Sophia – Der göttliche Mensch

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Sophia – Der göttliche Mensch
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-903861-32-9

ISBN e-book: 978-3-903861-33-6

Lektorat: Tobias Keil

Korrektorat: Astrid Eisner und Pauline Slacik
Umschlaggestaltung: Johannes Slacik

Umschlagfotos: Johannes Slacik;

Sam Schooler by Unsplash

Layout & Satz: novum Verlag

Innenabbildungen:

Bild 1 + Bild 2: Johannes Slacik

Bild 3: Fotalia, martialred
Grafiken 1, 4, 6, 7, 11-13: Johannes Slacik
Grafik 2: Fotalia, Anne Mathiasz
Grafik 3: Fotalia, sunnychicka
Grafik 8: Fotalia, theerakit
Grafik 9: Fotalia, cidepix
Grafik 10: Fotalia, just83in
Grafik 5: Anlehnung an The Kabbalah Society, Rebekah Kenton

www.novumverlag.com

Danksagung
Prolog
1 Einleitung

2 Anthroposophie, Evangelien, Glaubenssysteme und die Philosophie
Grundkenntnisse der alten Philosophien und Weisheiten, von welchen viele auch in Evangelien stecken und manche schließlich in ganzheitlichen Glaubenssystemen integriert wurden, sind letztendlich auch in diesem Rahmen unerlässlich, wenn wir uns dieser religionsphilosophischen Reise zur seelischen Integration widmen.
In vielen orientalischen und fernöstlichen Texten wurde bereits eine persönliche Befreiung des irdischen Leidensweges durch Bewusstseinserhöhung erwähnt und epistemologisch bzw. erkenntnistheoretisch bearbeitet. So ist zum Beispiel die Kabbalah eine jüdische bis heute anerkannte esoterische Philosophie, welche als eine in sich geschlossene Theorie sogar eine detaillierte Anleitung gibt, wie man sein – frau ihr – Bewusstsein erhöhen kann, um schließlich das „Göttliche in sich“ zu finden. Die Kabbalah gehört damit zum Kreis der inneren Perspektive, den Pythagoras seinerzeit „esoteros“ nannte. Die Sicht nach innen bedarf seines Erachtens derselben Aufmerksamkeit und Achtsamkeit wie der Kreis und die Sicht nach außen, „exoteros“, welche heutzutage so sehr institutionalisiert und durch Aristoteles gestützt Anwendung in der Wissenschaft und für die meisten im alltäglichen Leben findet. Hier teilt sich bereits das Verständnis von einer fassbaren Sicht nach außen, nämlich allem, was wir wahrnehmen und beobachten können, und einer schwierig fassbaren Sicht nach innen, welche wir kaum beobachten, sondern eher durch Reflexion, Mediation und Übung nur allmählich verstehen können. So vermitteln neben der Kabbalah auch der Buddhismus und Hinduismus in seinen uralten Sanskrits und Upanischaden die Idee, nach innen zu gehen und menschliche, fleischliche Gebundenheit zu überwinden. Im Besonderen bietet der Taoismus ebenso eine offenbar klare Anweisung, wie wir Gelassenheit und Ruhe im Leben finden können, was auch gerne „das Geheimnis der Goldenen Blüte“ genannt wird. Doch sind im esoterischen Kreis auch die Evangelien zuhause und damit nicht nur Teile des Alten Testaments, sondern auch das gänzliche Neue Testament. Pfarrer, Rabbis, Mönche und andere theologisch oder religionswissenschaftlich Gelehrte präsentieren sich und gelten allesamt als Seelsorger. Sie sind Vermittler eines Menschenbildes, welches zu ihrer jeweiligen Religion oder Glaubensrichtung passt, und daher Ansprechpartner für die Reflexionen innerer Erlebnisse. Wie wir von der abgeschiedenen und bescheidenen Welt der Mönche wissen, ist deren Hauptausrichtung neben dem Zusammenleben die meditative Auseinandersetzung mit sich selbst und dem Göttlichen.
