A Hund bist fei scho

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Pfui Deife!

Der Teufel ist der Fürst der Hölle, dem feurigen Ort ewiger Qualen, wo Menschen mit besonders vielen und schweren Sünden nach ihrem Tod in unendlicher Verdammung schmoren – jedenfalls haben die geistlichen Herren der katholischen Kirche das über viele Jahrhunderte hinweg so gelehrt. Trotz ausgeprägter Religiosität hat sich allerdings die Angst der Bayern vor Hölle und Teufel stets in Grenzen gehalten. Zum einen ist sich der Bayer sicher, dass er dem Teufel aufgrund seiner Bauernschläue und Schlitzohrigkeit jederzeit ein Schnippchen schlagen würde, wenn es der Beelzebub denn auf ihn abgesehen hätte. Zum anderen gibt ja die katholische Kirche ihren Schäfchen die Möglichkeit, sich ihrer Sünden regelmäßig vom Beichtvater lossprechen zu lassen. Wer so die Absolution erhalten hat und von seinen Sünden befreit wurde, muss keine Angst mehr vor der ewigen Verdammnis haben.

Andererseits bietet die lange Zeit für gesichert angenommene Existenz des Teufels durchaus auch Vorteile. So steht das Wort „Deife“ (Teufel) als Synonym für alles Böse und Schlechte und erweitert damit die Ausdrucksmöglichkeiten im bairischen Dialekt. Auch konnte man den Kindern wunderbar mit dem Höllenfürst Angst einjagen, ihn also quasi als „pädagogische Maßnahme“ einsetzen. Ferner eröffnet der Teufel die Möglichkeit, bösen Wünschen gegenüber missliebigen Mitmenschen oder Charakterisierungen derselben mit einem Bezug auf ihn besonders drastisch Ausdruck zu verleihen.

Pfui Deife! / Pfui Teufel!

Ein Ausdruck der Entrüstung und des Abscheus im weitesten Sinne. Hat z.B. jemand etwas Verwerfliches getan, dann schimpft man ihn: „Ja pfui Deife, schàmst de du denn går net?“ (Ja pfui Teufel, schämst du dich denn gar nicht?). War die Tat besonders schlimm, untermauert man diesen Spruch noch damit, dass man vor dem Übeltäter auf den Boden spuckt. Beißt man in einen verfaulten Apfel, spuckt man den Bissen wieder aus und sagt: „Pfui Deife, der is ja scho dàfeit“ (Pfui Teufel, der ist ja schon verfault). Auch wenn man jemandem gegenüber seine allgemeine Missachtung ausdrücken will, kann man das mit einem „Pfui Deife“ tun oder ihn mit „Du greisliger Pfui Deife“ (Du hässlicher Pfui Teufel) titulieren.

Den soi dà Deife hoin! / Den soll der Teufel holen!

Dem wünsche ich alles Schlechte, sogar dass ihn der Teufel holt und er in der Hölle schmoren muss. Ein böser Wunsch an jemanden, den man ganz und gar nicht leiden kann.

Den dàt e zon Deife haun. / Den würde ich zum Teufel hauen (jagen).

Empfehlung an jemanden, der einen Ehepartner, Freund oder auch Mitarbeiter hat, der faul ist oder andere schlechte Eigenschaften aufweist, die man auf Dauer nicht akzeptieren kann. Um zu bekräftigen, dass man auch selbst so handeln würden, kann man dazu auch formulieren: „Den häd e scho lang zon Deife ghaut.“ (Den hätte ich schon lange zum Teufel gejagt.)

De håt àn Deife. / Die hat einen Teufel.

Das ist eine ausgesprochen böse Person, sie verhält sich wie vom Teufel besessen. Außer einer Person kann auch eine Sache oder eine Situation „àn Deife håm“ (einen Teufel haben). Dann sagt man auch:

Des håt àn Deife gseng. / Das hat den Teufel gesehen.

Das bedeutet, dass eine vertrackte, verflixte Sache oder Situation für Schwierigkeiten sorgt, dass in ihr der Teufel steckt, der an den Problemen schuld ist. Z.B.: „Meine foischn Zähn, de ham àn Ofang àn Deife ghåbt.“ (Meine falschen Zähne – meine Zahnprothese – haben mir am Anfang große Schwierigkeiten gemacht.)

Då is dà Deife los. / Da ist der Teufel los.

