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1.3 ARBEITSKOLLEGINNEN UND -KOLLEGEN KRITISIEREN


Seit Kurzem habe ich einen neuen Arbeitskollegen. Nun fällt mir einiges an seinem Verhalten auf, das für mich nicht stimmt. Ich habe aber Mühe damit, Kritik zu äußern. Wie soll ich ihm sagen, dass er mir nicht ins Wort fallen soll oder sein Geschirr abräumen soll? Ich habe einmal gehört, dass es stilvoll sei, Kritik mit einer Ich-Botschaft zu formulieren. Wie mache ich das?

Kritisieren ist keine leichte Aufgabe: Einerseits möchten wir, dass sich etwas zum Positiven verändert, andererseits sehen wir die Gefahr, dass unser Gegenüber verletzt oder beleidigt reagiert und die Situation sich verschlimmert.

Fest steht: Niemand wird gerne kritisiert. Je nachdem wie Kritik geäußert wird und wie stark und gefestigt die Persönlichkeit der oder des Kritisierten ist, kann die Kritik angenommen werden. Es kann aber auch sein, dass sie als lästig, feindselig oder verletzend erlebt wird.

Die Frage ist also: Wie gelingt es mir, dass die andere Person mich versteht, ohne dass sie sich dabei angegriffen fühlt oder dass ich sie dabei verärgere?

Hier kommt die Ich-Formulierung ins Spiel. Eine Ich-Botschaft beinhaltet grundsätzlich keinen Angriff, sondern schafft Transparenz. Sie geht weit über eine sachliche Mitteilung hinaus. Sie ist eine ehrliche und offene emotionale Äußerung, die die eigene Meinung und die dabei empfundenen Gefühle mitteilt.

Ziel ist es, der Gesprächspartnerin oder dem Gesprächspartner eine klare Beschreibung einer Situation oder eines Verhaltens zu geben und die damit verbundenen eigenen Gefühle, Bedürfnisse, Interessen und Wünsche zu vermitteln. Eine Ich-Botschaft wird am besten in einem Kommunikationsprozess formuliert, der vier Schritte vorsieht. Ich nenne es das 4-B-Modell.


KURZ UND KNAPP

— Kritisieren ist keine leichte Aufgabe.

— Eine Ich-Botschaft wird am besten in vier Schritten formuliert, zum Beispiel mit dem 4-B-Modell.


BUCHTIPPS

— Rosenberg, Marshall B. (2013): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Junfermann, Paderborn.

— Miller, Reinhold (2013): «Halt’s Maul, du dumme Sau!». Schritte zum fairen Gespräch. Schulwerkstatt-Verlag, Karlsruhe.

WEB

— Impact Institut (2021): Gewaltfreie Kommunikation.

— The Coaching Company: Ausbildungen zu gewaltfreier Kommunikation


Impact Institut https://impactinstitut.com/2021/02/18/vier-schritt-gfk-blog-gewaltfreiekommunikation/ The Coaching Company www.tcco.ch


LÖSUNGSSTRATEGIEN

So formulieren Sie eine Ich-Botschaft mit dem 4-B-Modell

1. «B» für Beobachtung bzw. Wahrnehmung:

Beschreiben Sie das Verhalten, die Situation oder das Geschehen, das Sie stört, konkret und nachvollziehbar. Vermeiden Sie dabei Verallgemeinerungen und Bewertungen. «Heute Morgen, in der Besprechung mit Frau Muster, bist du mir zweimal ins Wort gefallen.»

2. «B» für Befinden bzw. Gefühle:

Teilen Sie Ihrer Gesprächspartnerin, Ihrem Gesprächspartner mit, wie das Wahrgenommene auf Sie wirkt und welche Gefühle dadurch bei Ihnen ausgelöst werden. «Das gefällt mir nicht», «Das verletzt mich» oder «Das stört mich».

3. «B» für Bedürfnis bzw. Wert

Bedürfnisse sind Ausdruck dessen, was uns wichtig ist, und entsprechen unserem persönlichen Wertesystem. Werden Bedürfnisse nicht erfüllt, löst dies bei uns unangenehme Gefühle aus. Das Wörtchen «weil» leitet wunderbar eine Begründung ein, warum bei uns dieses oder jenes Gefühl auftaucht. «Dieses Verhalten ist schwierig für mich, weil ich mir dann dumm vorkomme und das Gefühl habe, nicht respektiert zu werden.»

