Fake Love

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7

Reed

Erschöpft von einem zweistündigen Training schleppe ich mich in die Umkleidekabine. Als ich heute Morgen total verschlafenen in die Arena ging, hatte die Sonne kaum über den Horizont geschaut.

Wir haben noch ein paar Wochen Zeit, bevor die Saison im Oktober beginnt. Ob du es glaubst oder nicht, die Vorsaison ist anstrengender als die Saison selbst. Denn in der Vorsaison wird die eigentliche Arbeit erledigt. Coach R ist wie ein Drill-Sergeant auf dem Eis. Er hat keine Skrupel, uns sechs Tage in der Woche in den Hintern zu treten, um uns fit zu machen. Wir haben immerhin das Glück, sonntags freizubekommen.

Wenn einem die Art und Weise, wie er sein Programm durchzieht, nicht gefällt, wird er demjenigen den Weg zur Tür zeigen. Mit seinem Stiefel Größe elf. Die Red Devils haben einen Kader von sechzig Spielern, es gibt also mehr als genug Talente, die nur auf die Chance warten, eine freie Stelle zu besetzen, wenn irgendein armer Bastard ausscheidet.

Es mag zwar viel Gemecker geben, aber wenn Trainer R. da ist, halten die meisten die Klappe.

Ich war heute Morgen wahrscheinlich der Einzige, der die vom Trainer verhängte Strafe gut fand. Die meisten Jungs waren noch verkatert von der Nacht zuvor. Jessie Adams übergab sich in einen Mülleimer der bei den Bänken stand. Gott sei Dank war er dabei nicht auf dem Eis, sonst wäre er nicht der Einzige gewesen, der kotzen musste.

Die Schreie und Pfiffe des Trainers heute Morgen waren das Einzige, was mich von Gedanken an Emerson abgelenkt hat.

Und von diesem Kuss …

Scheiße.

Ich gebe zu, dass es dumm von mir war. Ich hätte der Versuchung nicht nachgeben dürfen. Sobald ich auf den Geschmack gekommen war, hatte ich verloren. Ich musste mehr haben. Aber es war nicht annähernd genug. Als ich wieder klar denken konnte, beendete ich den Kuss. Jetzt, nachdem ich ihre vollen Lippen gespürt habe, bin ich nicht sicher, ob es einen Weg zurück gibt.

Es war eine weise Entscheidung von ihr, mich nicht in ihre Wohnung zu lassen. Nachdem ich Em gestern Abend abgesetzt hatte, ging ich nach Hause. Ich hatte überlegt, ob ich nicht zur Party zurückkehren und mich ein zweites Mal mit diesem betrügerischen Sack voller Scheiße anlegen sollte, aber ich tat es dann doch nicht. Stattdessen ging ich früh ins Bett und versuchte, nicht an Emerson zu denken.

Ich lasse meinen Schläger in die Ablage fallen und gehe zur Bank, bevor ich mein Trainingstrikot ausziehe. Meine Schulter- und Ellbogenpolster nehme ich als Nächstes ab. Mit einem Ächzen sinke ich auf die Bank und schnüre meine Schlittschuhe auf. Die Umkleidekabine füllt sich mit lauten Stimmen.

Nun, da das Training vorbei ist, leben alle wieder auf.

Was für ein Haufen Schlappschwänze.

Da ich nicht daran interessiert bin, diesen Typen zuzuhören, wie sie sich das Maul zerreißen, blende ich alles um mich herum aus. Jetzt, mit Ende des Trainings, schiebt sich Emerson in den Vordergrund meiner Gedanken. Ich bin immer noch verwirrt über die Tatsache, dass sie eine Jungfrau ist. Wenn Em die Information nicht selbst bestätigt hätte, hätte ich es nie geglaubt.

Nicht in einer Million Jahren.

"Hey, Philips, ist es wahr?"

Ich schaue auf. Jessie, dessen Farbe allmählich wiederkehrt, lehnt sich lässig an seinen Spind. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, seine Polster auszuziehen. Ein Grinsen liegt auf seinem Gesicht. Das allein zeigt mir schon, dass mir dieses Gespräch nicht gefallen wird.

Als ich nichts sage, fährt er fort. "Ist die süße kleine Emerson noch Jungfrau?"

