Prüfungen erfolgreich bestehen im Fach Mikrobiologie

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3.2Formen

Phagen sehen durchaus nicht gleich aus, allerdings scheint die Formenvielfalt begrenzt zu sein. Die gezeigten Formen (Tab. 3.1) dürfen als typisch gelten, im Detail gibt es viele Abwandlungen.


3.3Phagen bilden Plaques

Lytische Phagen verraten sich auf Petrischalen durch die Bildung von Plaques in einem Rasen ihrer Wirtsbakterien (Abb. 3.1). In der Praxis mischt man die Phagensuspension in geeigneter Verdünnung zusammen mit so vielen Wirtsbakterien in 3 ml Weichagar, dass nach dem Ausplattieren und der Bebrütung ein durchgehender Bakterienrasen entsteht. An Stellen, an denen ein Phage bzw. eine infizierte Zelle liegt, wird die Wirtszelle lysiert und die Phagennachkommen (je nach Phage zwischen 50 und etlichen Hundert) infizieren eine weitere Wirtszelle.


Abb. 3.1 Phagen bilden Plaques in einem Rasen ge­eigneter Indikatorbakterien

Die Anzahl der Phagen, die eine einzige Wirtszelle produziert, heißt Wurfgröße oder im Englischen burst size. Dieser Zyklus aus Infektion und Vermehrung läuft so lange ab, bis die Wirtsbakterien in die stationäre Phase gelangen, sich nicht mehr teilen und auch keine Phagen mehr vermehren. Rund um den Ort der primären Infektion hatten die Bakterien natürlich keine Chance, zu wachsen, sodass hier eine klare Zone, ein Plaque, entstanden ist. Plaques weisen eine erstaunliche Vielfalt an Erscheinungsbildern auf. Sie können klar (etwa T4) oder durchgängig trübe sein (M13), und sie können sehr unterschiedliche Größen entwickeln. Die DNA lysogener Phagen integriert bisweilen in das Wirtsgenom. Die Plaques dieser temperenten Phagen entwickeln folglich innerhalb der Lysiszone Kolonien. An solchen Stellen hat ein Integrationsereignis stattgefunden, die resultierende Zelle ist immun gegen Superinfektion und kann nicht mehr lysiert werden. In diesem Zustand werden in aller Regel keine Phagennachkommen gebildet. Der Phage verhält sich ruhig; daher spricht man auch von temperenten Phagen. Erst die Behandlung der Wirtszellen mit Agenzien, die im Wirt Mutationen auslösen, setzt den Phagen frei, sodass der lytische Zyklus eingeleitet wird. Die Phagenvermehrung wird durch externe Einflüsse induziert, insbesondere solche, die die DNA des Wirts schädigen.

3.4Lebenszyklen

Die Lebensweise von Phagen kann sehr unterschiedlich sein. Die Abläufe bei der Infektion, der Aufnahme der genetischen Information in die Wirtszelle, der Replikation und der Transkription sind oft in hohem Maße auf die evolutionäre Strategie des jeweiligen Phagen zugeschnitten. Es gibt zwar Ähnlichkeiten zwischen den Lebenszyklen von Phagen, doch darf man nicht verallgemeinern und muss den Vermehrungszyklus neuer Phagen individuell studieren und beschreiben. Der Bakteriophage Mu etwa hat die Integration in das Wirtsgenom zum Lebensstil erhoben. Nach der ersten Integration, durchaus in der Art eines lysogenen Phagen, verhält sich Mu wie ein replikatives Trans­poson, sodass schließlich sehr viele Mu-Kopien an vielen Orten im Escherichia coli-Genom liegen. Dann erst wird diese DNA freigesetzt und in Phagenpartikel verpackt.

In den sich anschließenden Übungen machen Sie sich besonders mit den Eigenschaften der in molekularbiologisch arbeitenden Laboratorien immer wieder verwendeten Phagen M13, λ und T4 vertraut.