Genau das vermitteln uns auch sämtliche Schriften aus dem Altertum. So zum Beispiel die Anleitung von St. Johannes Klimakos, welcher im 7. Jahrhundert mit der „Leiter zum Paradies“ ein Jahrtausendwerk geschaffen hat, das heute noch gelesen als auch praktiziert und auch in diesem Buch in Kapitel 6.4. näher erläutert wird. Mit den 30 genannten Stufen gibt er eine detaillierte Anleitung zum Aufstieg ins Paradies. Wobei der Aufstieg eine, meines Erachtens nach, nur bedingt korrekte Metapher verbildlicht. Um Göttliches zu empfangen, während wir noch als Mensch verweilen, bedarf es keines Aufstiegs wie zum Beispiel in den Himmel, sondern einer Integration … die hier auf Erden passiert. Im Evangelium nach Thomas lehrte Jesus bereits: „Vielmehr ist das Königreich des Vaters ausgebreitet über die Erde, und Menschen sehen es nicht.“ (Th 113) Was bringt einem die göttliche Erkenntnis, wenn man dann nicht mehr hier, sondern erst auferstanden ist? Es gilt nicht in den Himmel zu kommen, sondern den Himmel auf Erden zu erkennen oder den Himmel in dir, wie Anselm Grün, Benediktinermönch, es anhand der Weisheiten der Wüstenväter beschreibt. Und damit wird eine Integration angesprochen. Wenn wir die Erde und den Himmel als Eins sehen lernen, werden wir auch erkennen, wie schön das Leben ist und dass wir alles selber in der Hand haben, um ein glückliches Leben führen zu können. Nehmen wir kurz die Genesis als Beispiel und erinnern uns, wie Eva gemeinsam mit Adam im Garten Eden, dem einstigen Paradies, in den Apfel der Erkenntnis biss. Gott sagte klar, dass dies verboten sei. Aber Halt. Wenn unsere Seele nicht vom Baum der Erkenntnis essen würde, dann wären wir immer noch im seelischen Zustand und nicht fähig zu leben und uns auszudrücken. Die Geschichte dient als Metapher für den Beginn des Lebens, unseres Seins, so wie wir es kennen, mitsamt der Dualität (also weiblich und männlich).2 Aber genau diese Erkenntnis war verboten. Welchen Grund könnte es geben, nicht auf Erden inkarniert zu werden, sondern als Seele im Eins zu bleiben? Damit wären wir ewig göttlich, aber vermissen auch die Chance, mit allen Sinnen zu leben. Die Inkarnation der Seele ist absichtlich, evolutionär und unaufhaltsam, denn es ist der Weg der Seele. Insofern ist es fraglich, wieso Gott dies verhindern wollte, anstatt zu unterstützen, selbst wenn es nur eine Metapher ist. Die Integration vom Himmel auf Erden verbildlicht als Metapher mindestens zwei Teile zusammenzuführen, so zum Beispiel das Menschliche mit dem Göttlichen oder anders ausgedrückt das Yin mit dem Yang oder das Weibliche mit dem Männlichen oder den Schatten mit dem Licht. Diese Metaphern sind ja allgemein bekannt, aber dennoch leben wir diese nicht als Integration vom Himmel auf Erden. Sprich, zumeist fehlt noch ein Stück Verständnis, um diesen Gedanken umzusetzen und diese Haltung einzunehmen. Im Sinne der Bewusstseinserhöhung passt das Wort Aufstieg natürlich schon wieder und würde als Metapher genügen.
2 Im Sinne meines Argumentes ist die angesprochene Dualität auch für andere (Trans-)Gender gemeint, weil ich hierbei nicht die sexuelle Orientierung meine, sondern, im Sinne der Feuer- und Wasserelemente, die männlichen und weiblichen Eigenschaften, die es zu integrieren gilt, um zurück zum Ursprung zu kommen. Vielleicht fühlen manche Transgender oder Unisex-Personen ja genau diese Einheit bereits in sich?!