Mein Kiefer verkrampft sich, ein paar andere Jungs drehen sich um und starren in unsere Richtung, ihre Mimik zeigt, wie neugierig sie sind. Gestern Abend habe ich die Chance verpasst, Tyler richtig zu verprügeln, aber es sieht so aus, als könnte ich meine Wut an dieser Dumpfbacke auslassen.

Ich stehe auf. Auch ohne meine Schlittschuhe bin ich immer noch größer als er. "Halt dein verdammtes Maul, Adams." Ich steche mit einem Finger in seine Richtung und belle: "Bevor ich es dir stopfe!"

Jessie zuckt mit den Achseln, sein Grinsen verwandelt sich in ein verschmitztes Lächeln. Es wäre ein Vergnügen, es ihm vom Gesicht zu schlagen. "Beruhige dich, Mann. Du brauchst dir nicht gleich in die Hose zu machen. Ich frage nur, ob das, was ich gehört habe, wahr ist." Er wackelt mit den Augenbrauen. "Denn, wenn das so ist, möchte ich als erster meine Dienste anbieten. Ich wäre mehr als glücklich, diese überreife Kirsche zu knacken."

Ein Knurren vibriert in meiner Brust, als eine Handvoll Jungs mit dem, was sie mit Emerson machen wollen, einstimmen.

"Ich würde diese jungfräuliche Muschi die ganze Nacht lang ficken!", ruft jemand.

In der Umkleidekabine erklingt schroffes Gelächter, bis ich kurz davor bin, die Beherrschung zu verlieren.

"Wieso hast du den heißen Arsch noch nicht abgecheckt, Philips? Das Mädchen hat einen verdammt süßen Körper." Alex McAvoy kreist mit den Hüften und stöhnt, als würde er gleich kommen. Ich bin sicher, so klingt er im Badezimmer, wenn er sich einen rubbelt.

Nicht, dass ich das wissen will.

Oder du es wissen willst.

Ein paar der Jungs werfen Bälle aus wattiertem Klebeband nach ihm, und er schlägt sie mit einem Lachen weg.

"Das war’s", murmele ich. Es ist mir egal, ob ich jeden in der Mannschaft verprügeln muss. Niemand spricht so über Emerson und kommt damit durch. Em war schon immer tabu, was diese Schwachköpfe betraf.

Eine schwere Hand fällt auf meine Schulter und drückt mich zurück auf die Metallbank. Colton ist nicht nur unser Starttorwart, er ist auch Kapitän, wie ich. "Entspann dich. Du weißt, dass sie dir nur auf den Sack gehen wollen. Niemand wird sie anfassen." Er blickt in die Runde und brüllt: "Jetzt haltet die Klappe, bevor ich zulasse, dass Philips euch in eure dummen Ärsche tritt."

Sobald sich die Mannschaft beruhigt hat, setzt sich Colton auf die Bank gegenüber von mir.

Er kommt ohne Umschweife auf den Punkt. "Was willst du in dieser Situation unternehmen?"

Ich runzele die Stirn und ziehe meine Schienbeinschützer aus. "Von welcher Situation sprichst du?" Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass ich weiß, worauf er anspielt.

Colton schaut mich ungeduldig an, bevor er mit seinem Daumen zu den Idioten deutet, die ich als meine Freunde betrachte. Die meisten sind nackt, um zur Dusche zu gehen. "Was auch immer geschieht, ist Emersons Privatsache. Aber du weißt verdammt gut, dass es Typen geben wird, die ihr nur nachstellen, weil sie eine Jungfrau ist. Dank ihres idiotischen Freundes hat sie jetzt eine riesige Zielscheibe auf dem Rücken." Seine dunklen Augen bohren sich in meine. "Das wirst du nicht zulassen, oder?" Er macht eine weitere Pause. "Du willst doch nicht zusehen, wie irgendein Arschloch sie benutzt, um hinterher damit zu prahlen?"

Scheiße!

Ich streife mir meine schweißnassen Haare aus dem Gesicht, als seine Worte zu mir durchdringen. So sehr ich auch hasse, es zuzugeben, aber Colton hat recht.

Wieso habe ich das nicht schon vorher gesehen?