Dort, wo der Teufel losgelassen ist, also keinerlei Beschränkung unterliegt, dort ist jegliche Ordnung dahin, da geht’s drunter und drüber. Abgesehen von wilden Festen, auf denen die Anwesenden außer Rand und Band feiern, findet der Ausdruck auch in anderen Situationen Anwendung: Erfuhr z.B. der Vater, dass sein Sprössling etwas Schlimmes angestellt hat, dann war „dà Deife los“, sobald er nach Hause kam, d.h. dass die Zeit für eine handfeste Strafe angebrochen war.

Der zreißt koàn Deife net. / Der zerreißt keinen Teufel.

Der bringt nichts oder kaum etwas zustande. Einen Teufel zu zerreissen, ist eine schwierige Angelegenheit und setzt Kraft und Schläue voraus, was aber beides bei dieser Person nicht vorhanden ist. Auffällig ist die im Bairischen übliche doppelte Verneinung, die hier die Unfähigkeit des Beschriebenen noch untermauert.

Wià dà Deife. / Wie der Teufel.

Dieser Vergleich ersetzt im Bairischen gern einen Superlativ oder bringt eine extreme Situation zum Ausdruck, z.B.:

Der fahrt wià dà Deife. / Der fährt wie der Teufel.

Der fährt sehr schnell, der rast.

De is naus wià dà Deife. / Die ist hinaus(gerannt) wie der Teufel.

Die hat das Haus im Laufschritt verlassen.

’S Wasser is dàherkemà wià dà Deife. / Das Wasser ist dahergekommen wie der Teufel.

Bei der Überschwemmung kam das Wasser in einer extrem großen Menge bzw. sehr schnell daher.

Gschaugt håt s’ wià dà Deife. / Geschaut hat sie wie der Teufel.

Ihr Gesichtsausdruck war so grimmig wie der des Teufels.

Wià’s dà Deife håm wui. / Wie es der Teufel haben will.

Der Teufel ist bekanntermaßen für alles Böse in der Welt verantwortlich. Naturgemäß gilt er also auch als Verursacher, wenn ein Ereignis zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt eintritt. Waren z.B. die Buben in Pfarrers Garten beim Stehlen der Äpfel zugange und kam ausgerechnet in diesem Moment der Apfelbaumbesitzer vorbei, so sagte man: „Wià’s dà Deife håm wui, kimmt då der Pfarrer daher.“ (Wie es der Teufel haben will, kommt da der Pfarrer daher).

À, woàß dà Deife. / Ach, weiß der Teufel.

Oder anders gesagt: Ich weiß es doch auch nicht, kann es nicht wissen, das weiß höchstens der Teufel.

Dá ganze Profit is beim Deife. / Der gesamte Profit ist beim Teufel.

Läuft ein Geschäft nicht wie erwartet, entstehen zusätzliche Ausgaben und vermindert sich der Ertrag, sodass schließlich überhaupt kein Gewinn mehr übrig bleibt, dann ist der Teufel nicht weit.

Des konn koàn Deife kostn. / Das kann keinen Teufel kosten.

Das kann nicht viel kosten, das kann man schon riskieren. Selbst wenn es nicht klappt, hält sich der Verlust in engen Grenzen.

Dà Deife huift seine Leid, aber hoin duàt er s’ à. / Der Teufel hilft seinen Leuten, aber holen tut er sie auch.

Damit kommentiert man den – meist wirtschaftlichen – Erfolg mancher Leute und tröstet sich damit, dass diese zwar jetzt mithilfe des Teufels erfolgreich sind, am Ende aber dennoch in der Hölle schmoren werden.

Der is aufs Göid aus wià dà Deife auf die arme Söi. / Der ist aufs Geld aus wie der Teufel auf die arme Seele.

Einen besonders geldgierigen Menschen, der ohne Rücksicht auf seine Mitmenschen alle Möglichkeiten nutzt, um sein Vermögen zu vermehren – genauso rücksichtslos wie der Teufel auf seiner ständigen Suche nach frischen Seelen –, umschreibt man mit diesem Spruch.

Dà Deife scheißt öiwà auf den gleichen Hauffà. / Der Teufel scheißt immer auf denselben Haufen.

Damit kommentiert man einen erneuten Vermögenszuwachs bei ohnehin schon reichen Leuten, z.B. wenn ein reicher Bauer eine große Erbschaft macht. Der Spruch stellt auch klar, dass eine derart ungerechte Vermögensverteilung nicht vom gerechten Gott verursacht sein kann, dahinter muss der Teufel stecken.

