Das Vermächtnis des Erfinders

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Aus der Reihe: Timmi Tobbson #1
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Das Vermächtnis des Erfinders
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Published in the English language under the title:

The Legacy of the Inventor

© 2020, freshamedia GmbH, Dreieich

ISBN 978-3-96326-772-7

Texte: J. I. Wagner.

Illustrationen: J. G. Ratti.

Book design © freshamedia GmbH auf Basis eines Layouts von BookDesignTemplates.com.

Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Erlaubnis des Autors darf dieses Werk weder ganz noch in Teilen, weder mechanisch oder elektronisch, nicht durch Fotokopien, Aufnahmen oder Datenspeicherung, vervielfältigt werden.

Dieses Buch ist reine Fiktion. Alle Namen, Personen und Orte entstammen allein der Fantasie des Autors. Jede Ähnlichkeit mit aktuellen Ereignissen, Orten oder lebenden beziehungsweise toten Personen oder zu Firmen, Ereignissen, Einrichtungen oder öffentlichen Orten ist rein zufällig.

Copyright der deutschen Ausgabe:

© Ullmann Medien GmbH, Rheinbreitbach

Layout: freshamedia GmbH

Satz: Yvonne Schmitz, Wuppertal

Redaktion und Lektorat: Daniel Fischer

Gesamtherstellung: Ullmann Medien GmbH, Rolandsecker Weg 30, 53619 Rheinbreitbach

E-ISBN 978-3-7415-2655-8

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

www.ullmannmedien.com



Für alle, die sich ein Leuchten in den Augen,

Liebe im Herzen

und Tagträume in ihren Gedanken bewahren.


Die Kapitel

Das geheimnisvolle Symbol

In meiner Welt

Die fünf Verdächtigen

Der Dieb

Die Verfolgung

Die Diebeshöhle

Der versteckte Mann

Die Geisterstrecke

Das unheimliche Dorf

Licht in der Dunkelheit

Die Burg der Bluthunde

Sie kommen

In der Falle

Augen in der Dunkelheit

Der große Unbekannte

Die Sphäre

Das tückische Versteck

Im Zentrum

Abwärts

Scherben bringen Glück

Hausarrest

Die Höhle des Löwen

Der Wächter

Nur mal kurz umsehen

Schwer bewacht

Das Verlies

Der Schein trügt

Die letzte Prüfung

Gefangen

Der große Wurf

Unter Verdacht

Der Anfang vom Ende


Willkommen in der Welt von Timmi Tobbson!

Bei diesem Abenteuer bist du mittendrin. Hilf Timmi und seinen Freunden mit deiner Beobachtungsgabe, möglichst viele der Geheimnisse rund um das Vermächtnis des Erfinders zu lüften. Die Herausforderungen, die euch bevorstehen, sind unterschiedlich schwer:


Natürlich kann es sein, dass du auch einmal anderer Meinung bist und dir eine Aufgabe leichtfällt, die den dreien schwer erscheint. Oder anders herum.


Im hinteren Bereich des Buches findest du zudem Hinweise, die dir helfen, die Bilderrätsel zu lösen.


Jedes Rätsel wird im nachfolgenden Kapitel aufgelöst.

KAPITEL 01
Das geheimnisvolle Symbol


Rumms!

Die Tür zu meinem Kinderzimmer wurde schlagartig aufgeworfen und sämtlicher Krimskrams, der auf dem Boden davor lag, hinweggefegt. Bis heute bin ich überzeugt, dass einige meiner Spielsachen damals zwischen Tür und Wand praktisch pulverisiert wurden.

Lilli stürmte herein.

Sie sah aufgeregt aus und wollte wohl gerade mit einer Neuigkeit herausplatzen, als sie durch den von ihr verursachten Lärm verwundert innehielt und sich umsah. Sie entdeckte das eingekeilte Spielzeug.

„Ups“, sagte sie kleinlaut und lächelte verlegen. Ohne eine Reaktion meinerseits abzuwarten, wechselte sie wieder zurück in den vorigen Zustand heller Aufregung und prustete los: „Ein Abenteuer! Es gibt wieder ein Abenteuer!“

Ich saß von Lillis stürmischem Auftritt geschockt aufrecht im Bett und starrte sie entgeistert an.