4. «B» für Bitte bzw. Wunsch:

Vollständig wird eine Ich-Botschaft erst, wenn Sie Ihrer Gesprächspartnerin, Ihrem Gesprächspartner in einer Bitte zum Ausdruck bringen, was für ein Verhalten Sie sich stattdessen wünschen würden. Die Bitte stellt die «Brücke» dar, mit der die Kommunikation mit der Empfängerin / dem Empfänger wieder in Gang gebracht wird. «Ich bitte dich, mich das nächste Mal ausreden zu lassen.»

Wichtig: Eine Bitte ist keine Forderung! Wünsche können wir frei formulieren, ohne unser Gegenüber unter Druck zu setzen.

Durch die Berücksichtigung dieser vier Schritte treten wir unseren Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern wertschätzend gegenüber und vermeiden so unnötige Vorwürfe, Verletzungen oder Abwertungen.

Ich-Formulierungen sind kein Zaubermittel, aber ein guter Weg, um auf verfahrene Situationen adäquat zu reagieren. Sie erlauben Ihrem Gegenüber einen Blick in Ihr Innenleben und eröffnen damit die Chance auf einen konstruktiven Austausch und eine Veränderung zum Besseren.



ERKENNTNISSE FÜR MICH

1.4 UNGEPFLEGTES ERSCHEINEN ANSPRECHEN


Mein Arbeitskollege legt keinen großen Wert auf sein Äußeres. Er kommt bisweilen etwas ungepflegt daher. Das stört mich zunehmend. Was kann ich tun?

Wenn eine Arbeitskollegin oder ein Arbeitskollege ungepflegt ins Büro kommt, kann das die Arbeitsbeziehungen belasten. Aus Scham oder Angst zu schweigen, ist selten eine gute Lösung.

Es gibt gute Gründe, das Thema offen und ehrlich anzusprechen:

— Machen Sie sich ruhig einmal bewusst, was es für Sie bedeutet, die Situation auf Dauer hinzunehmen. Wollen Sie sich weiterhin ärgern? Durch Ihr Schweigen ignorieren Sie Ihr Wohlbefinden und Ihre Zufriedenheit.

— Dass Sie ein Problem mit seinem Äußeren haben, ist Ihrem Arbeitskollegen wahrscheinlich gar nicht bewusst. Deshalb wird er unaufgefordert auch nichts an seinem Verhalten ändern. Warum sollte er auch, wenn aus seiner Sicht alles bestens ist? Bringen Sie also das Thema zur Sprache. Bestimmt will er Sie mit seinem Äußeren nicht ärgern, sondern ist sich gar nicht bewusst, dass Sie oder andere sich daran stören.

— Ungepflegtheit ist manchmal ein Ausdruck von Unzufriedenheit mit den eigenen Lebensumständen. Was genau der Grund für sein Verhalten ist, erhellt sich erst, wenn Sie darüber sprechen.

— Letztlich tun Sie mit Ihrer Offenheit auch Ihrem Arbeitskollegen einen Gefallen. Es könnte nämlich sein, dass Sie nicht die einzige Person sind, der seine Ungepflegtheit unangenehm aufgefallen ist. Andere merken das auch. Das schadet dem Image des Betroffenen. Ihre Offenheit erspart ihm weitere Peinlichkeiten und schützt ihn unter Umständen vor ernsteren Konsequenzen, zum Beispiel gemieden zu werden.


KURZ UND KNAPP

— Das Thema offen und fair ansprechen.

— Ihrem Arbeitskollegen ist sein Erscheinungsbild womöglich gar nicht bewusst und er ist dankbar für Ihre Rückmeldung.


BUCHTIPP

— Cerwinka, Gabriele / Schranz, Gabriele Schranz (2015): Bürobibel. Auftritt, Organisation, Kommunikation. Linde Verlag, Wien.



LÖSUNGSSTRATEGIEN

Überwinden Sie Ihre Hemmungen

Übertreten Sie Ihre innere Hemmschwelle und sprechen Sie das Thema offen an.

Reden Sie in entspannter Atmosphäre

Warten Sie eine günstige Gelegenheit ab, in der Sie beide nicht unter Druck stehen und die Grundstimmung zwischen Ihnen gut ist. Denn wenn zu dem schwierigen Thema auch noch schlechte Rahmenbedingungen dazukommen, ist ein Konflikt vorprogrammiert.