Ihre Enthüllung hatte mich so umgehauen, dass ich nicht daran dachte, wie sie das für einen Typen, dem es nur darum geht, eine Jungfrau zu bumsen, interessant machen würde.

Der Gedanke, dass ein Arschloch das tut, macht mich krank.

Ich darf das nicht zulassen.

Colton steht auf und zieht den Rest seiner Schutzkleidung aus. "Überlege dir gut, was du tun wirst, Mann. Es ist offensichtlich, dass du Gefühle für sie hast."

Verdammt richtig, ich mag Em. Sie ist meine beste Freundin. Sicher, manchmal mögen diese Gefühle die Grenze überschreiten, aber es sind immer noch freundschaftliche Gefühle. Ich möchte keine feste Freundin haben und ich bin ganz bestimmt nicht darauf aus, unsere Beziehung zu versauen.

Ich tue also das Einzige, was ich tun kann. Ich widerspreche.

"Nein." Ich schüttle den Kopf. "Du kapierst das nicht. Em und ich sind nur Freunde. Das weißt du doch." Ich versuche, zu schlucken, aber mein Mund ist zu trocken. Um meine Hände zu beschäftigen, hole ich eine Flasche Wasser aus meinem Spind und trinke sie in einem Zug aus. Aber es hilft nicht, meine ausgetrocknete Kehle zu befeuchten.

Colton zieht die Augenbrauen zusammen und studiert mich, bevor er sein Brustpolster abschnallt. "Weiß ich das?"

"Ja." Ich schaue weg. Colton hat schon immer Leute gut einschätzen können. Meistens ist das von Vorteil. Aber im Moment?

Nicht so sehr.

Als er nichts weiter sagt, stoße ich einen erleichterten Atemzug aus und gehe schnell zu den Duschen, bevor er weitere unerwünschte Bemerkungen von sich geben kann.

8

Emerson

Es klopft kurz an meiner Tür, bevor sie aufgestoßen wird und Brinley ihren Kopf in mein Zimmer steckt. Als sie sieht, dass ich schon wach bin, kommt sie zum Bett und lässt sich auf mich fallen.

Ich grunze, als ihr Arsch auf meine Hüfte knallt.

Ihr dickes blondes Haar steht ihr wirr vom Kopf ab. Sie sieht aus, als hätte sie ihre Finger in eine Steckdose gesteckt.

"Wohin bist du gestern Abend verschwunden?", fragt sie mit einem lauten Gähnen und streckt sich. "Ich habe ein paarmal versucht, dich auf dem Handy zu erreichen, aber du bist nicht rangegangen."

Ich stöhne. Ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, Brinley anzurufen oder ihr eine SMS zu schicken, als ich die Party verließ.

 

"Ich habe mir Sorgen um dich gemacht", fügt sie hinzu und sticht mir den Finger in die Schulter. "Es wird nicht umsonst das Kumpel-System genannt." Sie macht eine Pause. "Und du hast mich im Stich gelassen, Kumpel."

Das schlechte Gewissen überrollt mich. "Es tut mir leid, Brin. Ich hätte dir Bescheid sagen sollen." Ich fahre mit der Hand durch mein Haar und versuche, es zu glätten. Ich habe das Gefühl, dass es ähnlich wie Brinleys überall hochsteht. "Die letzte Nacht wurde zu einem totalen Desaster."

Ihre Augen leuchten auf vor Interesse. "Wirklich? Was ist passiert?"

Ich seufze. "Zunächst einmal fand ich Tyler in einem Schlafzimmer, wo ein Mädchen gerade an seinem ..."

"Nein!", schreit sie und schneidet mir das Wort ab. Brins Augen sehen aus, als würden sie gleich aus den Augenhöhlen fallen. "Du hast ihn tatsächlich auf frischer Tat ertappt?"

"Leider." Das Saugen und Wippen des Mädchens über Tylers Schritt ist etwas, das ich nicht so schnell vergessen werde.

Brinley zieht ihre Unterlippe zwischen die Zähne und schaut mich an. "Mist. Das macht das, was ich dir zu sagen habe, noch schlimmer."

"Was?", flüstere ich. Dann halte ich es nicht länger aus: "Sag es mir einfach!" Meine Welt ist bereits total auf den Kopf gestellt worden. Wie viel schlimmer kann es werden?