Letztendlich aber bleibt es die Aufforderung, dass wir uns mit uns selbst und dem eigenen Göttlichen durch Meditation auseinandersetzen müssen, um diesen göttlichen Zustand erreichen zu können. Auch Texte, wie die von der Französin Marguerite Porete aus dem 13. Jahrhundert oder sämtliche Gnostischen Evangelien und Texte aus dem dritten bis siebten Jahrhundert sowie die Bücher von der heiligen Teresa von Ávila, der kontemplativen Meisterin des 16. Jahrhunderts (wie die Bestsellerautorin der Mystik Caroline Myss sie beschreibt), weisen auf eine mögliche Bewusstseinserhöhung hin und dienen teils als gebräuchliche Anleitung. Die alten Schriften zu dekodieren bzw. ins moderne Deutsch zu übersetzen, ist in sich schon schwierig genug. Während nämlich manche Textpassagen verständlich, relativ klar und auch im heutigen Alltag nachvollziehbar sind, wirken andere Textteile fremd, verschlüsselt und schwer begreifbar. So sind manche Parabeln von Jesus Christus aus den Evangelien nach Johannes, Matthäus, Markus oder Lukas in der Bibel nicht immer eindeutig zu verstehen, wenn nicht sogar unverständlich. Es scheint eher wie eine Geheimsprache und Sprache der Metaphern. Es bedarf also viel Zeit, sich mit diesen Texten und Schriften auseinanderzusetzen, und noch viel mehr Zeit, diese dann auch zu verstehen und zu reflektieren. Reflexion ist allerdings wahrlich der Luxus der menschlichen Evolution und endlich ist mit dem Neokortex oder der Großhirnrinde der Geist fähig und reif, um reflektieren zu können.
Ja, natürlich. Das klingt alles nach viel Arbeit und Zeit, die heutzutage keiner mehr hat. Die meisten Menschen sind ja auch keine Mönche oder Apostel. Insofern ist es heutzutage die Herausforderung schlechthin, seinen Weg zu erkennen, auf sein Herz zu hören, sein Tempo zu gehen und seinen Weg im Leben einzuschlagen. Wer weiß schon, wohin der eigene Weg geht. Das Leben bringt so viele Umstände, Hürden, Herausforderungen und Ablenkungen mit sich, dass wir eigentlich oft gar nicht erkennen, wer wir in diesem Leben sind und was unsere Aufgabe ist, geschweige denn, dass wir zu wenig Zeit und Muße haben, um auf uns selber zu hören und uns mit unserem Selbst, unserer Seele zu befassen.
Daher ist es mehr denn je entscheidend, dass wir lernen, auf unsere Seele und unser Herz zu hören, um auch auf Erden „jetzt“ glücklich sein zu können und ein zufriedenes Leben zu leben, ohne auf den erlösenden Tod warten zu müssen. Dieses Buch sollte genau diesen Schritt zum Herzen und zur Seele erleichtern, indem sämtliche altertümlichen und relevanten Weisheiten kurz und prägnant Einzug finden und die Fülle in einer gesammelten Form klar, anschaulich, verständlich, einfach und somit hoffentlich begreifbar dargestellt und beschrieben wird. Zudem kommen Verknüpfungen hinzu, welche es ermöglichen sollen, diese religionsphilosophischen Textbauteile als gesamtes und größtenteils einheitliches Theoriekonstrukt wiederzuerkennen. Die hier verschriftlichten Überlegungen und Reflexionen sollen in ihrer Summe den Weg zur eigenen Seele und damit zum Selbst verständlich abbilden und einen sogenannten „Herzensprozess“ schrittweise aufzeigen. Dadurch soll es ermöglicht werden, dass jedermann und jederfrau in der heutigen zeitknappen Welt auf schnelle und nachvollziehbare Art ein Verständnis für das Göttliche in ihr/ihm aufbauen und den Zugang zum Göttlichen mit all seinen Ressourcen und Antworten finden kann.
