sein Kopf herausragte. Und gleich benutzten die Enten- Kinder und die Schwanen-Kinder und die Wasserhuhn-Kinder Bissis Kopf, um ins Wasser zu hüpfen. Und Bissi machte es Spaß, mal ein Sprungturm zu sein!

Später rollte Bissi in eine kleine Hafenstadt. Dort wurde gerade ein Schiff von mehreren Männern mit großen Kisten beladen. Bissi zögerte nicht und fasste sofort zu. So schwere Kisten im Maul zu tragen, war für ihn ein Leichtes. Schnell war das Schiff beladen. Und Bissi – durfte zur Belohnung mitfahren!

Das Schiff war ein Forschungsschiff. Es fuhr zur eiskalten Antarktis. Und irgendwann wurde es auch kälter. Und dann schwammen Eisberge im Meer. Und Eisschollen. Und schließlich war das Meer ganz zugefroren, noch bevor sie die Antarktis erreichten. Und das Schiff blieb im Eis stecken! Es konnte nicht vor und nicht zurück! Wie sollte es nur weitergehen?

„Kein Problem", dachte sich Bissi. Und er hackte einfach mit seinem schnabelförmigen Maul in das Eis. Und das Eis knackte und krachte, splitterte und brach auseinander! So konnte das Schiff weiterfahren! Bis zur Antarktis. Wo es von den Robben und den Pinguinen freudig begrüßt wurde!

Als das Schiff zurückfuhr, ließ sich Bissi in Afrika absetzen. Gerade da, wo die große Wüste war.

Nach drei Tagen traf er auf ein paar Kamele. „Wir sind aus Versehen im Kreis herum gelaufen!", riefen die Kamele. „Wenn wir nicht bald Wasser bekommen, erreichen wir nicht mehr die nächste Oase!" Aber nirgendwo in diesem Sand war Wasser zu sehen. „Wenn wir tief graben könnten", jammerten die Kamele, „tief unter dem Sand gibt es Wasser! Aber wir können nicht graben!" Da beugte sich Bissi nach unten, steckte den Kopf in den Sand und fing an, Kopf und Hals heftig hin und her zu drehen. Damit bohrte er sich immer tiefer in den Wüstenboden, immer tiefer … bis … eine hohe Wasserfontäne aus dem Sand schoss! Und von diesem frischen Wasser konnten sich die Kamele richtig satt trinken!

Als Bissi in die Nähe des Urwaldes kam, wurde er von Elefanten und Giraffen umringt. Alle wunderten sich und riefen: „Das ist ja ein Saurier! Wir dachten, die sind schon lange ausgestorben!" „Nein", sagte Bissi, „ich bin ein Zangenbagger! Ich bin kein Saurier! Ich weiß gar nicht, wie Saurier aussehen!" „Aber wir!", riefen die Affen, die in den Kokospalmen herumturnten. „Es gibt einen Hügel mit versteinerten Sauriern. Willst du sie sehen?" „Ja!", sagte Bissi neugierig. „Dafür musst du uns aber die Kokosnüsse aufmachen! Das fällt uns so schwer!" Das war ja kein Problem für Bissi! „Kracks!" „Knacks!" „Kracks!" „Knacks!" – schnell hatte er viele Nüsse aufgebrochen. Und die Affen zeigten ihm den Weg zu den versteinerten Sauriern.

Als Bissi zu dem Saurier-Hügel kam, riss er sein Maul weit auf. Tatsächlich! Da gab es versteinerte Saurier! Die hatten wirklich irgendwie Ähnlichkeit mit ihm! Und die schauten ihn so seltsam an! So, als wollten sie sagen: „Wir sind die Saurier der alten Zeit! Uns gibt es nicht mehr! Aber du – du bist ein Saurier der neuen Zeit!"

Doch was war das?! Plötzlich zitterte der Boden! Und auch die Luft! Ein Dröhnen und Grollen wurde immer lauter! Die steinernen Saurier bebten hin und her! Wurden die jetzt lebendig? Oh nein! Zwischen den Bäumen tauchten Bissis Freunde auf! Der Schaufelbagger, die Planierraupe und der Kran!

„Da bist du ja!", riefen sie. „Wir haben dich überall gesucht! Wir brauchen dich! Ohne dich können wir nicht weiterarbeiten! Es müssen wieder Mauern eingerissen werden!“ „Stimmt“, dachte Bissi. Und er fuhr mit seinen Freunden zurück zum Bauplatz. Jetzt hatte er wieder richtig Schwung, in die Mauern der alten Häuser zu beißen! „Kracks!“ „Knacks!“ „Kracks!“ „Knacks!“