Brinley dreht sich um, bevor sie sich die Haare aus den Augen streift. "Ich will nicht, dass du dich aufregst, aber ..."

Dafür ist es zu spät.

"Ich habe gestern Abend auf der Party einige Leute darüber reden hören, dass du noch Jungfrau bist." Sie wirft ihre Hände in einer Geste der Kapitulation hoch. "Ich schwöre beim Leben meiner Oma, Em, dass ich nie ein Wort darüber verloren habe. Diese Info war in mir so sicher wie in einem Safe. Ich habe nie was gesagt."

Luft strömt aus meinen Lungen und ich bin erleichtert, dass es nichts Neues zu meiner Liste mit Problemen hinzuzufügen gibt. "Das war Tyler. Er ist derjenige, der mich geoutet hat. Offensichtlich ist meine sexuelle Unerfahrenheit der Grund dafür, dass er sich mit einem anderen Mädchen vergnügt hat."

"Was für ein Arschloch." Wut zeichnet sich auf ihrem hübschen Gesicht ab. "Geht es dir gut?"

"Ja." Ich zucke mit den Achseln und wiederhole mein neues Mantra. "Es ist nicht das Ende der Welt. Ich werde es überleben."

"Es tut mir leid, Em", sagt sie leise, die Stimme voller Empathie, als sie ihre Hand auf meine Schulter legt und sie drückt. "Das war total beschissen von Ty." Sie macht eine kurze Pause. "Gott sei Dank warst du nicht mit ihm im Bett. Das wäre so eine Verschwendung gewesen."

Ich überlasse es Brin, den Silberstreif an einem ansonsten mit Mist gefüllten Horizont zu sehen.

Im Moment wünsche ich mir, dass ich meine Jungfräulichkeit längst verloren hätte. Dann wäre ich nicht in dieser Zwickmühle.

Brittney Spears' Baby, Hit Me One More Time füllt den Raum. Mein Klingelton für Reed. Er hasst dieses Lied, und normalerweise reicht allein das aus, um ein Lächeln auf meine Lippen zu zaubern. In der Highschool habe ich diesen Song auf einer seiner Playlists gefunden. Was wäre ich für eine Freundin, wenn ich das nicht ausnutzen würde? Jedes Mal, wenn es ihm gelingt, mein Handy in die Hände zu bekommen, ändert er den Klingelton in etwas Männlicheres.

Hardrock mit einem tief pumpenden Bass. Ein Gitarrensolo.

Es spielt keine Rolle, wie oft er den Ton löscht, ich ändere ihn gleich wieder zurück.

Als ich nicht sofort nach meinem Telefon auf dem Nachttisch greife, hebt Brinley die Augenbrauen. "Willst du nicht rangehen?"

Ich schüttle den Kopf.

Ich habe den Überblick verloren, wie oft Reed heute Morgen versucht hat, anzurufen. Nach allem, was gestern Abend passiert ist, brauche ich ein wenig Abstand. Obwohl mir Tylers große Verkündung im Kopf herumspukt, kann ich nicht aufhören, daran zu denken wie Reed mich geküsst hat.

Ich möchte es unbedingt Brinley erzählen, aber trotzdem behalte ich es für mich. Was bringt es, darüber zu reden? Es ist nicht so, als würde es etwas bedeuten. Es war ein Kuss unter Freunden. Ein Trost für einen beschissenen Abend.

"Wow", murmelt sie. "Die Situation ist viel schlimmer, als ich vermutet habe, wenn du nicht mit Reed sprechen willst."

Ganz genau.

Mein Leben ist implodiert, und ich kann mich nicht an die eine Person wenden, bei der ich normalerweise Trost suchen würde. Was alles nur noch schlimmer macht.

"Ich werde später mit ihm sprechen", murmle ich.

"Weiß er, was mit Tyler passiert ist?"

"Ja." Ich seufze. Die blutigen Details noch in lebhaften Farben in meinem Kopf. "Reed und ich waren zusammen, als wir ihn gefunden haben." Ich halte inne, bevor ich zugebe: "Reed hat Ty geschlagen. Zweimal."