2.1 Das Anthropos Modell
Aus dem Griechischen anthrop entwickelte sich die heute bekannte Wissenschaft der Anthropologie (die Lehre des Menschen), welche sich mit den Bedingungen, Gegebenheiten und Anpassungen des Menschen im Leben mit Menschen befasst. Der übergeordnete gottesähnliche Anthropos stellt im religionsphilosophischen denselben Menschen dar, welchen Nietzsche in seinem Buch „Also sprach Zarathustra“ präsentierte. Dieser, in die Höhen blickende, gottesähnliche Mensch wird nachvollziehbar und logisch durch die Anthroposophie (Menschliche Weisheit), welche das gänzliche Wesen des Menschen erklärt, aufgezeigt. Laut Rudolf Steiner ist sie keine spekulative Philosophie, sondern eine vollbewusste sinnliche Entwicklung, indem der Mensch sein Selbst durch geistige höhere Erkenntnisse ausbildet und seine Seele, seinen Ursprungsquell, erkennt. Daraus ergeben sich ein geistiges Verständnis und ein körperliches Erlebnis, eine Anschauung, welche sich auch im Platonismus widerspiegelt. Das Erleben der geistigen Erkenntnisse erfordert allerdings einen notwendigen, aber komplizierten Seelenweg. „Ein höheres, übersinnliches Bewusstsein müsste“, nach Steiner, „entfaltet werden“.3 Ohne ein solches Bewusstsein seien eine seelische Integration und Rückverbindung zum eigenen Selbst kaum möglich. Dies ist natürlich ein höchst individueller und subjektiver Prozess und bedingt eine geistig-seelische Selbsterziehung. Somit gibt es in der Anthroposophie auch keine Dogmen oder Richtlinien, wie sie Religionen etwa predigen. Auch die Aussagen in diesem Buch sind unter Berücksichtigung der menschlichen Individualität zu verstehen. Ich zeige hier ein allgemein gültiges Konzept auf, das aber auf jeden Menschen individuell abgestimmt werden muss. Die sinnliche-geistige Ebene der anthroposophischen Darstellung eröffnet uns somit den eigenen individuellen alchemistischen Weg höchster Selbsterkenntnis, unser Wesen und unsere Göttlichkeit zu erkennen. Dem Verständnis nach ist der gottesähnliche Mensch ein ganzheitlicher Mensch. Sprich, der Anthropos ist voll Mensch und voll Gott. Nach den Evangelien von Miriam Magdalena sowie von Phillip bzw. nach manchen Schriften aus der Nag Hammadi Bibliothek oder auch des Codex Berolinensis Gnosticus 8502 sei dies laut Christus der erwünschte Zustand, in welchem der Mensch unsterblich wird, quasi auferstehen kann und damit erlöst ist von den Leiden dieser Welt. Das göttliche Bewusstsein hilft der persönlichen Befreiung aus den Zwängen und Krankheiten der Welt und lässt uns selbst erkennen. Heilung ist in diesem Zustand möglich. Auch C. G. Jung hat in seinen Selbsterfahrungen dieselben Erkenntnisse hervorgebracht und teilte diese mit der Welt in seinem Roten Buch. Um den Weg hin zum Anthropos erläutern und veranschaulichen zu können, werden hier einige religiöse und esoterische Ansätze und Vorstellungen sowie deren Philosophien ganzheitlich als Konzept vorgestellt.
3 Rudolf Steiner (1915; unveränderter Nachdruck 4. Auflage 1989).