„Du bist ja noch in Schlafklamotten“, sagte sie verwundert.

„Wir haben Ferien. Das neue Buch von meinem Lieblingsautor ist da und ich habe heute Morgen gerade erst …“

„Verstehe. Zieh dich um!“, unterbrach mich Lilli.

„… mit dem Lesen angefangen.“

„Marvin wartet schon!“

„Marvin wartet?“

„Ja, wir müssen los.“

Für einen kurzen Moment war ich sprachlos.

„Würdest du bitte rausgehen“, sagte ich schließlich.

„Äh, nein“, antwortete sie.

„Damit ich mich umziehen kann.“

„Ich schau weg, in Ordnung?“, sagte Lilli und drehte sich schwungvoll auf ihrem linken Fuß, so dass sie mit dem Rücken zu mir stand. „Dann kann ich dir währenddessen schon mal hiervon erzählen.“

Sie streckte eine Tageszeitung in die Höhe.

„Was ist damit?“, fragte ich.

„In allen großen Tageszeitungen wurde heute eine riesige Anzeige veröffentlicht. Eine ganze Seite groß. Der Aufruf zu einer Schatzsuche!“

„Zeig her!“, rief ich. Das wollte ich sofort sehen. Das Umziehen konnte warten.

„War ja klar“, sagte sie, drehte sich wieder schwungvoll zurück, sprang zu mir ans Bett und breitete die Zeitung auf der Decke aus. Sie warf mir ein verschmitztes Lächeln zu und sagte: „Jetzt sieh dir das an.“


Eine rätselhafte Abbildung nahm fast die ganze Seite ein. Darüber stand Finde mich!

In den drei weißen Kreisen stand jeweils ein kurzer Text. Ich las den ersten leise vor:

Geh in meine Welt, in der ich sie verwahrte,die an der Spitze versteckte Schatzkarte.

„Irgendwo ist also eine Schatzkarte versteckt“, grübelte ich.

„Sieht so aus. Lies weiter“, sagte Lilli ungeduldig.

Meine Augen wanderten zu den Zeilen im zweiten Kreis. Auch diese las ich leise vor:

Das Elixier ist da, es muss ans Licht.

Doch die Wächter, sie lassen mich nicht.

Ungläubig starrte ich auf den Text.

„Das gibt es doch gar nicht“, sagte ich. „Das Elixier. Die Wächter. Glaubst du, das hat was mit unserem letzten Abenteuer zu tun?“

Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir ein verborgenes altes Buch entdeckt, welches angeblich ein geheimes, bedeutsames Wissen beinhalten sollte. Wir konnten es leider nie lesen, denn kaum hatten wir es gefunden, wurde es uns von einem unheimlichen Geheimbund, den sogenannten Wächtern der dunklen Macht, wieder weggenommen. Danach verschwand das Buch spurlos. Nur sein Titel war uns bekannt. Übersetzt bedeutete er 'Elixier'.

 

„Ja natürlich, du Schlafmütze.“

„Ich bin gerade erst aufgewacht. Da wird man ja wohl noch ein wenig verschlafen sein dürfen.“

„Von wegen. Du bist schon eine ganze Weile wach.“

„Woher willst du das wissen?“

„Du hast mir doch gesagt, was du heute Morgen gemacht hast. Ich kann durch genaues Hinschauen erkennen, dass du damit schon etwas länger beschäftigt warst.“


Warum dachte Lilli, ich müsse schon länger als nur wenige Minuten wach gewesen sein?

Brauchst du einen Tipp?

Manche Rätsel können nur gelöst werden, wenn du das Bild auf deinem Lesegerät vergrößerst, um auch Details zu erkennen.

Im hinteren Teil des Buches findest du zu jedem Rätsel einen Hinweis. Die Lösung steht jeweils zu Beginn des nächsten Kapitels.