"Gut." Brin sieht durch diese Information ein wenig beschwichtigt aus. "Ich wünschte nur, ich hätte es selbst sehen können."

Jetzt, wo sie auf dem Laufenden ist, schweigen wir beide.

"Du wirst Ty nicht zurücknehmen, nach dem, was er getan hat, oder?", fragt sie.

Glaubt Brin ernsthaft, dass ich nach dem, was ich gesehen habe, bei ihm bleiben würde?

Zum Teufel, nein.

Es gibt viele Typen auf diesem Campus, die meinen, dass sie einen Freifahrtschein für schlechtes Benehmen haben. Leider gibt es auch mehr als genug Tussis, die bereit sind, einem nichtsnutzigen, betrügerischen Arschloch so was durchgehen zu lassen.

Ich gehöre nicht zu diesen Mädchen.

Mein Gesichtsausdruck wird grimmig. "Ich habe ihm gesagt, dass es mit uns vorbei ist. Ich glaube nicht, dass ich ihn jemals anschauen kann, ohne das Mädchen über seinen Schritt gebeugt zu sehen." Eine Welle des Ekels rollt durch mich hindurch.

"Widerlich." Sie zieht die Nase kraus, als hätte sie gerade etwas Übles gerochen. "Das ist kein Bild, das ich in meinem Kopf haben möchte."

"Ich auch nicht, aber dafür ist es zu spät."

"Wenn ich ehrlich bin, habe ich nie gedacht, dass ihr beide zusammenpasst."

Das hatte ich schon immer vermutet. "Warum?"

"Ich weiß nicht." Sie zuckt mit den Schultern. "Ihr seid einfach so verschieden. Er lebt gern im Moment und ist total auf seine blöde Studentenverbindung fixiert. Du machst dir Sorgen um deine Noten und um deine Zukunft nach dem Examen." Sie macht eine Pause, bevor sie hinzufügt: "Außerdem schien es dir nie so wichtig zu sein, Zeit mit ihm zu verbringen. Du machst lieber was Reed als mit deinem Freund."

Sie hat recht.

Tyler und ich haben unterschiedliche Ansichten. Aber das war schon immer Teil seines Charmes. Er nimmt das Leben nicht so ernst. Er hat Spaß und ist leicht zu händeln. Und er hat nie hohe Anforderungen an unsere Beziehung gestellt.

Nicht, dass es noch eine Rolle spielt, aber ich frage mich, ob er mich die ganze Zeit verarscht hat. Ich schätze, wenn du dir den Schwanz von anderen Tussis lutschen lässt, brauchst du keine Freundin, die das für dich tut. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass er nichts gesagt hat, als ich unsere körperliche Beziehung langsam angehen wollte.

"Es tut mir leid, dass ich gestern Abend nicht für dich da war", sagt Brin.

Ich wiegele ihre Entschuldigung ab. "Mach dir keine Sorgen. Ich hätte nicht gehen sollen, ohne dir Bescheid zu geben."

Auf einmal wird Brin munter. "Hey, ich weiß genau, was dir helfen wird, dich besser zu fühlen."

Den Rest des Wochenendes im Schlafanzug verbringen? Ein Saufgelage mit Gossip Girl und einer extragroßen Peperonipizza? Eine Gallone Eiscreme inhalieren?

Das könnte funktionieren.

"Ich habe gehört, es gibt da eine Riesenparty ..."

Ist Brin nicht mehr bei Sinnen?

"Auf keinen Fall!" Ich schüttle den Kopf und deute mit einem Finger auf das Bett, auf dem wir beide sitzen. "Ich werde diese Wohnung nicht verlassen. Meine Pläne sehen vor, mich so lange zu verkriechen, bis alles vorbei ist."

"Bist du nicht zur Schicht um neun Uhr eingeplant?"

Ich stöhne und blicke auf die Uhr auf dem Nachttisch. "Das hätte ich fast vergessen!" Ich werfe die Decke ab, springe vom Bett und renne zum Schrank. Dort ziehe ich meine rosa Kellnerinnen-Uniform heraus, die in Stella's Diner zur Standardausrüstung gehört.