 

Seien Sie ehrlich

Bekennen Sie sich gleich offen zu Ihren unguten Gefühlen, etwa mit «Es fällt mir nicht leicht, das anzusprechen …» oder «Es ist mir peinlich …».

Reden Sie Klartext

Sagen Sie klar und deutlich, was Sie stört, warum es Sie stört, welche Lösung Sie sich erhoffen und warum auch Ihr Arbeitskollege Vorteile davon hat, wenn er Ihren Hinweis annimmt.

Bleiben Sie fair

Trennen Sie deutlich zwischen der Person und dem konkreten Verhalten, das Ihren Unmut hervorgerufen hat. Verurteilen Sie Ihren Arbeitskollegen nicht pauschal, denn damit verletzen Sie ihn unweigerlich und provozieren seinen Widerstand. Streichen Sie folglich negative Aussagen, die mit «Du bist …» beginnen, konsequent aus Ihrem Sprachrepertoire. Stellen Sie stattdessen Ihre persönlichen Bedürfnisse in den Vordergrund. Zum Beispiel: «Mir ist es unangenehm, wenn wir ungepflegt gekleidet sind und unsere Professionalität nicht mit Sauberkeit und einem rundum gepflegten Erscheinen würdigen».



ERKENNTNISSE FÜR MICH

1.5 SCHWEISSGERUCH THEMATISIEREN


Ich arbeite als Leiterin in einem kleinen Büro mit vier Leuten. Nun habe ich ein Problem: Eine Arbeitskollegin hat manchmal sehr unangenehmen Schweiß- und Mundgeruch. Darf ich sie darauf aufmerksam machen? Wie gehe ich am besten vor? Ich möchte ihr helfen, sie aber nicht kränken oder bloßstellen.

Probleme lassen sich am besten lösen, indem Sie darüber sprechen. Zugegeben, schambesetzte Themen rund um Körper und Hygiene sind peinlich und es fällt uns schwer, darüber zu sprechen.

Doch aus Scham oder Angst vor Konflikten zu schweigen, ist selten eine gute Lösung.

Dass Sie und andere ein Problem mit dem Schweißgeruch haben, ist Ihrer Kollegin wahrscheinlich gar nicht bewusst. Häufig nehmen Menschen ihren Eigengeruch selbst nicht wahr. Was Ihnen unangenehm in die Nase steigt, fällt dem Verursacher beziehungsweise Ihrer Kollegin gar nicht auf.

Deshalb wird sie von selbst und unaufgefordert auch nichts an ihrem Verhalten oder Auftreten ändern. Warum sollte sie auch, wenn aus ihrer Sicht alles bestens ist? Das Problembewusstsein müssen zuerst Sie schaffen, indem Sie das Thema zur Sprache bringen. Ihre Offenheit hilft ihr, mehr auf geeignete Kleidung, regelmäßige Körperhygiene und ein gutes Deo zu achten und erspart ihr weitere Peinlichkeiten. Sie wird es Ihnen danken!

Doch wie sprechen Sie das Thema am besten an? Der schlecht riechenden Kollegin einfach zum Geburtstag eine Pflegeserie mit Duschbad und Deo zu schenken wäre unpassend. Ebenfalls ungeeignet ist es, Witzchen zu reißen und die Kollegin mit flapsigen Bemerkungen auf ihren Körpergeruch hinzuweisen. Dieses Vorgehen könnte zudem das Arbeitsklima in Gefahr bringen. Denn ist die betroffene Person erst einmal gekränkt und verletzt, ist auch die Stimmung verdorben und ein friedliches Zusammenarbeiten wird schwierig.


KURZ UND KNAPP

— Sprechen Sie das Thema kurz und klar an und treten Sie es nicht unnötig breit. Das macht es nur komplizierter.

— Zeigen Sie Betroffenheit und Gefühle. Sagen Sie, was Sie sich für eine Veränderung wünschen.


LÖSUNGSSTRATEGIEN

Diplomatisch vorgehen

Setzen Sie auf Diplomatie und gehen Sie die Sache vorsichtig an. Nehmen Sie die Kollegin beiseite und leiten Sie ein Vier-Augen-Gespräch ein. Das gibt ihr die Möglichkeit, ihr Gesicht zu wahren. Seien Sie sich bewusst, dass die erste Reaktion sehr abwehrend sein kann. Lassen Sie sich davon nicht beirren und bleiben Sie ruhig und bestimmt.