3.5Restriktion

Bakteriophagen sind eine erhebliche Bedrohung für ihre Wirtsbakterien. Folglich kann man erwarten, dass beide Partner wegen ihrer langen gemeinsamen Koevolution Abwehr- und Überlebensmechanismen entwickelt haben. Der bekannteste Phagenabwehrmechanismus ist die Restriktion. Das Wort stammt ursprünglich aus der Phagenbiologie und bedeutet, dass ein Phage – das war damals λ – nur auf einem bestimmten Genotyp von Escherichia coli Plaques bilden konnte, jedoch allenfalls sporadisch auf einem anderen. Erst später wurde die zugrunde liegende Biochemie deutlich: Bakterien besitzen sequenzspezifisch wirkende Endonucleasen, die Restriktionsendonucleasen, die aufgenommene Phagen-DNA zerschneiden, während sie ihre eigene DNA ebenfalls sequenzspezifisch durch Methylierung von Cytosin oder Adenin schützen. Gelegentlich entkommen Bakteriophagen der Restriktion durch zum Teil seltsam anmutende Modifikationen ihrer eigenen DNA. In der Phagenwelt gibt es deutlich mehr Nucleobasen als nur Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin.

3.6Anwendung im Labor

Seit Beginn der Entwicklung gentechnischer Verfahren für die biologische Forschung haben Phagen durchweg eine große Rolle gespielt. Die replikative Form der DNA des Phagen M13 wurde bereits früh zu einem vielseitig verwendbaren Vektor für Escherichia coli entwickelt. Rekombinante M13-Phagen eignen sich hervorragend für die Sequenzierung klonierter DNA-Abschnitte. Der Bakteriophage λ und von ihm abgeleitete Plasmide, die sogenannten Cosmide, sind außergewöhnlich effiziente Vektoren zur Klonierung großer DNA-Fragmente bis etwa 45 kb (Kilobasenpaare, 1 kb = 1 000 bp). Noch größere Fragmente, etwa um 150 kb, kann man in einem System klonieren, das vom Bakteriophagen T4 abgeleitet ist.

Übungen zu Kapitel 3
Ü 3.1

Recherchieren Sie die Eigenschaften der angegebenen Bakteriophagen! Tragen Sie die richtigen Eigenschaften ein. Versuchen Sie, während ihrer Recherchen herauszufinden, worin die besondere Bedeutung dieser Phagen für die Entwicklung der mikrobiellen Genetik besteht.


PhageDNA/RNA?ss/ds?Genomgrößelytisch/lysogenForm (als Skizze)
T4
T5
λ
Mu
M13
Φ6
MS2
Φχ174

Ü 3.2

Ergänzen Sie den folgenden Lückentext zum Lebenszyklus des Bakteriophagen λ und beantworten Sie dann die anschließende Frage!

Der Bakteriophage λ hat ein Genom von ca. ____ kb Länge. Im Phagenpartikel liegt das Genom in ________________ Form vor. Nach Aufnahme der DNA in die Wirtszelle wird die DNA ________________. Die Lebensbedingungen des infizierten Wirts entscheiden weitgehend über die beiden alternativen Lebensstile des Phagen. Der λ-Phage kann entweder den _______________ oder den _______________ Weg verwirklichen.

Welche wichtigen, mit dieser Entscheidung über die alternativen Lebensstile assoziierten Gene spielen bei diesem Prozess entscheidende Rollen? Nennen Sie die Gene mit der gängigen Abkürzung (Gensymbol) sowie die zugehörigen Genprodukte und deren Funktion!

Ü 3.3

Die Wurfgröße von Phagen bestimmt man in einem einfachen Experiment, das traditionell unter der Bezeichnung One-Step-Growth geführt wird. Recherchieren Sie, was dies genau bedeutet und erstellen Sie dann einen experimentellen Ablaufplan, mit dem Sie die Wurfgröße eines neu isolierten Escherichia coli-Phagen ermitteln können.

Ü 3.4

Welches Phagen-kodierte Genprodukt hält beim Bakteriophagen λ den lysogenen Zustand aufrecht? Wie heißt das zugehörige Gen?

Ü 3.5

Zur Titerbestimmung eines Phagenlysats benutzen Sie die Weichagartechnik. Sie plattieren jeweils 0,2 ml der 10–9-fach verdünnten Phagensuspension zusammen mit den Indikatorbakterien aus. Nach Bebrütung über Nacht zählen Sie auf dem bakteriellen Rasen in Dreifachbestimmungen 204, 222 und 198 Plaques. Wie hoch ist der Titer der Ausgangssuspension? Geben Sie das Ergebnis in Plaque-bildenden Einheiten (pfu) pro ml an!