Stella, die Besitzerin, denkt, es würde den Kellnerinnen Spaß machen, Fünfziger-Jahre-Retro-Uniformen zu tragen. Ich bin kein großer Fan davon, aber die Kunden scheinen es zu mögen. Wir bekommen immer eine Menge Komplimente.

Abgesehen vom Outfit liebe ich die Arbeit im Diner. Stella gab mir eine Chance und stellte mich im ersten Jahr ein, seither bediene ich dort. Die Trinkgelder sind gut, aber es sind die Menschen da, die ich liebe. Stella und ihr Mann Hank sind für mich wie eine Familie geworden. Es gibt nichts, was ich nicht für sie tun würde.

"Du könntest dich krank melden", bietet Brin von ihrem bequemen Platz auf meinem Bett aus an, während sie mir zusieht, wie ich mich in mein Kleid hangele und die Vorderseite zuknöpfe.

So verlockend die Idee angesichts meiner derzeitigen Lage auch ist, ich schüttle den Kopf. "Das kann ich Stella nicht antun. Vielleicht hilft es mir ja, eine Weile rauszukommen und nicht über das, was passiert ist, nachzudenken. Ich bin sicher, dass im Restaurant viel los sein wird."

Sie lächelt und zeigt mit dem Finger in meine Richtung. "Du hast absolut recht, es wird dir guttun, aus der Wohnung rauszukommen."

"Vergiss es." Ich nehme meine Haare zu einem einfachen Pferdeschwanz hoch. "Ich gehe nicht auf die Party. Vielleicht werde ich, nachdem sich dieses Jungfrauengerücht gelegt hat, darüber nachdenken, mein Gesicht auf dem Campus wieder zu zeigen."

Sie winkt ab. "Es waren nur ein paar Leute auf der Party, die darüber getratscht haben. Ich bin sicher, dass es schon vergessen ist."

"Ich hoffe es", murmle ich und schlüpfe in meine rosa Converse-Schuhe. Ich habe kaum Zeit zum Verschnaufen, bevor ich mir meine Handtasche von der Kommode schnappe und zur Tür hinausstürme.

Ich kann nur hoffen, dass meine Schicht im Diner weniger ereignisreich ist als die Party gestern Abend.

9

Reed

Ich schaue frustriert auf mein Handy, als mein Anruf direkt zur Mailbox geht. Warum geht Emerson nicht an ihr verdammtes Telefon? Ich habe mittlerweile etliche Nachrichten hinterlassen und keinen Pieps als Antwort bekommen.

Das gefällt mir nicht. Kein bisschen.

Meidet sie mich?

Emerson ignoriert meine Anrufe sonst nie.

Wenn sie glaubt, ich belasse es dabei, dann liegt sie falsch. Sie sollte mich besser kennen. Nun, da ich mit dem Training fertig bin, kann ich zu ihr gehen.

Meine Gedanken kreisen wieder um das, was Colton in der Umkleidekabine gesagt hat. So ungern ich es zugebe, aber er hat recht damit, dass die Jungs jetzt, wo sie wissen, dass sie Jungfrau ist, hinter ihr her sein werden. Es wird eine Herausforderung sein.

Wir brauchen einen Plan.

Ich habe mir schon eine Vorgehensweise ausgedacht. Sie muss nur noch zustimmen.

Gerade als ich auf den Schlüssel zu meinem Truck drücke, wird mir klar, dass Emerson wahrscheinlich die Frühschicht bei Stella hat. Das muss der Grund sein, warum sie nicht an ihr Telefon geht.

Em geht mir nicht aus dem Weg, sie ist beschäftigt.

Ich weiß nicht einmal, warum ich zu diesem Schluss gekommen bin.

In Ordnung, doch, das weiß ich.

Es ist der Kuss. Ich habe keine Ahnung, was sie dabei gefühlt hat. Vielleicht hätte ich mich mit ihr zusammensetzen und darüber reden sollen, aber ich habe den Moment verstreichen lassen.

Sobald ich mich hinter das Lenkrad des Trucks gesetzt und den Motor gestartet habe, fahre ich vom leeren Parkplatz in der Nähe der Sportarena weg. Stella's Diner befindet sich etwa eine Meile vom Campus entfernt an der Hauptstraße, was bedeutet, dass es ein gemischtes Publikum von Leuten, die in der Stadt leben, sowie eine Reihe von Studenten aus dem College, anzieht.