KAPITEL 02
In meiner Welt

Lilli hatte von mir erfahren, dass ich erst diesen Morgen mit dem Lesen des neuen Werkes meines Lieblingsautors angefangen hatte. Allerdings war ich schon fast bis zur Hälfte der Geschichte vorgedrungen. Dies konnte sie erkennen, da ich das Buch an eben dieser Stelle offenhielt. Daher bestand für sie Grund zu der Annahme, ich müsse bereits seit längerem wach liegen.

„Gut, was steht da noch“, sagte ich und las den dritten und letzten Abschnitt vor:

Um 22 Uhr zerfällt das Elixier - schon morgen.Es sei denn, du hast es bis dahin geborgen.

„Scheinbar haben wir nur bis morgen um 22 Uhr Zeit, das Rätsel zu lösen“, sagte ich.

„Ja, danach scheint irgendetwas zu passieren. Und jetzt schau mal hier.“ Lilli deutete auf die zwei Buchstaben, die sich rechts unterhalb des Kastens befanden.

„Ich vermute stark, dass J. E. für James Eckles steht. Schon mal was von ihm gehört? Er ist ein berühmter Archäologe. Aber vor allem gilt er als einer der größten Erfinder unserer Zeit. Oder galt, denn er ist verschwunden.“

„Verschwunden?“, fragte ich.

„Spurlos. Seit ein paar Wochen“, sagte Lilli.

„Spurlos? Wie hat er dann die Anzeige bei der Zeitung in Auftrag gegeben?“, grübelte ich leise.

„Vielleicht hatte er sie schon vor seinem Verschwinden beauftragt. Den Rest erzähle ich dir im Museum“, sagte sie und sprang auf die Füße. „Vergiss dein Walkie-Talkie nicht.“

„Im Museum?“, fragte ich.

„Ich warte unten“, antwortete Lilli grinsend und verließ beschwingt hüpfend das Zimmer.

Schnell zog ich mich um und schnappte mir meine Abenteuertasche. Ich hatte sie genau für eine solche Situation zusammengestellt. Sie enthielt mein selbst verfasstes Handbuch für Abenteurer und Detektive, Fingerabdruckpulver, eine Lupe und mehr. Und natürlich ein Walkie-Talkie.


Kurze Zeit später betraten wir das altertümliche Gebäude des Technikmuseums. Im kühlen Inneren erwartete uns Marvin.

„Alles okay, Kumpel?“, erkundigte ich mich leise.

Er umklammerte seinen Zeichenblock, den er neuerdings ständig dabei hatte, und wippte auf seinen Zehenspitzen auf und ab. „Glaubst du, das wird wieder ein Abenteuer?“, fragte er voller Vorfreude und mit großen Augen.

„Ich glaube, wir stecken schon mittendrin“, flüsterte ich.

„Schau mal, Timmi“, sagte Lilli und deutete auf ein Schild.

Dort stand Die Welt des James Eckles.

Lilli hielt erneut ihre Zeitung hoch. „Geh in meine Welt, in der ich sie verwahrte, die an der Spitze versteckte Schatzkarte,“ las sie vor und deutete auf den Kreis mit den rätselhaften Zeilen in der Zeitungsanzeige. „Seine Welt haben wir schon mal gefunden. Verstehst du, Timmi? Geh in meine Welt. Damit ist diese Ausstellung gemeint. Und irgendwo hier muss die an der Spitze versteckte Schatzkarte zu finden sein.“

„Aber was für eine Spitze ist gemeint?“, fragte Marvin aufgeregt. „Ich habe aber schon alles abgesucht und nichts gefunden.“

Kurz wirkte er niedergeschlagen.

„Dann habe ich die Museumsbesucher gezeichnet“, fuhr er umso begeisterter fort.

„Warum denn das?“, fragte ich.

„Weil wir bestimmt nicht die einzigen Schatzsucher sind“, antwortete er und seine Augen wurden immer größer. „Wenn die anderen die Schatzkarte vor uns finden, werden sie sie vielleicht stehlen. So haben wir schon mal Phantombilder von den Dieben.“

„Okay, wenn du meinst“, sagte ich und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Dieser war vollgestopft mit allerlei teils abenteuerlich anmutenden Apparaten, Skulpturen und sogar einer lebensgroßen Nachbildung des Erfinders James Eckles. Im Zentrum stand eine seltsame Maschine mit einer Leuchtschrift. Die wollte ich mir auf jeden Fall aus der Nähe ansehen.