Figur 1: Das Anthropos Modell: feminine und maskuline Göttlichkeit als Einheit für den Anthropos
Das hier dargestellte Anthropos Modell in der Grafik ist meine Anschauung des ganzheitlichen Menschen und entspricht einer solch ganzheitlich erfassten Verknüpfung, sagen wir mal, „ersten Grades“. Und keine Angst, hier wird keine neue Religion geschaffen. Allerdings wird durch eine gewisse Vereinheitlichung ein erkenntnistheoretischer Ansatz etabliert, welcher die Chance zur Verfügung stellt, alles in allem zu begreifen. Viele Wege führen nach Rom und dennoch ist alles Rom.
Um obige Grafik verstehen zu können, bedarf es zuvörderst einer ausführlichen Erklärung der Begrifflichkeiten und Symbole, bevor auf philosophische Überlegungen, welche hinter den Symbolen stehen, näher eingegangen werden kann. So stellt der äußere Kreis in der Grafik die endlose Göttlichkeit dar: das Alles und das Nichts, die zusammen auch der Urzustand genannt werden. Der Kreis symbolisiert damit das Ewige, die Einheit, aber er symbolisiert auch das Ineinander, die Verbindung zum Beispiel von oben und unten oder von innen und außen. Hier zeigt sich die aus der Kabbalah kommende Redewendung, welche im Eigentlichen die esoterische Idee von Hermes Trismegistos ist, dass oben alles wie unten oder im Kleinen alles wie im Großen ist. Auch der Schamanismus hat hier dieselbe Vorstellung.
Alles im Kreis ist innerhalb des Erreichbaren und stellt symbolisch bereits einen Teil unseres „Seins“ dar. Dieser Kreis ist als Grafik zweidimensional vertikal zu sehen, um das Oben und Unten und die Verbindung besser veranschaulichen zu können. Der Kreis ist aber an sich eigentlich eine Kugel und demnach drei dimensional vertikal als auch horizontal. Warum diese Veranschaulichung wichtig ist, werden wir in späteren Kapiteln noch einmal beleuchten. Das Oben symbolisiert nun das Göttliche, sowie das Unten das Menschliche symbolisiert. Der strichlierte Innenring deutet auf unser Bewusstsein hin und auf unsere Fähigkeit, Göttliches zu empfangen. Es stellt eine Brücke zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen durch das Bewusstsein dar. Durch diese Brücke des Bewusstseins können wir schließlich über uns hinauswachsen. Dieser Innenring beinhaltet, was dem Anschein nach ein Stern ist, zwei ineinander verschränkte Dreiecke – ein Symbol für die Weiblichkeit mit der Spitze nach unten und damit Symbolik der Fruchtbarkeit und Empfängnis; sowie ein Symbol für die Männlichkeit mit der Spitze nach oben und damit die Symbolik der Befruchtung und Zeugung. Auch hier widerspiegelt sich im Kleinen die Symbolik des Oben und des Unten. Dieser Stern ist im Judentum auch als Davidstern bekannt und versinnbildlicht die Beziehung zwischen Gott und Mensch. Diese Symbolik zeigt auf, dass es beider Teile bedarf, um als ganzer Mensch Sein zu können, nämlich den weiblichen als auch den männlichen Teil in uns. Zu oft leben und sehen wir in unserer heutigen Welt nur den männlichen Teil aktiviert und schämen uns sogar manchmal, den weiblichen, sanften, scheinbar schwächeren Teil auszuleben. Doch schon im Markus-Evangelium steht geschrieben: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mk 10:9). Selbst der Feminismus, der sicherlich äußerst wichtig ist in unserer Gesellschaft und seinen Stellenwert haben muss, sogar dieser findet seine Wurzeln nicht im Weiblichen (wo er eigentlich hingehört), sondern lebt mit voll ausgelebten männlichen Teilen, aggressiv, stark, hart, robust, willig und kraftvoll im Kampf um den zu erobernden und nötigen Raum.4 Die zusätzliche Symbolik der Dreiecke innerhalb der Bewusstseinsebene gibt bereits Aufschluss darüber, dass wir unsere Teile integriert haben müssen, um weiter wachsen zu können, um höheres Bewusstsein erlangen zu können. Den Kern der Grafik oder der Kugel stellen das Herz als auch den Geist dar, welcher alles zum Leben bringt. Es ist unser eingehauchter Geist, der Heilige Geist, wenn man so will. Es ist aber auch das Herz, unsere Mitte, die Pumpe des Lebens. In der chinesischen Schrift ist das Symbol für Herz ( = Xin) auch gleich mit dem des Geistes. Allerdings muss man den Geist differenziert betrachten, denn man darf diesen nicht mit Denken und Reflektieren verwechseln. Der Geist besteht auch aus dem Verstand (mind im Englischen), welcher auch ein Gedächtnis hat und fähig ist, Bewusstes als auch Unbewusstes sowie Wissen von den Ahnen aufzunehmen und zu verstehen bzw. geistig zu verarbeiten. Dieser Verstand ist es, der auch in den alten Schriften als solcher gemeint ist und in der Grafik als Geist benannt wird. Und genau dort, wo uns Herz und Geist zum Leben und zum Bewusstsein bringen, genau dort ist innerhalb des göttlichen Kreises das kollektive Unbewusste zu finden. Die alten Griechen nannten es das nous, das ewige zugängliche Wissen oder auch den überindividuellen Geist, wie der Neuplatonismus es beschreibt. Der Ort, wo unsere Seele auf das kollektive Unbewusste trifft und alle Weisheiten der Welt zu Verfügung stehen. Dies ist der Ort, wo Heilung passiert, und wo Friede einkehrt und Liebe wieder bewusst wird. Dieser Zustand kann von Menschen durch Übung und Bewusstseinserhöhung erlangt werden. Und der Weg dorthin ist Ziel dieses Buches.
4 Dass der Feminismus seine Aggressionen ausleben muss, ist gar keine Frage, aber auch die so wichtige weibliche Seite in der heutigen Gesellschaft muss integriert werden, damit auch der Feminismus ganzheitlich seinen notwendigen Raum bekommt. Ich appelliere an alle Frauen: seid stark, kräftig, fordernd, aber auch weich, sanft und liebevoll!