Das Diner ist ein Retro-Fünfzigerjahre-Nostalgie-Laden. Der Boden besteht aus schwarz-weiß karierten Fliesen und die Decke ist mit silber glänzendem Blech verkleidet. Gerahmte Fotografien alter Hollywood-Stars schmücken die Wände. Die Bänke sind mit leuchtend rotem Leder bezogen, die Tische haben glänzend weiße Linoleumoberflächen.

 

Ich liebe es, dort zu sein. Hank macht das beste Salisbury-Steak mit Kartoffelpüree, das ich je gegessen habe. Der Typ ist ein kulinarischer Zauberkünstler. Ich würde es jeden Abend nach dem Training verschlingen, wenn ich könnte. Obwohl es zweifelhaft ist, dass meine Arterien mir dafür danken würden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass ich Emerson in ihrer engen rosa Kellnerinnen-Uniform sehe, die jede ihrer Kurven betont. Ja, ich sollte nicht hinsehen, aber ich bin ein Kerl. Ich kann nicht umhin, zu bemerken, wie heiß sie ist.

Sobald ich durch die Glastür trete, entdecke ich Em bei ein paar Leuten, die etwa in unserem Alter sind. Jede Wette, dass sie auf die Southern gehen. Em lächelt, während sie ihre Bestellungen aufnimmt. Meine Augen werden schmal, als ich sehe, wie sie mit ihr flirten, jeder von ihnen schreit regelrecht nach ihrer Aufmerksamkeit.

Normalerweise würde mich das nicht stören. Es gehört zu ihrem Job, freundlich zu sein. Aber aus irgendeinem Grund nervt es mich heute Morgen. Sobald sie ihre Bestellung auf dem Notizblock notiert hat, gehe ich zum Tisch und greife nach ihrer Hand.

Ihre Augen weiten sich, als sie mich sieht. "Reed! Was machst du hier?"

"Wir müssen reden." Ohne auf eine Antwort zu warten, ziehe ich sie zur Kasse, zu Stella. Die ältere Frau strahlt. Ich komme schon so lange ins Diner, wie Emerson dort arbeitet. Stella liebt mich. Außerdem schadet es nicht, dass ich ein paar Sachen im Restaurant repariert habe. Mein Vater verließ uns, als ich etwa zehn Jahre alt war, und meine Mutter heiratete nie wieder. Ich habe bereits früh gelernt, wie man undichte Rohre flickt und Trockenbauwände setzt. Es ist erstaunlich, was man im Internet alles lernen kann. Gib mir YouTube und ich könnte mit verbundenen Augen durch die Schweizer Alpen fliegen.

"Reed, was für eine nette Überraschung", grüßt Stella. "Möchtest du, dass Hank dir etwas zum Frühstück macht? Wir haben eine neue Spezialität in die Speisekarte aufgenommen – wir nennen sie den Red Devil Grand Slam. Er wird mit drei Eiern, Schinken, Speck, zwei Pfannkuchen und einer Beilage Rösti-Ecken serviert. Dafür muss man einen großen Appetit mitbringen." Sie zwinkert mir zu. "Das ist nichts für schwache Nerven."

Oder für jemandem, der ein Herzleiden hat.

Mir knurrt der Magen, wenn ich an das Essen denke. Ich könnte all das ohne Probleme zum Frühstück verputzen. "Das hört sich gut an." Ich denke darüber nach und schaue Emerson an, deren Stirnrunzeln sich vertieft hat. Dann erinnere ich mich, was mich dazu bewogen hat, überhaupt vorbeizuschauen.

Leider war es nicht das Frühstück. Hätte ich klar gedacht, hätte ich einen der Proteinriegel, die ich immer im Handschuhfach liegen habe, gegessen. Nach dem zweistündigen Training fühle ich mich, als würde mein Magen seine eigene Schleimhaut essen.

"Nein, alles gut. Darf ich mir Em für eine Minute ausleihen? Es wird nicht lange dauern."

Emersons Kinnlade fällt herab, als ich sie übergehe und direkt ihre Chefin frage.

Du hättest an dein verdammtes Telefon gehen sollen, Mädchen.