De scheicht er wià dà Deife ’s Weihwasser. / Die scheut er wie der Teufel das Weihwasser.

Vor dieser Person hat er besonders große Angst. Er macht um sie einen ebenso großen Bogen wie der Teufel um alles, was heilig ist, z.B. ums Weihwasser.

Wemmà àn Deife nennt, kimmt à grennt. / Wenn man den Teufel nennt, kommt er gerannt.

Wenn man vom Teufel spricht, dann erscheint er tatsächlich. Hat man gerade über jemanden gesprochen, der im selben Moment zur Tür hereinkommt, ist diese Redewendung angebracht. Scherzhaft gemeint ist der Spruch in der Regel, wenn man ihn direkt an den Betroffenen richtet – sagt man es nur zu anderen, so kommt darin eine gewisse Abneigung dem eben Eingetroffenen gegenüber zum Ausdruck.

„Weichs – scheich’s“, håt dà Deife gsagt und is über Aschbo hoàm. / „Weichs – scheue es“, hat der Teufel gesagt und ist über Asbach nach Hause.

Weichs ist ein Ort in Oberbayern, der in der Umgebung wegen der Rauflust seiner Bewohner gefürchtet war. Man nahm deshalb an, dass sich nicht einmal der Teufel, der ja ansonsten vor nichts zurückschreckt, dorthin wagen und auf seinem Weg nach Hause in die Hölle lieber einen Umweg über den Nachbarort Asbach nehmen würde.

Wo ’s Göid is, då is der Deife, wo koàns is, då is à zwoàmoi. / Wo Geld ist, da ist der Teufel, wo keines ist, da ist er zweimal.

Reiche Menschen streiten sich oft ums Geld oder darum, wie man es vernünftig ausgibt. Bei armen Leuten ist der Streit ums Geld aber noch viel schlimmer, weil es hier meist darum geht, genügend Geld für das Lebensnotwendige zusammenzuhalten, sodass für Luxus kaum etwas übrig bleibt.

Oin Deife miàssn s’ ja reiziàng. / Allen Teufel müssen sie ja hereinziehen.

Der Teufel steht hier zusammenfassend für alles Schlechte, mit „sie“ sind etwas diffus diejenigen gemeint, die dafür verantwortlich sind, und „hereinziehen“ bedeutet „ins Land holen“. Der Spruch lautet daher anders ausgedrückt: „Alles Schlechte wird heutzutage ins Land geholt.“ Vor allem wird er bei Krankheiten angewandt, die aus dem Ausland eingeschleppt wurden, aber auch z.B. bei fremdländischen Tieren und Pflanzen, die hier gut gedeihen und dabei einheimische Arten verdrängen.

 

Àn Deife sei Schupftabak. / Dem Teufel sein Schupftabak.

Bayerischer Genitiv für: des Teufels Schnupftabak. So bezeichnet man eine nicht genießbare Pilzart, den Flaschenbovist, aus dem brauner, pulveriger Staub entweicht, wenn man auf ein Exemplar im ausgereiften Stadium tritt.

In der Nout frisst der Deife Fliàng. / In der Not frisst der Teufel Fliegen,

sagt man in einer Notlage oder ungünstigen Situation, in der man mit den geringen verfügbaren Mitteln zwangsläufig zufrieden sein muss. Wenn selbst der Teufel, der doch große Macht hat, in die Lage kommen kann, sich von Fliegen ernähren zu müssen, ist dies auch für einen in Not geratenen Menschen nichts Ungewöhnliches. Die zur Herkunft dieses Spruchs kursierende Erklärung, er gehe auf eine Geschichte im Alten Testament der Bibel zurück, ist relativ kompliziert. Sie beruht darauf, dass die Aramäer den Teufel als „ba’al-debaba“ bezeichneten – was „Herr der Fliegen“ bedeutet –, wovon sich das Wort „Beelzebub“ ableitet. Ethymologisch gebildete Wissenschaftler haben wohl krampfhaft einen Zusammenhang zwischen dem Herrn der Fliegen und unserem Spruch hergestellt. Für die Bayern ist allerdings der Beelzebub ebenso ein Fremdwort, wie ihnen wohl zu keiner Zeit die entsprechende Stelle im Alten Testament bekannt war.

De frisst à-r-àn Deife, wenn eàm Häl ååghaut sàn. / Die frisst auch den Teufel, wenn ihm die Hörner abgeschlagen sind.