Doch dann kam alles anders.

Auf einmal ertönte eine laute Alarmsirene und ließ uns gehörig zusammenschrecken. Vor sämtlichen Fenstern wurden augenblicklich metallische Jalousien heruntergefahren. Selbst vor der Glaskuppel im Dach verschloss sich eine schwere Metallplatte, wodurch jegliches Tageslicht innerhalb weniger Sekunden ausgeschlossen wurde. Jetzt sah man rein gar nichts mehr.

Dann verstummte der Alarm und es wurde gespenstisch still. Vereinzelte Rufe nervöser Besucher hallten durch die Räume. Hier und da vernahmen wir Schritte.

„Die Diebe sind schon hier“, flüsterte Marvin.

Wir blieben eng beieinander und regten uns nicht. Als endlich eine Notbeleuchtung anging und wir wieder etwas erkennen konnten, murmelte Marvin: „Irgendwas ist anders.“


Was hatte sich außer der Beleuchtung verändert?

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KAPITEL 03
Die fünf Verdächtigen

Marvin hatte den ganzen Morgen in diesem Raum verbracht und bemerkte gleich, dass die Flagge vom Stab der lebensgroßen Figur des Erfinders verschwunden war. Das war also mit an der Spitze versteckt gemeint. Auf der Flagge musste sich die gesuchte Schatzkarte befinden.

Die Museumsangestellten beruhigten die Anwesenden, aber keiner durfte das Gebäude verlassen. Alle sollten sich in der Eingangshalle versammeln. Wir beäugten die anderen Besucher misstrauisch, da einer von ihnen ein Dieb sein musste.

„Ich bitte Sie alle vielmals um Entschuldigung,“ sagte einer der Museumsmitarbeiter. „Mein Name ist Herr Wim. Ich bin hier für die Sicherheit zuständig. Der Alarm wurde wohl ausgelöst, weil ein Diadem von seinem Platz entfernt wurde. Es wurde allerdings nicht gestohlen, wir haben es an anderer Stelle wiedergefunden. Trotzdem ist das eine ernste Sache. Hat jemand von Ihnen etwas beobachtet? Wir sind für jeden Hinweis dankbar.“

„Hat keiner gemerkt, dass die Flagge gestohlen wurde?“, flüsterte Lilli.

„Dann sollten wir es ihnen sagen“, meinte Marvin.

„Nein, nein, nein“, zischte Lilli.

„Junge Dame, willst du dich dazu vielleicht äußern?“, fragte Herr Wim, während er zu uns herüberschritt, um sich schließlich vor Lilli aufzurichten. Er war ein älterer Mann mit grauen Haaren und Bart in einer dunkelblauen Uniform mit goldenen Knöpfen. Er stemmte beide Arme in die Hüften und musterte Lilli misstrauisch. Dabei wirkte er allerdings nicht furchteinflößend, sondern eher wie ein gemütlicher Bär.

„Ich? Nein.“

„Nun, wenn du etwas zu sagen hast, dann tue es jetzt. Die Polizei kommt gleich.“

„Könnte nicht doch etwas gestohlen worden sein?“

„Wieso fragst du? Nein, ich denke nicht.“

„Wie ist das mit dem Alarm?“


„Den kann man nur mit einer solchen Schlüsselkarte ausschalten“, sagte Herr Wim und zeigte uns stolz die rote Karte, die an einem Anhänger hing.

„Schön“, sagte Lilli. „Aber das meinte ich nicht. Während der Alarm ausgelöst ist, könnte man doch auch einen zweiten Gegenstand klauen. Das würde ja keinen zweiten Alarm auslösen, richtig?“

„Hmm, ja. Es gibt nur einen Alarm“, sagte er und kratzte sich am Bart. „Aber jedes Stück ist mit elektrischen Kontaktpunkten gesichert. Wir würden es merken, wenn ein Kontakt fehlt.“

„Was wäre, wenn man nur einen bestimmten Teil eines Ausstellungsstücks klauen wollte?“

„In Ordnung, das ginge vielleicht. Aber wer sollte das schon wollen?“, lächelte er.