Ü 3.6

In einer λ-lysogenen Escherichia coli-Kultur mit dem Titer von 3 x 107 Zellen/ml wird der Prophage durch geeignete Behandlung in allen Zellen zum lytischen Wachstum induziert. Anschließend wird mit der Weichagartechnik der Phagentiter gemessen. In einer Dreifachbestimmung werden nach Ausbringung von jeweils 0,2 ml einer 10–7-fachen Phagenverdünnung auf den drei Platten 112, 131 und 99 Plaques gezählt. Wie groß ist der Phagentiter? Wie groß ist die Phagennachkommenschaft eines einzigen Wirtsbakteriums?

Ü 3.7

Geben Sie bitte eine kurze, prägnante Definition der folgenden Begriffe aus der Phagenbiologie an!


BegriffDefinition
lytisch
lysogen
Transduktion
horizontaler Gentransfer
Transposition
Phageninduktion

Ü 3.8 [aus unserer Sammlung von Staatsexamensklausurthemen]

Beschreiben und skizzieren Sie die Morphologie der Escherichia coli-Phagen λ und T4. Ordnen Sie den Strukturen nach Möglichkeit Funktionen zu und erklären Sie, wie diese Phagen infizieren, replizieren und wie sie mit dem Stoffwechsel und der genetischen Steuerung der Wirtszelle interagieren.

 

Ü 3.9 [aus unserer Sammlung von Staatsexamensklausurthemen]

Etliche Bakteriophagen können sich entweder lytisch vermehren oder als Prophagen zusammen mit dem Genophor des Wirts weitergegeben werden. Bitte stellen Sie am Beispiel des Escherichia coli-Phagen λ die Charakteristika der beiden alternativen Lebensformen dar. Legen Sie besonderen Wert auf den Umschaltvorgang vom Prophagen zur lytischen Vermehrung.

4Pilze
4.1Allgemeines

Pilze (Mycota oder Eumycota, auch Fungi) bilden ein eigenständiges Reich innerhalb der Eukaryonten, haben also denselben systematischen Rang wie die Pflanzen und die Metazoen. Mit Letzteren sind sie phylogenetisch deutlich näher verwandt als mit den Pflanzen. Pilze leben Kohlenstoff-heterotroph wie die Tiere und wachsen im typischen Fall an den Spitzen lang gestreckter Zellverbände, den Hyphen, die in ihrer Gesamtheit das oft weitverzweigte und bisweilen zu dreidimensionalen Gebilden mit definierter Form zusammengeschlossene Myzel bilden.

Sehr charakteristisch sind einige biochemische Besonderheiten der Pilze. Die Zellwand enthält immer Chitin, wenn auch der Anteil des Chitins neben anderen Bestandteilen (viele verschiedene Glucane und Mannane, Chitosan, Proteine und Glykoproteine) gelegentlich recht klein ist. Die Zellmembran hat eine Besonderheit, die es erlaubt, mit einfachen Messungen den Anteil von Pilzmaterial in gemischten Umweltproben zu ermitteln. Sie enthält das Steroid Ergosterin, während Pflanzen an dieser Stelle Sitosterin einlagern und Tiere das Cholesterin. Selbst die allgegenwärtigen Bakterien stören solche Messungen nicht, da sie in ähnlicher Funktion die sogenannten Hopanoide in ihre Membranen einlagern.

Den Aufbau der Zellwand hat man bei einigen Pilzen im Detail aufgeklärt. Dies sind ganz überwiegend Arbeiten an dem Ascomyceten Neurospora crassa sowie den Zygomyceten Mucor rouxii und Rhizopus sp. Das Material für die Zellwand sowie etliche für die Wandsynthese benötigte Enzyme werden vom Golgi-Apparat in Vesikel verpackt und längs des Zytoskeletts an die Hyphenspitze transportiert. Hier werden sie im typischen Fall zunächst gesammelt. Diese Vesikelansammlung kann man lichtmikroskopisch, besonders im Phasenkontrast, leicht sehen; sie trägt die Bezeichnung Spitzenkörper. Die Vesikel fusionieren schließlich mit der Zellmembran und geben die Komponenten für den Zellwandaufbau nach außen ab. Die jungen Zellwände haben den höchsten Chitinanteil. Abwärts, also mit zunehmendem Alter, steigt der Anteil von Glucanen, Mannanen und Proteinen (Abb. 4.1).