Mit diesen Worten wurden Personen beschrieben, die beim Essen überhaupt nicht wählerisch waren, sondern einfach alles aufaßen, was auf den Tisch kam, inklusive kleiner Knochen, „Gruschbe“ (Knorpel) oder „Flàxen“ (Sehnen).

Pass no auf, då kimmt der Gànkàl. / Pass nur auf, da kommt der Teufel.

Mit diesem Spruch jagte man Kindern Angst ein. „Gànkàl“ klingt dabei bewusst etwas niedlicher als der hart gesprochene Teufel, sollte also bei aller erzieherischen Strenge etwas kindgerechter sein.

Geht’s hoàm, sunst kimmt ’s Nåchtgloà! / Geht nach Hause, sonst kommt der Teufel!

Das „Nåchtgloà“ ist eine Phantasiefigur, mit deren Erscheinen man den Kindern drohte, wenn sie abends nicht rechtzeitig heimgekommen sind. Das Wort „gloà“ kommt dabei nicht von „klein“, sondern von „Klaue“ – der „Gloàschneider“ ist also der „Klauenschneider“. Dem Teufel wird nachgesagt, anstelle von menschlichen Füßen tierische Hufe (Klauen) zu haben. Kommt das Nåchtgloà, dann ist in der Dunkelheit der Höllenfürst mit den Bocksbeinen nicht weit.

Luthrischer Zipfe, Steig auffè àn Gipfe, Foist åwe in d’ Hoi,

Bist àn Deife sei Gsoi. / Luthrischer Zipfe, Steig hinauf auf den Gipfel, Fällst hinunter in die Höll’, Bist dem Teufel sein Gesell’.

Diesen Reim über die evangelischen Buben brachten katholische Eltern ihren Kindern noch in den 1920er Jahren bei und förderten so deren Abneigung gegenüber den andersgläubigen Kindern.

Fressn und saufà

Essen und trinken

Abgesehen vom Adel, der hohen Geistlichkeit und den großen und reichen Bauern war das Leben auf dem Land früher hart und karg. Das Geld reichte in der Regel gerade, um die meist große Familie mehr schlecht als recht zu ernähren, neue Kleidung oder ein kleines Vergnügen konnte man sich nur ganz selten leisten. Gutes und reichliches Essen und Trinken gab es allenfalls an hohen kirchlichen Fest- und Feiertagen oder bei Familienfeiern, vor allem bei Hochzeiten. Bot sich einmal eine solche Gelegenheit, so wurde ihr naturgemäß stark zugesprochen. Besonders geschätzt waren dabei vor allem deftige Fleischgerichte und alkoholische Getränke – insbesondere Bier in möglichst großer Menge –, sodass das Ziel eines jeden Mannes der Vollrausch war.


Menge und Qualität der menschlichen Ernährung

Auf dem Speiseplan des alten Bayern gab es nur wenig Abwechslung. An oberster Stelle stand, die vielköpfige Familie satt zu bekommen, kulinarische Finesse war hier fehl am Platz. Sehr oft wurden Ädepfe (Erdäpfel, also Kartoffeln) oder reichlich Mehlspeisen gegessen, Fleisch war dagegen selten auf dem Teller, es war schlicht zu teuer und den Feiertagen vorbehalten. Bei armen Leuten kam häufig sogar nur eine dünne Wassersuppe auf den Tisch, manchmal mit einigen Fettaugen drin, aber auch dann schauten meistens mehr Augen in die Suppe hinein als heraus.

Hierzu passend beschreibt Ludwig Thoma die Essensgewohnheiten der Bayern in seinem „Agricola“ wie folgt: „Die Kost der Bajuvaren ist einfach. Aus Mehl zubereitete Speisen nehmen sie in runder Form zu sich; die geringe Nährkraft ersetzen sie durch die große Menge. An einigen Tagen des Jahres essen sie geräuchertes Fleisch von Schweinen und beweisen hierbei geringe Mäßigkeit.“ Gleich die ersten Sprüche dieses Kapitels scheinen diese Beobachtungen zu bestätigen.

Wås mägst ’n mit dem Mångtràtzàl? / Was willst du denn mit diesem Magentratzerl?

Oder: Was willst du denn mit diesem Appetithappen? Von dieser kleinen Menge wird man doch nicht satt, damit kann man doch allenfalls seinen Magen „tràtzen“, also necken.