Stella schaut sich prüfend im Restaurant um. "Aber sicher, mein Junge. Ich werde für Em einspringen, während sie eine kurze Pause macht." Stella streckt ihre Hand mit den fuchsiafarben gelackten Nägeln aus. "Hast du die Bestellung aufgenommen?"

Emerson brummt vor sich hin, als sie das oberste Blatt von ihrem Notizblock abreißt und es ihr gibt, bevor sie sich in dem überfüllten Diner umsieht. "Bist du sicher, dass ich eine Pause machen soll? Wir hatten den ganzen Morgen reichlich zu tun."

Stella wiegelt Ems Bedenken ab und scheucht uns zur Rückseite des Restaurants.

Das brauche ich mir nicht zweimal sagen zu lassen, daher schließe ich meine Finger um Emersons Hand und schleife sie in das Hinterzimmer, wo das Personal seine Pausen macht und die persönlichen Sachen aufbewahrt. Sobald wir über die Schwelle treten, reißt Em ihre Hand los und verschränkt die Arme vor der Brust.

Ich kann nicht umhin, zu bemerken, wie die Bewegung ihre Titten zusammendrückt, sodass sie noch runder und weicher aussehen als sonst. Ich schaue weg, bevor sie mich dabei erwischt, wie ich sie abchecke.

"Ich bin mitten in meiner Schicht, Reed. Was immer du zu besprechen hast, hätte bis später warten können."

Ich öffne den Mund, um ihr von dem Plan zu erzählen, den ich ausgeheckt habe, als sie mich abrupt unterbricht.

"Wenn es was mit letzter Nacht zu tun hat, will ich nicht darüber reden." Ihr dicker Pferdeschwanz schwingt hin und her, als sie den Kopf schüttelt. "Niemals."

"Es geht nicht um letzte Nacht", lüge ich.

"Okay." Ihre Schultern fallen herab und ein Seufzen entweicht ihren Lippen. "Gut."

Als sie mich erwartungsvoll anstarrt, murmle ich: "Vielleicht hat es ein bisschen was mit der letzten Nacht zu tun."

"Reed …"

Ich halte meine Hände hoch, Handflächen nach außen. "Hör mich einfach an, okay? Das ist alles, worum ich dich bitte, und dann werden wir die Sache nie wieder diskutieren."

Das ist eine weitere Lüge.

Sie presst ihre Lippen aufeinander, aber sie unterbricht mich nicht, was ein ermutigendes Zeichen ist. Emerson mag klein sein, doch sie ist gerade heraus. Ich habe das auf die harte Tour gelernt. Abgesehen von Mom ist Em die einzige Person, bei der ich nicht in Ungnade fallen möchte. Bei jedem anderen wäre mir das scheißegal. Aber Em ist nicht irgendwer. Ich hasse es, wenn sie sauer auf mich ist. Es geht mir unter die Haut wie ein Ausschlag. Das kommt nicht sehr oft vor, aber es gab schon einige Male, bei denen wir aneinandergerasselt sind.

Ist es mir peinlich, zuzugeben, dass ich wie ein billiges Kartenhaus zusammenklappe, wenn es um Emerson geht?

Nein. Ganz und gar nicht.

Macht mich das zu einer Pussy?

Wahrscheinlich, aber damit kann ich leben.

Ich räuspere mich. "Ich dachte, dass wir miteinander ausgehen sollten."

Jetzt, nachdem ich die Bombe abgeworfen habe, entspanne ich mich und warte auf ihre Reaktion.

Es dauert nicht lange.

"Ausgehen?" Sie zieht die Nase kraus, als ob sie nicht versteht, was das bedeutet. "Wie ... ein Date?"

Ein erleichtertes Lächeln legt sich auf meine Lippen, als ich nicke. "Ja! Das ist genau das, was wir tun sollten. Wir werden ein Paar sein."

Sie mustert mich, bis ich unter der Unerbittlichkeit ihres Blicks unruhig werde. Sie lacht. Mein Gesichtsausdruck schwankt, als sich ihr Lachen in lautes Gelächter verwandelt und sie sich praktisch schüttelt vor Lachen.

Das war nicht die Antwort, die ich von ihr erwartet hatte.

Überhaupt nicht.

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