„Ja, wer sollte das schon wollen“, grinste Lilli.

„Ja, genau“, lachte der Museumsangestellte, klatschte in die Hände und wandte sich wieder den anderen Besuchern zu. „Gut, wo waren wir? Also wie dem auch sei, ich bitte Sie noch um ein wenig Geduld. Die Polizei wird gleich eintreffen und Ihre Personalien aufnehmen. Da jedoch nichts gestohlen wurde, denke ich, Sie werden dann gehen können.“

„Warum willst du es ihm nicht sagen?“, flüsterte ich.

„Einer der Besucher hat die Flagge und darauf ist vermutlich die Schatzkarte“, sagte Lilli. „Sollten wir nicht rausfinden, wer der Dieb ist und was er oder sie damit vorhat?“

„Du meinst eine Verfolgung?“, sagte Marvin und klatschte aufgeregt in die Hände.

„Aber wer von denen ist unser Dieb?“, fragte ich.

„Ich habe nicht die leiseste Ahnung“, gab Lilli zu, als sie die Besucher beäugte.

„Zeig doch nochmal deine Zeichnungen von den Anwesenden, Marvin. Vielleicht finden wir darauf einen Hinweis,“ schlug ich vor.

Marvin hielt seinen Zeichenblock hoch. In den letzten Wochen und Monaten war er nur noch mit diesem Block und seinen Stiften zu sehen. Die Übung machte sich bemerkbar. Zwar zeichnete er meistens Tiere, weil er sie so liebte, aber Menschen schienen ihm auch zu liegen.

„Wow, das ist gut, Marvin“, sagte ich.

„Gut gemacht, Marvin“, stimmte Lilli zu.

Er lächelte verlegen. Unauffällig verglichen wir die Zeichnungen mit den anwesenden Personen.

„Hey, schaut mal hier!“, flüsterte Lilli und deutete auf eine der Abbildungen. „Vielleicht ist da die Flagge versteckt!“


Was hatte Lilli entdeckt?

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KAPITEL 04
Der Dieb

Marvins Zeichnungen entstanden allesamt, bevor der Alarm ausgelöst wurde. Zu dieser Zeit war der Mann mit Hut und Gehstock noch im Besitz einer gepunkteten Tasche. Betrachteten wir den älteren Herrn jetzt, so fiel auf, dass diese Tasche nicht mehr zu sehen war. Vielmehr lag sie nun im Ablagefach des Kinderwagens, den eine junge Mutter hin und her schaukelte.

Wir vermuteten also, dieser Mann mit Hut und Gehstock müsse der Übeltäter sein. Er bekam den Codenamen „Hut“. Nach unserer Theorie musste Herr Hut die Flagge gestohlen und in seine gepunktete Tasche gesteckt haben. Danach platzierte er eben diesen Beutel im Kinderwagen. Er wollte die Mutter das Diebesgut aus dem Museum schmuggeln lassen. Denn würde der Kinderwagen durchsucht, fiele der Verdacht so unmöglich auf ihn. Später wollte er der nichtsahnenden Frau die Tasche bestimmt wieder abluchsen.

 

Wir nahmen uns vor, Herrn Hut zu verfolgen. Sobald er die Tasche wieder an sich genommen hatte, wollten wir die Polizei einschalten. Sie würde ihn dann mitsamt dem Diebesgut verhaften.

Als die Polizisten im Museum eintrafen, verrieten wir folglich noch nichts von unserem Verdacht. Die Mutter mit ihrem Baby durfte das Museum kurz darauf verlassen, nachdem sie befragt worden und ihre Personalien notiert waren.

„Wir dürfen sie nicht verlieren“, flüsterte Lilli.

Nervös warteten wir auf unsere Befragung und brachten sie schnell hinter uns, indem wir sämtliche Fragen wie aus der Pistole geschossen beantworteten. Kurze Zeit später wurden wir von einem Polizisten in Richtung Ausgang geleitet. Doch zeitgleich mit uns durfte auch Herr Hut gehen.