Då muàßt ja Angst håm, dass dà b’ Fliàng àn Schweinsbrån davotrång. / Da musst du ja befürchten, dass dir die Fliegen den Schweinebraten davontragen,

sagt man, wenn man nur ein sehr kleines Stück Schweinebraten serviert bekommen hat, das so leicht ist, dass es sogar von Fliegen entführt werden könnte. Das „b“ vor „Fliàng“ ist durch die Assimilierung des hier an sich erforderlichen „d“ (für „die“) entstanden.

Fett werd mà net dabei. / Fett wird man nicht dabei,

kommentiert man ein Essen, bei dem nur sehr kleine Portionen unterwegs sind. Ironisch kann man so auch eine eher karge Angelegenheit bezeichnen, z.B. eine schlechte Entlohnung.

Då is d’ Soß deirà wià dà Bråån. / Da ist die Soße teurer als der Braten.

Damit bringt man zum Ausdruck, dass die anfallenden Nebenkosten höher sind als der Preis für die Hauptsache, z.B. wenn die Lieferung einer Ware teurer ist als die Ware selbst.

Mir kànntn à-r-à bissl à Fett vertrång. / Wir könnten auch ein bisschen Fett vertragen,

meinte früher mancher Knecht, wenn die Dienstboten nur Kraut und Knödel bekamen, während der Bauer und die Bäuerin an ihrem separaten Tisch dazu noch große Fleischportionen aßen. Folge einer solchen despektierlichen Bemerkung konnten aber durchaus Prügel sein, die der Bauer seinem aufmüpfigen Knecht angedeihen ließ.

Dà Baur håt uns ’s Fressen net vergunnt. / Der Bauer hat uns das Essen nicht gegönnt.

Der Bauer war so geizig, dass er uns noch nicht einmal das Essen gegönnt hat. Das erzählten manche Mägde und Knechte über ihren wenig spendablen Herrn.

Kafä und Scheàß eibrockt. / Kaffee und eingetunkte Darmwinde.

Mit diesen Worten beantwortete man gern scherzhaft die Frage, was es denn zum Essen gegeben habe, um dessen Kargheit passend zu beschreiben.

Du konnst dà b’ Fotzn ans Tischeck hihaun. / Du kannst dir den Mund an die Tischkante hinschlagen.

Hatte sich der Bauer über einen Knecht oder eine Magd auf seinem Hof sehr geärgert, sei es, weil der- oder diejenige die Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt, die Qualität und/oder Menge des Essens kritisiert oder sich in anderer Weise ungebührlich benommen hatte, dann waren diese Worten die Androhung, dass bei der nächsten Mahlzeit nichts für diese Person auf dem Tisch stehen würde – wobei es sich dann meistens doch eher um eine leere Drohung handelte.

De ham auftrång, dass se glei dà Tisch bong håt. / Die haben aufgetragen, dass sich gleich der Tisch durchgebogen hat.

Eine bildhafte Umschreibung einer besonders üppigen Tafel.

Då kànnt i me dàmisch fressen. / Da könnte ich mich blöd essen.

Das schmeckt so gut, dass ich davon so lange essen könnte, bis ich irre werde. Entsprechend kann man sich auch über das Trinken (Saufà) äußern.

Jetz wachst’s mà sche langsam hint naus. / Jetzt wächst es mir schön langsam hinten hinaus.

Damit beschreibt man Speisen, die man so oft vorgesetzt bekommt, dass man das Gefühl hat, sie hätten sich langsam im Körper festgesetzt und würden inzwischen auch hinten, also aus dem Allerwertesten, hinauswachsen. Mehr Abwechslung im Speiseplan wäre also dringend angebracht.

I håb mir àn Grausen gessen. / Ich habe mir einen Ekel gegessen.

Selbst das einstige Leibgericht kann man nicht mehr sehen, bekommt man es zu oft oder in zu kurzen Abständen immer wieder serviert. Das kann so weit gehen, dass es einen davor regelrecht ekelt.

Bis ’s de z’reißt! / Bis es dich zerreißt!

Wenn jemand extrem viel isst, warnt man ihn mit diesem Spruch: Du wirst platzen, wenn du nicht bald zu essen aufhörst!

Des zwing mà scho! / Das bezwingen wir schon!

Das essen wir schon auf. Das schaffen wir schon – auch im übertragenen Sinn, z.B. den Transport einer schweren Last, der viel Kraft erfordert. Das Gegenteil hiervon wäre:

I zwing net mehrà. / Ich bezwinge nicht mehr.

Ich kann nicht mehr essen. Ich schaffe nicht alles, was auf meinem Teller liegt. Bitte keinen Nachschlag, ich bin total satt.

Den wer e scho Herr. / Dem werde ich schon Herr.