Abb. 4.1 Zellwandaufbau bei Pilzen

Charakteristisch für viele Pilze ist der zunächst ungewohnte Ablauf der Mitose. Pilze neigen stark dazu, während der Mitose die Kernmembran nicht aufzulösen, sondern nach der Verdoppelung der Chromosomen diese mithilfe des Spindelapparats an die Pole des Kerns und nicht an die Pole der gesamten Zelle zu transportieren. Diese Form der Mitose heißt Endomitose. Evolutionär reflektiert sich hier wahrscheinlich, dass die allermeisten Pilze keine strikte Korrelation zwischen der durch Zellwände begrenzten Zelle und der Zahl der darin enthaltenen Kerne haben. Tendenziell sind Pilze also eher syncytial. Endomitosen verhindern zuverlässig Fehlverteilungen durch Mischen von Chromosomen verschiedener Kerne.

Ökologisch sind Pilze bedeutende Destruenten. Für den Kohlenstoffkreislauf der Erde sind sie schon deshalb unentbehrlich, weil viele die Hauptkom­ponenten des Holzes, also Cellulose, Xylan und besonders das außerordentlich schwer angreifbare Lignin, abbauen können. Der Gesamtumsatz von Biomasse auf der Erde liegt bei 1011 t pro Jahr. Es gibt ausgesprochene Spezialisten, die nur den Kohlenhydratanteil des Holzes als Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen. In diesem Fall bleibt das braune Lignin übrig; man spricht folglich von Braunfäulepilzen. Es gibt auch Weißfäulepilze, die das Lignin abbauen und die Cellulose zurücklassen. Es gibt aber auch sehr viele Pilze, die beides können. Außerdem sind in der Natur oft verschiedene Pilze mit komplementären Leistungen vergesellschaftet. Auch für Xenobiotika, also jene schwer abbaubaren Stoffe, die vom Menschen in die Natur eingebracht werden, findet man in der Regel Pilze, die diese Substanzen abbauen. Pilze sind Meister im Abbau sehr vieler Kohlenstoffverbindungen, schnell sind sie allerdings nicht. Das komplette Recycling eines großen Baums kann Jahrzehnte dauern. Im Acker- oder Waldboden haben Pilze noch vor den Bakterien den größten Biomasseanteil. Ein Gramm Boden enthält ungefähr 100 m Hyphen, das entspricht etwa 0,2 mg.

Biotechnisch werden mit Pilzen sehr viele wirtschaftlich wichtige Prozesse gefahren, etwa die regio- und stereospezifische Hydro-xylierung von Steroiden mithilfe etlicher Zygomyceten, die Gewinnung Rennin-artiger Proteasen mit Mucor-Spezies, die Produktion Penicillin-artiger Antibiotika oder auch die Produktion vieler Nahrungs- und Genussmittel und sehr viel mehr.

4.2Organismische Vielfalt

Die Pilze bilden als Schwestergruppe der Metazoa ein Monophylum mit etlichen Abteilungen (Phyla; Singular: Phylum), die man in der Taxonomie an der Endung „mycota“ erkennt.

4.2.1Chytridiomycota und Nachbargruppen

Die beinahe ursprünglichsten Pilze sind die Chytridiomyceten (von griechisch χυτροζ, der Topf, benannt nach der Form der Gametangien), die als einzige Pilzgruppe bewegliche Stadien, die Zoosporen, besitzen. Alle jüngeren Gruppen haben keine beweglichen Stadien mehr. Chytridiomyceten besitzen ein weitgehend unseptiertes Myzel. Um die Verwandtschaftsverhältnisse noch deutlicher zu reflektieren, wurde die Gruppe der Neocallimastigomycota, zu denen die ökologisch außerordentlich bedeutenden anaeroben, celluloseabbauenden Pilze im Pansen der Wiederkäuer gehören, abgetrennt und als eigene Abteilung geführt. Möglicherweise geht die Geschichte der Pilze auch noch weiter zurück. Die weitverbreiteten, parasitisch auf vielen Tieren wachsenden und ohne Mitochondrien lebenden Microsporidien und die Gattung Rozella, die in Chytridiomyceten parasitiert, gehören phylogenetisch anhand von Sequenzvergleichen und wegen des Chitins in der Zellwand an die Basis der Pilze.