Figur 2: Der göttliche Mensch – der Anthropos
Auch Leonardo da Vinci hatte seinen Bezug zu diesem Thema, zur Kabbalah und dem Stern der Juden als Symbol und erfasste den Menschen ganzheitlich in seiner Dynamik und Größe als göttliches Wesen. Dementsprechend passt auch sein bekannter „Vitruvianische Mensch“ ideal in das Anthropos Modell. Wie ein Baum steht sein Mensch solide auf der Erde (unten) und ist bereit zum Wachstum, indem er sich bewegt und ausbreitet (homo ad circulum). Sein Herz zeigt die Mitte des Modells an. Seine Arme gemeinsam mit seinen Beinen zeigen die Verbindung zum Weiblichen und Männlichen an, sowie die ausgebreiteten Arme gen Himmel gerichtet als Symbol für den persönlichen Reifeprozess und Wachstum stehen. Der Kopf ist bereits höher als sein Herz bzw. seine Seele und wächst sichtlich über sich hinaus und erfasst bereits das kollektive Unbewusste. Vielleicht ist es ihm auch bewusst, zumindest würde das die Zeichnung suggerieren.
2.2 Kabbalah und ihre astrologische Verknüpfung
Die Kabbalah hat ihren Ursprung im Judentum und ist seine esoterische Begleitung zur jüdischen Religion. Ausgehend von Johan von Kirschner, der als ein kabbalistischer Experte im deutschsprachigen Raum gilt, ist die Grundannahme der Kabbalah, dass Gott und das Göttliche (JHWH oder Jahweh) kein Gender haben und sowohl weiblich als auch männlich sind. Um die Philosophie der Kabbalah anschaulich zu machen, wurde der Sefirot Baum oder Lebensbaum gestaltet und mit ihm, im Weiteren, auch die Blume des Lebens. Im Zeichen der Menorah gibt es sieben Verknüpfungen, welche den Lebensbaum und so auch die Lebensblume ausmachen.


Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?