Diese Portion schaffe ich locker. Ist die Essensportion besonders groß und will man zum Ausdruck bringen, dass sie durchaus so umfangreich sein darf, weil man großen Hunger hat, dann kommt dieser Spruch zum Zuge. Ähnlich, aber nicht gleichbedeutend:

Den sàmmà ganz schè Herr worn. / Dem sind wir ganz schön Herr geworden.

Man hat die aufgetischten Speisen zwar nicht ganz, aber doch zu einem erheblichen Teil aufgegessen. Die Redewendung findet auch in anderem Zusammenhang Anwendung, sobald etwas zu einem unerwartet großen Teil verbraucht worden oder weniger geworden ist, z.B. wenn die Brennholzreserven aufgrund eines strengen Winters schon relativ früh zur Neige gehen. Alternativ kann man auch sagen:

Den hammà ganz schè z’ leichà gnamà. / Den haben wir ganz schön zu leihen genommen.

Då konnst du leicht àn schenà Gang håm. / Da kannst du leicht einen schönen Gang haben.

Da geht’s dir natürlich gut. Der Spruch eignet sich, wenn man auf jemanden trifft, der es sich gerade gut gehen lässt, z.B. bei einem schmackhaften, üppigen Essen oder auch im Liegestuhl auf der sonnigen Terrasse. Er geht darauf zurück, dass Menschen, die schwer arbeiten und karg essen müssen, eher gebückt daherkommen, was bei erholten und gut genährten Personen kaum der Fall ist.

Der frisst wià-r-à Schlauderaff. / Der isst wie ein Schlaraffe.

„Fressen“ ist im Bairischen nicht nur ein derber Ausdruck für „essen“, sondern auch ein Synonym für „besonders viel essen“. Der „Schlauderaff“ hat seinen Ursprung im „Schlaraffen“, dem Bewohner des märchenhaften Schlaraffenlandes. Wer wie ein Schlauderaffe frisst, der isst besonders schnell und sehr große Mengen – wie im Schlaraffenland, wo alles im Überfluss zur Verfügung steht und man sich deshalb keinerlei Beschränkung auferlegen muss. „Schlaudern“ bedeutet auch „schlampig arbeiten“ oder eben schludern. Statt Schlauderaff sind auch die Aussprachen „Schlaudereraff“ und „Schlaudreraff“ gebräuchlich.

Jetz konn e’s wieder mit oàn aushoitn, der wo scho 14 Tåg nix mehr gessen håt. / Jetzt kann ich es wieder mit einem aushalten, der schon 14 Tage lang nichts mehr gegessen hat,

sagt man nach einem ausgesprochen üppigen Mahl. Gemeint ist, dass man nach einer reichlichen Mahlzeit mit jemandem, der total ausgehungert ist, leicht mithalten kann.

Du kriàgst à scho à schèèns Wàmpàl. / Du bekommst auch schon ein schönes Bäuchlein.

Deine Liebe zum Essen sieht man langsam an deiner durchaus stattlichen Körpermitte.

Dass der Bauch net kleàner werd. / Damit der Bauch nicht kleiner wird.

Oder:

Dass d’ net vom Fleisch foist. / Damit du nicht vom Fleisch fällst.

Hat jemand eine besonders große Portion vor sich auf dem Teller, den gewaltig voll beladenen Teller bereits geleert oder gibt man ihm einen Nachschlag, dann kann man diesen Spruch anbringen.

 

À lààrà Sååg stäht net. / Ein leerer Sack steht nicht.

So äußert man sich kritisch über eine übergewichtige Person, die man dabei beobachten kann, wie sie eine größere Menge Essen oder eine besonders kalorienreiche Speise in sich hineinstopft. Die Körperfülle dieser Person ist offensichtlich kein Zufall, sondern hat ihren Grund eindeutig im übermäßigen Essen. Somit steht die betreffende Person wenigstens stabil im Leben, weil sie – wie ein voller Sack – gut gefüllt ist, während ein leerer Sack in sich zusammenfallen würde.

Essts hoit, wås ’s mit Gwoid à bissl nåbringts. / Esst halt, was ihr mit Gewalt hinunterbringt.

Antwort des Gastgebers auf die Feststellung seiner Gäste, dass die angebotenen Speisen viel zu reichlich seien und man unmöglich alles aufessen könne.