Als er zu uns aufschloss, bemerkte ich ein Tattoo auf seinem Handrücken.

„Ihr versucht, die Mutter mit dem Kinderwagen zu finden. Ich bleibe an Herrn Hut dran“, sagte ich im Flüsterton, damit meine Zielperson davon nichts hörte. „Schaltet eure Walkie-Talkies an.“

Unauffällig holten wir unsere Walkie-Talkies hervor und stellten sie an.

Als sich die Türen des Museums öffneten, schlug uns eine gleißende Mittagshitze entgegen. Wir blickten auf ein vollkommen unübersichtliches Gewirr von Menschen: Der weitläufige Marktplatz durchlebte gerade die mittägliche Stoßzeit.

Wie von der Tarantel gestochen flitzte Herr Hut, der seinen Gehstock offenkundig gar nicht nötig hatte, plötzlich die Treppe hinunter und stürzte sich ins Marktgetümmel. Das traf mich völlig unerwartet. Erst nach einer Schrecksekunde setzte ich zur Verfolgung an und hatte da bereits den direkten Blickkontakt verloren. Ich durfte Herrn Hut nicht entkommen lassen. Für Lilli und Marvin galt es, die Mutter, das Baby und vor allem die im Kinderwagen versteckte Tasche mit der Flagge zu entdecken. Wir hetzten die Stufen hinab.

Der Polizist, der uns zum Ausgang geleitet hatte, blickte uns nach und schüttelte verwundert seinen Kopf.

Schon nach wenigen Metern im Gedränge des Marktes sank meine Hoffnung. Von Herrn Hut fehlte jede Spur. Hektisch sah ich mich um.

„Ich sehe ihn nicht mehr“, sprach ich in mein Walkie-Talkie.

Marvin meldete sich: „Da ist ein Turm am Ende des Platzes. Oben ist ein Café mit Balkon.“

„Von da hat man sicher einen guten Ausblick“, antwortete ich.

„Okay, bis gleich“, sagte Lilli. „Ich habe mein Fernglas dabei.“

Das Café war ein piekfeines Etablissement. Als wir in den Eingangsbereich traten, verlangsamten wir automatisch unsere Schritte. Die klassische Musik, die Kellner mit Fliege und die an einen alten Königspalast erinnernde Innenausstattung bremsten uns irgendwie aus. Aber nicht lange.

Lilli erblickte die mit einem roten Teppichläufer ausgekleidete Wendeltreppe und stürzte empor. Kurz darauf fanden wir uns auf dem engen Balkon wieder und sahen uns vielen skeptischen Blicken ausgesetzt. Lilli schien das wenig zu interessieren, denn sie suchte bereits den Marktplatz mit ihrem Fernglas ab.

„Da ist sie! Ich habe sie!“, rief Lilli freudig.

„Die Mutter mit dem Kinderwagen? Wo?“, fragte ich.

„Wartet. Sie hat die Tasche nicht mehr!“

„Das kann nicht wahr sein“, murmelte ich.

„Doch. Sie ist weg“, sagte Lilli und hielt uns das Fernglas hin.

Marvin packte es und sah hindurch.

„Gehören Sie zu einem der Tische?“, fragte uns nun ein Kellner.

Lilli und ich tauschten einen kurzen, aber vielsagenden Blick aus.

„Falls nicht, muss ich Sie bitten zu gehen.“

„Ich glaube, ich sehe die Tasche!“, schrie Marvin aufgeregt, woraufhin sich sämtliche Gäste nach uns umsahen.

„Wo?“, rief Lilli.

„Bitte geht nun“, sagte der Kellner und legte seine Hand auf Marvins Oberarm.

„Ein Stück Erdbeerkuchen“, rief Marvin laut und schüttelte die Hand ab.

„Das macht 12 Euro“, mahnte der Kellner.

„Er hat sich umgezogen!“, rief Marvin. „Aber das ist Herr Hut. Eindeutig. Er hat die Tasche!“


Kannst du den Mann mit dem Codenamen „Hut“ entdecken?

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