Betroffenheit und Gefühle zeigen

Mit einem Satz wie zum Beispiel «Ich möchte mit dir über etwas sprechen, das mir selbst sehr unangenehm ist» oder «Ich bin unsicher, wie ich beginnen soll, weil ich dich nicht verletzten will» leiten Sie das Gespräch am besten ein. So sprechen Sie Ihre Betroffenheit an und zeigen Ihre Gefühle, ohne Ihr Gegenüber dafür verantwortlich zu machen. Im zweiten Schritt sprechen Sie das Verhalten an, das Ihnen missfällt. Wählen Sie dafür eine aktuelle Situation, die Sie beschreiben, nicht bewerten. Schildern Sie Ihre Wahrnehmung möglichst sachlich und sagen Sie, warum Sie hier Kritik üben, wie zum Beispiel: «Mir ist aufgefallen, dass du in letzter Zeit intensiv nach Schweiß riechst, so auch gestern. Mir ist es sehr unangenehm und ich fürchte, dass unsere Kundschaft und die anderen Mitarbeitenden sich dadurch gestört fühlen könnten.»

Konsequenzen besprechen

Als Drittes geht es um Konsequenzen. Teilen Sie mit, was Sie sich wünschen und wie Sie sich weiter verhalten werden. «Ist dir diese Wirkung bewusst? Was können wir vereinbaren, damit wir uns darüber nicht wieder zu unterhalten brauchen?»

Unangenehme Themen kurz und klar anzusprechen bewährt sich. Eine Sache unnötig breitzutreten, macht es nur komplizierter, aber nicht besser.



ERKENNTNISSE FÜR MICH

1.6 REDESCHWALL STOPPEN


Ich arbeite im Büro möglichst konzentriert und speditiv, damit ich die Arbeitszeit nutzen und zeitig Arbeitsschluss machen kann. Trifft jedoch mein Kollege ein, geht das Gequassel los! Ich muss mir die Berichterstattung über sein ganzes Wochenende anhören, und auch tagsüber weiß er ständig etwas zu erzählen. Wie stelle ich das elegant ab oder vermittle, dass ich erst in der Pause verfügbar bin?

Am Arbeitsplatz trifft man unterschiedliche Typen von Menschen an, so zum Beispiel Menschen, die bei jeder Gelegenheit Gesellschaft suchen, äußerst gesprächig sind und überall für Ablenkung sorgen. Sich dann noch auf die Arbeit zu konzentrieren, wird schwierig. Es darf nicht passieren, dass Ihre Arbeitsleistung unter dem Verhalten Ihres Kollegen leidet. Holen Sie sich deshalb wieder die Kontrolle über Ihre Produktivität zurück, bevor Ihr Feierabend in die Ferne rückt.


KURZ UND KNAPP

— Holen Sie sich möglichst schnell die Hoheit über Ihre Arbeit zurück, bevor Ihre Produktivität leidet.

— Signalisieren Sie mit weichen, subtilen Maßnahmen, dass das Gerede stört.



LÖSUNGSSTRATEGIEN

Körpersignale senden

Senden Sie konsequent (körpersprachliche) Signale, dass Sie nicht gestört werden wollen. Schließen Sie beispielsweise Ihre Bürotür, setzen Sie Kopfhörer auf oder greifen Sie zum Telefon, sobald der Kollege auf Sie zugeht. Dies kann ihn davon abhalten, mit Ihnen in Kontakt zu treten.

Augenkontakt vermeiden

Falls der Kollege dennoch das Wort ergreift, stellen Sie keinen Augenkontakt her, sondern arbeiten Sie ruhig weiter und zeigen Sie kein Interesse an dem, was er sagt.

Keine Fragen stellen

Fragen fördern das Gespräch. Handelt es sich um eine arbeitsbezogene Frage, müssen Sie kurz darauf eingehen. Bleiben Sie aber beim Thema. Lassen Sie sich nicht in ein Gespräch über Gott und die Welt verwickeln. Sagen Sie dann lieber: «Sorry, ich habe jetzt keine Zeit. Ich stehe unter Termindruck.» Oder: «Über Themen wie meine Beziehung spreche ich nie am Arbeitsplatz.» So könnte es Ihnen gelingen, den Kollegen auf die Schnelle abzuwimmeln.