Håst d’ Aung wieder weiter ghabt wià-r-àn Bauch. / Hast du die Augen wieder größer gehabt als den Bauch,

sagt man, wenn sich jemand zu viel bestellt oder zu viel auf den Teller gelegt hat, weil er dem verführerischen Angebot nicht widerstehen konnte, aber nur einen Teil davon geschafft hat.

Fressn und lieng – wià d’ Sau. / Fressen und liegen – wie die Schweine.

Diesen Vergleich äußert man über Personen, die viel essen und sich dann nach dem Essen hinlegen. Der Vergleich mit Schweinen, deren Aufgabe aus der Sicht ihrer Halter ausschließlich darin besteht, an Gewicht zuzulegen, liegt nahe: Schweine sollen eben nur „fressen und liegen“ und sich kaum bewegen, um nicht unnötig Energie zu vergeuden und viel Speck anzusetzen.

D’ Màm wemmà net hättn, na kànnt mà uns glatt à Sau hoitn. / Die Mutter wenn wir nicht hätten, könnten wir uns doch tatsächlich ein Schwein halten.

Und dieses mit den übrig gebliebenen Essensresten füttern. Bei uns isst aber immer die Mutter alles auf.

Es gibt nix Bessers wià wås Guàts. / Es gibt nichts Besseres als etwas Gutes.

Gemeint ist: etwas Gutes zu Essen. Ein Spruch aus dem Mund des Bekochten, dem das aufgetischte Gericht besonders gut schmeckt und der die Köchin loben möchte.

Des weigt me oo. / Das weigt mich an.

Das reizt mich, darauf habe ich Lust, das würde ich gerne essen, da läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

I håb’s nimmer gråån kinà. / Ich habe es nicht mehr ausgehalten.

Z.B. in der verführerischen Vorweihnachtszeit: „I håb’s nimmer gråån kinà, na håwè hoit doch à Plàtzerl gessen“ (Ich habe es nicht mehr ausgehalten, also habe ich halt doch ein Plätzchen gegessen).

Mir sàn d’ Ädepfe à liàwà, wenn s’ d’ Sau gfressn håm. / Mir sind die Erdäpfel (Kartoffeln) auch lieber, wenn sie die Schweine gefressen haben.

Der Sprecher gibt hiermit zu verstehen, dass er Gerichten mit Schweinefleisch den Vorzug vor Speisen gibt, die aus Kartoffeln zubereitet werden, bzw. vor vegetarischen Gerichten allgemein. Beliebt ist die Redewendung auch als Antwort auf die Feststellung, dass ein serviertes Kartoffelgericht ausgezeichnet schmecke, oder auf die für den echten Fleischesser nicht nachvollziehbare Aussage, dass jemand gerne Kartoffelgerichte esse.

„Mhm, à guàts Ràdèwasserl“, håt dà Handwerksbursch gsagt, wiàr-à àn Tisch åbgschleckt håt, då wo dà kloà Buà naufbieselt håt. / „Mhm, das ist aber ein gutes Rettichwasser“, sagte der (meistens arme, sich auf der Walz befindliche, bettelnde) Handwerksbursche, als er den Tisch an der Stelle ableckte, wo der kleine Bub draufgepinkelt hatte.

Mit diesem Spruch machte man sich über die armen Handwerksburschen lustig, denen hier unterstellt wird, den Saft eines gesalzenen Rettichs nicht von Kinderurin unterscheiden zu können.

Des putzt d’ Zähn. / Das putzt die Zähne.

Damit tröstete man die zur Mahlzeit versammelten Hausbewohner, wenn es mehrere Wochen altes und daher sehr hartes Brot zum Essen gab. Brot wurde früher nur alle drei bis vier Wochen gebacken und musste bis zum nächsten Backtag vorhalten. Erst wenn es überhaupt nicht mehr zu beißen war, machte man daraus eine Brotsuppe.

De Suppn håt er se söiwà eibrockt, na muàß à s’ à söiwà auslèffèn. / Diese Suppe hat er sich selber eingebrockt, jetzt muss er sie auch selber auslöffeln.

In dieses Schlamassel hat er sich selbst hineingebracht, also muss er auch selbst schauen, wie er da wieder herauskommt.

„Wià schmeckt’s dà ’n?“ „Net schlecht. Aber schlecht kànnt oàn wern.“ / „Wie schmeckt es dir denn?“ „Nicht schlecht. Aber schlecht könnte einem werden.“

Antwort samt Wortspiel auf die Frage nach dem Genuss beim Essen. So vernichtend wie es klingt, ist es aber in der Regel nicht gemeint. Meist wird die Frage nach dem Genuss derart kommentiert, um einfach einen lustigen Spruch von sich zu geben – obwohl einem das Essen durchaus schmeckt.