Zoosporen gibt es bei Chytridiomyceten und den Neocallimastix-Verwandten sowohl im mitotischen Vermehrungszyklus als auch in sexuellen, also meiotischen, Abläufen. Abbildung 4.2 gibt Morphologie und Zoosporenbildung bei einem typischen Chytridiomyceten, Allomyces arbusculus, wieder, der auch als Modellorganismus zur Aufklärung der Wirkung der Pheromone für die Anlockung der sexuell kompatiblen Gameten dient. Außerordentlich vielfältig sind die Befruchtungsvorgänge in dieser Pilzgruppe. Neben der Fusion beider Kreuzungstypen über bewegliche Gameten findet man auch die Fusion sexuell determinierter Hyphen (Somatogamie) oder die Fusion ganzer Gametangien (Gametangiogamie).


Abb. 4.2 Sporangien und Zoosporenbildung bei Allomyces arbusculus (Recherchieren Sie die Namen der Strukturen und beschriften Sie anschließend die Zeichnung!)

Ein Chytridiomycet mit erheblicher Bedeutung für die Vermehrung von Amphibien ist Batrachochytrium dendrobatidis, der Populationen von Fröschen und anderen Amphibien in erheblichem Maße bedroht. Die Tiere werden zunächst lethargisch, entwickeln Hautläsionen und sterben einige Wochen nach der Infektion. In Presse und Fernsehen wird dieser Erreger unter der saloppen Bezeichnung „Chytridpilz“ geführt. Pflanzenpathogene Chytridiomyceten haben ebenfalls eine erhebliche Bedeutung. Olpidium brassicae verursacht etwa die Schwarzbeinigkeit bei Raps und anderen Kreuzblütlern sowie bei Salat und Tabak.

4.2.2Zygomycota und Nachbargruppen

Die Zygomyceten (von griechisch ξυγοζ, das Joch) sind nach den jochartigen Strukturen ihrer typischen sexuellen Differenzierungsform benannt. Die Enden sexuell determinierter Hyphenverzweigungen (Abb. 4.3) wachsen zu vielkernigen Gametangien heran, die dann miteinander zum Zygosporangium fusionieren und nach längerem Reifungsprozess die Zygospore bilden. Die Zygosporen keimen bei allen untersuchten Zygomyceten außerordentlich schlecht, nämlich bestenfalls im kleinen, einstelligen Prozentbereich. Man erkennt in dieser Pilzgruppe besonders gut, dass Sexualität und Vermehrung nicht primär miteinander verbunden sind.


Abb. 4.3 Gametangiogamie bei Zygomyceten

(Recherchieren Sie die Namen der Strukturen und beschriften Sie anschließend die Zeichnung!)

Die Erkennung sexuell kompatibler Partner ist an oxidative Abbauprodukte des Carotins gebunden, die als Trisporoide mit dem Haupt- und Endprodukt Tri-sporsäure bezeichnet werden. Chemisch und auch im Hinblick auf die Biosynthese ähneln diese Verbindungen stark den aus der Tierwelt bekannten Retinoiden oder der bei Pflanzen hormonell aktiven Abscisinsäure. In der Grundlagenforschung sind die Zygomyceten neben ihrer Bedeutung für die Erforschung der Pheromonwirkung besonders wichtig für das Verständnis von Phototropismus und Gravitropismus. Beides wurde an dem für solche Studien hervorragend geeigneten Pilz Phycomyces blakesleeanus in vielen physiologischen und genetischen Details studiert.

Die eigentliche Vermehrung der Zygomyceten ist ein rein mitotischer, also asexueller Prozess. Im typischen Fall bilden die Pilze vielkernige Sporangien mit sehr vielen ein- oder wenigkernigen Sporen (Abb. 4.4).