Klartext sprechen

Sprechen Sie Ihren Unmut klar und deutlich aus: «Stopp. Ich habe jetzt keine Zeit, dir zuzuhören, da ich meine Arbeitszeit produktiv nutzen möchte. Und ehrlich gesagt überfordern mich deine privaten Sorgen. Vielleicht ist es besser, wenn du dir einen professionellen Coach suchst und mit ihm das Thema konkret angehst. Aber bitte belaste mich in Zukunft nicht mehr damit. Danke.» Auch wenn es vielleicht beim Kollegen nicht gut ankommt, scheuen Sie sich nicht, die Sache auf den Punkt zu bringen. Nur so haben Sie beide die Chance, dass sich etwas verändert und Ruhe einkehrt.

Vorgesetzte einbeziehen

Will es der Kollege dennoch nicht verstehen, bietet sich in letzter Instanz der Gang zu der/dem Vorgesetzten an. Diese/r muss dann das Problem mit der betroffenen Person klären. Hier bedarf es einer klaren Stellungnahme der Führungskraft, in der sie das gewünschte Verhalten am Arbeitsplatz deutlich macht.


ERKENNTNISSE FÜR MICH

1.7 BESSERWISSERN KONTERN


Es gibt Menschen, die meinen, jeder noch so kleine Beitrag in einer Gesprächsrunde müsse von ihnen kommentiert werden. Warum denken einige Menschen, ihre Ansichten, Sprüche, Kommentare seien derart wichtig, dass es ohne diese einfach nicht geht? Wie bringt man sie auf konfliktfreie Weise zum Schweigen beziehungsweise Zuhören?

Wir kennen sie alle: Menschen, die immer recht und das letzte Wort haben wollen, die keinen Vorschlag annehmen können, die alles kommentieren und korrigieren müssen. Grundsätzlich ist es positiv, jemandem etwas zu erklären und sein Wissen preiszugeben, insbesondere wenn in einem spezifischen Gebiet großes Wissen vorliegt. In dem Moment, in dem dieser Wissensvorsprung zu häufig und vor allem falsch eingesetzt wird, beginnt jedoch die Besserwisserei. Dann stellt sich eine Person über die anderen und setzt deren Wissen herab. Ein solches Verhalten ist also keine gute Ausgangslage für ein zielführendes Gespräch. Es nervt und ist anstrengend.

Wie kommt es, dass Menschen sich derart wichtig nehmen? Die wahrscheinlich häufigste Ursache für Besserwisserei ist ein geringes Selbstwertgefühl. Das Gefühl, andere verbessern zu können, gibt der Person ein besseres Bild von sich selbst. Die eigene Unsicherheit wird dadurch überspielt, dass andere herabgesetzt werden.

Ein anderer Grund könnte die Suche nach Anerkennung sein. Wahrscheinlich hat die Person die Erfahrung gemacht, dass sie für ihr zur Schau gestelltes Wissen Anerkennung erhält. Diese positive Rückmeldung versucht sie nun so oft wie möglich zu erzielen.


KURZ UND KNAPP

— Menschen, die alles kommentieren und glauben, stets das letzte Wort haben zu müssen, leiden oft an einem geringen Selbstwertgefühl oder der Sucht nach Anerkennung.

 

— Ignorieren Sie die Kommentare, dann geht der Ansporn für die Besserwisserei schnell verloren.


LÖSUNGSSTRATEGIEN

Kontern

Wenn Sie der Person rhetorisch gewachsen sind, können Sie ihr Fakten, gute Argumente und Fragen entgegenhalten. Bleiben Sie dabei sachlich und ruhig.

Direkt ansprechen

Besserwisserinnen und Besserwisser sind sehr auf die eigene Person bezogen. Suchen Sie das persönliche Gespräch. Machen Sie der Person deutlich, wie Sie sich dabei fühlen, wenn jeder Satz kritisiert wird. Lassen Sie sie wissen, dass Sie ihre Ratschläge und Kommentare nicht benötigen. Machen Sie ihr verständlich, dass Sie explizit um ihren Rat bitten, wenn Sie ihre Expertise möchten.