Bedienung beim Abservieren: „Håt’s gschmeckt?“ / Hat es geschmeckt? Gast: „I håb scho besser gessen.“ / Ich habe schon besser gegessen. Bedienung: „Aber net bei uns!“ / Aber nicht bei uns!

Dieser Dialog wird gerne erzählt, wenn die Qualität des in einem Gasthaus servierten Gerichts sehr zu wünschen übrig lässt.

À-r-à guàtn Kechin grat wås å. / Auch einer guten Köchin gerät etwas ab (daneben).

Auch bei einer guten Köchin gelingt gelegentlich ein Gericht nicht so gut, geht beim Kochen mal etwas daneben.

À so à Zeig! / So ein Zeug!

Oder etwas ausführlicher:

Wås is ’n dès für à Zeig? / Was ist denn das für ein Zeug?

Ausrufe beim Anblick eines Gerichts, das einem nicht schmeckt bzw. das man nicht kennt und allein deshalb schon ablehnt.

Wås der Bauer net kennt, frisst er net. / Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.

Eine etwas fragwürdige Begründung, warum man eine Speise nicht mag oder sie ablehnt bzw. partout nicht essen will.

Des schmeckt wià eigschlaffàne Fiàß. / Das schmeckt wie eingeschlafene Füße.

So beschreibt man ein nicht oder zu wenig gewürztes, fades Gericht.

Es wissts ja net wås guàt is. / Ihr wisst ja nicht, was gut ist (schmeckt),

sagt man, wenn einige der Anwesenden erklären, ihnen würden die von anderen als Leibspeise genannten Gerichte überhaupt nicht schmecken.

Bi net går so äggschtre! / Sei nicht gar so extrig!

Sei nicht gar so wählerisch beim Essen. Alternativ: „Bi net går so ausgstochà (ausgestochen)/gnàschè (naschend)/gschleckàd (schleckig)/ hoàggle (heikel)“.

’S Hundertste schmeckt eàm net. / Das Hundertste schmeckt ihm nicht.

Hier haben wir eine Person, die bei der Nahrungsaufnahme sehr wählerisch ist.

À Möispeis zum Umhängà. / Eine Mehlspeise zum Umhängen.

Als „Mehlspeisen“ bezeichnet man in Bayern nicht alle Speisen, bei denen Mehl die Hauptzutat darstellt, sondern in erster Linie Süßspeisen, z.B. Semmelschmarrn, Apfelstrudel, Dampf-, Rohrnudeln oder Pfannkuchen. Vorwiegend wurden sie an Freitagen gekocht, an denen aus religiösen Gründen kein Fleisch gegessen werden durfte. Diese Mehlspeisen kann man sich selbstverständlich nicht um den Hals hängen, also steht diese Redewendung für etwas Unmögliches, Sinnloses, Unbekanntes, Unwahrscheinliches oder Unsinniges.

Der verbringt vielleicht à Fresserei. / Der hat sehr ungewöhnliche Essgewohnheiten.

Der hat keine Manieren beim Essen. Das zeigt sich z.B. durch ungeschickte Benutzung des Bestecks oder durch lautes Schmatzen und Rülpsen.

Jetz håt’s-à-se umdràht. / Jetzt hat es sich umgedreht.

So äußert bzw. rechtfertigt man sich, wenn man nach dem Essen aufstoßen muss und es nicht gelingt, dies vor den Tischnachbarn zu verbergen.

Macht nix, àn Mång drunt kimmt àso ois zamm. / Das macht doch nichts, im Magen unten kommt ohnehin alles zusammen.

Isst man verschiedene Speisen zusammen, die gar nicht zueinander passen, dann kann man Kritik an der etwas sonderbaren Zusammenstellung mit diesem Spruch begegnen.

Wià bein Essen, so bei dà Arwàd. / Wie beim Essen, so bei der Arbeit.

Wer langsam arbeitet, isst langsam – wer schnell arbeitet, isst schnell. Den Spruch hört man vor allem von Schnellessern, die sich damit gleichzeitig brüsten, sie würden auch schnell arbeiten, während die langsamen Genießer auch bei der Arbeit weniger leisten würden.

Des sàn mà scho de Rechten: Bein Essen schwitzen und bei der Arwàt friern. / Das sind mir schon die Richtigen: Beim Essen schwitzen und bei der Arbeit frieren.