Abb. 4.4 Mitosporenentwicklung bei Zygomyceten am Beispiel Absidia glauca (Recherchieren Sie die Namen der Strukturen und beschriften Sie anschließend die Zeichnung!)

Das Myzel der Zygomyceten ist im typischen Fall nicht septiert, allerdings werden Reproduktionsorgane und andere spezielle morphologische Strukturen oft durch Septen vom distalen Myzel abgegrenzt. Eine biochemische Besonderheit weisen die Zellwände auf. In dieser Pilzgruppe wird das Monomer des Chitins, das N-Acetylglucosamin, im Anschluss an die Chitinsynthese größtenteils deacetyliert, sodass die Zygomyceten als typischen Zellwandbestandteil das Chitosan (Poly-Glucosamin) enthalten.

Ökologisch sind die Zygomyceten eher Verwerter leicht abbaubarer Zucker und Proteine. Schwer abbaubare Polysaccharide, wie etwa Cellulose, oder schwer angreifbare Proteine, wie etwa Keratin, sind eher die Domäne der Chytridio-, Asco- und Basidiomyceten. In der Biotechnik macht man sich sehr viele Zygomyceten zunutze. Neben der Modifikation von Steroiden und der Herstellung von Proteasen für die Käseherstellung gewinnen auch die nicht-chemische Synthese von Carotin mithilfe von Blakeslea trispora sowie die Gewinnung von Chitosan aus Zellwänden, etwa von Absidia sp., an Bedeutung.

Die nächsten, phylogenetisch allerdings jüngeren Verwandten der Zygomyceten sind die obligat symbiontisch lebenden Glomus-artigen Pilze, denen man ebenfalls den Rang eines Phylums gegeben hat (Glomeromycota). Diese Pilze wachsen nicht in der Kultur, sondern bilden die symbiontische Basis von etwa 80 % aller Landpflanzen. Sie wachsen innerhalb der Zellen pflanzlicher Wurzeln, in denen sie charakteristische, bäumchenartige Strukturen bilden. In Anlehnung an diese Arbuskeln (Abb. 4.5), arbuscule ist das französische Wort für Bäumchen, hat man diese Pilze als arbuskuläre Mykorrhiza-Pilze (AM-Pilze) zusammengefasst.


Abb. 4.5 Entwicklung eines arbuskulären Mykorrhiza-

Pilzes (Recherchieren Sie die Namen der Strukturen und beschriften Sie anschießend die Zeichnung!)

Ausgehend von der Wurzel wächst das unseptierte Myzel dieser Pilze weit in den Boden hinaus und hilft damit bei der Akquisition wichtiger Mineralien für das Pflanzenwachstum und natürlich auch bei der Wasseraufnahme. An erster Stelle für die Pflanzen steht bei dieser Interaktion die Phosphataufnahme. Phosphat ist sehr oft wachstumslimitierend. Die deutlich erhöhte Vergrößerung der Reichweite im Boden als Folge des Myzelwachstums und die Mobilisierung unlöslicher Phosphate begründen die hohe Bedeutung dieser Symbiose. Im Austausch bestreiten die Pilze ihren Kohlenstoffwechsel aus Ressourcen der Pflanze. Insbesondere bei der Primärbesiedlung bisher nicht landwirtschaftlich genutzter Böden und auf Problemstandorten ist die Symbiose zwischen Glomus-artigen Pilzen und Pflanzen von außerordentlich großer Bedeutung. Geeignetes Inokulum mit Pilzsporen kann man kaufen. In normalen Böden sind diese Pilze allerdings bereits immer enthalten.

 

Glomeromyceten haben wie die Zygomyceten ein weitgehend unseptiertes Myzel. Ihre Propagationsformen sind sehr große, oft bereits mit der Lupe sichtbare asexuell entstandene Sporen, die als Chlamydo-sporen interpretiert werden. Sie enthalten Hunderte bis Tausende von Zellkernen. Die Sporen werden außerhalb der Pflanze im Boden angelegt und keimen nur in der Nähe frischer, geeignete Signalstoffe aussendender Wurzeln.