Ignorieren

Ignorieren Sie die Kommentare. Besserwisserisches Verhalten kann nur nerven, wenn Sie sich etwas daraus machen. Also üben Sie sich in Gelassenheit. Lächeln Sie in sich hinein und atmen Sie tief durch. Gelingt es der Person nicht, sich durch ihre besserwisserische Art aufzuspielen, verliert sie den Ansporn.



ERKENNTNISSE FÜR MICH

1.8 DIE ALTE LEIER AUSBREMSEN


In der Pause erzählt mir mein etwas älterer Arbeitskollege immer wieder alte Geschichten, die ich nur zu gut kenne und nicht mehr hören kann. Mein Arbeitskollege ist ein herzensguter Mensch. Dennoch ärgert mich sein Verhalten zunehmend. Wie gehe ich mit meinem Ärger um? Und wie kann ich es ihm sagen, ohne ihn bloßzustellen?

Menschen, die in der Vergangenheit gefangen sind, haben die Tendenz, immer wieder die gleichen Geschichten zu erzählen. Diesen Geschichten als Dauerschleife zuzuhören, kann bedrückend sein. Haben Sie Ihrem Arbeitskollegen schon einmal gesagt, dass Sie ein Problem mit den ewigen Geschichten haben? Falls nicht, ist es ihm wahrscheinlich gar nicht bewusst. Solange Sie nichts sagen, verändert sich nichts. Mehr noch: Die Situation verschlimmert sich, solange Sie Ihre Grenzen nicht aufzeigen.

Es besteht auch die Gefahr, dass Sie für Ihren Ärger ein anderes Ventil suchen und Sie Ihre Laune an jemand anderem auslassen. Oder Sie suchen ein anderes Feld für Vergeltung, indem Sie etwa seine Kompetenz infrage stellen oder seine Geschichten in Anwesenheit von weiteren Arbeitskolleginnen und -kollegen bloßstellen, um Ihre Überlegenheit zu zeigen. Es kommt zu einem Schlagabtausch, mit dem sich die Situation nicht löst, sondern verhärtet.

Sie können auch so tun, als ob nichts wäre. Doch für das Hinunterschlucken und Verdrängen Ihres Ärgers bezahlen Sie einen hohen Preis. Ihre Konzentrationsfähigkeit leidet, weil die Gedanken immer wieder zu den Vorkommnissen in der Vergangenheit wandern. Ihre Leistungsfähigkeit sinkt und Sie können Ihre Selbstachtung verlieren, weil Sie nicht für Ihre Interessen einstehen. Und wenn Sie lange genug warten, führt es zu gesundheitlichen Problemen.

Klären Sie Ihre Gefühlslage und sprechen Sie die Situation an.


KURZ UND KNAPP

— Den Ärger hinunterzuschlucken oder zu verdrängen, löst das Problem nicht.

— Sprechen Sie das, was Ihnen nicht passt, mit dem hilfreichen 4-B-Modell an.


BUCHTIPP

— Rosenberg, Marshall B. (2013): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Junfermann, Paderborn.


LÖSUNGSSTRATEGIEN

Aus Ärger wird Wut

Wenn Sie die Dinge, die Sie stören, nicht rechtzeitig ansprechen, wird aus einem leichten Ärger Wut, die sich früher oder später Gehör verschaffen wird. Dann schreien, jammern oder weinen wir. Ein Zeichen dafür, dass wir zu lange gewartet haben, anzusprechen, was nötig wäre. Lassen Sie es nicht dazu kommen. Nehmen Sie sich jetzt ernst und sprechen Sie an, was Ihnen nicht passt.

Orientieren Sie sich bei der Formulierung am hilfreichen 4-B-Modell

1. Beobachtung: «Du hast heute wieder einmal deine ‹alte› Geschichte ausschweifend erzählt, die ich schon zwanzigmal gehört habe.»

2. Befinden: «Ich bin es leid und es ärgert mich. Immer die gleiche Platte zu hören, nervt mich.»

3. Bedürfnis: «Ich möchte im Pausenraum mehr Ruhe oder zumindest mehr Abwechslung.»

4. Bitte: «Ich bitte dich, das nächste Mal diese alte Geschichte wegzulassen oder eine andere Geschichte zu erzählen.»

Allein das Ansprechen solcher Empfindungen erlaubt uns, die Form unserer Beziehungen zu verändern. Durch gute Kommunikation verbessern wir Beziehungen, durch schlechte oder gar keine Kommunikation verschlechtern wir sie.


ERKENNTNISSE FÜR MICH